arty in der Hauptstadt 27. September 2020 Botschaft klingt es wie auf der Eiger-Mo- räne. Ein Alphorn haben die Eidgenossen aber wohlweislich nicht dabei. Mit dem Rieseninstrument würden sie hier keinen Platz finden. Die Straße steigt etwas an, was aber keiner merkt. Es sind ja erst 7 km gelaufen und der Adrenalinspiegel noch auf Höchststand. Kommt der über- haupt mal runter? Am Friedrichstadt- Palast geht es schon wieder zu wie in einer Sportarena. Es ist der Wahnsinn. „Auferstanden aus Ruinen“ Zwischen Frankfurter Tor und Straus- berger Platz wollten die DDR-Häuptlinge nach dem Motto „Auferstanden aus Ruinen“ in den 1950er Jahren zeigen, was sie so alles draufhaben. Die Straße wurde auf bis zu 90 m verbreitert und rechts und links mit monumentalen bis zu 300 Meter langen Wohnblöcken bebaut. Vom Alexanderplatz her grüßt der Fernsehturm, auch so ein Prestigeobjekt aus vergangenen Zeiten. Walter Ulbricht persönlich entschied über den Bau der Anlage, mit der man endlich landesweit senden konnte. Dass der Bau mit 368 m Höhe alles in Deutschland übertreffen sollte, war aber mindestens genauso wichtig. „Protzstängel“ nannten die Ber- liner das zum Wahrzeichen gewordene Bauwerk. Alles ist hier monumental, auch der Brunnen am Strausberger Platz, der in einer großen ovalen Grünfläche liegt. Dann Neukölln, Hasenheide. Nur nicht nachlassen, denkt der Trommler auf dem Grünstreifen, und auch die Rockband ein Stück weiter gibt ihr Bestes. Und die Zu- schauer erst. Bei der Kirche am Südstern sind sie wieder in absoluter Höchstform. Der Fun-Run durch die Hauptstadt ist auch auf der zweiten Hälfte nicht zu toppen. Aber jetzt gibt es erst mal wieder Historisches. Wir sind am Schöneber- ger Rathaus, einst Sitz des Regierenden Bürgermeisters. Es war der 26. Juni 1963, als John F. Kennedy hier seine berühm- te Rede hielt und unter dem Jubel der Bevölkerung bekannte: „Ich bin ein Berliner!“ Hotspot Wilder Eber Überall wird gefeiert, die Stimmung ist bombastisch. Und dann der Wilde Eber. Dort werden die Läufer traditionell empfangen, als wären sie im Ziel. Wahn- sinn. Die Girls tanzen wie wild zu fetziger Musik, der Sprecher ist in dem Gekrei- sche und dem Jubel der vielen Zuschauer kaum zu hören. Endlich Kurfürstendamm, Berlins Prachtboulevard. Keine Taxis, keine Busse, keine Autos. Die Straße gehört den Läufern. Und den vielen Zuschauern, die die Läuferinnen und Läufer feiern. Wie ich das genieße. Vorbei an der Gedächt- niskirche, dann das KaDeWe, das nobels- te Kaufhaus auf dem Kontinent. Also weiter zum Kotti, dem Kottbusser Über den Potsdamer Platz muss man Tor. Es scheint, als wollten die Türken den Berlinern mal zeigen, wie man feiert. einfach gelaufen sein. Vor dem Krieg war er einer der belebtesten Plätze in Europa, danach Niemandsland mit der Mauer. Heute zählt das neu bebaute Gebiet wie- der zu den Attraktionen der Stadt und zu den Hotspots beim Berlin-Marathon. Ein Augenschmaus ist der Gendar- menmarkt mit dem Konzerthaus und dem Schiller-Denkmal zwischen dem Deutschen und dem Französischen Dom. Kenner sagen, es sei einer der schönsten Plätze in Berlin. Unter den Linden, letzter Kilometer. Noble Geschäfte, Hotels und Restaurants. Und jede Menge Zuschauer. Noch ganz klein ist vor uns das Brandenburger Tor zu sehen. Trommler, Musik, Jubel. Pariser Platz, das Adlon. Die Atmosphäre zaubert jeder Läuferin, jedem Läufer ein Lächeln ins Gesicht. Von Anstrengung keine Spur. Wir laufen durch das Brandenburger Tor, Symbol des wiedervereinten Deutsch- lands. Ein großer Moment, niemand spürt die Anstrengung des Laufes, jeder ist glück- lich und genießt den Moment. Pariser Platz, Applaus und Jubel. Berlin feiert die Marathonis. Hat man das berühmte Tor hinter sich, schaut man auf die Straße des 17. Juni, die einer riesigen Arena gleicht, an deren Seiten und auf den extra errichteten Tribünen sich die Zuschauer drängen. Wer das erlebt, vergisst es nie. Ich sehe, wie sich Läufer bei den Händen fassen, ich sehe Tränen der Freude und Ergriffenheit. Es ist einmalig schön. Dann muss es sein, einmal ist jede Party zu Ende, ich laufe weiter über die Zeitmatten ● und bin im Ziel. www.bmw-berlin-marathon.com 83