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Laufberichte

Krieg und Frieden

 

Vor 400 Jahren der 30jährige Krieg, der das Gesicht Europas grundlegend verändert hat. Zum einen durch seine Intensität, die Bevölkerungsabnahme in Deutschland war immens, aber auch durch seinen Abschluss. Er endete erstmals nicht nach einer Entscheidungsschlacht, sondern durch Verhandlungen. Schauplatz dieser jahrelangen Verhandlungen war unter anderem Osnabrück. Ich freue mich, in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal in der Nähe von Osnabrück zu einem Marathon antreten zu können.

Praktischerweise kann ich trotz Anfahrt von etwa 1,5 Stunden ausschlafen, da der Start erst um 15.30 Uhr erfolgt. Stressfrei erreiche ich den Bissendorfer Ortsteil Wissingen. Start und Ziel befinden sich bei der Grundschule mit Turnhalle. Kurze Wege zwischen Startausgabe, Umkleide und Duschen sind garantiert. Bei insgesamt etwa 200 Voranmeldern für alle angebotenen Laufstrecken ist das Interesse überschaubar und bei etwa 40 vorangemeldeten Marathonis befürchte ich ein einsames Rennen.

Nach und nach treffen die Läufer ein. Unübersehbar ist das diesjährige Finishershirt vom Osnabrücker Piesberg-Ultramarathon (PUM). Mehr dazu erfahrt Ihr bei meinem Bericht vom 07.04.2018. Da dieser Lauf im Norden von Osnabrück stattfindet, ist die große Menge der Pummelanten nicht wirklich überraschend. Unübersehbar sind auch die Roten vom OLC 93, die sich auf den Weg von Holland ins Osnabrücker Land gemacht haben.

Bald ist es Zeit, sich zum Start zu begeben. Es wird berichtet, dass es früher oft sehr heiß bei diesem Lauf zugegangen ist, zumindest temperaturmäßig. 30 Grad waren keine Seltenheit. Das Problem habe ich heute glücklicherweise nicht, aber damit auch keine Ausrede für eine langsame Zeit. Dafür muss der Marathon in Münster herhalten, bei dem ich in der nächsten Woche nicht ganz ausgelaugt antreten möchte. Da schließe ich mich gerne erst einmal Ingo an, der den Lauf auch einfach nur genießen möchte.

 

 

Die beiden erwähnten Marathons zu verbinden, macht auch aus Sicht des historisch Interessierten durchaus Sinn, denn der zweite Teil der Aushandlung des westfälischen Friedens fand in Münster statt. Da der 30-jährige Krieg ein Glaubenskrieg war, verhandelten in Osnabrück die protestantischen und in Münster die katholischen Kriegsteilnehmer. Die Zwischenergebnisse wanderten zwischen den Städten hin und her. Nicht verwunderlich also, das sich die Verhandlungen jahrelang hinzogen.

Der Start verzögert sich um wenige Minuten, dann endlich ertönt der Startschuss und das Häuflein der aufrechten Marathonis begibt sich auf die Strecke. Am Sportplatz entlang führt uns die Strecke nach Osten. Ich geselle mich zu Ingo und Günter. Es dauert nicht lange und wir verlassen Wissingen. In angenehmer Gesellschaft beginnen wir den Lauf für unsere geplante Zeit von 5 Stunden deutlich zu schnell. Fällt noch nicht wirklich auf, zumal neben der Unterhaltung die Strecke über Land reichlich Abwechslung bietet. Einzelne Bauernschaften und Felder wechseln sich ab. Nach KM 3 werden wir automatisch langsamer, denn die Strecke knickt nicht nur in Richtung Norden ab, sondern sie steigt auch leicht an. Zur Abwechslung durchlauf wir ein kleines Wäldchen. Kurz vor KM 5 erreichen wir den Weg „Auf dem Berge“ und können feststellen, dass er erst einmal wieder bergab geht in Richtung Schledenhausen.

Die Ortschaft entstand im 11. Jahrhundert, als die Edelherren von Sledesen hier eine Burg errichteten. Vor lauter Quatschen verpassen Ingo und ich fast den nächsten Abzweig. Nur gut, dass einer von uns immer den Blick für die weißen Pfeile auf der Straße oder die rot-weißen Hinweisschilder hat. Vom Ort selber bekommen wir nicht viel zu sehen, denn die Laufstrecke führt uns westlich um Schledenhausen herum. Über einen Steg geht es vorbei an einem schönen Fachwerkhaus mit einem beeindruckenden Nebenbau, die Schelenburger Mühle. Wenige hundert Meter weiter tauch die imposante Wasserburg vor mir auf, Wassergraben stilecht inklusive.

An der Burg befindet sich eine Verpflegungsstation, an der ich mich reichlich bediene. Der freundliche Helfer wettet, dass einige Läufer wegen der guten Verpflegung noch einmal zurückkommen werden. Doch dafür ist die Strecke nicht konzipiert, denn auf die erste Halbmarathonrunde werden zwei Runden über 10,6 KM folgen. Bis etwa KM 10 folge ich der Strecke in Richtung Süden. Die nächste Steigung wartet. Es geht über Felder und durch Wälder. Der nächste Bauernhof verbietet nicht nur das Betreten des Privatweges, sondern droht auch noch mit Videoüberwachung. Gut dass die Laufstrecke links abbiegt, denn Ärger möchte ich heute keinen kriegen.

