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Laufberichte

Es lebe der Sport …

14.10.07

… dass er gesund ist und uns „hoart“ macht, wie Rainhard Fendrich singt, mag auch noch dazu kommen, in jedem Fall aber ist er eine der schönsten Freizeitbeschäftigungen.

 

Dies hat der vergangene Sonntag in München einmal mehr gezeigt. Eine Woche nachdem der größte Kollektivrausch der Welt vergangen ist, sind die Münchener wieder auf den Beinen und feiern ihr zweites Oktoberfest. Zwar nicht alle: Derjenige, der Marathon-Großveranstaltungen wie Berlin, Köln und Frankfurt kennt, und hier ist auch Mainz zu nennen, mag die offiziell genannte Zuschauerzahl  von ca. 60.000 als etwas mager einstufen, aber dafür stehen die Zuschauer gut verteilt an der Strecke und feuern die Läufer/innen auch in Kleingruppen bestens an. Wer für seinen Lauf Zuschauer nicht unbedingt „benötigt“, wird die sehr attraktive Citystrecke schätzen.

 

Am Samstagabend treffe ich Pumuckl alias Dietmar Mücke, der sich – natürlich barfuss und in dem bekannten  outfit- mit seinem Team unermüdlich für die Münchener Hilfsorganisation Horizont e.V., einer 1997 von der Schauspielerin Jutta Speidel gegründeten Initiative zugunsten obdachloser Kinder und deren Mütter, engagiert. Am nächsten Morgen steht er an der Startlinie und sammelt laufend weiter. So sind wieder 5.000,00 EUR zusammen gekommen.

 

Ich fahre zusammen mit Wolfgang Raabe aus Edertal und dessen Bruder Heiner, den es nach Reichertshausen bei München verschlagen hat, zum Start. Wolfgang läuft  erstmals wieder nach zwei Jahren einen Marathon. Seine Bestzeit ist 2:58:52. Letztes Jahr hat er die Ironmanstrecke in Roth in 11:10 h gefinisht. Zusammen laufen können wir nicht, die Fotos nehmen zu viel Zeit in Anspruch, oder sollte ich besser sagen: Ich bin schlicht nicht schnell genug. Er hat sich vorgenommen in 3:30 h zu finishen und kommt mit 3:28 gut durch. Heiner ist noch schneller, und dies, obwohl er nur wenig Zeit für’s Laufen hat. Die Familie geht eben vor. Er hinterlässt im englischen Garten noch kurz einen ausgesprochen fitten Eindruck und läuft dann auf und davon. Unterwegs erhält er Endorphine von Ehefrau Babsi und seinen Söhnen David und Simon. Er finisht zufrieden in 3:19 h.

 

Auf dem Olympiagelände treffe ich Bernhard Hertinger, der den Hemsbacher Jubiläumslauf in diesem Jahr mitorganisiert hat. Es ist heute sein 100. Marathon. Fast der halbe LT Hemsbach läuft mit. Dabei ist auch Christoph Randt, der letzte Woche in Köln noch die 63 km gelaufen ist und mit 5:00:26 den vierten Platz nur um Sekunden verfehlt hat (aber nur, weil er diesen knappen Rückstand nicht kannte). Heute läuft er nur „locker“ und finisht in 3:21:36 h.

 

Das Laufwetter versprach perfekt zu werden, allerdings ist davon beim Start noch wenig zu spüren. Eher feuchtkalt ist’s, aber auch hier bewahrheitet sich einmal mehr der Satz „Wer am Start friert, ist richtig angezogen.“  Der Nebel verzog sich denn auch bald, und bei km 16 zeigte sich dann erstmals der goldene Oktober. Und es wurde stetig besser. Ein herrlicher Spätsommertag, bestens geeignet für ein läuferisches Sightseeing durch München.

 

Gestartet wird erstmals auf der breiten Ackermannstraße, hierzu habe ich nur positive Kommentare gehört. Dann geht es zunächst unter reger Zuschauerbeteiligung durch die Elisabeth- und Leopoldstraße in Richtung Siegestor. Hier hatten die Zuschauer nichts zu lachen. Während die Läufer/innen langsam die Betriebstemperatur erreichten, sah man am Straßenrand rote Nasen. Am Siegestor geht es die Leopoldstraße weiter an der Universität vorbei, bis kurz hinter der Staatsbibliothek gewendet und die Straße wieder auf einer Länge von ca. 2 km zurückgelaufen wird. Dieses Stück ist nicht unbedingt das Highlight, aber man sieht, wer sonst noch wie unterwegs ist. Und als wir dann in den Englischen Garten einbiegen, lassen uns die Zuschauer allein. Aber zu diesem Zeitpunkt ist das kein Problem.

 

Diese Neuerung ist wirklich gelungen. Die Läufer genießen die Herbstlandschaft, wer hier zum ersten Mal läuft wundert sich, wie viel Grün München zu bieten  hat. Und in diesem Jahr  noch mehr: Zwischen km 13 und 14 präsentiert Ingo Bogatu eine Open-Air-Ausstellung entlang der Strecke auf 2,5 mal 1 Meter großen Leinwänden, eine kleine Verbeugung  „vor den Leistungen der Athlet/inn/en“, wie der Künstler selbst sagt.  Nachdem wir den Isarring hinter uns gelassen haben,  bringt uns die zweite Musikkapelle auf Trab. Am Ende des Englischen Gartens heizen dann die Zuschauer wieder ein. Es folgt die lange Oberföhringer Straße, auf der man schön Gas geben kann.

 

Hier sehe ich die 3:30 h-Pacemaker Heinz und Michael. Michael ist ein 2:49-Läufer, Heinz hat nicht genug Trainingszeit, um die 3 h zu knacken, beide bringen ihre „Anhänger“ souverän in der gewünschten Zeit ins Ziel.

