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Laufberichte

Schnell mal am See entlang

 

In Tiefenbrunnen legt gerade ein Dampfer Richtung Start am Mythenquai ab, ein Fährtransfer für Läufer und Zuschauer. Leider ist der Blick auf den See und die andere Seeseite durch den Regen und das triste Wetter so getrübt, dass ich schnell das Interesse daran verliere und mich auf die Villen am Wegesrand konzentriere: Die modernen Anlagen mit ihren großen Terrassen und Fensterfronten würden mir schon auch gefallen.

Bei Kilometer 17 erreichen wir Küsnacht, vor zehn Jahren im Rating des Magazins "Bilanz" als lebenswerteste Stadt der Schweiz eingestuft. Ob das heute noch gilt, können wir leider nicht beurteilen. Judith macht mich darauf aufmerksam, dass es auch eine Gemeinde am Vierwaldstättersee im Kanton Schwyz gibt, die sich leicht abweichend Küssnacht (am Rigi) schreibt und als Schauplatz von Schillers "Wilhelm Tell" bekannt wurde.

Über mangelndes Entertainment kann man sich nicht beklagen. 25 Musikgruppen sollen die Laufstrecke säumen, wegen der Wendestrecke sehen wir sie zweimal. Die großen Bands spielen in Lkw-Auflegern, viele kleinere haben sich unter Tankstellendächern postiert. Die Steelbands stehen meist in Arkaden oder Wartehäuschen. Worauf ich nicht alles achte. Dafür weiß ich nach dem Lauf partout nicht mehr, was genau gespielt wurde, und habe ich mich doch so darüber gefreut. Judith kann sich immerhin an "Rocking all over the world", "Tornerò", das "Mädchen aus Piräus", ein Udo-Jürgens-Medley und gleich zweimal "Proud Mary" erinnern. Hiermit jedenfalls ein Dank an alle, die am Sonntag so lange unermüdlich musiziert haben.

Historische Gebäude liegen auch an der Laufstrecke: Hier das Höchhus, ein mittelalterliches Gebäude aus dem 12. Jahrhundert gegenüber dem Seehotel Sonne. Ich freue mich darüber, dass es nicht mehr so stark regnet und dass es im Laufe des Tages ja 8 Grad  "warm" werden soll.
Die führenden Läufer sausen auf der Begegnungsstrecke vorbei.

In Erlenbach kurz vor Kilometer 21,1 dann die nächste Staffelwechselstelle, vorbildlich auf dem Parkplatz neben der Laufstrecke. Den Halbmarathonpunkt erreiche ich in 1:59 Stunden, obwohl ich mir schneller vorkam. Vielleicht waren meine beiden „technischen Pausen“ zu lang. Judith ist auf jeden Fall auf und davon. Im nächsten Truck spielt die Band „Hear Again“ - stimmt, ich habe vor wiederzukommen. Die ersten Weinberge tauchen auf. Die Big-Band unter dem Dach der Avia-Tankstelle in Herrliberg macht mir richtig Spaß. Super Musik und nett anzusehen in den wärmenden Decken.

Der Zürich Marathon hat auch ein Treueprogramm aufgelegt. Wer mehr als zehnmal mitgemacht hat, bekommt einen Freistart und eine Rückennummer mit der Anzahl der Teilnahmen. Das gefällt mir, als ich Karin und Roland treffe. Sie war zehnmal und er elfmal dabei.

Judith sehe ich in der Ortschaft Meilen wieder. Hier befinden sich die letzte Staffelwechselstelle (nach 4 km) und eine Wende über den Häuserblock, und genau da taucht Judith mit einem Vorsprung von 3 Minuten auf. Über die Winkelstraße geht es zum höchsten Punkt der Strecke (16 Höhenmeter auf 200 Metern Laufstrecke). Durch ein Festzelt hindurch, in dem die "Meilemer Soihunds-Cheibe Gugge"  für uns aufspielen. Insgesamt ist die Strecke flach, wir laufen ja am See entlang. Trotzdem sind leichte Wellen bemerkbar, meist beim Durchlaufen von Ortschaften.

 

 

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Zurück auf der Seestraße bietet sich jetzt endlich ein schöner Blick aufs Gewässer und die "Icebreaker" spielen für uns. Drei Musikgruppen auf 500 Metern, das hat nicht jeder Marathon. Der Martin mit seinem Stoffschaf ist heute auch zum 14. Mal dabei. Immerhin hat er in all den Jahren schon sämtliche meteorologischen Kapriolen erlebt. Eine Schönwettergarantie gibt es für Zürich also leider nicht.

Die Big-Band in der Avia-Tankstelle macht immer noch Stimmung und schmückt sich zudem mit aparten Wollmützchen. Die Zuschauer harren ohne Schirm am Laufweg aus. Jetzt klart das Wetter deutlich auf – yeah. Die Hear-Again-Sängerin hat das noch nicht mitbekommen und steht nach wie vor in ihrem dicken Daunenmantel auf dem LKW-Aufleger. Wahrscheinlich trägt sie darunter einen Hauch von Nichts – vermute ich mal.

