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Unser Familienurlaub führt mich in diesem Jahr mal wieder an einen der schönsten Flecken Deutschland, Füssen im Allgäu. Um gleich das richtige Feeling zu bekommen, nutze ich die Gelegenheit, am Königsschlösser-Romantik-Marathon teilzunehmen. Die Strecke kenne ich zwar schon, aber es immer schön, eine angenehme Erinnerungen aufzufrischen.

Dabei bietet nicht nur die Strecke herrliche Ausblicke, sondern auch Füssen selbst. Im Vordergrund stehen natürlich die Schlösser Hohenschwangau und Neuschwanstein, die im Zeitalter der Romantik der Fantasie entsprechend den mittelalterlichen Vorbildern nachgebaut wurden. Im Gegensatz dazu stehen die Bauten in der Kernstadt, die im Mittelalter bis zur frühen Neuzeit zur täglichen Nutzung errichtet wurden, wie das Kloster St. Mang oder das hohe Schloss, wobei dessen heutige Wurzeln bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen.

Um alles richtig genießen zu können, reise ich mit meiner Familie bereits am Samstag an. Als wir am Nachmittag ankommen, schlägt das Läuferherz gleich höher, denn wir Marathonis sorgen an diesem Wochenende nicht alleine für Bewegung. Bevor wir beim Füssener Laufwochenende am Sonntag den Abshluß bilden, sind heute bereits die Kinder auf Strecken zwischen 300 und 1.200 Metern unterwegs. Anschließend versuchen sich diejenigen, die sich an einen Marathon noch nicht herantrauen über 10 Kilometer bzw. den Halbmarathon. Nachdem wir in unserem zentral gelegenen Hotel eingecheckt haben, geht es zum Eventzelt am Parkplatz Morisse. Nicht ganz einfach, denn die kürzeren Läufe führen direkt durch die Innenstadt und die Strecke ist entsprechend abgesperrt.

 

 

Als ich das Eventzelt erreiche, herrscht dort viel Betrieb. Die Halbmarathonis bereiten sich schon auf ihren heutigen Lauf vor. An der Startausgabe für den Marathon ist es dagegen ziemlich ruhig. So erhalte ich zügig von der jungen Dame hinter dem Tresen meine Unterlagen und das im Preis inbegriffene T-Shirt. Da es bereits vorher ausgegeben wird, kann ich es Morgen mehrfach auf der Strecke bewundern. Der mit ausgegebene Essensgutschein wird sofort genutzt, um die nötigen Kräfte für den Marathon zu sammeln.

Nach unruhigem Schlaf schaffe ich es, bereits um kurz vor Sieben vor Ort zu sein. Ich bin etwas nervös, denn bei meinem Start vor drei Jahren bin ich bei brütender Hitze jämmerlich eingegangen. Dazu besteht heute keine Gefahr, denn es sind kühle Temperaturen und sogar Regen vorausgesagt. Überraschend treffe ich Adalbert und freue mich, Ostwestfalen nicht allein zu vertreten. Dabei haben wir noch nicht einmal annähernd die weiteste Anreise. Aufgrund der zu bewundernden Sehenswürdigkeiten zieht der Lauf traditionell internationales Publikum an. Am Samstag war bereits ein Australier auf der Strecke, der wahrscheinlich den Preis für die weiteste Anreise gewonnen hätte, wenn es ihn denn gäbe.

 

 

Gut gefüllt ist der Startbereich, als ich mich für meinen Fotoauftrag nach vorn mogle. Schon läuft der Countdown, 3, 2, 1 mein Marathon, so hoffe ich. Ich reihe mich beim Pacemaker für 4:14 Stunden ein. Die Strecke führt nach wenigen Metern links ab in Richtung Norden. Ein kurzer Blick zurück und ich sehe Prinzregent Luitpold in die Augen, der von seinem Sockel herunter das für ihn sonderbare Treiben beobachtet. Vielleicht hat er sich aber auch schon daran gewöhnt, denn bereits zum 18. Mal laufen die Marathonis an ihm vorbei. Weiter geht´s gen Norden. In diese Richtung hat sich Füssen im 19. Jahrhundert ausgebreitet, wie an der Architektur unschwer zu erkennen ist. Aus der Läuferschar sticht mir ein Pärchen besonders ins Auge mit ihren schönen bunt gestreiften T-Shirts. Verdient haben sie sich diese beim PUM, über den ihr mehr in meinem Bericht vom Frühjahr erfahren könnt. Gerne hätte ich es heute auch getragen, aber meine Dienstkleidung geht vor.

