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Laufberichte

Eine Art Gedächtnislauf

 

Es war im Jahr 2003, mein 40. Geburtstag stand an. Zeit also, etwas im Leben zu verändern. Ich wollte endlich Skifahren lernen, wieder mit Reiten beginnen und Klavierspielen können. Außerdem begann ich mit Joggen. Im Gegensatz zu den anderen Disziplinen stellten sich beim Laufen schnell erste bescheidene Erfolge ein, kein Volkslauf in der Gegend war vor mir sicher. Bald stand fest und jeder in meinem Umfeld wusste es: ich will zum Marathon nach Berlin. 2006 war der Startplatz gebucht, Übernachtung und Anreise gebongt.

Kurz vor dem letzten Vorbereitungslauf beim Stuttgarter Halbmarathon hatte ich einen schweren Unfall. Beim Aufwachen auf der Intensivstation war mein erster Gedanke: Kann ich zum Stuttgart Lauf? Nein - natürlich nicht. Also wurde das Ganze auf Eis gelegt. Norbert hatte in der Zwischenzeit ebenfalls seine Liebe zum Laufen entdeckt, so dass wir uns nun gemeinsam auf unseren ersten Marathon vorbereiteten. Diesmal sollte es in der Nähe sein. Ohne großes Brimborium meldeten wir uns zum Heilbronner Trollinger Marathon 2008 an. Leider war nun Norbert verletzt, so dass er zuschauen durfte, wie ich nach 4h37 ins Frankenstadion in Heilbronn einlief.

Das ist nun fast genau 10 Jahre her. Für heute habe ich mir vorgenommen, den Lauf einfach zu genießen. Zum einen soll es heiß werden, was eine Bestzeit sowieso nicht zulassen würde, zum anderen gibt es unterwegs Kostproben der regionalen Trollinger Weine. Das will ich mir nicht entgehen lassen.

 

 

Morgens um kurz vor 8 Uhr ist es im Frankenstadion mitten in Heilbronn noch ruhig. Im Innern des Fußball- und Leichtathletikstadions befindet sich der großzügige Zielbereich der Läufe, fast 1000 überdachte Sitzplätze auf der Haupttribüne bieten den vielen Angehörigen und Fans genügend Platz. Es ist alles auf Beste vorbereitet: Die Startnummern, im Startpreis enthaltene Funktionsshirts, Socken gesponsert von der Volksbank und eine kleine Marathonmesse gibt es im Zelt auf der Wiese neben dem Stadion. Davor steht der LKW mit Kisten des diesjährigen Marathonweins, von dem jeder Läufer eine Flasche erhält. Die Zelte der Gepäckaufbewahrung sind auch schon hergerichtet.

Obwohl sich irgendwo an die 600 Marathonläufer auf ihren Start um 8Uhr45 vorbereiten, geht es gemütlich zu. Für Norbert, Laura und mich natürlich umso mehr, weil alle unsere Lauffreunde aus der Region ebenfalls hier sind und es sich eher wie ein Familientreffen anfühlt, als nach einem ernsthaften Lauf. Wenn die ungefähr 5000 Halbmarathonläufer und Walker das Gelände okkupieren, wird die Ruhe vorbei sein. Aber da sind wir längst web.

Wir schaffen es pünktlich zum Start auf der Erwin-Fuchs-Brücke, ein paar Gehminuten vom Stadion entfernt. Obwohl das Startbanner nur zu erahnen ist, kann man die Lautsprecherdurchsagen 1a verstehen. Ist der Sprecher neu? Er fragt die Heilbronner Käthchen allen Ernstes, wie lange sie heute vor Ort sein werden. Natürlich bis zum Schluss - das ist doch klar. Schließlich hängen sie jedem Finisher persönlich die Medaillen um. Eigentlich ist das „Käthchen von Heilbronn“ nur eine fiktive Figur aus dem gleichnamigen Schauspiel des Dichters Heinrich v. Kleist. Trotzdem ist es allerorts bekannt. Deshalb wird alle zwei Jahre eine junge Heilbronnerin gewählt, die die Stadt bei offiziellen Anlässen vertritt. Heute sind gleich 3 Käthchen in historischen Kostümen am Werk.

