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Laufberichte

Dess wär' jetzt au g'schwätzt

18.09.11
Autor: Klaus Duwe

Hans-Thoma-Straße, Orangerie und Staatliche Kunsthalle. Das Highlight kündigt sich an,  das 1715 an der Stelle erbaute Schloss (km 33), an der es Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach bei einem Nickerchen von einer neuen Stadt träumte. Durlach hatte als Residenz ausgedient, der Regierungsapparat und alles, was so dran hängt an Lieferanten usw. zog nach Karlsruhe um. Die Stadt wurde nach dem Vorbild von Versailles fächerförmig angelegt. Weil ein sogenannter Privilegienbrief viele Vergünstigen für die Karlsruher vorsah, wuchs die Stadt schnell und hatte um 1900 bereits 100.000 Einwohner. Heute sind es knapp 300.000.

Natürlich hat man dem Stadtgründer vor dem Schloss ein würdiges Denkmal errichtet. Sein Grab dürfte aber für einen Markgrafen in Deutschland so ziemlich einmalig sein. Karl Wilhelm ruht nämlich in der Gruft einer 1807 abgerissenen Kirche, über der eine Pyramide errichtet wurde. Auf ihr ist zu lesen: „Hier wo Markgraf Carl einst im Schatten des Hartwaldes Ruhe suchte und die Stadt sich erbaute die seinen Nahmen bewahrt …“ Schade, die Strecke führt nicht über den Marktplatz, wo die Pyramide zu sehen ist. Liegt es an der Großbaustelle? Dann bleibt es vorerst so. Denn bis 2019 soll es dauern, dann ist die Straßenbahn in der Innenstadt eine U-Bahn.

Wir laufen durch den herrlichen Schlossgarten, der seinerzeit wie die meisten Parks im Stile Englischer Landschaftsgärten angelegt wurde. Im östlichen Teil, dem Fasanengarten mit den chinesischen Teehäuschen, laufen wir eine sehr belebte Wendepunktstrecke und kommen danach noch einmal zum Schloss und von dort in die Fußgängerzone. Ehrlich gesagt, in den Vororten war mehr los als hier. Ok, die Stadt ist mit der Großbaustelle zurzeit wenig attraktiv. Ich kann mir vorstellen, dass sich die Leute am  Sonntag ein schöneres Plätzchen suchen. Auch die Tänzer hält es hier nicht länger. Sie packen ihre Sachen und tschüss …

km 37 ist „Engele flieg Zone“. Hier warten die sogenannten Marathon-Engel auf ihre Helden, um sie ins Ziel zu begleiten. Es ist ja zur weit verbreiteten Unsitte geworden, dass man nach 10, 21 oder 42 km nicht mehr alleine ins Ziel läuft, sondern sich von der Familie begleiten lässt. In Karlsruhe hat man damit auf ganz charmante Art aufgeräumt. Jeder Läufer ab einer Zielzeit von 3:45 kann sich von 1 bis 3 Engeln begleiten lassen, die sich mit einer  Art Startnummer als solche ausweisen. Ohne kommt niemand in den Zielraum.

Ich frage zwei Engel, ziemlich leicht bekleidet, ob sie nicht lieber mit mir ins Ziel laufen würden, anstatt sich hier weiter den Arsch abzufrieren. „Noi“, sagen sie, „mir wartet noch“. Wie ihr wollt, ich hab’s nur gut gemeint.

Fetzigen Rock’n’Roll gibt’s vor dem Konzerthaus, dann wird es erst wieder in Beiertheim lebendig. Wie in den Dörfern vorher gefallen die alten Fachwerkhäuser. Besonders schön restauriert ist der „Adler“, in dem seit 1754 Gäste gewirtet werden. Als es noch kein Schulgebäude gab, wurden die Kinder in einem Nebenzimmer unterrichtet.

Endlich, wir sind wieder an der Alb. Letzter Kilometer. Während die Guggenmusiker ihre Instrumente bereits verstauen, gibt es auf der Tanzfläche hingebungsvollen Salsa. Was jetzt: gucken, oder endlich finishen? Beides geht nicht. Also weiter.

Tatsächlich wird am Zugang zum Stadion genau kontrolliert, damit keiner ohne Startnummer oder Engel-Legitimation in den Innenraum kommt. Dem Helfer trau ich zu, dass ihn keiner unerlaubterweise passiert.

Im Stadion ist die Tribüne noch gut besucht, gegenüber zeigen junge Mädchen, was sie wahrscheinlich monatelang einstudiert haben. Nach fünf Stunden noch so eine Stimmung – ich bin überrascht. Überrascht bin ich auch vom Versorgungsbereich. Normalerweise muss man ja als „Spätfinisher“ nehmen, was so übrig ist. Die große Auswahl hat man da meist nie. Hier schon. Und das in jeder Menge. Getränke sowieso, aber auch Brezel, leckere Wurst und Käse. Sind schon klasse, die Badner, gell?

Ach, da fällt mir noch was ein. Ihr kennt es doch. Geht einem was daneben, sagt man schon mal: „Bin ich ein Depp.“ Sagt aber ein anderer „Depp“ zu dir, bist du beleidigt. So ist das auch mit den Badensern. Ursprünglich nannten sie sich selber so. Der Begriff ist ja auch aus dem Lateinischen (Badensis) abgeleitet. Aber noch heute ist ein Badner beleidigt, wenn ein anderer ihn so nennt. 1954 kam es im Landtag mal zu einem hitzigen Wortwechsel. Ein Heilbronner Abgeordneter hatte einen Badischen Kollegen mal wieder so bezeichnet. Der wehrte sich und drohte an, ihn künftig „Heilbronnser“ nennen. Ein „Bronnser“, das müsst ihr wissen, ist im Schwäbischen ein Pisser.

So, dess wär' jetzt au g'schwätzt.

 

Marathon-Impressionen

Start

 

 

Schloss

 

 

Ziel

 

 

Marathonsieger

Männer

1 Maswai, Samwel (KEN) 02:13:12
2 Mutai, David (KEN) 02:13:24
3 Kosgei, Isaiah (KEN) 02:13:46

9 Werner, Jan (DEU) 02:39:08

Frauen

1 Barsosio, Sally (KEN) 02:37:15
2 Reda, Ehitu Kiros (ETH) 02:40:01
3 Tefera, Simegn Girma (ETH) 02:42:52
4 Machado Da Silva, Juliane (DEU) 02:57:08

1231 Finisher

123
 
 

Informationen: Baden-Marathon
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