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Laufberichte

Der Trail ist nicht genug

16.03.13

 

2. Etappe Wanderparkplatz Dazeroth – 
Kloster Marienhaus, 11,5 KM

 

Die ersten Meter sind wieder zum Anlaufen. Flach geht es über und nach links an der Wied entlang. Aber nicht lange, da führt uns ein Waldweg steil nach rechts bergauf. Auf halber Höhe dürfen wir einen Blick zurück auf den Wanderparkplatz und das wunderschöne Wiedtal  werfen. Wehmut kommt keine auf, denn die fleißigen Helfer mit der Verpflegung sind schon wieder verschwunden. So fällt es leicht, dem Weg hinauf nach Wolfenacker zu folgen. Auf dem folgenden Teilstück können wir wieder Sonne tanken, führt es doch über eine Wiese. Der Schnee verstärkt die glänzenden Strahlen der Sonne. Hier komme ich mit Udo ins Gespräch und kann erfahren, daß wir heute gemeinsam zum 61. Mal eine Strecke bewältigen, die mindestens 42,195 KM lang ist. Manche würden von Zufall sprechen, andere davon, daß man nur die richtigen Infos zusammentragen muß um in so einer Gruppe Gemeinsamkeiten zu finden. Wie dem auch sei, das angenehme Gespräch lenkt ab. Aber nicht zu sehr, um die nächste Sehenswürdigkeit zu verpassen.

Auf dem Klosterweg, der uns über einen Trail zuück ins Tal führt, kommen wir an der Neuerburg vorbei. Einen Abstecher können wir uns sparen, ist sie doch der Allgemeinheit nicht zugänglich, der Burgfried ist im Sommer allerdings bewohnt. Geschichträchtig ist sie für die Einheimischen aber allemal, wurde auf dieser 1170 von Ludwig II. von Thüringen erbauten Anlage 1290 doch das Amt Neuerburg errichtet, dessen Gebiet dem der heutigen Verbandsgemeinde Walbreitbach entspricht, die ursprünglich auch Amt Neuerburg hieß.

Uns führt der Weg weiter hinab ins Fockenbachtal, vorbei am Kelterhof und der Mutter-Rosa-Kapelle. Gewidmet ist sie M. Rosa Flesch, die im 19. Jahrhundert den Waldbreitbacher Orden  der Franziskanerinnen von der allerseligsten Jungfrau Maria von den Engeln gegründet hat. Was eine einfache, sozial engagierte Frau auch damals schon bewirken konnte, werden wir am Ende der Etappe noch bewundern können, ist das Kloster Marienhaus doch das Mutterhaus dieses Ordens. Bis dahin sind es aber noch ein paar Kilometer, die uns hinab ins Fockenbachtal und anschließend hinauf nach Glockscheid führen. Bevor wir diesen Ortsteil Waldbreitbachs erreichen, können wir über das Tal noch einmal einen Blick auf die Neuerburg werfen.

Oberhalb von Glockscheid bestimmt das Kloster Marienhaus den Ausblick ins Wiedtal. Ihm sieht man nicht an, daß in den Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert früher eine Irrenanstalt war. Die liegt heute als Psychiatrie wenige hundert Meter weiter in neuen Gebäuden. Wolfgang wohnt nicht dort. Heute werden sie als Akademie genutzt. So können wir nach etwa einem halben Kilometer hier uns an der ungestört 2. Verpflegungsstation erfrischen. Wer weiß, was sonst mit uns Laufverrückten hätte passieren können.

 

3. Etappe Kloster Marienhaus – 
Sportplatz Nassen, 14 KM

 

Jedenfalls hält uns niemand auf, als wir auf Wolfgangs Pfiff die nächste Etappe angehen. Frisch gestärkt wird auch gelaufen, führen die nächsten 1,5 KM ja direkt hinunter nach Waldbreitbach. Am Ortseingang verabschieden wir die ersten Etappenläufer. Für uns geht es überdie Straße gleich wieder bergauf. Das Hinweisschild Sackgasse und keine Wendemöglichkeit schreckt uns nicht. Für Fußgänger gibt es halt immer ein Durchkommen und ans Wenden verschwende ich heute sowieso keinen Gedanken. Einige Gipfelerlebnisse stehen noch an und die möchte ich nicht verpassen. Durch den sog. kühlen Grund über den Hochscheider Seifenweg geht es hinauf zum Bärenkopp, vorbei an Bächen, die heute noch nicht von der Sonne beschienen und teilweise vereist sind. Die Stimmung ist gut und die ersten Schneebälle fliegen. Am weißen Kreuz werden vor der Panoramakulisse die passenden Fotos geschossen, ein phantastischer Ausblick bietet sich uns. Der Lauf macht heute nur Spaß.

