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Laufberichte

Der haut dich um

 

Ein neuer Lauf für mich, und wieder werde ich positiv überrascht. In Suhl, am Südrand des Thüringer Waldes findet nun schon zum dritten Mal der Südthüringentrail statt. Was mich beeindruckt ist die Tatsache, man nicht zu lange mit der Meldung warten darf, sonst wird es nichts. Außer man vertraut darauf, dass einem noch eine Startnummer von einem verhinderten Sportler zufliegt. Also sollte man sich beizeiten kundig machen, wenn die Anmeldung startet.

Mirko und Tina sind die führenden Köpfe der runshine sportevents und haben den Lauf quasi erfunden. Drei Strecken stehen zur Auswahl und jede ist für sich gesehen eine Wucht. Ich gehe auf die mittlere Strecke, die mich von der Attraktivität, vom Anspruch und vom Abenteuerfaktor her umhaut. Warum das so ist, muss ich euch erzählen

Am Freitag haue ich beizeiten aus der Arbeit ab und fahre in rund 2,5 Stunden nach Suhl. Mich führt der Weg direkt in den Gewerbepark Simson beim Stadtteil Heinrichs. Nur ein paar Kilometer von der Autobahnausfahrt Suhl-Zentrum der A73 liegt der Gewerbepark an der Meininger Straße, wo für die Karre genügend Abstellflächen zu finden sind. In einer Produktionshalle hat sich die ganze Organisation niedergelassen. Du findest Startnummernausgabe, Kleiderablage, Souvenirshop und Info-Theke, am nächsten Tag in der Früh die Ausgabe von Kaffee, Kuchen und belegten Broten. Das Abholen der Startnummern geht ruckzuck, dann hast du eine Tasche in der Hand, man zeigt dir die Startnummer mit dem Einmalchip, einem weiteren Chip, der am Rucksack festzumachen ist und einem Tracker, der erst kurz vor dem Lauf zu starten ist. Verloren gehen kannst du da nicht.

Ein Thema ist die Pflichtausrüstung: Vorgeschrieben sind Laufrucksack, Wasserbehälter mit einem Liter Flüssigkeit, Trinkbecher und Mobiltelefon. Für die Mitnahme empfohlen werden gescheite Schuhe (bei diesem Trail brauchst du nicht mit Straßenschlappen daherkommen), Notfallausrüstung (wie Erste-Hilfe-Set und Rettungsdecke), eigene Verpflegung, einen Geldschein (vielleicht zur Einkehr?), Stöcke und evtl. Stirnlampe. Letztere brauchen die Läufer beim Heldentrail, denn deren Start ist bereits um 05.00 Uhr in der Früh und da ist es noch stockdunkel.

Ich will auf die mittlere Strecke gehen, dem Riesentrail mit 47,5 Kilometer und 1932 Höhenmetern. Die Wichtelstrecke (kurze Strecke) ist nicht nur für kleine Leute (Spässle gmacht), sondern auch für „Reinschmecker“ und Einsteiger gedacht (17,4 Kilometer, 559 Höhenmeter). Die Helden laufen zuerst die Runde des Riesentrail und dann zum „Auslaufen“ und Beine lockern den Wichteltrail und kommen so auf 64,9 Kilometer und 2491 Höhenmeter.

 

 

Das Startgeld liegt wie Suhl in Talnähe, ist also günstig und liegt bei frühzeitiger Anmeldung bei  32 bis 52 EUR je nach Strecke. Geboten wird dir viel: Starterbeutel, die übliche Infrastruktur während des Rennens, Finishershirt, Medaille, Urkunde und wenn du schnell bist, noch Preise in der Gesamt- und Altersklassenwertung. Den Nudelgutschein setze ich gleich um, zur Wahl stehen zwei verschiedene Sorten. Ein Weißbier hole ich mir vom Getränkestand. Am Abend findet dann im Nachbargebäude im Simsonpark ein Vortrag von Olympiasieger Jens Weißflog statt unter dem Motto „Geschichten meines Lebens.“

Ach ja, wer sich nicht in ein Hotel oder Pension einquartieren will, es kann auf dem Veranstaltungsgelände campiert werden und in der Turnhalle der Grundschule Heinrichs kann man übernachten. Letztere Option ziehe ich. Erstaunt bin ich in der Nacht, da sich alle sehr zivil verhalten und keinen Lärm verursachen, wenn die ersten auf ihren Heldentrail schon vor vier Uhr aufbrechen. Ich kann da noch zwei Stunden weiterschnarchen.

