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Laufberichte

Die Marathonluft brennt wieder

05.05.13
Autor: Joe Kelbel

Beim Neues Rathaus (1913) mit dem imposanten Kuppelbau ist das Veranstaltungszentrum des Marathons, etwa 10 Minuten vom HBF entfernt. In dem wilhelminischen  Gebäude ist die Nachmeldung, aber: Von hier aus geht auch ein uriger, bogenförmiger Lift hinauf in die Kuppel.

Der verglaste Aufzug ist einzigartig in  Europa und bietet mit seinem wechselnden Schwerpunkt eine kleines Abenteuer, ehe man die letzten Stufen hinauf schwankt. Von oben herrlicher Rundblick nach Norden  über die Stadt und  das Startgelände, nach Westen zu den drei Türmen des Kraftwerkes (die drei warmen Brüder), nach Süden über den Maschsee mit der AWD Arena und der Laufstrecke. Ja, sogar das Wohnmobil von Conny und Jörg auf der Schützenwiese ist erkennbar. Nach Westen über das neue Haus der NordLB bis zu den Kalihalden am Horizont - was für eine grandiose Marathonmall!

Rund um das Neue Rathaus gibt es zahlreiche Hotels mit Blickkontakt zum Startgelände mit seinen Bier-und Wurstständen. Wer vergessen hat, seinen Fotoakku aufzuladen, dem wird im nahen Geschäft geholfen.

Im Marathonmessezelt ist Trubel rund um den Ausstatter „artiva“, einer Firma, die seit  einem Monat im Handelsregister eingetragen ist und nun für Furore mit der Gestaltung persönlicher  Finisher-Shirts macht. Der Chef  von artiva, schon früher im Bereich Sportevents tätig, verwirklicht nun seine Idee, hochwertige Funktionskleidung zu personifizieren. Dafür steht jedem Läufer  ein persönlicher Designer zur Verfügung. Kein Wunder, dass sich die Läufermassen um den Messestand drängen. Nebenher werden noch 300 Shirts verteilt. Wer in diesen Shirts finisht, kann eine Reise zum TUI Marathon auf Mallorca gewinnen.

Artiva macht nicht nur die Finishershirts von Freiburg und Hannover, sondern auch die der Eskorte 2000 von Christian Hottas. Und… jetzt rutscht dem Marketing-Direktor Ernst Thürnau noch eine brandneue Info raus: Artiva macht auch die neuen Shirts der M4Y-Reporter.

Die Eskorte 2000 besteht aus 84 Läufern aus 11 Nationen, die Christian Hottas, der seine  Bestzeit (2:59:20) im Alter von  34 Jahren lief, auf seinem 2000ten Lauf begleitet. „Jeder Lauf ist ein Geschenk“ ist sein Motto, und so beschenkt er sich zu seinem 57ten Geburtstag mit seinem 2000ten Marathon.

Die Kinderläufe beim TUI Marathon in Hannover sind legendär, Startplätze schon lange vorher ausgebucht. Wo ist Mutti? Die Kleinen wetzen los, wie wilde Rennpferdchen, die Mütter bleiben im Staub zurück. Wer sich anschließend sucht: An der Cola-Flasche ist Treffpunkt der staubigen Eltern. Manchen Kindern haben die Eltern ihre  Handynummer auf den Arm graviert. Es ist eine unglaubliche Stimmung, vor der grandiosen Kulisse des Neuen Rrathauses stehen die Zuschauer in mehreren Reihen und Etagen. Jeder Startblock wird von einem Olympiasieger  ins Rennen geschickt. Da möchte man nochmals Kind sein!

Bei Pommes und Hamburger aus der Mikro, so habe ich Christian Hottas kennengelernt. Hinten in der Ecke, zwischen leeren Lidl-Tüten, lagen seine tausend Medaillen. Leuchtende Augen hat er, wenn er  von seinen Laufabenteuern erzählt: “Die Welt ist da draußen!”, dann zeigt er auf seine Lieblings-Medaillen: 300 km, 400, 500 und als Krönung 600 km in 141 Stunden.  Die Medaillen sind so groß wie Topfdeckel.

