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Laufberichte

Auf nach Frankfurt …

29.10.06
Autor: Klaus Duwe

… zum letzten großen Marathonfest des Jahres

 

17.483 (Teilnehmerrekord) folgen diesem Aufruf und nehmen am 25. messefrankfurt marathon 2006 teil. 11.242 von ihnen gehen auf die Marathonstrecke, 3.976 teilen sich in einer 4er Staffel die Strecke, 619 Skater und 96 Handbiker machen mit. Und last but not least rennen 1.550 Kinder den Mini-Marathon.

 

Ab Freitag herrscht auf der marathonmall in der Messehalle 1.2 Hochbetrieb. Die Startunterlagen können hier abgeholt werden, die großen Sportausstatter zeigen und erklären ihre Produkte, Händler räumen ihre Läger zu Schnäppchenpreisen und Veranstalter werben für ihren Marathon. Größe und Niveau werden dem Anspruch gerecht, den Frankfurt als Messe- und Sportstadt erhebt.

 

Das Unternehmen messefrankfurt ist mit 400 Mio Euro Jahresumsatz das größte Messeunternehmen der Welt, der Standort Frankfurt rangiert mit 321.754 m² Ausstellungsfläche an dritter Stelle. Jährlich finden hier über 100 meist internationale Messen und Ausstellungen statt, wie z. B. die Buchmesse und die IAA.

 

Das Nudelessen am Samstag übersteigt alles, was ich bisher erlebt habe. Die riesige, bald 100 Jahre alte Festhalle, in der sonst Weltstars ihre Konzerte geben, ist proppenvoll. Einen Sitzplatz muss ich mir erst suchen. Auf der Bühne werden jede Menge Promis präsentiert, angefangen von der ASICS-Sieger-Staffel mit Luminita Zaituc, Stephan Freigang, Katrin Dörre-Heinig und Charlotte Teske  bis zu den Top-Favoriten und -Favoritinnen sind alle vertreten. Stars zum Anfassen, das kommt gut an. 

 

Am Sonntag herrscht dann trotz des großen Starterfeldes kein Gedränge. Das hat zwei Gründe: der Start ist ziemlich spät (11.00 Uhr) und die ganze Infrastruktur inklusive dem Kleiderdepot ist in der Messehalle 1 untergebracht, die gleich neben der Festhalle liegt und der gegenüber der Start erfolgt. Viel Zeit also und kurze Wege. Einzig vor den Toiletten bilden sich lange Schlangen, aber das ist nichts Neues.

 

Das Wetter ist genial. 13, 14 Grad werden es sein, die dunklen Wolken sehen zwar bedrohlich aus, aber die blauen Flecken dazwischen werden größer. Der vorhergesagte Regen wird wohl ausbleiben. Einziges Fragezeichen ist der Wind, den vor allem die Spitzenläufer fürchten. Die Kleidung der Läuferinnen und Läufer reicht von oben und unten kurz bis zu langen Hosen und Anorak. Ich bewege mich in der Mitte: ¾ Hose, Shirt und Weste.

 

Das Ambiente mit dem Messeturm, dem „Hammering Man“, der Festhalle und den umliegenden Hochhäusern ist einmalig. Der 257 Meter hohe, wegen seiner Form auch „Bleistift“ genannte Turm, wurde 1990 fertig gestellt und hat 67.000 qm Nutzfläche. 4.000 Menschen arbeiten dort. Der Hammering Man ist von Jonathan Borofsky aus den USA. Andere Versionen der beweglichen Arbeiter-Silhouette stehen zum Beispiel in Basel, Seoul und Dallas. Es gibt keine Bilderserie vom Fankfurter Marathon ohne diese Figur, die unermüdlich den Hammer hebt und senkt und jeden Marathoni daran erinnert, was ihm blüht, wenn er zu schnell ist, nicht ausreichend isst und trinkt, oder schlecht vorbereitet ist.