Kurz nach 06.15 Uhr stehe ich dann in der Halle auf und hole mir auf dem Startgelände ein Frühstück für ein paar Euro. „Haut rein, ihr könnt es heute vertragen“, höre ich die Helferin an der Theke sprechen. 20 Minuten vor unserem Start erhalten wir noch ein kurzes Briefing und dann rückt der Minutenzeiger unermüdlich weiter, um 07.00 Uhr ist der Start. Kurz vorher wird die eigens komponierte Südthüringentrail Hymne gespielt und dann werden wir an die Startlinie gebeten. Bei einem Straßenlauf wird schon beim Start um diese Plätze gekämpft. Nicht hier.

 

 

Nach dem Herunterzählen gehen die 166 Läufer (so viele Startplätze wurden vergeben) auf die Strecke, die uns nach dem Umrunden des Parkplatzes über die Hasel (Bach) führt und anschließend nach einem kurzen Straßenstück ins Gelände. Die Hammerwand wartet, ein steiler Pfad nach oben, wo du jetzt nur hintereinander gehen kannst. Keine zehn Minuten dauert es und der dunkle Wald entlässt uns wieder. Da haben wir gehörige Höhenmeter schon als Warm-Up (rund 100). Auf einer kleinen Lichtung sehe ich die St. Annen-Kapelle.

Auf einem Pfad erreichen wir dann den Suhler Ortsteil Linsenhof. Da sehe ich die Herbert-Roth-Straße. Wer kennt den? Herbert Roth hatte das Rennsteiglied komponiert, sein Freund Karl Müller den Text geschaffen. Da heißt es:

„Ich wandre ja so gerne am Rennsteig durch das Land,
den Beutel auf dem Rücken, die Klampfe in der Hand.“

Das wird auch unsere Devise, es geht durch Stadt und Land, hinauf zum Rennsteig und der Beutel ist unser Laufrucksack. Eine Klampfe brauchen wir nicht, dafür werden wir das eine oder andere Mal aus dem letzten Loch pfeifen. Und zu einem Wanderer werde ich auch mutieren, auch wenn ich Linsenhof noch laufend verlassen kann.

 

 

Die Strecke steigt im Wald wieder weiter an, es geht zu den Gruben am Sauerberg und am Ochsenhügel. Und Letztere müssten wir sein, denn ein steiler Hang wartet, ohne Stecken könntest du fast auf allen Vieren hochkrabbeln. Nach ein paar Metern wartet eine weitere Schikane. Die Stecken stören jetzt, denn Waldarbeiter haben Bäume auf den Pfad geworfen. Es hängt sogar noch ein grobes Werkzeug an einem Baum, vielleicht denken die Waldarbeiter, die Läufer packen an und räumen auf. Als es nach fünf Meter wieder auf einen zivilisierten Weg geht, warten zwei Helfer und grinsen, als sie uns bei der Plagerei sehen. Das nächste Mal werde ich beide an den Ohren packen.

Eine knappe Stunde bin ich unterwegs, da erreiche ich die Ottilienkapelle, die einst den Bergleuten als Andachtstelle gedient haben soll. Das Gotteshaus in der heutigen Form wurde 1843 erbaut. Es wurde zwar 1945 bei Kriegsende beschädigt, doch die Kirchengemeinde Suhl hat es ein paar Jahre später wieder neu errichtet. Kurz danach wartet ein Wichtel auf uns Läufer, mit Zipfelmütze, weißem Bart und Laterne.

Über den Bästleinplatz (575 Meter) und einem Höhenrücken marschiere ich weiter hinauf zum Domberg (674 Meter), der als Suhler Hausberg gilt. Oben sehen wir den Bismarckturm, ein 21 Meter hoher Aussichtsturn, der 1985/96 von Richard Hopf erbaut wurde. 14.000 Mark hatten die Suhler Bürger dafür gespendet. Heute kann man den Turm besteigen und von oben soll man weit blicken können. Für eine Besichtigung haben wir keine Zeit, noch nicht einmal für eine Einkehr in der Bergbaude, dem Wirtshaus daneben. Jenseits des Domberges geht es zunächst in Serpentinen, später auf einem etwas besseren Grasweg wieder hinunter zur ersten Verpflegungsstelle Ottilie an der Kapelle, die ich vor gut 20 Minuten schon einmal passiert habe.

