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Laufberichte

Gottvater zu Ehren

19.07.09

Marathonpremiere in Waldniel. Waldniel? Den Älteren unter uns läuft bei diesem Namen ein Schauer der Ehrfurcht über den Rücken. Und den Jüngeren? Können sie mit dem Begriff „Waldniel“ (noch) etwas anfangen?

1953 gründete der Mediziner Dr. Ernst van Aaken in Waldniel, einem Ortsteil der Gemeinde Schwalmtal mit rund 11.500 Einwohnern unweit von Mönchengladbach, den OSC Waldniel. Mit Vehemenz stemmte er sich gegen die seinerzeit herrschende Trainingslehre, die viele knüppelharte Intervalle forderte. Seiner Meinung nach sind lange Ausdauerläufe mit hohen Kilometerumfängen das Maß aller Dinge. Als Trainer und „Gottvater“ des deutschen Langstreckenlaufs in den Sechziger und Siebziger Jahren brachte er zahlreiche Athleten zu Titeln, Ruhm und Ehren, allen voran Harald Norpoth, den viel zu früh verstorbenen Olympiazweiten von 1964 über 5.000 m.

Besonders tragisch für Dr. van Aaken war sein Unfall 1972 im Alter von 62 Jahren: Beim abendlichen Dauerlauf fuhr ihm ein Auto beide Beine ab. Trotzdem verlor er seinen Lebensmut nicht, praktizierte in seiner Landarztpraxis weiter und wurde immerhin noch fast 74 Jahre alt. 25 Jahre nach seinem Tod treffen wir uns, ihm zu Ehren, zu – na was wohl? Natürlich, zu einem Marathonlauf.

Der Sportverein Athletik Waldniel hat eine 10.360 m lange Runde ausgewiesen und vermessen lassen, die viermal zu absolvieren ist (die erste Runde ist dabei durch zwei anfängliche Stadionrunden geringfügig länger). Start und Ziel befinden sich im Dr. van Aaken-Stadion, die Strecke ist gering profiliert und bietet eine gute Mischung aus Stadt- und schattigem Waldgebiet.

Elke und ich verbringen ein Wellness-Wochenende in Geldern am Niederrhein und der Marathon bildet für mich den krönenden Abschluss. Höre ich da jemanden sagen: „Mann, ist der bescheuert!“? Jo, ein wenig Wahrheit ist bestimmt dran, aber was kann es für uns passionierte Läufer Schöneres geben als einen tollen Lauf in attraktiver Umgebung? Das ist auch Wellness, und zwar für Leib und Seele.

Am Vorabend geben wir uns neben der gepflegten Nahrungsaufnahme im Wintergarten des Hotels unserer Lieblingsbeschäftigung hin: Beobachten der Sportler auf der unmittelbar vorbeiführenden 1 km-Seerunde. Herrlich ist das ungestrafte Ablästern über Laufstile & Co., Rundenzeiten werden mitgestoppt und die Walker bewundert, die mit entschlossenem, gelenkschonendem Blick ihrer schweißvermeidenden unmenschlich anstrengenden Tätigkeit nachgehen. Achim Achilles hätte seine Freude daran gehabt.

Am nächsten Morgen sind wir um 8 Uhr vor Ort in Waldniel und finden eine gut vorbereitete Veranstaltung vor. Eine kleine Zeltstadt ist im Stadion aufgebaut, und die üblichen vorbereitenden Tätigkeiten gehen flugs vor sich. In einem separaten Zelt haben die Waldnieler etliche Exponate um den Laufdoktor und –guru aufgebaut, wo man sich prima über ihn informieren und in die damalige Zeit hineinversetzen kann. Es hätte mich nicht gewundert, wenn von Wolke 7 Beifall gekommen wäre. Spaß hätte er an der Veranstaltung bestimmt gehabt.

Zeit ist also genug vorhanden, die unvermeidlichen Schwätzchen mit Bekannten im Vorfeld zu halten. Natürlich ist Horst Preisler da, mit dem ich die Unterkunftssituation bei unserem Staffelmarathon am 3.10. in Waldbreitbach kläre. Endlich treffe ich mal Werner Kerkenbusch, der mit seinem VfL Bergheide in Bataillonsstärke angerückt ist. Sie sind zwar nicht unbedingt die Schnellsten (Werner in seiner AK allerdings sehr wohl!), machen aber jede Menge Alarm und verbreiten gute Laune. Mit Jörg Segger sitzen wir noch eine ganze Weile zusammen und schon ist es kurz vor neun Uhr und es heißt Aufstellung nehmen.

Pünktlich geht es los auf zunächst zwei Runden im Stadion, bevor wir auf den ersten 10er geschickt werden. Einige wenige Häuser streifen wir und sind bald auf den ersten Feldwegen unterwegs. Raps, Zuckerrüben, Weizen und vor allem Mais werden angebaut. Mit Jörg wollte ich eigentlich die erste Runde gemeinsam absolvieren, aber irgendwie habe ich ihn bei den ersten Fotostopps aus den Augen verloren. Dann muss halt der Werner dran glauben und mich Blubberkopf ertragen. Bei meinem ersten technischen Halt zieht er davon, kaum habe ich ihn eingeholt, kommt schon der zweite Boxenstopp. Ja, Kruzitürken, was ist denn heute los? Und der Werner streut noch Salz in die Wunde und meint, es sei doch zu schade, dass er gerade keinen Fotoapparat zur Hand hätte, um mich abzulichten. Sausack.

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Informationen: Waldnieler Marathon
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