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Laufberichte

Bassd scho, sagt der Franke

 

Der 13. Zeiler Waldmarathon lockt nicht nur mich, sondern auch eine ganze Anzahl von Läufern an den Main. Der Wunsch der meisten ist ein ruhiges Läufchen in der Natur der Haßberge, vielleicht ein Treffen mit Gleichgesinnten oder ein Ausklang der Laufsaison, die jetzt unweigerlich in Deutschland langsam zu Ende geht. Oder ist es gar eine Herausforderung im Naturpark Haßberge, so wie es der Internetauftritt beschreibt?

Egal aus welchem Antrieb der Läufer hierher kommt, er kann sich auf eine mustergültige Organisation freuen, denn die Lauf- und Leichtathletikabteilung „Rote Teufel“ im TV 1884 Zeil haben alles im Griff. Sie veranstalten nicht nur diesen Waldmarathon, sondern auch im Oktober den Abt-Degen-Lauf über eine kürzere Distanz, der durch die Weinberge führt. Der Marathon geht dagegen fast ausschließlich durch den Wald. Was beide Strecken gemeinsam haben, sind unzählige Höhenmeter. Läufer mit Vorliebe zur flachen Strecke wirst du hier eher nicht finden.

Meine holde Henriette lässt sich innerhalb von zwei Monaten gleich drei Mal auf ein Marathonabenteuer ein. Ich bin skeptisch gegenüber ihrem Programm, habe es aber in meinem ersten Laufjahr noch schlimmer getrieben. Wir fahren als Bahnliebhaber auf der Schiene nach Zeil an. Erreichbar ist Zeil via Bamberg im Stundentakt. Als wir in Bamberg in den Zug nach Zeil einsteigen, wartet zufällig schon eine Bekannte im Abteil. Ruth Schlager, sie wird nächsten Jahr der W70-Fraktion angehören, kriegt ihren Hals in Sachen Laufwettkampf auch nicht voll. Vor kurzer Zeit wurde sie in Frankfurt deutsche Meisterin in ihrer Klasse. Der Zeiler Bahnhof ist rund 15 Minuten vom Roland-Winkler-Haus am Schulring entfernt.

 

Zeil/Startaufstellung

 

Nach rund 15 Minuten Zugfahrt steigen wir im Bahnhof Zeil aus. Die Startnummernausgabe ist leicht zu finden. Du musst eigentlich nur in Richtung Ortsmitte marschieren. Der viergeschossige gotische Turm der Stadtpfarrkirche St. Michael ist eine gute Orientierung. Unterhalb der Kirche sehen wir einige Fachwerkhäuser. Die Sakristei und der Kirchturm des Gotteshauses stammen aus dem 14. Jahrhundert. Wer um das Gotteshaus herumgeht, findet an der Südseite die Ölbergkapelle, eine Figurengruppe über dem Heiligen Grab aus dem 18. Jahrhundert. Ja, wir laufen zur Hälfte um die Kirche herum, und dann sehen wir bereits Schule, Hallenbad und das Roland-Winkler-Haus.

 

 

Jetzt, fast zwei Stunden vor unserem Start, ist an der Startnummernausgabe nur wenig los. Wir erhalten im Vorraum Startnummer, eine Flasche alkoholfreies Weizenbier und ein Blatt mit den letzten Informationen überreicht. Im Saal selbst richten die „Roten Teufel“ gerade die Verpflegung her. Als altes Schleckermäulchen brauche ich noch einen Kuchen und einen Kaffee. Übrigens, die Verpflegung wird fast zum Selbstkostenpreis abgegeben. Alle Finisher erhalten nach ihrem Lauf eine Flasche fränkischen Wein aus einheimischer Produktion. Da ist der Abend getränketechnisch schon gerettet. Die besten Läufer aller Klassen sowie die besten Teams werden später mit Gutscheinen, Geschenkkörben, Freibier, Schinken und Hausmacherwurst ausgezeichnet. Für a goude Brodzeid!

