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Laufberichte

Girls-Power

 
Autor: Klaus Duwe

Als ich 2002 in Berlin meinen ersten Marathon gelaufen war, wollte ich nicht bis zum Frühjahr mit dem nächsten warten und meldete mich in Frankfurt an. Normalerweise eine gute Idee, nur nicht in besagtem Jahr. Ich holte meine Startunterlagen zwar ab, konnte mir aber nicht vorstellen, dass der Marathon stattfinden würde. Und wenn, dann ohne mich. Zu sehr tobte der Sturm durch die Stadt. 

Kein Vergleich zum Rennsonntag in diesem Jahr. Regen und Wind sind zwar auch diesmal Spaßverderber, so richtig stören sie aber nur die Zeiten- und Prämienjäger in der ersten Startreihe. Spätestens seit Wilson Kipsangs Sieg 2010, bei dem er den Streckenrekord unter die magische 2:05 drückte und erst recht nach seinem „Beinahe-Weltrekord“ ein Jahr später, ist Frankfurt auch international in aller Munde und Sponsoren, Sportpresse und Veranstalter sind in erhöhter Erwartungshaltung.

Aber selbst wenn man einen Marathon in die Halle verlegt, um die Akteure nicht ungünstigem Wetter auszusetzen, kann auf 42 km viel Unvorhergesehenes passieren. Ein Rekord ist schlichtweg nicht planbar. Man kann sich als Veranstalter und Sportler nur darauf vorbereiten und hoffen, dass im „Ernstfall“ dann viele gute Dinge so zusammenpassen, dass es klappt. Das macht nicht nur den Laufsport ja so spannend.

Und spannender als ein Marathon, der wie jetzt in Frankfurt im Zielspurt mit einer Sekunde Vorsprung gewonnen wird, geht nicht. Die Siegerzeit (Vincent Kipruto) war die letzten Jahre in Frankfurt zwar immer besser,  aber eine 2:06:15 muss man bei dem Wetter erst einmal laufen.

Sowieso hat man sich laut Marathon-Chef Jo Schindler und Christoph Kopp, seinem sportlichen Leiter, dieses Jahr den Streckenrekord der Frauen vorgenommen. Kann das denn klappen? Die Frauen haben doch die gleichen Bedingungen. Ja, aber ….

Bei großen Rennen haben die Stars Pacemaker zur Seite, die nicht nur das Tempo vorgeben, sondern bei Bedarf auch Windschatten bieten. Spätestens nach 30 km ist damit meistens Schluss, weil die Pacer verschlissen sind. Manchmal laufen sie auch weiter, dann aber auf „eigene Rechnung“, das heißt, sie wollen selber gewinnen.

Bei den Frauen ist das anders, denn meistens starten sie gemeinsam mit dem Männerfeld (Ausnahme z. B. beim London Marathon) und haben ständig unterstützende Begleitung. Bei Bedingungen wie dieses Jahr in Frankfurt ist ein permanenter Windschatten schon was wert. Zu einem neuen Streckenrekord reicht es bei der Siegerin, Caroline Kilel (2:22:34), trotzdem nicht. 2011 und 12 wurde schneller gelaufen.

So kommt es, dass zwei Läuferinnen, auf Platz 8 und 11 platziert, die Stars des Tages sind. Denn bei ihnen klappt heute alles und beide laufen persönliche Bestzeit: Anna Hahner 2:27:55 und ihre Zwillingsschwester Lisa 2:30:17. Damit haben sie die Tickets für die EM in Zürich in der Tasche und Deutschland nicht nur zwei Hoffnungs-, sondern der Laufsport zwei äußerst liebenswerte Sympathieträgerinnen, deren Leistungskurve dank Talent und Ehrgeiz weiter steil nach oben zeigt. 

Gerne erzählen die beiden ehemaligen Tischtennis-Spielerinnen, wie sie vor gar nicht so langer Zeit zum Laufen gekommen sind. Kein Olympiasieger hat sie motiviert, sondern ein Hobbyläufer wie Du und ich. Na ja, ein wenig extremer vielleicht, aber ihr kennt ihn alle: Joey Kelly. Als sie ihn einmal von seinen Läufen erzählen hörten, wollten sie nur noch eins – Marathonläuferinnen werden.

Vergessen wir nicht, dass auch die Schweizer ihre Heldin haben. Maja Neuenschwander verbesserte ihre Bestzeit ebenfalls und blieb mit 2:29:42 unter der 2:30er Marke.

Natürlich spielen bei einem Marathon, bei dem wie hier in Frankfurt über 14.000 Läuferinnen und Läufer gemeldet sind, nicht nur Sieger und Zeiten eine Rolle. Gerade Frankfurt ist ja dafür bekannt, dass man ein Herz für die Breitensportler und Hobbyläufer hat. Bequemer als auf den kurzen Wegen auf dem Messegelände kann man es nicht haben und die Pasta in der Festhalle schmeckt besser als bei manchem Italiener. Die Verpflegung unterwegs ist vorbildlich, die Strecke von vielen Zuschauern gesäumt und zigfach beschallt. Und der Knackpunkt, die Mainzer Landstraße, bleibt den Marathonis auch weiterhin nicht erspart. Denn etwas Traditionspflege muss schon sein. Dazu gehört, dass die Läuferinnen und Läufer einen Abstecher nach Höchst machen, wo der Frankfurt Marathon seine Wurzeln hat. Und von dort zurück kommt man eben über die Mainzer Landstraße.

Aber ich sage euch aus eigener Erfahrung: So schlimm, wie die vier schnurgeraden Kilometer von vielen gemacht werden, sind sie nicht. Der Mangel an optischen Reizen wird mit viel musikalischem Einsatz wettgemacht. Bleibt nur der Wind …

Mein Tipp: Schon mal an die letzten Kilometer durch die Innenstadt denken, an die Alte Oper, an den letzten Kilometer und vor allem an die Festhalle. Wer einmal die Idee hatte, das Ziel in die „Gut Stubb“ der Frankfurter zu legen, dem muss man ein Denkmal setzen. Das Finish ist weltweit einmalig. Schade eigentlich, dass der Startplatz mit dem Messeturm und dem gerade für Läufer symbolträchtigen Hammermann, die Alte Brücke mit dem Prachtblick auf die Skyline und den Main, das Banken- und das Äppelwoi-Viertel dahinter verblassen.

Viel genauer kann euch das alles Andrea erzählen. Nach langer Zeit war sie wieder einmal in ihrer Heimatstadt auf der Strecke.  
 

Messe/Pasta-Party

 

 

Start

 

 

City

 

 

Zieleinlauf Festhalle

 

 

Marathonsieger
Männer

1 Kipruto, Vincent (KEN) 02:06:15
2 Kiptoo, Mark (KEN) 02:06:16
3 Kemboi, Elijah (KEN) 02:07:34

Frauen

1 Kilel, Caroline (KEN) 02:22:34
2 Chepchirchir, Flomena (KEN) 02:23:00
3 Dibaba, Birhane (ETH) 02:23:01

8 Hahner, Anna (GER) 02:27:55

10 Neuenschwander, Maja (SUI) 02:29:42
11 Hahner, Lisa (GER) 02:30:17

11009 Finisher

 

Informationen: Mainova Frankfurt Marathon
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