 

Bis km 22 geht es wieder über eine lange Gerade durch Cosima-, Vollmann- und die Weltenburger Straße, eine recht schnelle Teilstrecke. Weiter geht es Richtung Ostbahnhof. Auch hier fällt mir eher das viele Grün als der Bahnhof auf. In der Friedenstraße kommen mir andere Gedanken. Ich denke an die Münchener Freiheit und an Horst Preisler’s Worte, dass Laufen die größte Friedensbewegung sei. Wie gut geht es uns doch. Eigentlich hätten die Mönche aus Myanmar es verdient, hier in München allen voran zu laufen. Hoffentlich haben sie auf dem Weg zu Frieden und Freiheit einen langen Atem.

 

Auf den nächsten zehn Kilometern streifen wir eine stattliche Anzahl von Sehenswürdigkeiten: Das Müllersche Volksbad, Isartor, das alte Rathaus, das neue Rathaus, das Sendlinger Tor, Asamkirche und Odeonsplatz. Keine Sorge, ich lasse das Geschichtsbuch zu. Am Müllerschen Volksbad  laufe ich an Silke Klaweken und Christina Füsting aus Westfalen (Nottuln und Billerbeck) vorbei.  Sie laufen total entspannt und reden viel. Ist das hier etwa das Wohlfühltempo? Silke senkt den Kopf bei der Aufnahme. Ja, wo gibt es denn so etwas? Dies wird gleich mit einem Extra-Foto „bestraft“. Jetzt zeigen sich beide von der charmantesten Seite. Sie finishen in guten 3:31:28 h.

 

In der Theresienstraße sehen wir die Gesichter der Läufer, die den Karolinenplatz mit dem Obelisken und den Königsplatz schon gesehen haben, also vier Kilometer weiter vorn sind. Kaum einer macht einen erschöpften Eindruck. In der Ludwigstraße telefoniert ein Läufer die ganze Zeit. Auf dem Rücken steht: „Alex: Quäl dich du Sau!“  Es ist Nils, der gesteht, gar nicht die ganze Strecke gelaufen zu sein, sondern nur Pacemaker für den etwas hinter ihm laufenden Alexander Breusch zu sein. Immerhin ein Punkt für Ehrlichkeit. Alex quält sich - bei dieser Rückenansicht doppelt - und erreicht das Ziel in 3:45 h.

 

Wieder sehen wir das Siegestor, an dem wir schon im Nebel vorbeigelaufen sind, dieses Mal bei wolkenlosem Himmel. In der Franz-Joseph-Straße beginnt die „Hammermeile“, moderiert von Klaus Ruscher. Der heizt so ein, dass ein Hammer weit und breit nicht zu sehen ist. Es folgt die Partymeile mit alkoholfreiem Bier. Apropos Verpflegung: Die ist in Ordnung (nicht so lausig wie in Bremen vor zwei Wochen). Auch Riegel sind im Angebot. Und manche Helfer geben alles: Einer hält mir einen Becher Iso auf der flachen Hand wie auf einem Präsentierteller hin. Das sieht man nicht alle Tage.

 

Gibt es auf der Strecke denn gar kein Zeichen von Grant(igkeit), die den Münchnern ja zu eigen sein soll wie die Gemütlichkeit? Doch, gibt es: Ein Anwohner will mit seinem PKW auf die Marathonstrecke einbiegen. Eine Rot-Kreuz-Helferin versucht ihm ebenso gelassen wie hartnäckig beizubringen, dass dies in der nächsten Stunde wohl nicht möglich sein wird. Das Gesicht des Mannes im Auto spricht Bände. Er lässt den Motor weiter laufen. Ich hätte gern gewusst, wie die Geschichte bzw. wann der Motor ausgegangen ist.

 

Etwa bei km 40 fährt ein Autofahrer seinen PKW gegen ein Absperrgitter. So etwas nennt man wohl einen untauglichen Versuch. Die Hände knallen auf das Lenkrad. Aber hier hätte auch ein Hesse seine Gemütlichkeit verloren.

 

Und dann ist er endlich da, langersehnt: Der Marathontunnel des Olympiastadions, ein schönes Gefühl ihn zu durchlaufen. Aber die Runde im Stadion selbst macht noch mehr Spaß. Anschließend heißt es relaxen auf dem Rasen. Eine beeindruckende Atmosphäre, jedenfalls bei strahlendem Sonnenschein wie in diesem Jahr.

 

Im Stadion gab es dann nur noch eine Frage, die schnell beantwortet wurde: Ist er`s oder ist er’s nicht? Er ist es. Falk Cierpinski hat sein Ziel erreicht und ist „München Hero“ 2007. Zwei Marathonläufe in zwei Wochen mit 2:19:06 (Berlin) und 2:25:24 (München). Da kann man nur gratulieren.

 

Auf dem Rasen sehe ich dann wieder Bernhard aus Hemsbach. 3:34:34 h in seinem 100. Marathon. Ein strahlendes Gesicht, auch ein München-Hero.

 

Ergebnisse Marathon

Männer

1. Cierpinski, Falk (GER)    SG Spergau  02:25:24 
2. Jost, Sebastian (DEU)    MRRC München   02:28:40 
3. Bartholome, Thomas (GER)   Polizei Niedersachsen   02:29:10 

 

Frauen

1.  Firsching, Cornelia (DEU)  LG Domspitzmilch Regensburg  02:56:30 
2.  Fromm, Nadine (GER)    Polizei Baden-Württemberg   02:59:40 
3.  Wolgschaft, Sandra (GER)   MBB-SG Augsburg  02:59:55 

 


 
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