Endlich geht es los, pünktlich um 11.00 Uhr wird das Feld gestartet. Es dauert fast 9 Minuten, bis auch ich über die Startlinie gehe. Tausende Menschen machen mit allerlei Lärmutensilien, Applaus und lautem Jubel ein Riesenspektakel. Mit Gänsehaut geht es auf die Strecke. Die Trommler- und Musikgruppen stehen auf den ersten zwei Kilometern im Abstand von ein paar hundert Metern. Von der Friedrich-Ebert-Anlage geht es am Platz der Republik links in die Mainzer Landstraße mit den imposanten Bürotürmen und dann auf der Taunusanlage zur Alten Oper.

 

208 Meter hoch ist der Büroturm des DG-Bank, 11 Meter und 89 Zentimenter die hoch aufragende gestreifte Krawatte des amerikanischen Pop-Künstlers Claes Oldenburg und seiner Frau Coosje van Bruggen. „Ab heute trägt Frankfurts Kunst einen Knoten," hieß es 1994 bei der Einweihung.

 

Wir sind auf einer Schleife, die uns über die Eschersheimer Landstraße bis zur Miquelallee (km 4) und dann über die Hansaallee und Bremer Straße hierher zurückführt. Auf der Gegenbahn kommt uns gerade die Gruppe der Pacemaker mit Carsten Eich an der Spitze in einem unglaublichen Tempo entgegen.

 

Nach insgesamt 6 Kilometern sind auch wir zurück an der Alten Oper, die heute für Konzerte und Kongresse benutzt wird. Um den Platz der Republik stehen jetzt noch mehr Leute, die Musikgruppen produzieren eine unglaubliche Klangkulisse. Wir laufen kurz Richtung Messeturm, machen eine Wende, kommen noch einmal zurück und baden in der Menge – weil’s so schön ist.

 

Diesmal geht es rechts in die Taunusanlage, vorbei am Denkmal für den 1749 in Frankfurt geborenen Johann Wolfgang von Goethe und dann in die Kaiserstraße. Gleich sehen wir inmitten moderner Hochhäuser den Eschenheimer Turm (km 10), der 1428 erbaut wurde und mit 60 weiteren Türmen zur einstigen Stadtmauer gehörte. Als diese anfangs des 19. Jahrhunderts durch eine Wallanlage ersetzt wurde, sollte er wie alle anderen abgerissen werden. Nur dem Eingreifen eines französischen Gesandten ist es zu verdanken, dass der Turm als Denkmal erhalten blieb.

 

Heute wird auch hier kräftig gefeiert und den Läuferinnen und Läufern eingeheizt. Gleich wird es etwas ruhiger, wir laufen die Adenauerstraße hinunter Richtung Main zur Alten Brücke (km 12), von der man einen sagenhaften Blick auf die Frankfurter Skyline mit dem 259 Meter hohen Commerzbank-Tower (zweithöchstes Gebäude in Europa) hat. Nicht minder imposant ist der Blick auf den Kaiserdom St. Bartholomäus, der ehemaligen Wahl- und Krönungskirche der Römisch-Deutschen Kaiser und damit eines der bedeutendsten Bauwerke der Reichsgeschichte.

 

Schaut man genau hin, kann man auch die grüne Kuppel der Paulskirche erkennen, in der 1848 bis 1849 die Delegierten der Frankfurter Nationalversammlung, der ersten frei gewählten Volksvertretung Deutschlands, tagten.


Auch über die Alte Brücke selbst ließe sich viel erzählen. Aus Urkunden weiß man, dass es sie mindestens seit 1222 gibt. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war sie die einzige steinerne Brücke am Main-Unterlauf, 18 Mal wurde sie im Laufe der Jahrhunderte zerstört und wieder aufgebaut.


Gleich nach der Brücke kommt die nächste Verpflegungsstelle. Neben Leitungswasser gibt es Apfelschorle, ein Sportgetränk, Tee und Bananen. Trotz des großen Ansturms hält sich das Gedränge von Anfang an in Grenzen. Das liegt daran, dass man die Tische extrem weit auseinander platziert hat.