Dafür ist seine sonstige Moderation tadellos. Kurz vor dem Start wird heruntergezählt und dann die Musik richtig hochgefahren. Die Marathonis machen sich auf den Weg. Zuschauer jubeln und heizen mit ihren Rasseln und Tröten zusätzlich die Stimmung an.

 

 

Es geht auf der Badstraße an einem Seitenkanal des Neckars entlang. Wir sind gespannt, wann in Gegenrichtung auf der anderen Uferseite die ersten Läufer auftauchen. Für uns geht es hinter km 1 über die Brücke und dann scharf rechts nun ebenfalls zurück. Auf der anderen Neckarseite sehen wir ein Polizeiauto mit Blaulicht, das ist wohl das Schlussfahrzeug. Noch ist es angenehm schattig; der Neckar fliest ruhig dahin. Wunderbar, so kann es weitergehen.

Auf Höhe des Starts am anderen Ufer ist der Sprecher wieder zu hören. Wir können deutlich verstehen, wie er uns anfeuert. Bei km 2 am Freibad Neckarhalde erwartet uns lauter Jubel. Viele Fans stehen hier. Gemütlich geht es dann auf dem fast flachen Neckarradweg entlang. Hinter km 4 werden wir auf die für den Straßenverkehr gesperrte B27 und dann gleich links auf die ebenfalls gesperrte Hofwiesenstraße geleitet. Anwohner stehen auf der Straße und klatschen, schreien oder machen sonst wie Lärm. Eine Dusche spendet Kühlung. An der ersten VP (km 5) ist vor allem das Wasser gefragt. Macht die Blaskapelle hier etwa schon Pause? Die Musiker behaupten, dass sie nur mal kurz ihre Noten umblättern müssten. Na, ich will das mal glauben.

 

 

Die letzten Häuser liegen hinter uns, der Radweg führt zwischen blühenden Wiesen entlang. Der Abzweig für die Walker bei km 6 ist noch gesperrt und die Streckenposten klatschen uns zu. Beim Kleintierzüchterverein hat man Wasserwannen mit Schwämmen bereitgestellt. Laura und ich sind fleißig am Kühlen, obwohl die Temperatur bestimmt noch unter 20 °C liegt. Sicher ist sicher.

Bei km 7 erreichen wir Flein. Kleine Stimmungsnester tragen uns durch den schönen Ort. Auf der Hauptstraße wird Klavier gespielt, mal was anderes. Die VP befindet sich kurz dahinter. Nachdem ich genügend Wasser getrunken habe, steuere ich nun den Weinstand am Ende der Verpflegungstische an. Es wird Trollinger der Weingärtner Genossenschaft Flein-Talheim angeboten. In Flein wird schon seit dem 13. Jahrhundert Wein angebaut. Einige heute noch gebräuchliche Lagenbezeichnungen lassen sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Gott sei Dank sind die großen Wasserbecher nicht bis zum Rand gefüllt. Ich lasse mir den Rebensaft schmecken.

So beschwingt ist die folgende Steigung hinauf viel lockerer zu laufen. Der Kreisverkehr auf der Höhe wird dominiert von einer auffälligen Skulptur aus Stahl: Auf einer schräg nach oben laufenden Fläche, die einen Weinberg symbolisiert, sind Fleiner Merkmale verewigt. Ein Weingärtner mit „Käze“ (Rückentrage), der die Gemeinde als Weinort kennzeichnet, gefolgt von einem Esel als Hinweis auf die bekannteste Weinberglage Fleins, den Eselsberg. In einigem Abstand watschelt eine Gans dem Duo hinterher, so dass der Einfahrende gleich weiß: Hier sind die „Gänsäcker“ (so heißt das Wohngebiet hier oben).

