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Laufberichte

Auf neuen Wegen

 

Fotos: Klaus und Margot Duwe

Ihr kennt Dresden nicht? Na, da kann ich euch doch gleich mal einen Spaziergang entlang der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt empfehlen. Beginnend am Zwinger, vorbei am Taschenbergpalais werdet ihr den Theaterplatz mit der weltberühmten Semperoper erreichen. Dann Blick nach rechts, ihr seht das Residenzschloss, geht über die Augustusbrücke und vergesst dort nicht euch umzudrehen – denn nun habt ihr den besten Ausblick auf das historische Dresden.

Ach so, ihr seit Marathonläufer? Noch besser. Für euch ist Sightseeing in der Startgebühr enthalten.

Der Morgenpost Dresden-Marathon findet zum 16. Mal statt. Wie oft ich schon dabei war, weiß ich nicht mehr – also oft. Gemeinsam mit meinem Lauffreund Uwe Gerstmann sind wir mit dem Auto angereist. Obwohl die Marathonmacher empfehlen: Nutzen sie die öffentlichen Verkehrsmittel, der Bahnhof Mitte ist nur 300 Meter vom Start entfernt. Das ist aber so eine Sache…

Soll ich euch mal einen Witz erzählen? Fragt ein Marathonläufer einen anderen: „Bist du mit dem Zug gekommen?“ Wer über den Witz nicht lachen kann, hat heute Morgen vielleicht wirklich auf irgendeinen Zug gewartet. Der kam nicht, die Lokführer zeigten sich marathonunfreundlich und streikten.

Auf die Teilnehmerzahlen scheint der Streik keine Auswirkung zu haben. Allein beim  Marathon warten fast 1400 Läufer auf den Startschuss.

Im Internationalen Congress Center ist schon zwei Stunden vor dem Start allerhand los. Es gibt daher auch den Hinweis der Veranstalter, die Startunterlagen schon am Freitag oder Samstag zu holen und die Marathonmesse zu besuchen. Ich will denen jetzt nicht in den Rücken fallen, aber auch Sonntag früh läuft alles ohne Hektik. Zumindest zwei Stunden vor dem Start. Was später passiert,  entzieht sich meiner Kenntnis. Da bin ich schon in der Tiefgarage des CongressCenter, wo man sich heute umziehen und seine Garderobe lagern kann.

Kurz gesagt: Im Vorfeld des Marathons ist alles perfekt. Es gibt sogar einen Infostand für ausländisch sprechende Menschen, speziell für Tschechisch, Slowakisch und Polnisch. Wenn ich so meine Ohren spitze: Auf Grund der geografischen Lage Dresdens sind das heute fast keine Fremd-Sprachen… 

Über was man sich auch nicht beschweren kann, das ist das Wetter. Es geht langsam auf Ende Oktober zu. Und vor dem CongressCenter sitzen die Läufer auf der riesigen Treppenanlage und genießen den Sonnenschein bei Temperaturen, die man sich bei manchem Sommermarathon gewünscht hätte.

Bis zum Start in der Ostra-Allee sind es nur wenige hundert Meter. Ich bin schon zeitig dort und beobachte, wie 10 Uhr die 10-Kilometer-Läufer auf die Strecke geschickt werden. Als die weg sind, begebe ich mich in den Startbereich. Erst drehe ich darin fast allein Runde um Runde, denn ich habe etwas verloren – meinen Freund Uwe. Das Gehege füllt sich immer mehr, kurz vor dem Start ist meine Bewegungsfreiheit sehr eingeengt und die Hoffnung, Uwe zu finden dahin. Aber so schlimm ist das nicht, der läuft mir ohnehin zu schnell.