 

Fast drei Kilometer laufen wir jetzt schnurgerade auf der Kennedyallee mit den prachtvollen Villen rechts und links. Hinweis- und Werbetafeln verraten, dass sie meist als Büro, Kanzlei oder Praxis genutzt werden. Bei km 15 geht es rechts in die Niederräder Landstraße und an der Galopp-Rennbahn vorbei. Dann steht uns die viel gescholtene, weil „tote“ Bürostadt (km 18) Niederrad bevor. Aber sooo tot ist es hier heute gar nicht. Zunächst geht es noch einmal beim Bahnhof ganz schön hoch her, und auch später, bei den Bürotürmen, gibt es an mancher Ecke laute Radiomusik und lustige Kommentare.

 

Langeweile gibt es auch in Schwanheim nicht. Ganze Familien stehen an der Straße und bearbeiten allerlei Lärmgeräte. "Locomotive Breath “, die bekannte Jethro-Tull-Hymne dringt an mein Ohr und gleich darauf sehe ich in typischer Ian-Anderson-Pose den Künstler mit seiner Flöte. Klasse macht er das.

 

Auf der Rheinlandstraße laufen wir am Waldrand entlang und kommen bei km 26 zur Schwanheimer Brücke, um auf die andere Mainseite nach Nied zu wechseln. Wir nehmen auf dem Nieder Kirchweg Kurs auf Höchst, wo der Frankfurter Marathon seinen Ursprung hat.

 

Schon von weitem ist laute Rap-Musik (sagt man so, oder ist das gar keine Musik?) zu hören. Der Sänger und seine Gruppe verstehen ihr Geschäft, eine große Menschenmenge hat sich um sie versammelt. Die nächsten zwei Musikgruppen sind mit einem Marathon wohl noch etwas überfordert, sie machen gerade gemeinsam Pause. Nicht so die Höchster, sie sind zahlreich an der Straße und machen den müden Marathonis Beine. Trotzdem habe ich das Gefühl, hier schon bessere Stimmung erlebt zu haben.

 

Bei Kilometer 32 kommen wir auf die Mainzer Landstraße, die 6 Kilometer immer geradeaus Richtung Stadtmitte führt. Manche Läufer haben einen richtigen Horror vor diesem Abschnitt. Ist es windig oder regnet es, ist man hier dem Wetter schutzlos ausgeliefert. Ablenkung und Aufmunterung durch Zuschauer gibt es hier auch kaum. Auch dem Auge wird außer  Baumärkten, Einkaufszentren und Tankstellen nichts geboten. Wer kann, gibt Gas und bringt die Kilometer schnell hinter sich. Viele können nicht, sie sind schon geraume Zeit am Marschieren. Ihnen kommt der Streckenabschnitt jetzt noch viel länger vor.

 

Eine ca. 12-köpfige Musikgruppe hat sich auf einem LKW an die Strecke (km 34) fahren lassen, gibt auf der Ladefläche ein Konzert und kriegt dafür Applaus und dankbare Blicke. Trotzdem schafft es „Pumuckl“ Dietmar Mücke nur noch einen Kilometer weiter zur nächsten Kneipe. Der Einladung der lustigen Fans auf der Terrasse zu Münchner Bier kann der Bayer nicht widerstehen. Auf die Uhr schaut er bei solchen Läufen sowieso nicht mehr. „Immer wollen die Leute wissen, wie lange ich unterwegs sein werde“, beklagt er sich. „Weiß ich, was mich unterwegs alles aufhält? Prost.“

 

„Skinny Minny“ dröhnt es aus den Lieferwagen, der bis oben hin mit Boxen bepackt ist. Also, so schlimm ist die Mainzer Landstraße gar nicht. Dennoch verlassen wir kurz vor km 36 die breite Verkehrsstraße nach links und laufen auf einer Parallelstraße knapp 2 Kilometer weiter. In der Frankenallee sind wir praktisch auf der Rückseite des Messegeländes und haben einen phantastischen Blick auf den Messeturm und die Festhalle.