 

 

KM 10,5 ist erreicht, kurz darauf die nächste Verpflegungsstelle. Die Helferinnen und Helfer sind gut drauf. Kurz erfrischt mache ich mich weiter auf den Weg. KM 11,5: Der erste Läufer über die Halbmarathonstrecke fliegt an mir vorbei. Er hat bereits jetzt 30 Minuten auf mich herausgelaufen. Da brauche ich mich nicht dranzuhängen. Ich biege lieber in meinem Tempo nach Norden in Richtung Jeggen ab, zumal die Strecke hier auch wieder ansteigt. Bevor ich den Ort erreiche, passiere ich das Großsteingrab Jeggen. Es ist etwa 5.000 Jahren alt definitiv die älteste Spur unserer Zivilisation, die ich heute zu sehen bekomme.

Kurz darauf die nächste Verpflegungsstation. Sogar Süßigkeiten sind hier im Angebot. Gerade richtig, denn noch sind die Steigungen nicht zu Ende. Bis KM 15 geht es munter auf und ab. Dann liegen die schwierigsten Kilometer erstmal hinter mir. Ich laufe hinunter nach Natbergen und lasse es dabei rollen. Ein kurzer Blick zurück zeigt mir, dass Ingo und Günter nicht mehr folgen können. Im Ort wird gegrillt und getrunken, aber immer mit Blick auf die Strecke, um jeden Läufer anzufeuern. Die kommen jetzt zahlreicher, denn die Halbmarathonis sind mit dabei.

Kurz hinter KM 16 habe ich den nächsten Verpflegungspunkt erreicht und damit auch den westlichsten Punkt der heutigen Strecke. Der Rest der Runde folgt hauptsächlich Wohnstraßen. Kurz vor KM 20 erreiche ich wieder Wissingen, wo ich bei der Grundschule nach einem weiteren Halbmarathon das Ziel erreichen möchte. Deshalb ignoriere ich erstmal das große Zielschild und mach mich geradeaus auf die nächste Runde.

 

 

Vorbei an einem Bauernhof erreiche ich die von Maisfeldern gesäumte Straße. Dass ich hier schon vor etwas mehr als einer Stunde vorbeigelaufen bin, merke ich erst an den gemalten Streckenhinweisen auf dem Asphalt. Na gut, jetzt weiß ich wenigstens, was ich noch zu erwarten habe. An der nächsten Verpflegungsstelle kann ich die Kamera für heute einstecken, denn mittlerweile bin ich allein auf der Strecke. Der Abstand nach vorn und hinten ist mittlerweile so groß, dass ich kaum noch jemanden sehe. Was durchaus auch daran liegt, dass ich mein Tempo gut gewählt habe und weitgehend halten kann. Etwas langsamer im Anstieg auf der Steigung am Großsteingrab nach Jeggen, etwas schneller hinab nach Natbergen. Zeit für eine kleine Unterhaltung mit den Helferinnen an der dortigen Verpflegungsstelle bleibt auch noch.

 

 

So mache ich mich nach KM 31 mit etwas übersäuerten Beinen, aber immer noch guten Mutes auf die letzte Runde. An der nächsten Verpflegungsstelle bekomme ich das zuvor georderte Bier. Ein Festbier aus Franken, da hätte auch der Anton seine Freude gehabt. Für mich ist das Getränk Programm, denn der heutige Marathon ein laufendes Fest. Ich genieße die folgenden Kilometer in herrlichem Sonnenschein, auch wenn mich die nächste Steigung noch einmal ausbremst. Ich freue mich schon auf  Natbergen und sehe in der Ferne Peter mit seinem bunten  PUM-Shirt.  Ob ich ihn noch einholen kann? Fünf Kilometer bleiben dafür noch. Ich denke an den nächsten Marathon in der kommenden Woche in Münster, unternehme keine Aufholjagd und lasse mir dafür Zeit, mich bei den netten Helfern an den Verpflegungspunkten zu bedanken und zu verabschieden.

Trotzdem schaffe ich es, Peter nicht aus dem Blick zu verlieren und nur 1 Minute nach ihm das Ziel zu erreichen. Auf Ingo und Günter muss ich da noch warten, was aber bei der guten Verpflegung nicht schwer fällt.

Die einzige Frage, die ich mir stelle:  Warum bin ich hier erst gestartet , nachdem ich einen Freistart gewonnen habe? Organisation und Verpflegung sind top. Zuschauer darf man bei diesem Landschaftsmarathon nicht erwarten. Die, die ich getroffen habe, waren umso engagierter beim Anfeuern und Zujubeln. Rundum eine Veranstaltung, die auf allen Strecken zusammen durchaus mehr als die insgesamt 262 Finisher (leider nur 34 beim Marathon), verdient hätte.

 

 

 

Sieger Marathon:
 

Damen

1.    Miriam van Wanrooy, 4:03:30
2.    Jutta Voges, 4:31:45
3.    Gabi Schumacher, 4:40:43

Herren

1.    Oliver Geyer, 3:03:16
2.    Stefan Lenger, 3:31:25
3.    André Oude Vrielink, 3:35:12

 

Weitere Veranstaltungen:
Achtel-, Viertel- und Halbmarathon, dazu Viertelmarathon Nordic-/ Walking und Kinderlauf 1,6 KM.

Startgeld:
Marathon: 25 €, bei Nachmeldung + 3 €

Auszeichnungen:
Medaille, Ergebnisliste im Internet

Verpflegung:
9 Verpflegungs- und Wasserstellen an der Strecke und Verpflegung im Ziel. Gereicht werden Wasser, Cola, Mineralgetränke, Obst und teilweise Bier und Süssigkeiten.

 

Informationen: Osnabrücker Land-Marathon
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