Das Unterhaltungsprogramm am Start ist kurzweilig, es macht Freude zuzuhören. Artur Schmidt (wer kennt ihn nicht?) holt sich Normalos und Sportlerlegenden ans Mikrofon. Einer davon ist Hagen Melzer. Der Europameister von 1986 über 3000 Meter Hindernis gibt einen klugen Spruch von sich: Einmal Läufer, immer Läufer. Das dürfte auf viele am Start zutreffen.

10.30 Uhr geht es los. Wir starten in die falsche Richtung. Kein Versehen der Veranstalter, eher von mir etwas falsch ausgedrückt. Richtig muss es heißen: Die Startrichtung wurde in diesem Jahr geändert. Diesmal haben wir die Yenidze, jene berühmte, im Stil einer Moschee nachgebauten Zigarettenfabrik aus dem Jahre 1909 im Rücken – dafür all die vorhin vom mir erwähnten Sehenswürdigkeiten vor uns.

Nach wenigen hundert Metern ist der Zwinger erreicht. Ich bekomme geschimpft, weil ich überraschend ausschere und der Hintermann nicht damit gerechnet hat. Ist aber seine Schuld, denn auf meinem Rücken ist groß und deutlich eine Warnung zu lesen: Marathon4You! Was heißt: Vorsicht, unberechenbarer Läufer, nervt ständig durch Fotostopps…

Das Fotografieren hat für mich aber auch etwas gutes, dadurch treffe ich Dieter Fromme. Den Weihnachtsmann, heute ohne sein rotes Ehrenkleid. Wir beschließen gleich mal, gemeinsam die 42 Kilometer hinter uns zu bringen. Und sind uns schon bei Kilometer 1, auf der Augustusbrücke einig: Die neue Streckenführung ist ein Gewinn für die Veranstaltung.

Wir laufen auch weiterhin auf neuen Wegen, passieren den Albertplatz, laufen zurück Richtung Japanisches Palais, Richtung Goldenen Reiter. Biegen aber, noch bevor wir den vergoldeten Sachsen-Kurfürst und Polen-König August den Starken erneut erreichen, in die Königstraße. Es ist eine Prachtstraße, deren Bau 1722 unter Pöppelmann begann und die einen Schutzengel zu haben scheint. In der Februarnacht 1945 wurde sie von den Bomben verschont, später von unseren sozialistischen Stadtplanern vergessen. Obwohl, die sozialistischen Stadtplaner hätten bestimmt kein Kopfsteinpflaster verlegt.

Es folgt noch einmal der Albertplatz und ab geht es in die zentrale Dresdener Neustadt. Das ist ein Szeneviertel – mit der dementsprechenden Stimmung. Aus Fenstern, von Balkonen, von der Straße aus werden wir angefeuert. Das könnte für den Rest der Strecke so bleiben.

Oder lieber nicht. Denn immer wieder werfen mich Fotoaufnahmen zurück und immer wieder muss ich Dieter Fromme hinterherjagen. Genießen wollten wir den Lauf, hatte Dieter gesagt. Ich frage mich, was der unter genießen versteht. Noch vor der Waldschlösschen-Brücke ist er weg…

Die umstrittene Waldschlösschen-Brücke. Von ihr habe ich erst gestern im Radio gehört, sie sei überdimensioniert. Was für ein Blödsinn! Zwei Spuren für Autos, zwei für Läufer! Was soll daran überdimensioniert sein?

Als ich über die Brücke laufe, sehe ich auf der Elbe aus Richtung Dresden ein modernes Fahrgastschiff kommen, einen Dampfer der Weißen Flotte aus Richtung Pirna. Was für eine perfekte Organisation der Marathonveranstalter! So etwas kann doch nicht Zufall sein...

Nun folgt der Streckenabschnitt, über den man geteilter Meinung sein kann. Die langen Geraden bis zum Großen Garten und um ihn herum. Heute habe ich auch meine Probleme damit. Was ich aber nicht auf die Strecke schieben kann. Der Brocken-Marathon vom vergangenen Wochenende liegt mir noch in den Knochen.

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Informationen: Dresden Marathon
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