Zur Belohnung für den Aufstieg dürfen wir die Höhenmeter gleich wieder hinunterlaufen. Schon von weitem erkennen wir den Abzweig zum Weinberg. Hier bei km 9 geht es den "Kotzbuckel" hinauf. Er ist die einzige richtige Steigung des Laufs. Laura und ich fallen, wie die anderen Läufer um uns herum, ins Gehen. Mitten in der sonntäglichen Ruhe ertönen tiefe Töne: der bereits legendäre Alphornbläser Wolfgang Meerwart, Flinataler-Alphornbläser aus Flein, lockt uns den Berg hinauf. Er ist beim Trollinger Marathon eine feste Größe und schon viele Läufer verdanken ihm eine unvergessliche Bergankunft. Wird dies nach 12 Jahren tatsächlich das letzte Mal sein? Er hat angekündigt, altershalber (65 ist doch kein Alter!) aufhören zu wollen.

 

 

Etwas weiter, die Steigung ist noch nicht ganz vorbei, tönt von einem alten Bauwagen herunter Popmusik. Und noch ein paar Meter oberhalb steht ein Moderator und beglückwünscht jeden Einzelnen zum gelungenen Aufstieg. Gerade ist das Grüppchen um die Pacer für 5 Stunden an uns vorbeigezogen. Eine Abordnung der „Hexa Gugga“ aus Kirchheim trommelt noch den letzten Rest Kraft aus den Läufern. Die Posaunisten haben sogar noch Luft, ein Stück mit zu joggen. Dann schicken sie uns mit den letzten Tönen zum Abschied durch das grüne Marathontor, das den Gipfel des Haigern symbolisiert. Danach geht es bergab.

Wir bremsen aber erst einmal um uns an der VP zu stärken. Am Weinprobierstand wird der offizielle Marathontrollinger ausgeschenkt. Dieser ist ebenfalls nicht schlecht. Weiter unten erfolgt der erste Wechsel der Marathonstaffeln. Jetzt geht es bergab nach Talheim (km10). Auch hier stehen Anwohner und feuern uns an. Ich werde mit Namen angerufen. Versierte Marathonfans achten extra auf die Startnummern mit den aufgedruckten Läufernamen, um die Läufer persönlich zu motivieren. Und das klappt auch richtig gut.

Eine Schleife bringt uns durch den Ort und hinten wieder hinauf. Auf der Straße nach Lauffen kommt die nächste Wasserstelle. Neben den VPs alle 5 km wird dazwischen Wasser angeboten. Man kann also alle 2,5 km trinken und kühlen. Scheinbar sind hohe Temperaturen beim Trollinger Marathon nicht ungewöhnlich. Hier bei km 12 ist sogar auf freiem Feld eine Dusche installiert. Wie cool ist das denn?

Wir überqueren, geschützt von Feuerwehr, die B27 und finden uns bergab auf der Privatstraße des Zementwerks Märker am Neckarkanal wieder. Die Industrieanlage beeindruckt mich jedes Mal auf Neue. Wie riesig der runde Silo eigentlich ist, merkt man erst, wenn man ganz dicht vorbeiläuft. Vermutlich Mitglieder des Werkschutzes fungieren hier als Streckenposten. Auf der gegenüberliegen Neckarseite haben wir einen schönen Blick auf eine dicht bewachsene Insel, ein ausgewiesenes Naturdenkmal, wo sich das Brutgebiet der größten Reiherkolonie im Kreis Heilbronn befindet.

Ein Schlenker führt uns in die Stadt Lauffen. An der VP entführen uns zwei Männer in Röcken, der eine mit Dudelsack, der andere mit seiner riesigen Trommel, nach Schottland. Dazu passt ganz gut unser nächstes Ziel: Die Alte Neckarbrücke mit Aussicht auf die Grafenburg von Lauffen. Sie wurde im 11. Jahrhundert als einzige Inselburg im Neckar gebaut und dient heute als Lauffener Rathaus.

Auf der Brücke lockt ein Weinstand. Lauffener Katzenbeißer ist die bekannteste Einzellage in der Region Lauffen und für seine herausragende Qualität berühmt. Der Name kommt wohl aus der Frühzeit, als man sich Wein nur leisten konnte, wenn man ein „größeres Loch in seine Geldkatze (früherer Geldbeutel) biss“. Heute sollte sich den Lauffener Katzenbeißer Trollinger Qualitätswein jeder leisten können.