Ich habe heute einen guten Tag erwischt und behalte mein schnelles Tempo bei. Schon seit der Wendestelle begleiten mich Julia und Georges. Jeder übernimmt einmal die Führungsarbeit und wir können einige Mitstreiter überholen. Die Staffelläufer haben auf dieser Etappe 17,5 Kilometer zurückzulegen, sodass die extremen Raser hier fehlen, außerdem ist Platz genug. Die entgegenkommenden 5:30-Pacer ziehen noch einen Begleiter mit. Danach kommen einige weitere Läufer und dann der obligatorische Schlusswagen samt Besen. Obwohl der offizielle Zielschluss nach fünfeinhalb Stunden erfolgt, tauchen in der Wertung am Ende noch einige Läufer mit Zeiten bis zu 5:52 Stunden auf.

Wir werden jetzt oft mit unserem Namen angefeuert, der groß auf der Startnummer prangt. Der Chip des Schweizer Zeitnehmers ist fest an der Nummer angebracht und wird im Ziel zurückgegeben. Außerdem gibt es vier Zeitnahmen auf der Strecke. Im Internet kann man dann auch gut mitverfolgen, wie sich der persönliche Rang entwickelt hat.

Ich rechne herum: Würde ich mein Tempo halten, könnte ich mich an die 4-Stunden-Marke heranarbeiten. Andererseits dürfte mir der Rimini-Marathon von letzter Woche noch in den Knochen stecken. Vorerst jage ich meinen beiden “persönlichen Pacemakern“ hinterher. Für die letzten 12 Kilometer reicht mir ein 6-Minuten-Schnitt. Ein Formtief erlebe ich heute nicht. Georges hingegen muss nun abreißen lassen.

In Tiefenbrunnen geht es zurück ins Stadtgebiet. Unglaublich, bei km 38 genügt schon ein 7-Minuten-Schnitt. Sub 4 sind im Kasten. Quai-Brücke. Schöne Ausblicke auf die Altstadt entlang der Limmat. Rechts das Rathaus, das im Jahr 1698 in den Fluss gebaut wurde. Dann rechts auf die Bahnhofstrasse. Die drei Alphornbläser, Steelband und eine weitere Musikgruppe spielen auf. Endlich schöne Blicke auf die Geschäfte und das Bahnhofsportal. Wende nach links und über die Talstraße zurück in Richtung See.

 

 

Ich kann es gar nicht fassen, mein Tempo bleibt konstant. Dann auf den Quai. Noch ein kurzes Stück. Julia ist wohl auch langsamer geworden. Vierhundert Meter vor dem Ziel dann der Treffpunkt der Staffeln, Besammlungszone genannt. Jetzt wird’s richtig eng. Mehrere Teamrunner geben sich vor mir ein Stelldichein. Ich schreie mir die letzte Luft aus den Lungen, doch niemand macht Platz. Auf den letzten zweihundert Metern wird es wieder viel breiter: Die eine Staffel zieht wie geplant nach rechts auf den für sie vorgesehenen Zieleinlauf. Endlich kann ich überholen. Nach 3:55:57 Stunden komme ich an und mit mir die Sonne heraus. Wahnsinn, wer so etwas erlebt, kann auch mal wieder einen schwächeren Lauf wegstecken.

Trotzdem waren bei den Männern viele flotter unterwegs: Der Median liegt bei 3:39:35. Eine schnelle Strecke. Julia kommt kurz nach mir ins Ziel, dahinter auch Georges, noch unter 4 Stunden. Und Ana aus Südafrika, deren Shirt mir vor einer halben Stunde auffiel, ist auch da. Judith erwartet mich. Mit 3:54:13 hat sie eine lange nicht erreichte Zeit geschafft.

Die Medaille zeigt Informationen über das Stadtviertel Enge. Im Fifa-Museum gäbe es für uns ermäßigten Eintritt. Aber wer interessiert sich jetzt schon für Fußball? Nach alkoholfreiem Erdinger Weißbier steht uns der Sinn. Ein paar hundert Meter weiter können wir unsere Kleiderbeutel in Empfang nehmen. Ich höre, dass es am Ende des Cityruns hier Wartezeiten gegeben haben soll. Bei uns geht es schnell. Und dann zum Duschen ins Freibad Mythenquai nebenan. Dort gibt es heißes Wasser mit Blick über den See.

Wir machen noch eine kleine Sightseeing-Rundfahrt mit der – äh, dem - Tram: Schön ist es in Zürich. Da hätte es noch einige Möglichkeiten für ein After-Marathon-Sightseeing in der Stadt gegeben. Aber die Arbeit ruft. Durch dichtes Schneetreiben geht es durchs Allgäu zurück nach Hause.

 

 

Ergebnisse Marathon:


Männer

1.    Kawauchi, Yuki (Japan): 2:12.03,8
2.    Belay, Abere (Äthiopien): 2:13.08,1
3.    Lyon, Julien (Schweiz): 2:16.17,0


Frauen

1.    Aeschbacher, Daniela (Schweiz): 2:47.39,9
2.    Fardell, Jane (Australien): 2:48.11,8
3.    Bjeljac, Bojana (Bosnien/Herzegowina): 2:48.17,8

 

Zahl der Finisher:

Marathon: 456 Frauen, 2015 Männer; Teamrun: 1061 Staffeln à 4 Teilnehmer;  Cityrun: 1016 Frauen, 1094 Männer – viele Läufer kommen aus Deutschland.

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Informationen: Zürich Marathon
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