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Laufberichte

Lieb und teuer

09.07.11
Autor: Klaus Duwe

Den Deutschen ist der Zermatt Marathon lieb und teuer. Trotz Euro-Krise und Franken-Hoch und daraus resultierenden Apotheker-Preisen für Rösti, Bier  und Unterkunft kommt jeder Dritte der mehr als 2100 Angemeldeten (Rekord!) aus dem nördlichen Nachbarland. Kann man seine Zuneigung deutlicher zum Ausdruck bringen?

Immerhin haben die Veranstalter das Startgeld für den Marathon bei 78 Euro belassen. Nach aktuellem Kurs wären nämlich sogar 92 Euro fällig. Für den Jubiläums-Ultra, der zum 3089 m hoch gelegenen Gornergrat führt, wären knapp 120 Euro statt 100 Euro zu bezahlen. Die Liebe beruht also durchaus auf Gegenseitigkeit.

Der Zermatt Marathon ist im 10. Jahr seines Bestehens bei den ganz großen Bergmarathons in Europa angekommen. Zu den schönsten gehörte er mit dem Berg der Berge, dem Matterhorn, ja schon immer. Auch die Organisation und das Rahmenprogramm können da problemlos mithalten. Von den schon erwähnten 2100 Läuferinnen und Läufern wollen 700 die anlässlich des Jubiläums ausgeschriebene Ultrastrecke über 45,6 km und 2458 HM gewältigen. Das heißt, mehr sind nicht zugelassen. Es würde schon noch der ein oder andere ganz nach oben auf das höchste Ziel in Europa laufen wollen.

Als einer, der letztes Jahr in Zermatt  das Handtuch warf, bin ich bescheiden und freue mich, wenn es diesmal besser läuft und ich pünktlich auf Riffelberg ankomme. Wem der Marathon zu viel ist, kann sich mit einem Partner die Strecke in einer 2er Staffel teilen. Mehr ist nicht im Angebot. Umso respektabler ist die Meldezahl.

Seine Startunterlagen holt man sich in St. Niklaus. Mit den Startunterlagen bekommt man ein Bahnticket nach Zermatt, wo schon am Freitagmittag am Bahnhof das Marathonfest mit musikalischer Unterhaltung und leckerer Pasta beginnt. Am Abend wird auf die Bühne die Laufprominenz präsentiert.

Kurz vor 7.00 Uhr fährt am Samstag der erste Sonderzug nach St. Niklaus zum Start. Die Startnummer gilt als Ticket, aber niemand kontrolliert. Die Fahrt ist ein Genuss. Natürlich sind lauter nette Leute an Bord, und natürlich ist es nicht langweilig in einem Zug mit lauter Läufern. 

Die Sonne scheint, aber es ist noch angenehm kühl, als wir in St. Niklaus ankommen.  Am Nachmittag könnte es Gewitterschauer geben, sagen die Wetterdienste. Die vergangenen Tage war es so.  Also ist an beides zu denken, an  Sonnencreme und  Regenschutz.

Ob man mit der Staffelung der Startzeiten (Ultras 8.25 Uhr,  Elite Marathon 8.45 Uhr, Marathon-Staffel 8.55 Uhr und Marathon 9.00 Uhr) eine gute Lösung gefunden hat, bezweifle  ich. Ich kann mir vorstellen, dass es zwischen Täsch und Zermatt zu Problemen kommt, wenn die schnellen Marathonis zu den Ultras aufschließen. Abgesehen davon verstehe ich nicht, warum man die Elite-Läufer separat vor dem Hauptfeld starten lässt. Bei dieser Regelung ist es so, dass man den Marathonläufern das kleinste Zeitlimit einräumt. Und das sind die meisten Teilnehmer.

Na ja, wenigstens habe ich so die Gelegenheit, alles im Bild festzuhalten. Bis ich selber dran bin, habe ich schon richtig was gearbeitet. 

Der Start ist Gift für mich. Zuerst geht es ein Stück abwärts, natürlich volles Tempo, dann bergauf ins Ortszentrum. Dort wird man lautstark gefeiert und durch die engen Gassen  in die Bergwelt verabschiedet. Dann heißt es Puls senken und  Rhythmus und Tempo finden.

Es geht auf asphaltierten oder gut befestigten Wegen der Vispa und Bahnlinie entlang, meist leicht ansteigend oder eben hinein ins Nikolaital.  Aus  dem Sonderzug nach Zermatt, der fahrenden Tribüne, winken uns die Zuschauer  zu.  Mattsand (1227 m  - 5 km) ist der erste kleine Ort, dann kommen wir nach Herbriggen (1254 m – 6,6 km) und schließlich bei 10,9 km nach Randa (1408 m), wo mir die riesigen Fels- und Steinmassen von  zwei  Bergstürzen von vor 20 Jahren immer wieder wie ein Naturgewalts-Denkmal vorkommen. 

Schroffe Felsen, Almen, blühende Wiesen und der von trübem Gletscherwasser gespeiste Bach sind unsere Begleiter.  Geradeaus schauen wir auf das Breithorn und das Kleine Matterhorn. Die Strecke ist wunderschön und bietet schon jetzt Motive für 100 kitschige Postkarten. 

An der Strecke beklatschen viele Zuschauer das bunte Läufervolk und bieten Erfrischungen an. Die Streckenverpflegung gehört aber auch so zum Besten, was man so kennt.  Wasser, Tee, Iso, Tee, Cola,  Bouillon, Riegel, Gel und Bananen (was vergessen?) gibt es in rauen Mengen und nach genauem Plan, den jeder Teilnehmer kennt.

Auf einer kleinen  Nebenstraße laufen wir  Richtung Täsch. Es riecht nach frisch gemähtem, würzigem Gras. Uralte Heuhütten aus schwarzem, verwittertem Holz stehen am Weg. „Hey, ich mach ein Bild. Junge Frau vor alter Hütte“, die Mädels machen den Spaß mit.

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