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Laufberichte

Besondere Würze

 

Schon der König im Märchen vom Salzprinzen musste feststellen, dass ohne Salz nichts geht. Als er seinen Schwiegersohn in Spe mit seinem Salz abblitzen ließ, konnte er fortan nur noch von Süßspeisen und Kuchen leben. Und selbst in diesen Rezepten ist meist eine Prise Salz als Zutat angegeben. Von der Bedeutung von Salz als Konservierungsmittel gar nicht zu reden.

Da die Salzkristalle nicht nur an der Erdoberfläche zu finden sind, wurde schon frühzeitig danach gegraben. Dabei entstanden Bergwerke, wie das in Merkers. Über 4.000 Kilometer Stollen gibt es alleine unter dem Freistaat Thüringen. Der Kristallmarathon beschränkt sich auf gerademal 3,25 davon, die 13 Mal zu durchlaufen sind, um die klassische Strecke zu vollenden. Da Teilnehmer unter und wieder auf die Erde gebracht werden müssen, ist das Teilnehmerfeld limitiert. Antreten werden auf den angebotenen Strecken, neben dem Marathon ein Halbmarathon und ein 10-Kilometerlauf, 650 Teilnehmer/innen. Dem Laufkalender gibt der Marathon im Erlebnisbergwerk Merkers auf jeden Fall zusätzliche Würze. Zum Beispiel muss man nicht um die halbe Welt reisen, um jetzt im Winter bei kuscheligen 20 Grad einen Marathon laufen kann.

 

 

Um auch etwas von der Umgebung auch über tage etwas kennenzulernen, reise ich mit Silke bereits am Samstag an. Am Vorabend treffen wir uns noch mit Evi, Herbert und Günter in Bad Salzungen, um zum einen die Atmosphäre dieses idyllischen Kurortes zu genießen und zum anderen die nötige Energie für den morgigen Marathon zu speichern.

Trotz der angenehmen Startzeit um 11.00 Uhr müssen wir frühzeitig vor Ort sein. Schließlich wollen 650 Läuferinnen und Läufer zuzüglich der Begleitpersonen in den Berg einfahren. Neben der Startnummer samt Transponder gibt es ein Handtuch als Präsent.

 

 

Dann wird es ernst. Drei Kabinen übereinander bieten Platz für jeweils etwa 30 Personen. Innerhalb weniger Minuten rauschen wir in die Tiefe bis auf etwa 500 Meter. Die Geschwindigkeit sorgt kurzzeitig für ein flaues Gefühl im Magen, das aber schnell vergeht. Probleme bekommt eher derjenige mit Platzangst. Gut, dass wir nicht darunter leiden, so kommen wir unbeschadet an. Jetzt noch eine Treppe abwärts und durch die Schleusenkammer, dann erwarten uns die Transportfahrzeuge, die uns in den großen Bunker, den Start- und Zielbereich bringen. Die Fahrt ist abenteuerlich, aber der Fahrer zu Späßen aufgelegt. Die Entfernung kann ich nicht abschätzen, mir fehlt die Orientierung. So kommen wir gegen 9.45 Uhr an. Evi, Herbert und Günter sind schon vor Ort und auch meine M4Y-Kollegen Birgit und Norbert haben sich schon eingefunden. Zur Einstimmung wird eine phantastische Lasershow geboten. Höhepunkt der Show ist das Steigerlied. Textsicher sind allerdings die wenigsten.

 

 

Kurz nach 10 Uhr werden die „Sprinter“ auf die 10 Kilometer geschickt. Das Tempo der Spitze werde ich mir nicht zum Vorbild nehmen,  das der Läufer im hinteren Feldes schon eher. Die Begleitpersonen haben übrigens die Möglichkeit, während der Rennen  die spektakuläre Salzgrotte zu besichtigen, die 1980 entdeckt wurde. Ihre Schönheit bewahrte sie vor dem Abbau. Ich schaffe es leider nicht, mir dieses Wunder der Natur anzuschauen, bin aber auch in erster Linie  zum Laufen hier. Vor der Tribüne drängelt sich das Läuferfeld der 181 unerschrockenen Marathonis. Wir erleben den Countdown im hinteren Drittel, weshalb wir beim Start noch etwas warten müssen, ehe sich die Menge vor uns in Bewegung gesetzt hat. Wir durchlaufen die große Salzhalle, vorbei an dem Schaufelbagger, der diese schöne unterirdische Landschaft geschaffen hat. Am Ende biegen wir dann in den Stollen ab. Vor mir die erste, nicht unerhebliche Steigung, das Feld ist noch dicht zusammen. Die Strecke windet sich in mehreren Kurven hinauf zu einem Begegnungsstück. Links der Strecke befindet sich der Theatersaal, dessen Türen jetzt noch verschlossen sind. Davor ist ein Brunnenschacht - wer hätte das gedacht, so tief unter der Erde.

Nachdem wir ein paar Höhenmeter verloren haben, geht es jetzt wieder aufwärts und die zweite Verpflegungsstelle erwartet uns. Die erste hatte ich ausgelassen, aber jetzt tanke ich kurz auf, denn gleich kommt eine weitere nennenswerte Steigung, die letzte auf unserer Runde. Etwa 400 Meter geht es schnurgerade nach oben. Den Hinweis zur Goldkammer, in der die Nazis einst beträchtliche Mengen des Edelmetalls versteckt hatten, ignoriere ich und folge der markierten Strecke.  