Bei den ganz großen Läufen stellt er sich den Wecker auf 15 Minuten und legt sich am  Straßenrand zum Schlafen. Nach dem Aufwachen  gibt’s Kuchen. Er hat oft verknüllten Kuchen bei seinen Läufen  dabei. Dann erzählt er von seinem Lieblingslauf: Dem Grand Union Canal (220 km). Für die Teilnahme  muss man  eine witzige Bewerbung schreiben. Es gab dieses Jahr  eine einzige  Bewerbung, die gleich rausfiel: Meine! Es gilt nämlich, im Bewerbungsformular  bei „sex“ ein „m“ oder „w“ anzukreuzen. Meine Ausführungen trafen leider nicht annähernd den Geschmack der Insulaner, und ein „yes“ war nicht ankreuzbar.

Steffi ist die Chefin vom Hannover Marathon. Unter den Organisatoren der großen Stadtläufe ist sie die Erste, die das Potential der Jäger und Sammler erkannt hat, aber auch noch Hochland-Afrikaner engagiert.

Es kommt zu einem Duell der Vorjahrssieger: Joseph Kiptum gegen Lusapho April. Dabei sein wird auch Altmeister Wilfred Kigen. Der Streckenrekord wird fallen. Auch bei den Damen, denn Julia Muraga und Edinsh Kwambei stehen auf dem Favoritenzettel. Dann sind da noch die Topläufer aus Russland und der Ukraine.

Olympiasieger Dieter Baumann macht den 3 Std-Pacer. Die  Biathleten Sven Fischer, Michael Greis, Tennislokalmatador Nicolas Kiefer, Box-Weltmeister Sven Ottke, Rad-Weltmeisterin Hanka Kupfernagel  sind auch dabei. Ministerpräsident Stephan Weil läuft den Zehner.

Ich sitze mit der  (Altersklassen-)Weltmeisterin im 100 km-Lauf, Anke Meinberg, beim Bierchen! Wir kennen uns, seitdem Wilhelm meine fliegende Nikolausmütze in Arolsen vor die Linse bekam.

Spät am Abend lerne ich noch, wie man das Traditionsgetränk Lüttje Lage korrekt trinkt. Wichtig hierbei ist die „Stinkefingerhaltung“, die das Schnapsglas beim Trinken oberhalb des Bierglases fixiert, damit der Inhalt beider Gläser gleichzeitig in den Marathonrachen stürzen.

 

„Hallo Hanover! Die Sonne scheint!“

 

Es ist schon grausam, von einem Moderator geweckt zu werden. Din simples  „Eins, Zwo, Drei !“  hätte es auch getan.  Zum Glück ist dies ein Marathon der kurzen Wege. Nur Dieter Baumann wieselt auf allen Wegen. Dabei kann man sich die Zähne doch im nahen Duschzelt putzen.  Wer sich noch nachmelden möchte, der kann dies im Neuen Rathaus machen. Wer schon vorangemeldet ist, der erhält seine Startnummer im Zelt der Marathonmesse. Kleiderbeutelabgabe ist bei den Lastwagen an der östlichen Seite.

Sven Ottke und Sven Fischer schicken die Läufer auf die Strecke. In dem Trubel kann man schon mal die Svens vertauschen, und so gebe ich dem Biathleten und nicht dem Boxer eins aufs Kinn, bin dann froh, nicht erschossen zu werden. 

Die Hochland-Afrikaner ernähren sich von Hirse. Müssen sie auch, denn der prämarathonale Duft der Savannenbewohner, der nun vom Rathaus herüberweht, verschreckt jedes Wildschwein und jeden Windschattenläufer. Neidisch schaut mich Lusapho April (er wird gewinnen) an. Er weiß, dass ich mindestens doppelt so lange wie er Hannover und die Strecke genießen darf.

Die Unterernährten mit den roten Startnummern sind die glücklichen Hasen, die als Pacer  die duftfreie Luft einatmen dürfen. Wilfred Kigen (6.Pl) hebt demonstrativ die Arme, was Samuel Demie (3.Pl) sichtlich die Nase rümpfen lässt. Aus dem Gesicht von Mekuant Ayenew (2.Pl) springt eine gewisse Unsicherheit. Er kann mich einfach nicht einschätzen.

Agnes Cheserek (4.Pl) ignoriert mich völlig. Marta Megra (3.Pl) kratzt sich lachend unterm schitzenden Arm, während Edinah Kwambai (2.Pl) erschreckt die Flucht antritt.

Dieter Baumann wirft seine Nase demonstrativ in den Wind. Nur so wird es ihm  als 3 Std-Pacemaker gelingen, die Zeit souverän einzuhalten.

Jetzt verstehe ich Steffi, die Chefin: „Die Marathonluft brennt schon wieder“

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Informationen: ADAC Marathon Hannover
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