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Laufberichte

Der Bayern wegen: Halbe Sache

20.05.12
Autor: Klaus Duwe

Aber mit einem Kurs mit vielen Sehenswürdigkeiten. Bestimmt habe ich hinter hohen Mauern und dichten Hecken schon einiges Sehenswerte  übersehen, als wir die Alte Mainbrücke (km 8) erreichen. Man fühlt sich in eine andere Zeit versetzt, wenn man den hoppeligen, gepflasterten Weg durch das Spalier der in Stein gemeißelten Heiligen in die Altstadt läuft und dabei die Türme von Rathaus und Dom immer näher kommen.  Wer zurückschaut, wird mit einem herrlichen Blick auf die Marienfestung belohnt. Ich könnte den ganzen Marathon auf dieser Brücke laufen.

Der Bau der 252 Meter langen Steinbrücke zog sich über 200 Jahre hin (1476 – 1703), bis 1886 es die einzige Brücke in Würzburg über den Main. Wer schon einmal in Regensburg oder Prag war, wird sich an ähnliche Brückenbauwerke erinnern.

Ich habe vorhin vom Turm des Rathauses geschrieben. Genau genommen stimmt das nicht. Der gemeinte Turm ist der Grafeneckart und der ist ein separater  Teil des Rathauses, der älteste außerdem. Zu dem ungewöhnlichen Namen kommt es, weil Eggehardus, bischöflicher Schultheiß und Vize-Burggraf, hier mal wohnte.

Die gewaltige Größe des St. Kiliansdoms kann man kaum erahnen. Und doch zählt er zu den größten romanischen Kirchenbauten in Deutschland. Mit dem Bau wurde 1040 begonnen. Schon 35 Jahre später war der Prachtbau fertig. Finanzierungsprobleme, wie 400 Jahre später beim Bau der Brücke, gab es da offenbar nicht.

Später schauen wir uns den Dom noch aus der Nähe an. Jetzt laufen links auf den Oberen Mainkai und gleich unter der Alten Brücke durch. Trommler begleiten uns. Rechts hat man nun einen Prachtblick auf die Festung und die darunter liegende St. Burkard Kirche, auf dem bewaldeten Hügel daneben sieht man Balthasar Neumanns Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung (1748). Sie wurde dort errichtet, wo 1640, während des 30jährigen Krieges, ein Fischer ein Bildstock mit Maria und dem toten Jesus aufgestellte.  Die vom Krieg geplagten Menschen kamen zum Beten an diesen Ort und bauten aus Holz eine kleine Kapelle, das „Käppele“.  Dieser Name ist noch heute in Würzburg gebräuchlich.

Die Festung liegt auf einer Anhöhe, auf der schon die Kelten eine Fliehburg errichteten. Anfangs des 8. Jahrhundert wurde die Marienkirche errichtet, die älteste Kirche Würzburgs. Um 1200 wurde die Burganlage erbaut und danach ständig erweitert und umgebaut. 1525 hielt sie während des Bauernkrieges dem Ansturm der Bauern noch stand.  Aber 1631 wurde die Festung von den Schweden eingenommen.

Nachdem Sabine die Laufberichte auf unserer Seite förmlich verschlingt, freut sie sich jetzt, einen Reporter einmal „live“ zu erleben. Pech, dass sie gerade mich erwischt, wo ich doch nur auf dem Halben unterwegs bin. Natürlich beichte ich ihr gleich meinen Fehltritt. Statt zu maulen meint sie, dass das wohl auch für sie das Beste sei.  Das fehlte noch. Ich verleite willige und motivierte Marathonis zum Abbruch. Mit Engelszungen rede ich auf sie ein, dass alle Gründe für ein solches Vorhaben exklusiv auf meiner Seite sind. Letztlich entzieht sie sich meinem Einfluss, indem sie sich einfach zurückfallen lässt.

In dem Moment erinnert mich einer im roten Bayern-Dress an gestern Abend. Mario Müller mit der Rücken-Nr. 25 hat bestimmt auch mit einem anderen Spielausgang gerechnet, als er sich für das Fußballhemd als Laufshirt entschieden hat.  Jetzt bekommt er extra viel Applaus, allerdings mit etwas Beigeschmack. Denn Mitleid ist doch die Höchststrafe, oder?

Wie zum Trost werde ich von frohen Zechern am Streckenrand zum Frühschoppen eingeladen. Ich verzichte auf das Bier, bereite die spendierfreudigen Herrschaften aber schon einmal auf den rothaarigen Kobold in grüner Hose vor, der gleich vorbei kommen wird und solche Angebote  niemals ablehnt. Hat’s geschmeckt, Dietmar?

Von Balkonen und  Gärten aus wird uns zugejubelt. Hauptsache Schatten. Manchmal gibt’s auch Wasser aus dem Gartenschlauch. Ein Streckenposten hat es sich mitten auf der Straße in seinem Klappstuhl gemütlich gemacht und sonnt sich. So geht’s durch die Sanderau und anschließend durch’s Frauenland  – unterhaltsam, aber ohne Hektik.

Die Getränke und Verpflegungsstellen kommen in kurzen Abständen. Wasser gibt es mit und ohne Kohlensäure, Apfelschorle ist im Angebot, Cola, Buffer, Bananen und was weiß ich. Es ist genügend da und alles wird einem von freundlichen Helferinnen und Helfern entweder entgegen- oder nachgetragen. Man kann (und soll) nicht nein sagen.

Würzburg ist eine der ältesten Universitätsstädte in Deutschland. Die erste Gründung geht auf das Jahr 1402 zurück. Als aber der Uni-Kanzler von seinem Kammerdiener ermordet wurde und in der Folge auch noch Finanzierungsprobleme auftraten, wurde der Lehrbetrieb eingestellt. Schuld dafür soll auch der Lebenswandel der Studenten gewesen sein. Heute sind über 24.000 Studenten in Würzburg eingeschrieben. Hallo Jungs, fast 60 % sind Mädels! Am Sanderring (km 16) sehen wir die 1896 erbaute Neue Universität.

Tim Brown ist Amerikaner, war bei der Army, heiratete eine hübsche Würzburger Studentin und wurde Musiker.  Heute gibt er beim iWelt Marathon sein Country angehauchtes Repertoire zum Besten und kommt damit gut an.

Wir kommen zur Residenz, ehemals Sitz der Würzburger Fürstbischöfe. Sie zählt zu den bedeutendsten barocken Residenzbauten und wird in einer Reihe mit Schönbrunn und Versailles gesehen. Als die Herrschenden Macht und Reichtum in der Größe ihrer Wohnsitze zum Ausdruck brachten, beauftragte der Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn 1719 den damals noch unbekannten Balthasar Neumann mit dem Bau der Residenz. Auch die Basilika Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein ist von ihm. Stichwort Obermain-Marathon, m4y-Leser wissen Bescheid. 

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Informationen: WVV Marathon Würzburg
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