Hinter der Brücke halten wir uns rechts direkt auf die alte Regiswindkirche zu. Hinter dem mittelalterlichen Sakralbau geht es links, immer an der Straße entlang. Für die Läufer wird mit Pylonen eine Spur freigehalten (km 15). Es geht durchs Gewerbegebiet im Brühl, wo die Helfer mit Wasser auf uns warten.

Bei km 17 erreichen wir den Radweg nach Hausen/Meimsheim. Die L1103 verläuft hier schnurgerade und der Wind bläst stramm von vorne. Das ist bei diesen Temperaturen ganz angenehm. Das Feld ist nun bereits weit auseinander gezogen. Auch Laura ist einen Tick schneller und joggt in einigem Abstand vor mir her. Am Abzweig nach Meimsheim geht es links auf der gesperrten Straße weiter. Die Straße ist so eng, dass wir trotz Leitplanken das Gefühl haben, in der freien Natur unterwegs zu sein. An der VP gibt es Toiletten, topp saubere, augenscheinlich kaum benutzte Dixis mit Papier. Außerdem Banane, Apfel und Salzstangen. Dazu Wasser, Iso, Apfelsaft und aufmunternde Worte der Helfer.

 

 

In Meimsheim ist die Hälfte geschafft. Die Zeitmessmatte dokumentiert das. Schade, dass der Fanfarenzug gerade mit „umblättern“ beschäftigt ist. So muss ich mit verbalen Anfeuerungen vorlieb nehmen. Dafür sind einige Anwohner aktiv und machen Musik auf ihre Weise. Richtung Hausen steigt die Straße leicht an, die VP steht auf dem „Gipfel“ bei km 22. Dahinter liegt die Straße scheinbar endlos vor uns. Irgendwie ist Laura gerade dabei, mich abzuhängen.

In Hausen geht es erneut leicht bergab. Ich versuche nochmal Laura einzuholen. In der Stadtmitte haben sich Anwohner eingefunden um die Marathonis anzufeuern. Dafür ist auf der restlichen Straße nichts los. Zwischen den Häusern gibt es keinen Schatten. Ohne Wind ist es nun richtig heiß. Laura scheint das nicht zu beeindrucken - sie läuft wie ein Uhrwerk. Ich gebe meine Verfolgung für den Moment auf.

Hinter Hausen finden wir uns erneut auf gerader Straße wieder. Der Wind scheint auf uns gewartet zu haben und bläst wieder von vorne. Einerseits kommt es einem dadurch nicht so heiß vor, aber andererseits zehrt es an den Kräften. In Dürrenzimmern, bei km 25, haben die Sanis einen Stützpunkt. Sie haben Gott sei Dank nichts zu tun und genießen die Sonne. An der VP ist Trinken und Kühlen für uns ein Muss. Ich freue mich über die Mädels, die bei jedem Läufer Stimmung machen, als wären wir bereits im Ziel.

Die Straße nach Neipperg beschreibt einen langen Linksbogen. Wind und Sonne kennen wir ja schon. Nun kommen rechter Hand typische Weinberge in Sicht. Dort, zu deren Füßen, werden wir nachher zurück laufen. Wenn man genau hinsieht, kann man immer wieder die bunten Shirts der Vorauslaufenden erkennen. Laura ist immer noch in Sichtweite vor mir, aber ich komme einfach nicht ran.

An der VP werde ich freundlich begrüßt. Man fragt nach meinem Befinden. Bis auf ein paar Grad Außentemperatur weniger, könnte es für mich nicht besser sein. Schließlich gehe ich hier meinem Hobby nach und die Helfer müssen arbeiten. Nach kurzem Nachdenken ruft mir einer nach: „Wir sind im Verein, und da gehört das ebenfalls zu unserem Hobby, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen!“ Ich bin beeindruckt.

Hinter km 28 biegt die Straße nach rechts ab und wir laufen Neipperg entgegen. Der Blick auf die am Berg liegende Burg Neipperg mit seinen zwei massiven Türmen lenkt etwas davon ab, dass der Wind immer noch von vorne weht. Es geht in den Ort hinein. Gerade laufe ich am Ortsschild vorbei, mein Blick liegt rechts auf der imposanten Burg, da sehe ich Laura winken. Ich winke zurück, das ist aber auch das Letzte, was ich von ihr sehe. Sie wird 10 Minuten vor mir im Ziel sein.