8,5 Kilometer sagt die Tafel, fast 80 Minuten bin ich nun unterwegs. Ich rechne mir sieben Stunden insgesamt aus, wissend,  dass noch eine gewisse Unschärfe beim Ergebnis sein wird. Egal, ich schnalle den Rucksack ab, lege die Stecken daneben und mache erstmal Brotzeit mit dem, was der Tisch bietet. Eine Wespe macht mir die Würstchen streitig. Gurken, Käse, Riegel, Kekse, Nüsse, Melonen, Äpfel, Iso, Apfelschorle, Cola und Wasser stehen sonst noch auf der Speisekarte. Schade, dass die Kapelle versperrt ist, ich hätte gerne einen Blick hinein geworfen. Doch die Aussicht vom Balkon der Kapelle auf Suhl hinunter ist auch nicht ohne. Nach fünf Minuten Rast und mit einem vollen Magen mache ich mich wieder auf den Weg.

 

 

Zuerst über Treppen, dann auf einem bequemen Pfad laufe ich hinunter bis zur Bahnlinie, die unterquert wird. Über einige Abzweige, wo immer wieder Helfer den Weg weisen, erreichen wir den Marktplatz mit dem Rathaus (aus 1590) und dem Waffenschmied-Denkmal, dem Symbol der Stadt. In einer angrenzenden Straße findet man sogar noch eine Gaststätte namens Suhler Waffenschmied. In der Geschichte war Suhl schon immer ein Standort von Rüstungsbetrieben und Waffenherstellern. 1991 erklärte der Stadtrat Suhl als „Stadt des Friedens“.

Über die Hofleitengasse und Hölderlinstraße verlassen wir die 37.000 Einwohner zählende Stadt und tauchen wieder in den Wald ein. Und dann passiert mir ein Missgeschick. Die Steigung endet, auf einem ebenen Wanderweg, eigentlich ungefährlich, übersehe eine Wurzel oder einen Stein und es hat mich voll auf die Schnauze. Ziemlich malträtiert rapple ich mich auf, eine Läuferin bietet mir gleich Hilfe an. Meine Knochen scheinen in Tackt zu sein, aber die Kamera ist bei der „Hard Landing“ irgendwo verloren gegangen. Erst nach aufgeregter Suche findet meine Helferin das wichtige Utensil im Unkraut. Ich danke ihr auf diesem Weg. Hinfallen, aufstehen, abputzen, richten und weitermachen, so muss man mit einer solchen Situation umgehen. „Du  hättest vor mir nicht auf die Knie gemusst“, sagt sie lachend und wir ziehen weiter.

Nur Minuten später warnt sie mich vor einem Skihang. Dort warten mehr als 110 Höhenmeter auf kürzester Distanz. Zehn Minuten brauche ich hoch zur Döllberghütte (750 Meter). Ich bin froh über meine Stecken, die ich gut einsetzen kann. Bergauf ist das Meine, ich kann mich an einigen Läufern vorbeiarbeiten. Atemberaubend präsentiert sich oben nicht nur die Aussicht, aber jeder Trailer kommt mit Luftnot oben an. Einige neugierige Wanderer beobachten das seltsame Geschehen. Der Wirt sieht mein blutendes Knie und bietet Hilfe an. Das schaut aber schlimmer aus, als es ist.

Zum Beerberg (nicht verwechseln mit dem Großen Beerberg, liebe Rennsteigläufer) geht es „kommod“ leicht bergan, ich kann traben. Vorbei an einem Sendeturm laufen wir ein längeres Stück auf einem Singletrail. Mir scheint, dass Mirko bei seinem Lauf jedes Wegstück genau geprüft und ausgewählt hat. Er ist leidenschaftlicher Trailläufer und das schlägt sich positiv auf die Streckenführung nieder. Uns freut es, auch wenn man auf weiten Teilen kein gescheites Tempo zusammenbringt. Dafür können wir die Natur umso länger genießen.