Wem ein Marathon zu lange und zu schwer ist (er hat immerhin 840 Höhenmeter auf zwei Runden), der kann sich beim Halben (eine Runde) oder als (Nordic-)Walker auf 21 oder 7,5 Kilometer einschreiben lassen. Die Startzeiten sind so gelegt, dass sich die einzelnen Felder nicht ins Gehege kommen. Wir starten um 10.00 Uhr, die Halbmarathonläufer (stärkste Gruppe) eine Stunde später. Die Strecke verläuft fast ausschließlich im Wald, nur wenige Meter sind auf einer Landstraße zurückzulegen. Die Waldwege sind meist gut befestigt, lediglich das verwitterte Laub sorgt für Schlammspritzer an den Läuferwaden. Mit fast 700 Teilnehmern auf den beiden Laufstrecken ist man höchst zufrieden.

Wer die Starterliste durchschaut, wird schnell feststellen, dass auf dem langen Kanten viele Stammläufer auf die Strecke gehen wollen: Klaus Neumann („mir geht’s gut“, so grüßt er jeden Bekannten), Kati Schramm, Roland Krauss sowie Reporterkollegen Andy Greppmeir, Eberhard Ostertag und Angelika Abel. Die Hemsbacher „Marathonfresser“ sind gleich zu acht erschienen.

Der lange Kanten kostet 24 EUR und beinhaltet die Medaille, Urkunden aus dem Internet und die kostenlose Benutzung des Hallenbades. Für den Halben nimmt man 15 EUR, Nachmeldungen sind noch am Starttag möglich. Viele haben ihre Absicht erst kurz vor  Ende der Meldefrist kundgetan, denn die Zahlen der Marathonis sind nochmals gestiegen.

Start und Ziel ist 1,5 Kilometer entfernt. Einige nutzen den ausgeschilderten Hinweg gleich noch zum Einlaufen. Wer schlecht zu Fuß ist, so wie wir beide, nutzt  den eingerichteten Bustransfer. Am Waldrand steigen wir aus und marschieren in fünf Minuten zum Startort an einer Wegkreuzung im Wald.

Umkleiden ist im Freien, wo Bierbänke bereitstehen, oder in einem Zelt möglich. Dort können auch die Klamotten hinterlegt werden. Ohne große Drängelei stellt sich die Meute hinter die Startlinie und ist noch am Quatschen, bis die Startzeit näher rückt. Und dann gilt es.

 

Erste Kilometer

 

Mit fünf Minuten Verspätung werden wir mit einem Schuss auf die Strecke entlassen. Kein Schnellstart des Feldes, sondern eher gemächlich macht man sich auf den Weg. Es warten gleich zu Beginn zwei Kilometer zum Heißlaufen, nicht zum Warmwerden. 150 Höhenmeter müssen sich jetzt erarbeitet werden, so ist ein defensiver Beginn obligatorisch. Denn wenn du zu schnell beginnst, werden die Kilometer später länger, da sind sich die Teilnehmer einig. An den Bäumen hängt jetzt noch viel Laub, das war hier schon anders. Auch ohne Sonne sorgen die gelben, roten und braunen Blätter für einen herbstlichen Touch. Dafür ist es mit knapp über null Grad recht kühl. Die meisten haben Handschuhe und Mützen im Einsatz. Die wenigen im Shirt und kurzer Hose sind als Führende gleich auf und davon. Recht gleichmäßig steil geht es hinauf zum Waldrand, 14 Minuten für die ersten zwei Kilometer stelle ich bei mir fest und bin noch gut dabei.

 

 

Noch am Waldrand sehe ich den Dreiländerstein, wo bis 1803 sich die drei Landstriche Würzburg, Bamberg und Sachsen-Coburg berührten. Nach einem kurzen asphaltierten und gepflasterten Wegstück biegen wir rechts ab. Der Wind ist heute kein Thema. Wenn, dann könnte er uns nur hier packen, denn im Wald ist man geschützt. Wellig laufen wir bis zum Waldrand, zum Schluss auf weichem Grasboden.