An der Kehre, wo sich auch der Wechselplatz für die Staffeln befindet, sind viele Bierbänke aufgebaut. Das Weingut Echle kredenzt leckere Spargelgerichte und passenden Wein. Zwischendrin werden die Läufer angefeuert. Ein passendes Programm für einen schönen Sonntag. Wir biegen nun in den Weinberg ein. Wellig geht es zwischen den Rebstöcken entlang. Nach der langen, geraden Straße ist die kurvige Strecke eine Wohltat.

Hinter km 30 kommt die nächste VP. Leider kann ich hier weit und breit keinen Wein entdecken. Auch die Dürrenzimmerner Mönchsbergrätscher mit ihren übergroßen Rätschen sind platt. Sie fordern mich auf, ebenfalls eine  Pause einzulegen, aber ich will weiter. Vor km 32 lädt die Jupiter Kellerei in ihrer eigenen Hütte zur Weinprobe. Der Name der Kellerei wurde in Anlehnung an die 7,5 m hohe Jupiter-Gigantensäule, die in der Weinbaugemeinde Hausen ausgegraben wurde, gewählt. Heute zählen 120 Weingärtnerfamilien zur Jupiter Weinkeller GmbH, die im August 2011 von der Nordheimer Privatkellerei Rolf Willy, dem "Winzer des Jahres 2011", übernommen wurde. Auf insgesamt 80 Hektar werden hier in Württembergs größter Weinbaugemeinde am Heuchelberg ein reiches Spektrum an erlesenen Rebsorten kultiviert.

Gerade läuft es gut und so verzichte ich auf eine Verkostung. Ein Ende des Weinbergweges ist in Sicht. Als ich mich bei den beiden Streckenposten, die dort sitzen bedanken will, springen sie auf und mit Kellen bewaffnet stoppen sie das Fahrzeug, das sich gerade der Kreuzung nähert. Erst als ich vorbei bin, wird die Fahrerin durchgelassen. Sie trägt es mit Fassung.

Schon von weitem erkenne ich die Sportanlagen von Nordhausen. Eine kleine Hocketse (gemütliches Beisammensein) ist hier in vollem Gange. An der VP steht neben dem obligatorischen Wasser einsam ein Becher mit Rotwein. Gerade will ich danach greifen, da ruft die Helferin: „Vorsicht, das ist Weinschorle!“ Entsetzt ziehe ich die Hand zurück. Ich bin doch nicht 30 km gelaufen, um dann eine Schorle (mit Wasser verdünnter Wein) zu trinken. Flink springt ein Helfer auf und holt eine Flasche Wein aus dem Vorrat. Es ist Nordheimer Sonntagsberg Trollinger. Die Feiernden prosten mir zu. Dann laufe ich fröhlich weiter.

 

 

Von der Polizei gesichert, geht es über die Straße und dann auf der L1105 entlang. Wieder ist die rechte Seite mit Pylonen für die Läufer abgesperrt. Hinter dem Ortsschild führt die Straße schnurgerade weiter. Bis sie am Horizont verschwindet, kann ich vor mir vereinzelt Läufer erkennen. Wieso kommt der Wind eigentlich immer nur von vorne?

In Nordheim geht es bergab. An jeder Einmündung stehen Helfer und halten die Autos auf. Die Helfer tun mir leid. Jetzt kommen wirklich nur noch vereinzelt Läufer, und es ist sicher nicht schön, sich ständig mit uneinsichtigen Autofahrern anzulegen.

Bei km 35 steht die VP in der Stadtmitte. Der „Nordheimer Sonntagsberg wird hier stilecht im hohen Rotweinglas serviert. „Sag stopp, wenn es genug ist.“ Hier mache ich eine längere Pause. Anschließend laufe ich an der gut besuchten Hocketse vorbei in den Ortskern mit Kirche. Links führen Pylone auf der Straße die Läufer den Berg hinauf. Um die Kurve herum sieht man dann die schier endlos scheinende Steigung den Ort hinauf. Die Kilometerschilder des Laufs sind immer mit flotten Sprüchen versehen. Bei km 36 steht:“ Ihr seid die wahren Helden“. Und so fühle ich mich gerade auch.