Der nächste Versorgungspunkt wird angekündigt (es gibt vier an der Zahl) und nach dem Überqueren einer Landstraße sehe ich die Hütte am Rimpachbrunnen, wo einige Trailer verpflegen. Gut 16 Kilometer sind geschafft, gut 2,5 Stunden sind seit dem Start vergangen. Wir werden ermahnt, gut zu verpflegen, denn die folgenden 16 Kilometer müssen wir aus dem Rucksack leben. Das mache ich dann auch, aber nach fünf Minuten bin ich wieder auf der Strecke, ein Stück Schokolade in der Backe.

Crossig führt der Trail hinunter ins idyllische Pfanntal, wo man auf den Informationstafeln des Thematischen Wanderweges viel über Bergbau, Holzbewirtschaftung, Flora und Fauna erfahren kann. Über das Hintere Pfanntal (640 Meter) geht es wieder hinauf. Ein Sumpfloch zwingt uns dort zu einer kleinen Umleitung, wo wir uns wieder mit Händen und Stöcken vorarbeiten müssen.

 

 

Über den Leitweg müssen wir bis zum Gipfelweg hoch (200 Höhenmeter), am Ende der Steigung stehen wir am Salzberg und können die Aussicht genießen. Cornelia ist eine ganze Zeit schon in meiner Nähe und warnt jetzt vor dem zweiten Skihang, wo es diesmal steil hinuntergeht. E ist Thüringens steilste Piste, eine schwarze Abfahrt. Plötzlich zieht es Cornelia den Fuß weg und sie landet auf dem Allerwertesten. Wollen ich sie fragen nach der physikalischen Arbeitsweise einer Backenbremse? Stöcke erweisen sich auch hier als vorteilhaft. Mit denen kann ich mich abstützen und komme einigermaßen flott und vor allem sicher hinunter. Unten sehe ich dann Informationen über den Skilift Goldlauter „Am Salzberg“. Eine 1000 Meter lange Abfahrt mit 237 negativen Höhenmetern hinunter in das Tal der Langen Lauter, für die ich neun Minuten gebraucht habe. Beim Blick nach oben sehe ich einige Läufer, wie sie sich nach unten arbeiten.

Wie gewonnen, so zerronnen, heißt ein Sprichwort. Über den Pechgrund (730 Meter) und den Wurzelhügel geht es hinauf nach Hirtenrod, wo wir das Ausgansniveau des Skihangs mit 850 Metern Seehöhe überschritten haben. Ihr merkt schon, ausgelassen wird hier keine Steigung. Ein Bergmarathon wie der Jungfrau Marathon oder der LGT Alpin Marathon in Lichtenstein sind Kindergeburtstage und deutlich leichter als das, was wir uns heute vorgenommen haben. Nur wenige Minuten später laufe ich auf die Preislers auf, die bereits zwei Stunden früher losgelaufen sind. Wir wechseln ein paar Worte, dann werde ich vorausgeschickt.

Später biegen wir links ab. An dieser Stelle warten zwei Helfer vom DRK. Ich danke ihnen für ihre Hilfe mit Handschlag. „So was habe ich noch nicht erlebt“, höre ich den einen sagen, als ich weiterrenne. Der gute Weg weicht einem Trampelpfad, der uns zum Fichtenkopf (944 Meter) steil nach oben bringt. Dort hocken zwei Wanderer auf einer Bank und machen Brotzeit. Nach einem kurzen Abschwung ist die Suhler Hütte (924 Meter) das nächste Zwischenziel.

Diese wird derzeit innen und außen renoviert, die Arbeiten neigen sich schon dem Ende zu. Die Hütte ist die höchstgelegene in Thüringen. Der neue Pächter Karsten Schneider hat bei den Arbeiten kräftig zugelangt und man kann schon einkehren.

Nach ein paar Metern geht es auf den Rennsteig, die Schmücke liegt nur 300 Meter entfernt, aber in Richtung Osten. Wir laufen aber auch nur kurz auf dem Rennsteig, dann überqueren wir die Schmücker Straße und es geht wieder rustikal in den Wald. Ein Wurzelweg bringt mich zur Teufelskanzel, ein Aussichtspunkt in Richtung Norden. Man kann hier viele Gipfel des Thüringer Waldes sehen, mein Blick schweift weit umher. Zwei Wanderer mit fränkischem Zungenschlag haben es sich auf der Bank bequem gemacht. Eigentlich könnten sie mir von ihrem Bier was abgeben. Zwei Läuferinnen haben aufgeschlossen und avisieren mir den nächsten Verpflegungspunkt in drei Kilometern. Das halte ich noch aus.