Kilometer 4, die erste Tankstelle mit vollem Programm: Wasser, Iso, Tee, Cola, Riegel, Bananen, Kuchen, Cracker, verhungern braucht da keiner. Tee und Mineralgetränk sind sogar angewärmt. Willi, die gute Seele des Vereins, und seine drei Mädels schmeißen den Laden, super. Ich greife mir einen Becher süßen Tee, trinke und mache mich dann weiter. Die 7,5 Kilometer Strecke zweigt rechts ab.

Nur ein paar Minuten weiter überqueren wir die Kreisstraße, die von Zeil nach Bischofsheim führt. Ein paar Feuerwehrleute sichern den Übergang, ein paar Zuschauer haben sich jetzt auch da eingefunden. Aber viel Unterstützung wird man auf der Strecke nicht haben, denn die Zuschauer kannst du fast alle per Handschlag begrüßen.

Für Motivation sorgen die vielen Schilder, immer mit einem anderen Spruch. „Gib Gas, jetzt rollt's!“ lese ich an einem Gefällestück. Das nächste erinnert mich an das Stück „Der Watzmann ruft“ von Wolfgang Ambros, Manfred Tauchen und Joesi Prokopetz. „Der Berg ruft“ steht an der Gegensteigung. In der Schallplattenversion verspricht die Gailtalerin dem Bua schöne Sachen, wenn er den Watzmann bezwingt. Wir müssen dagegen ohne Lohn die 40, 50 Höhenmeter bezwingen, bis wir mit dem siebten Kilometer oben sind. Ich sollte mir das Stück des Österreichers anhören. 50 Minuten bin ich unterwegs.

 

Auf und nieder im Zeiler Wald

 

Vier wilde Anstiege sind auf der Halbmarathonrunde zu belaufen, der schwerste ist ohne Zweifel gleich am Anfang. Die Gegensteigung liegt bei Kilometer sechs. Drei Kilometer lang muss man sich aus dem Langenbachtal hocharbeiten und ein heftiges Hinauf gibt es auch nach Kilometer 15. Ruhige Streckenpassagen gibt es kaum, höchstens zum Ende der Runde hin. Ein laufendes Auf und Nieder im Zeiler Wald also. Die Kräfte sollte man sich gut einteilen. Ich bin ja gespannt, was meine Henny daraus macht. Der Marathon ist vielleicht zu schwer für sie, aber auf dem anspruchsvollen Terrain der Schorfheide hat sie bereits Härte bewiesen.

 

 

Ich kann auf Charlie Berger auflaufen. Ihm geht es nicht gut, gibt er zu, er muss vielleicht nach der ersten Runde aufgeben. Es wäre auch nicht schlimm, da Abbrecher nach der ersten Runde für den Halbmarathon gewertet werden. Da sollte man sich dann im Zielbereich melden.

Kilometer zehn: An einem Teich im Langenbachtal sorgen zwei Jungen mit einem Erwachsenen für den Betrieb der V-Stelle. Die Läufer greifen zu. Nach einem Stück Kuchen und warmer Tee mache ich mich auf den Weiterweg. Und jetzt folgt die dritte lange Steigung, immer im Langenbachtal bergan. Diese lässt sich aber gut belaufen.

Dann wird es aber nach dem Gegenverkehrsbereich kurzzeitig steiler, die Führenden aus Bischofsheim kommen uns entgegen. Die haben bereits gut drei Kilometer mehr hinter sich. Es geht zunehmend schwer bergwärts. Ein Belgier, Filip Hoornnaert, kommt von hinten heran gelaufen. Ich will ihm den Streckenverlauf erklären. Er winkt ab und erzählt von seinen Läufen in Monschau und anderen Mittelgebirgsläufen. Schließlich lässt er noch heraus, dass er heute seinen Geburtstag feiert und dass er sich diesen Marathon zum Geschenk gemacht hat.

„Umdrehen wäre blöd“ und „ein Frankenwein will erlaufen werden“, so werden wir nun motiviert. Unsere Piste führt uns nun wieder auf die Felder, tief unten links erkenne ich den Bischofsheimer See, geradeaus den Ortsteil Bischofsheim. Am Ortsrand biegen wir links ab.

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Informationen: Zeiler Waldmarathon
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