Wir verlassen die B 16 und biegen in Richtung Hopfensee ab. Tiefliegende Wolken verschleiern die Berggipfel zumindest teilweise. Durch saftiges Grün schlängelt sich die Strecke bis etwa KM 4,5. Dann erreiche ich ein kleines Wäldchen, das ich auf den nächsten Kilometern durchstreife.

 

 

KM 5: An der erste Verpflegungsstelle wird Wasser gereicht. Auch wenn die Temperaturen moderat sind, nehme ich, wie viele andere auch, die erste Flüssigkeit auf. Auf den nächsten Kilometern umrunde ich den Hopfensee im Uhrzeigersinn. Rechts grüßt der See und es geht gemütlich durch die abwechslungsreiche Landschaft. Vorbei an saftigen Wiesen, Baumzeilen und Schilfgras über vereinzelte Stege an den Zuläufen zum See. Herrlich, dieser Streckenabschnitt. Verkürzt wird mir die Zeit durch ein Pläuschchen mit Adalbert, auf den ich hier auflaufe. Doch nur kurz, denn schon sticht mich der Hafer und ich mache mich nach vorne davon. Bei KM 10 wartet bereits die nächste Verpflegungsstation. Hier habe ich das nörliche Ufer des Hopfensees erreicht.

Wettertechnisch habe ich bisher Glück gehabt, aber ob es anhält? Als ich dem See entlang der Strecke in Richtung Süden folge, fallen die ersten Tropfen des angekündigten Regens vom Himmel. Doch nur ganz sacht, so daß es mich nicht stört. Zudem möchte ich nicht egoistisch sein, denn gerade in diesem Sommer tut etwas Regen der Natur gut.

 

 

Im Süden erblicke ich in der Ferne erstmals Schloß Neuschwanstein. Deutlich näher ist mir wieder ein bunt geringeltes Laufshirt, das ich nach und nach aber aus den Augen verliere. Kurz hinter KM 15 gibt es wieder Verpflegung. Die Stelle kenne ich von KM 5, mit dem Unterschied, daß jetzt zusätzlich Riegel, Bananen und Äpfel gereicht werden.

Die nächsten etwa 4 Kilometer folge ich dem Weg, der mich von Füssen heraus geführt hat. Man könnte von einer Begegnungstrecke sprechen, aber so schnell bin ich nicht, bzw. niemand ist heute so langsam unterwegs, daß er mir hier noch entgegen käme. Wäre sicher sehr demotivierend. Motivierend ist dagegen der Blick geradeaus auf Schloss Neuschwanstein, der mich unwiderstehlich vorwärts teibt. Vor mir lese ich auf grünen Shirts  in strahlendem Weiß „Mors, Mors“. Gegrüßt werden die Teilnehmer aus Hamburg dann auch gebührend mit Hummel Hummel, das vorne auf ihren Shirts natürlich nicht vergessen ist. Und schon bin ich wieder drin in einem lockeren Gespräch, das mit Unterbrechungen die nächsten Kilometer anhalten wird.

Am Ortsrand von Füssen folgen wir der Ausschilderung zum Festspielhaus, das ich nach einer Rechtskurve auch schon im Blick habe. Aufgeführt wird das Musical Ludwig II., dessen Leben genug Stoff dafür hergibt.

Direkt voraus liegen die immer noch in Wolken gehüllten Berge, rechts schauen wir auf das hohe Schloss und Kloster St. Mang über der Füssener Altstadt. Wir erreichen die Staumauer des Forggensees, der Zulauf ist fast nur ein Rinnsal. Dann ist Halbzeit, 2:03 Stunden werden mir anzeigt.

 

 

KM 22: Ich erreiche den Forggensee oder besser gesagt, ich sollte ihn erreichen, denn er ist kaum zu sehen. Statt Wasser gibt es grünes Gras zusehen. Nur ganz weit weg sieht man etwas Wasser glänzen. Von hier zeigt sich das Schauspielhaus von seiner schönsten Seite, auch wenn das Wasser im Vordergrund heute fehlt. Ich höre einige Kollegen maulen, denn die versprochenen 60 % Laufstrecke am Wasser entlang kommen heute nicht zustande.

Vorbei am Rest des Forggenssees erreiche ich bei KM 27 einen Campingplatz. Den Sommerurlaub am See haben die sich bestimmt auch anders vorgestellt. Gut, daß mich das nicht kümmern muß, ich folge lieber dem nächsten Zufluß zum See, der tatsächlich noch munter vor sich hin plätschert. Schnell über eine Brücke zur nächsten Verpflegungsstation. Das Läuferfeld ist jetzt stark auseinander gezogen, dafür wird die Linie der gebrauchten Pappbecher immer dichter und länger. Eine Rechtskurve führt uns in Richtung Schwangau. Über das offene Feld erblicke ich jetzt das romantische Triumvirat aus Schloß Neuschwanstein, St. Coloman und Schloß Hohenschwangau. Im weiteren Streckenverlauf wechselt die Perspektive und die drei Gebäude ihre Plätze.