Der Schneekopf mit 978 Meter Höhe will mit einem weiteren Wurzel- und Steinpfad erzwungen werden, in zehn Minuten bin ich oben. Vom Plateau bietet sich bei gutem Wetter eine Aussicht bis in die Rhön, zum Brocken, zum Schneeberg im Fichtelgebirge und ins westliche Erzgebirge. Heute kann man zumindest einige Gipfel des Thüringer Waldes sehen. Mit dem Wetter haben wir echt Glück, denn es soll bis Nachmittag stabil bleiben. Ich könnte fast eine Schicht am Oberkörper ablegen. Zusammen mit Sandra laufe ich auf dem breiten Weg vorbei an der Neuen Gehlberger Hütte hinunter zum Rennsteig und gleich zur Suhler Hütte.

 

 

Die dritte Tankstelle wird 250 Meter vorher angekündigt. Aber ich glaube, da hat jemand nicht in Meter gemessen. Oder ist es dem buckligen Weg geschuldet, laufen kann man nicht und zu guter Letzt geht es noch nach oben. Doch kurz nach 12.30 Uhr erreiche ich die Versorgung „Am Adler“. 32,5 Kilometer liegen hinter mir, 5,5 Stunden bin ich unterwegs. Die Durchschnittsgeschwindigkeit rechne ich lieber nicht aus. Fünf Minuten investiere ich in die Nahrungsaufnahme und kann sogar noch einen halben Becher Bier von einem Helfer der Bergwacht schnorren. Zum Dank schließe ich ihn in mein Nachtgebet ein. Besonders lecker sind hier die Schmalz- und Wurstbrote. Dann ziehe ich weiter.

Auf den nächsten Kilometern verlieren wir die hart erarbeiteten Höhenmeter. Während der letzte Verpflegungspunkt Adler noch fast auf 900 Meter Seehöhe war, sind es in Heidersbach nur mehr rund 400 Meter. Wir tangieren das Skistadion „Erich Keller“ und das Köpfchen. Die Brücke über das Steinsfelder Wasser soll rutschig sein, so ein Schild. Egal, wer mag, kann gleich seine Füße erfrischen. Über die Suhler Leube kommen wir wieder in die Zivilisation, asphaltierte Wege sind wir gar nicht mehr gewöhnt.

Nur kurz laufen wir durch ein Industriegebiet, dann ermahnen uns die Helfer beim Überqueren der vierspurigen Gothaer Straße. Und sie erklären gleich den nächsten Weg. „Über die Straße, dann links, beim Bahnübergang aufpassen und dann kommt die Verpflegung.“

Ich verhalte mich wie befohlen und sehe dann die Tankstelle „An der Struth“, 38,6 Kilometer sind gelaufen. Es wird moderiert und Schlagermusik gespielt. „Fiesta Mexicana“ von Rex Gildo muss ich mir anhören. Die Finisher-Fiesta ist schon zum Greifen nah. Ich verpflege nochmals ausgiebig und mache mich nach fünf Minuten auf die letzten 8,9 Kilometer.

Nur kurz laufen wir auf Teer, dann hat der Wald uns wieder. Tendenziell führt der Kurs wieder nach oben. Der Kurs steigt an bis knapp 700 Meter Seehöhe, wir erreichen den Berg Bock. Tief unten verlaufen die Röhren der A71 im gleichnamigen Tunnel. Wenn ihr da mal unterwegs seid, fahrt bitte die vorgeschriebene Geschwindigkeit. Ich habe für ein von der Thüringer Polizei sehr schlecht gemachtes und unscharfes Foto 15 EUR löhnen müssen.

Zu dritt laufen wir weiter, dann fehlen die Markierungen. Shit! Ein Landwirt gibt uns einen Hinweis und zeigt auf eine Markierung. Wir müssen vom breiten Feldweg auf einen Pfad, auf den man frisch geschlagene Bäume geworfen hat. Zu guter Letzt sehen wir die Markierung fünf Meter neben dem Hauptweg. Das ist aber die einzige knifflige Stelle, wo man genauer hätte schauen müssen. Weiter. Vielleicht noch fünf Kilometer, meint der eine. Die anderen beiden lassen es laufen, ich muss wieder langsam nach Albrechts, ein Suhler Vorort, hinunterlaufen.

