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Laufberichte

Richtig gewürzt

15.05.11

Vor der barocken Fassade des (ehemaligen) Kollegiatsstifts Neumünster bleibe ich einen Moment stehen. Zwei Flaggen wehen davor im Wind und zeigen das Bild Georg Häfners, versehen mit den Adjektiven „einfach, gläubig, konsequent. Während ich weiterlaufe, gehen mir, in Verbindung mit meinem bescheidenen Wissen über diesen Mann, diese drei Worte nach. Ich habe jetzt schon das Gefühl, dass ich sie nicht so schnell vergessen werde. Fast hätte ich aber vergessen, dass ich gelesen habe, dass hier in der Westkrypta in der Kiliansgruft auch die Gebeine der drei Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnat liegen. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist im ehemaligen Kreuzgang auch Walther von der Vogelweide begraben.

Bei der Neubaukirche werde ich aus meinen Gedanken gerissen, denn an der Begegnungsecke kommt das Spitzenfahrzeug gefahren, gefolgt von einem dunkelhäutigen Läufer. Noch ist es über ein Kilometer bis zur Halbzeit und der Führende ist mir bis auf drei Kilometer aufgerückt. Entweder bin ich sehr langsam oder er sehr schnell.

Sehr schnell tauchen, faszinierend und verwirrend zugleich, all die schon gesehenen Bauten aus neuen Blickwinkeln auf. Das Rathaus, der Dom und die Marienkapelle am Marktplatz von der Seite und ihr Eingangsportal mit einer Kopfdrehung von vorne.

Die zweite Runde wird etwas ruhiger werden. Erstens wird das Feld ohne Halbmarathonis ziemlich ausgedünnt wirken, zweitens sind die ersten  Eindrücke zwar noch nicht verdaut, zumindest aber gesetzt.

Dem ist nicht ganz so. Die Überleitung in die zweite Runde geht unter der Friedensbrücke durch und führt dadurch direkt vor dem Kulturspeicher durch. Dieser ehemalige Getreidespeicher am Alten Hafen war auf der ersten Runde von der Straße aus nicht so gut zu sehen. Fast hundert Jahre nach seiner Errichtung für die bayrischen Staatshäfen wurde er für seine neue Bestimmung umgebaut und beherbergt ein Museum, ein Theater und eine Tanzwerkstatt. Architektur, für welche ich ein besonderes Flair habe.

Die Jungs am anderen Brückenkopf greifen immer noch kräftig in die Seiten und pusten mächtig Dampf aus ihren Verstärkern. Ordentlich mit Dampf unterwegs sind auch Mirjam und die beiden Daniel auf ihrem ersten Marathon. Ich komme mit ihnen ins Gespräch und habe das Glück, dass sie aus Würzburg sind und mir bei meinem Streifzug noch ein paar Zusatzinformationen liefern können. Dank Ihnen kann ich noch ein weiteres Wahrzeichen fotografieren,  den Alten Kranen. Über 300 Jahre ist es her, dass ihn der Sohn Balthasar Neumanns erbaut hat und er blieb eines der wenigen Bauwerke, welche die Bombardierungen gegen Ende des zweiten Weltkriegs ohne nennenswerte Schäden überstanden haben.

Die drei Rookies an meiner Seite beeindrucken mich. Nach mehr als zwei Dritteln des Marathons laufen sie mit konstantem Tempo. Bei dieser Einschätzung verlasse ich mich aufs Gefühl, denn heute trage ich keine Uhr, doch ich bin mir sicher, dass es mich nicht täuscht.

Mir scheinen die Kilometer auch wieder ihrer eigentlichen Länge zu entsprechen und es macht nicht den Anschein, dass mein Übermut in Sachen Schuhwahl bestraft würde. Nach meiner gelungen Premiere mit dem neuen Straßenschuh gestern, bin ich heute daran, das verschärfte Modell zu testen. Mit 23 Gramm weniger am Fuß und nur noch 6mm Sprengung bin ich luftig unterwegs. Ich staune, mit welcher Leichtigkeit ich beim zweiten Marathon innerhalb von 24 Stunden einen Fuß vor den anderen setze.

Mirjam trifft immer wieder Bekannte am Straßenrand und lässt abreißen, doch die beiden Daniel sind auch fünf Kilometer vor dem Ziel in guter Form. Von der anvisierten Zielzeit sind sie eine knappe Viertelstunde entfernt – zu ihren Gunsten! Das nenne ich gute Vorbereitung und gute Einteilung. Mit einem von ihnen ziehe ich die letzten eineinhalb Kilometer durch und gemeinsam kommen wir auf eine Zeit von 4:00 und einigen Sekunden. Der andere Daniel folgt uns mit nur einer Minute Abstand. Was ihre Leistung zusätzlich auszeichnet: Sie haben diese Zeit mit einem „negative split“ erreicht. Alle Achtung!

Nach einer warmen Dusche im Duschzelt muss ich mich bereits auf den langen Heimweg machen. Schade. Gerne würde ich es mir in Würzburg noch etwas schmecken lassen. Die Organisatoren in Würzburg versehen ihren Marathon mit allen Zutaten, die eine gute Grundlage für ein leckeres Laufmenu bilden, und verstehen es, dieses gut abzuschmecken. Nicht nur mit Bleifreiem und Brezeln (nebst anderen Getränken und Früchten) als Zielverpflegung.

Der iWelt Marathon war der Grund, weshalb ich an diesem Wochenende zum ersten Mal nach Würzburg kam. Er ist damit der Grund, weshalb ich überhaupt auf den Geschmack gekommen bin, der Stadt gelegentlich einen ausgedehnteren Besuch abzustatten. Bei meinem Marathonstadtrundgang habe ich gesehen, was Würzburg alles zu bieten hat.

 

Marathonsieger

Männer

1 Kosgei, Titus Kipchumba (GER) SSV Ulm 1846 02:14:10
2 Tefera, Yigzawe Debas (ETH) Volker Wagner Sport Promotions 02:20:25
3 Sengenberger, Ulf (GER) LLC Marathon Regensburg 02:38:52

Frauen

1 Antonios, Mihiret Anamo (ETH) Volker Wagner Sport Promotions 02:39:51
2 Gläser, Carolin (GER) Apoldaer Leichtathletik Verein 02:43:54
3 Dr. Janas, Dana (GER) 1149 03:04:18

682 Finisher

123
 
 

Informationen: WVV Marathon Würzburg
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