 

 

Kurz vor KM 30 biege ich nach links ab, denn die Strecke führt direkt an der Barockkirche St. Coloman aus dem 18. Jahrhundert vorbei. Der namensgebende Heilige soll hier 1012 auf seiner Pilgerreise ins Heilige Land gerastet haben. Ich kann es ihm bei der sich bietenden Aussicht und das trotz des heute düsteren Wetters nicht verdenken. Wirkt dieser Ruhepunkt Wunder, frage ich mich. Denn erneut sticht mich der Hafer und ich forciere das Tempo. Die Strecke animiert mich dazu, denn kurz darauf biege ich nach rechts in ein Wäldchen ab. Zu sehen gibt es nichts,  sodass ich mich aufs Laufen konzentrieren kann.

KM 32,5: An der nächsten Verpflegungsstelle fasse ich schnell Cola und Wasser und schon bin ich wieder unterwegs. Die Strecke führt hier aus dem Wald heraus. Ein Läufer dreht sich staunend um. Ich folge seinem Beispiel und habe einen Prachtblick auf  Schloss Neuschwanstein, die Berge imposant dahinter.

Kurz hinter KM 34 biege ich links ab,  der  4:14-Pacer ist weit vor mir. Zum letzten Mal genieße ich den Blick auf die beiden Romantikschlösser. Die Aufmerksamkeit gehört vor allem Schloss Neuschwanstein in den Bergen. Von hier aus scheint es unerreichbar, dennoch finden jährlich etwa 1,5 Millionen Besucher den Weg zum Märchenschloss. Errichtet auf der Vorderhohenschwangauer Ruine, die erstmals 1090 erwähnt wurde.

Schloss Hohenschwangau kommt in Sicht. Es ist das ältere der beiden Romatntikschlösser. Erbaut in den 1830er-Jahren sammelte der Märchenkönig Ludwig II. hier die Eindrücke, die ihn zum Bau von Schloss Neuschwanstein inspirierten.

Über die nächste Straße führt mich der Weg direkt in den Schwanseepark. Für meine Sicherheit sorgt ein weiteres Mal ein freundlicher Helfer des THW und für weiteren Ansporn aufmunternde Zuschauer. Die richtige Motivation für der Schlußspurt. Bis KM 38 durchlaufe ich ein Wäldchen und umrunde dabei den romantischen Schwansee. Ich biege auf den Radweg in Richtung Füssen ein und schon kommt der für mich maßgebliche Pacemaker in Sicht. Für die Strecke habe ich jetzt kaum noch Blicke, ich bin nur noch am Laufen.  Kurz vor KM 41 überhole ich den Pacemaker, noch ehe ich den Lech überquere.

Die letzte Trinkpause fällt kurz aus, denn ich weiß um den langen und anstrengenden letzten Kilometer. Am Uferweg passiere ich St. Mang und das hohe Schloß, die mich hier unten sehr klein wirken lassen. Doch so fühle ich mich heute ganz und gar nicht, selbst die letzte Steigung hinauf zum Bergeinschnitt, der mich zurück in die Innenstadt führt, fliege ich förmlich hinauf.

 

 

Schnell liegt auch diese letzte Anstrengung hinter mir. Der Parkplatz mit dem Eventzelt liegt vor mir. Meine Lieben jubeln mir entgegen und eine Trommlergruppe treibt mich rhythmisch auf die Zielgerade. Für einen Spurt reicht es auch noch und nach 4:12 Stunden bin ich überglücklich im Ziel. So früh hatten sie mich gar nicht erwartet. Gemeinsam genießen wir ein kühles Blondes und sind uns einig, daß dieser schöne Lauf eine weitere großartige Ausgabe erlebt hat.


Streckenbeschreibung:
Eine große Runde mit keinen erwähnenswerten Steigungen (außer ganz am Schluss) .

Zeitnahme:
Einmalchip in der Startnummer

Weitere Veranstaltungen:
10 Kilometer, Halbmarathon, Staffelmarathon und 4 Kinderläufe zwischen 300 und 1.200 m.

Startgeld:
Marathon: 50 – 60 -70 €, je nach Anmeldezeitpunkt

Auszeichnungen:
Medaille, Urkunde im Internet, Finisher-Shirt

Verpflegung:
13 Verpflegungs- und Wasserstellen an der Strecke und Verpflegung im Ziel. Gereicht werden Obst, Riegel, Wasser, Mineraldrink, ab KM 30 auch Cola und im Ziel alkoholfreies Bier

 

Informationen: Königsschlösser Marathon
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