 

 

Der steilste Abstieg der Runde fordert volle Konzentration. Der Salzboden glänzt im Licht der Deckenbeleuchtung und suggeriert eine Glätte, die es in dieser trockenen Luft aber nicht gibt. Das Gefälle ist auch nicht ohne, aber zum Glück nur kurz. Dann geht es gemäßigt weiter bis zur Begegnungsstelle. Noch kommt mir kein Licht entgegen, doch das wird sich auf den nächsten Runden noch ändern. Fast ausschließlich bergab laufen wir zurück zur Halle. Dieses Teilstück ist offiziell als Warmlaufstrecke ausgewiesen. Wer das wohl heute gebraucht hat,  denke ich. Dann ist die erste Runde geschafft. Waren doch gar nicht so schlimm, die ersten 3,25 km und 58 Höhenmeter.  

Jetzt weiß ich, was mich erwartet, ich fühle mich wie auf einer Achterbahn unter Tage. Zügig laufe ich bergauf, um mich anschließend in schnellem Tempo hinab zu stürzen. Zwischendurch versuche immer wieder, den beißenden Schweiß aus den Augen zu bekommen. Insgesamt bin ich mit  Rundenzeiten von etwas unter 20 Minuten ganz gut unterwegs und rechne mir eine Endzeit von knapp 4:20 Stunden aus.

Der erste Läufer, der mich überrundet, erkennt mich am M4Y-Shirt und lobt unsere Seite. Am liebsten würde ich ihm folgen, belasse es aber bei meinem Tempo. Nach Runde 7 und 2:13 Stunden habe ich den Halbmarathon hinter mir. Nach 2:45 Stunden spätestens muss man hier durch sein, sonst wird man aus dem Rennen genommen und kommt in die Halbmarathon-Wertung. Die letzte Runde  muss man nach 5:00 Stunden in Angriff nehmen, sonst wird man ebenfalls aus dem Rennen genommen und mit dem Finish ist es Essig.

 

 

Heute wird mir das sicher nicht passieren, auch wenn sich die absolvierten Höhenmeter langsam aber sicher bemerkbar machen. Ich laufe nicht mehr so flüssig wie zu Beginn, nehme aber immer noch jede Steigung im Laufschritt. Ich überlege, meine Lampe einzuschalten. Nötig wäre das nur, wenn die Beleuchtung im Stollen komplett ausfiele. Bei einigen Mitläufern kann ich beobachten, wie sie wie eine Katze dem Lichtkegel nachjagen. Manche halten den Kopf ruhig, während andere das Licht unentwegt hin und her wandern lassen.

Meine Kräfte lassen nach, die letzte Steigung kommt mir fast unendlich vor. Vor mir sehe ich vier Stollenlichter. Egal wie weit ich laufe, es sind immer vier. Noch schmerzhafter als die Steigung ist die Bergab-Passage zur großen Halle. Zu sehen, wie die Finisher zu den Fahrzeugen geführt werden, ist auch nicht motivierend, auch wenn sie respektvoll applaudieren. Weiter geht’s. Auf dem Begegnungsstück ist Joe Cocker mit seinem „You can leave your hat on“ zu hören. Dem will ich gerne folgen, denn für alle Teilnehmer ist Helmpflicht.

Durchgängig laufen ist nicht mehr, gelegentliche Gehpausen sind angesagt. Aber ich komme gut voran. Von meiner Wunschzeit habe ich mich allerdings verabschiedet. Auf der letzten Runde muntert mich ein Mitläufer auf, indem er meint, dass wir das Ziel noch unter 4:30 Stunden erreichen könnten. Ich traue dem Braten nicht, lege aber trotzdem einen Zahn zu. Mittlerweile weiß ich auch, dass die Steigung von zehn Leuchtstoffröhren erhellt wird, von denen immer nur vier zu sehen sind. Perfekt für einen Countdown, denn ich mir jetzt auch gönne. Ein letztes Mal die Spitzkehre, dann darf ich den Zielkanal rechts anlaufen, statt links vorbei. Und für eine Zeit von 4:29 hat es auch noch gereicht.

Wir warten auf den Sammeltransport und begrüßen weitere Finisher im Zielbereich, so auch Doris und Alex, die die gesamte Strecke tatsächlich Barfuß gelaufen sind. Nach dem letzten Finisher dauert es nur noch wenige Minuten, bis auch wir zum Aufzug gefahren werden. Nach kurzer Fahrt kommen wir ohne Wartezeit in den Fahrstuhl. Nur noch wenige Minuten und der Tag hat uns wieder.

Der Merkerser Kristallmarathon gibt meinen Lauferinnerungen die besondere Würze.

 

Streckenbeschreibung:
Kurs über 13 Runden á 3,25 Kilometer

Startgeld:
Marathon: 70,00 €, für Begleitpersonen 23,00 €

Auszeichnungen:
Medaille, Urkunde über das Internet und ein Präsent

Verpflegung:
Iso, Wasser, Cola, alkoholfreies Bier,

dazu u. a. Bananen, Äpfel und Knabbergebäck, sowie ein Gutschein für eine Brühwurst.

 

Informationen: Merkerser Kristallmarathon
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