Also nichts wie weiter und genießen. Hier oben auf der Höhe pfeift der Wind jetzt kalt. Wen wundert‘s, sind wir hier doch am Rand des Westerwalds. Zum Glück trifft auch die folgende Zeile des bekannten Volksliedes zu und der Sonnenschein dringt tief ins Herz hinein. Das stärkt das Gemüt, zumal uns jetzt der Weg durch den sog. Heldenseifen, einen langen Bergabweg ins Fockenbachtal, bevorsteht. Ein Schild warnt vor Holzfällerarbeiten. Lebensgefahr droht. Sagt das Schild. Nach wenigen Metern kommen wir an den riesigen stillstehenden Holzfällmaschinen vorbei. Das könnte Entwarnung bedeuten, aber einmal nicht aufgepasst, schon liegt man heute auf der Nase. Mir passiert es hier, als ich über einen im Schnee verborgenen Zweig wegrutsche. Zum Glück bietet der Schnee auch eine weiche Unterlage, so daß es unbeschadet weiter gehen kann.

Der Lauf ins Tal währt nur kurz. Schon zeugen große querliegende Stämme vom Fleiß der Holzhacker und versperren den Weg. Zum Fällen hat die Zeit noch gereicht vor dem Schnee, zum Aufräumen leider nicht. Dies verhilft der Läuferschar zu einer kleinen Kletterpartie ein paar Meter über den Steilhang, teilweise auf allen Vieren. Kein Zweifel, das ist von Wolfgang und Josef so geplant, um uns mehr als einen gewöhnlichen Trail zu bieten. Und richtig eingschätzt sind die Fähigkeiten der Teilnehmer auch, so daß alle wohlbehalten unten auf dem Wanderweg wieder ankommen. Was kann uns jetzt noch passieren? Bereits die nächste Kehre bringt es an den Tag. Die Kletterpartie ist noch nicht zu Ende. Die von den Hängen gekappten Bäume sind bis ins Tal gerutscht. Da kommt man sich die nächsten Meter wie im dichtesten Dschungel vor. Vielseitigkeit ist gefragt. Über einen Baumstamm dürfen wir balancieren. Ja, heute sind wir ganz gefordert. Aber auch diese Herausforderung ist bald gemeistert. Das Einzige was bleibt ist eine schöne Erinnerung und ein Zeitverzug von etwa 10 Minuten. Ja, den Zwergen war im bekannten Kinofilm der Wald nicht genug, uns ist heute der Trail nicht genug.

Wolfgang bietet deswegen zwar eine Abkürzung an, aber wegen einer solchen Kleinigkeit wollen alle nicht auf die volle Distanz heute verzichten. So führen uns die nächsten 5 Kilometer an der Fockenbachmühle vorbei über Hollig hinauf zum Parkplatz Nassen. Weitere Überraschungen bleiben uns erspart, so daß diese Kilometer zu einem angenehmen, wenn auch mittlerweile etwas anstrengenden Spaziergang werden. Da kommt uns die nächste Verpflegungsstelle gerade recht, um Energien zurückzugewinnen. Die freiwilligen Helfer haben für alles gesorgt, sogar für den Nachschub der besonders beliebten Kekse, die spontan nachgekauft wurden. Das Engagement ist bewundernswert, opfern sie ihre Freizeit ja für einen guten Zweck. Der Erlös der Veranstaltung kommt über die Stiftung des blinden Paralympicssiegers Henry Wanyoike bedürftigen Läufern in Kenia zu Gute. Hier sei ein besonderer Dank an die Veranstalter ausgesprochen, daß wir Läufer dazu ein Scherflein beitragen dürfen.

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Informationen: WiedtalUltraTrail
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