Über Wiesen geht es in den Ortskern, der von der evangelischen Kirche (1769 erbaut) dominiert wird. Kurz laufen wir noch im 1200 Einwohner zählenden Ort, dann zeigt eine Markierung nach oben. Wir müssen einen schmalen Graspfad entlang, der auf beiden Seiten mit Büschen zugewachsen ist. Ein breites Kreuz darfst du da nicht haben, so eng geht es dahin.

Später verliere ich wieder an Höhe und jogge am Albrechtsgraben, einem Bach. Eine Teerstraße führt uns bis zur Autobahnbrücke der A71 und darunter hindurch. Ich kann noch ein wenig Tempo machen und kann einen Verfolger in Schach halten. Dann bin ich irritiert, weil es erneut nach oben geht. Dann höre ich endlich ich Moderation vom Simson Gewerbepark. Wir sind aber immer noch deutlich zu hoch. Über den Hollergrund verläuft der Graspfad für uns nach unten, nochmals Konzentration. Und dann geht es auf einer Brücke über die Hasel in den Gewerbepark. Einmal herum um den Parkplatz und ich bin glücklicher Finisher.

 

 

Die Zielmädels kommen sofort, klopfen mir auf die Schulter und hängen mir eine Medaille aus Holz um den Hals. Eine Trinkflasche wird auch noch überreicht. Am Verpflegungsstand können wir uns an Cola, Iso und deftigen Sachen laben. Das Bier hole ich mich gegenüber. Wer will, wird mit einem Shuttle zu einer Duschmöglichkeit gefahren. Ich schaue zwar aus wie ein Ferkel, schmutzig, verschwitzt und blutig am Knie, aber ich lebe. Es kommen nun viele Läufer herein, die meisten von der langen Strecke. In der Halle erhalte ich noch das Finisher-Shirt.

Mir hat Südthüringen Trail sehr gefallen. Ich glaube, ich komme wieder.  

 

Mein Fazit:

Hier bist du gut aufgehoben, auch wenn du auf den Strecken kämpfen musst. Darum Vorsicht, die Strecke ist hammerhart und braucht sich diesbezüglich vor manchem Alpentrail nicht verstecken. Ich empfehle Stöcke mitzunehmen, sie haben mir auf den schwersten unebenen Strecken wertvolle Dienste geleistet. Ein wenig Verpflegung sollte man im Laufrucksack einpacken, wichtig sind jedoch die Getränke.

Per Tracker konnte man im Internet die Läufer verfolgen. Ich hatte Geschwindigkeiten bis 10 km/h, der niedrigste Wert lag bei 1 km/h. Das schnellste Stück war wohl der Abflug und die harte Landung.

Interessant ist noch ein Blick auf die Ergebnisse. Nur sieben Männer waren älter als ich. Der Altersdurchschnitt bei einem Trail ist halt höher als bei einem Straßenlauf. 2020 könnte ich in meiner dann neuen Altersklasse sogar auf Treppchen kommen. Ich merke mir mal den Termin: 12.09.2020.

 

Ergebnisse Riesentrail 47,5 km, 1932 HM

1. Wolf Jurkschat, Rennsteiglaufverein, 4.27.35
2. Adrian Panse, USV Erfurt, 4.48.24
3. Martin Misch, Team Interspine, 5.06.28

1. Helena Feddersen, Trailrunning-Crew, 5.35.10
2. Manuela Körner, X-Runners Jena, 5.55.01
3. Kathrin Papst, Yawara Meiningen, 6.02.59

 

Ergebnisse Heldentrail 64,9 km, 2491 HM

1. Frank Rothe, Speedys Sport Schart, 5.51.00
2. Simon Schachenmeier, Sport Schachenmeier, 6.02.40
3. Toms Komass, o.V., 6.13.33

1. Sindy Kermer, SCDHfK Leipzig, 7.04.43
2. Nina Koch, DYNAFIT, 7.49.21
3. Jana Seel, o.V., 8.18.36

 

Informationen: Südthüringentrail
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