 

Dann  gleich wieder die  Mainzer Landstraße (km 38), jetzt aber bereits im Bankenviertel, wo noch immer getrommelt und gejubelt wird. Plötzlich ist der Pumuckl wieder da, tanzt wild zu der Musik, um gleich darauf einen Zahn zuzulegen und im Läuferfeld unterzutauchen.

 

Wir machen einen Schlenker in die Taunusanlage, sehen rechts den Eurotower mit der Europäischen Zentralbank und gleich darauf Frankfurts erste Hoteladresse, den Frankfurter Hof. Über die Bockenheimer Straße kommen wir erneut zur Alten Oper(km 40,5). Hier tobt echt der Bär. Dem Sprecher gelingt es, fast alle Läuferinnen und Läufer namentlich zu nennen.

 

Ein letztes Mal Mainzer Landstraße, Bankpaläste, Samba, Rock und Trommelwirbel. Noch 1500 Meter, genieße es, sage ich mir. Letzter Kilometer. Die Rockband beim HR-Point am Platz der Republik hat noch immer nicht genug und die Menschenmenge an der Friedrich-Ebert-Anlage wird immer dichter.

 

Der Messeturm ist zu sehen und der Hammering Man. Applaus und laute Zurufe begleiten die Läuferinnen und Läufer. Jetzt geht es links auf die Festhalle zu. Die Menschen stehen in Dreierreihen. Dann wir des dunkel, buntes Scheinwerferlicht, roter Teppich und ohrenbetäubender Lärm. Ich werde verrückt, die ganze Halle ist noch voll besetzt. Ein sagenhafter Empfang.

 

Was folgt ist ebenso einmalig. Nirgends findet man einen besser bestückten Verpflegungsbereich. Von Kaffee und Kuchen, Suppe, Tee, Red Bull, Cola, verschiedenen Biersorten, Obst, Nüssen und, und, und … findet man alles im Übermaß. Kein Zufall, dass ich hier den Pumuckl wieder treffe.

 

„Komm, wir gehen zu Red Bull,“ lädt Dietmar mich ein.
„Was, willst Du kein Bier?“ frage ich erstaunt.
„Doch, schon. Das klebrige Zeug aus Österreich mag ich überhaupt nicht. Aber die haben immer die schönsten Mädchen.“


Ja, dann.

 

Der Rest ist schnell erzählt. Im Erdgeschoß der Messehalle sind Duschen und Massage, im 1. Stock das Kleiderdepot. Wieder kurze Wege und kaum Wartezeiten.


Streckenbeschreibung:

Rundkurs, flach, ohne Steigungen. Gute, asphaltierte Straßen, schnelle Strecke.

 

Zeitnahme:

Champion-Chip. Alle 5 km und bei Halbmarathon Zwischenzeiten.

 

Rahmenprogramm:

3-tägige Messe marathonmall, große Verkaufsausstellung, Ökonomischer Gottesdienst.

 

Weitere Veranstaltungen:

Am Samstag Brezellauf, 5 km durch die Innenstadt
Mini-Marathon (4,2 km)
Staffel-Marathon
Skating
Rolli-Marathon

 

Auszeichnung:

Medaille, Urkunde

 

Logistik:

Das Prädikat „Marathon der kurzen Wege“ trägt Frankfurt zu Recht. Alles
praktisch unter einem Dach, dazu sehr gute Anfahrtswege. Parken entweder auf  dem Rebstock-Gelände (Shuttle-Service) oder bei den Messehallen.

 

Verpflegung:

Alle 5 km Verpflegung und Getränke, ab 12,5 km zusätzlich alle 5 km Getränke. Dazu im Ziel ein regelrechter Basar mit verschiedenen Getränken, Snacks und Obst.

 

Zuschauer:

In der Innenstadt, in Höchst, beim Start und in der Festhalle Super-Stimmung. 200.000 Zuschauer insgesamt, schätzt die Polizei. 1200 Musiker auf der Strecke, in den Wohnbezirken „Straßenfeste“ der Anwohner. Es gibt aber auch ruhige Passagen.

 

Informationen: Mainova Frankfurt Marathon
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