Oben werden wir nach rechts geleitet. Bei meinem ersten Marathon vor 10 Jahren an gleicher Stelle war ich deutlich schneller und hatte auf diesem langen, geraden Stück eine richtige Läuferschlange vor mir. Heute ist hier keiner. Dafür bin ich auf dem Kilometer ganz schön flott. In Klingenberg geht es ein langes Stück bergab und die Halbmarathonstrecke stößt auf unsere. Der Halbmarathon wurde um 10 Uhr 15 Uhr gestartet. Die annähernd 5000 Läufer und Walker sind glücklicherweise schon durch.

An der VP ist man bereits am Aufräumen. Trotzdem wird jeder Läufer freundlich begrüßt und umsorgt. Der Trollinger Wein ist perfekt temperiert. Hier im Schatten lässt es sich gut aushalten. Normalerweise stehen auf dem folgen Streckenabschnitt viele Zuschauer. In Anbetracht der bereits fortgeschrittenen Zeit - ich bin schon über 5 Stunden unterwegs - sind nur noch die ganz Hartnäckigen anzutreffen. Eine Gruppe bietet neben lauter Anfeuerung auch Eiswürfel an, super!

Die Sambanditos in ihren schwarzen langen Kostümen sind rechtschaffen müde. Ihre Instrumente liegen auf dem Boden. Ich bekomme Daumen hoch. An der VP bei km 39,5 gibt es Cola Mix. Ich schnappe noch einen Becher. Im Ortsteil Böckingen kann man das Ziel bereits erahnen. Es kommt noch eine Wasserstelle bei km 41 in der Fußgängerzone und dann die letzte Unterführung.


 

An der Erwin-Fuchs-Brücke sitzt der Streckenposten: „Von hier sind es nur noch 10 km bis ins Ziel!“ Es dauert, bis ich diese Ansage als Scherz verarbeitet habe und bin schon vorbei, bis mir eine passende Antwort einfällt. Tatsächlich geht es nur noch über die Brücke, wo wir vor Stunden gestartet sind. Einige frisch geduschte Finisher und Zuschauer kommen mir entgegen und feuern mich an. Es geht nach links ins Stadion. Ich überhole eine große Gruppe Walker, die in bester Stimmung ins Stadion wandern. Noch ein paar Meter und das Ziel ist erreicht. Ein Selfie mit dem netten Sprecher, und die Käthchen überreichen mir die Medaille. Laura wartet hier und Norbert nimmt mich ebenfalls in Empfang. Er versorgt mich mit Krombacher und Müsliriegeln. Von allem ist genügend da. Außerdem eine Außendusche und ein großes Massagezelt. Immer noch laufen Finisher ein, und jeder wird angesagt, was wir aufgrund der perfekten Akkustik im Stadion gut mitverfolgen können.

 

 

Fazit:

6.500 Läufer und Walker sind der Beweis, dass der Trollinger ankommt. Naturgemäß zieht der Halbmarathon die meisten Läufer an, wobei ich sagen muss, dass die Halbmarathonis das Beste verpassen. Die große Schleife über die kleinen Weinbaudörfer finde ich viel attraktiver als die „Abkürzung“. Die große Zahl von engagierten Helfern und die engmaschigen Verpflegungspunkte zeigen, dass beim Trollinger der Läufer mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt steht. Und weintrinkende Genussläufer sind hier sowieso an der richtigen Adresse.

Die Infrastruktur samt Parkmöglichkeiten in und ums Frankenstadion sind perfekt, der Ablauf der Veranstaltung super organisiert. Ich höre oft, dass man, egal wie viele noch Folgen, zum ersten Marathon ein besonderes Verhältnis behält. Mir geht es genauso. Deshalb freut mich besonders, dass es auch Laura gut gefallen hat, obwohl sie nicht einmal Wein trinkt.

 

Informationen: Heilbronner Trollinger Marathon
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