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Laufberichte

Ostern in Friaul Julisch-Venetien

 

 

Die Verpflegungsstationen alle fünf Kilometer sind gut bestückt: Wasser (Becher oder Flasche), Iso, Tee, Bananen, Apfelstücke, Kekse. In der Nähe ist auch immer ein Toilettenhäuschen. Dazwischen Schwammstellen, die später auch Trinkwasser anbieten. Wobei ich an der Schwammausgabe bei km 7,5 auch einen großen Weinbehälter sehe. Offiziell wird der Rebensaft aber nicht ausgeschenkt. Ob man darin seinen Schwamm tränken konnte, bleibt ungewiss. Für einen Versuch ist es mir heute mit 10 Grad und sehr dunklem Himmel einfach zu kalt. Wein wird in dieser Gegend viel angebaut, besonders die Weißweine haben einen guten Ruf. Leider bieten die Rebstöcke so kahl wie jetzt einen eher tristen Anblick. Im Vergleich zu unserem Besuch in Brescia vor zwei Wochen erscheint mir die Natur hier noch ziemlich winterlich. Aber das ist wohl anders bei einem Traillauf (Cittá del Vino) später im Jahr, über den M4Y schon berichtete

Ansonsten kann man anhand der Werbung und Beschriftung der Fabriken erkennen, dass die Holzverarbeitung hier boomt: Besonders Tische und Stühle werden an jeder Ecke hergestellt. Und einmal sehen wir auch eine Produktionsfirma für Weinflaschen.

 

 

Kilometer 8: Das nette Dörflein Oleis wird durchquert. Schöne Natur und dann nach San Giovanni al Natisone, Partnerstadt ist Kuchl im Salzburger Land. Der Piazzale Kuchl entpuppt sich hauptsächlich als Parkplatz in der Peripherie. Dafür strecken sich den Läufern einige kleine Hände zum Abklatschen entgegen. Dann wieder Landschaft, Industrie und schöne Häuser. Die Straßenschilder sind mehrsprachig gehalten: Italienisch, Friaulisch und oft auch Slowenisch. Friaulisch (furlan) wird von 600.000 Menschen gesprochen. Und die oft gesehene Fahne mit goldenem Adler auf blauem Grund repräsentiert die Region Friaul und Julisch Venetien.  Auch Deutsch ist hier eine anerkannte Minderheitensprache.

Bei dem netten Kirchlein Madonna di Strada wird unser Begleiter Giovanni von Zuschauern darauf angesprochen, wie unser Dreiergrüppchen wohl zusammengehört. Soweit wir das verstehen, erklärt er wahrheitsgemäß, dass die Dame mir zuzuordnen ist.

Nächstes Highlight ist der Blick von einer langen Brücke über das breite Flussbett des Torre. Viele Flüsse wie dieser sind in Venetien und Friaul noch sehr ungezähmt und haben teilweise kilometerbreite Schotterflächen, was sogar auf Satellitenbildern gut zu erkennen ist.

 

 

Die folgende Halbmarathonmarke interessiert mich heute nicht, das Etappenziel liegt erst bei km 26 in Palmanova. Nächster Blickfang ist eine im Bau befindliche Hochspannungsleitung: Die Masten sind spitz zulaufende Röhren mit kurzen Auslegern. Andere Länder, andere Hochspannungsmasten, kann man da nur sagen.

Die Beschriftung auf der Laufjacke eines Mitstreiters bringt mir das nächste Aha-Erlebnis: AFDS ist der lokale Blutspendedienst und betreut hier sämtliche Schwammstellen. Die roten Fahnen sind mit einem Tropfen bedruckt. Die unzähligen Streckenposten werden vom Zivilschutz (Protezione Civile) gestellt. An deren Regionalsitz kommen wir nun auch vorbei.

Palme oder Palmanova ist wahrscheinlich das Highlight unseres Laufs. Am Beginn des 17. Jahrhunderts wurde die sternförmige Festungsstadt, das Hauptwerk venezianischer Militärarchitektur, von der Republik Venedig als Schutz gegen die Türken angelegt. Zwei Befestigungsringe wurden in der Folgezeit nachgerüstet, der letzte Anfang des 19. Jahrhunderts unter Napoleon. Neun symmetrische Spitzen haben diese Anlagen. Drei Tore regeln den Zugang.

 

 

An der Porta Cividale werden wir von Soldaten in historischen Uniformen schon erwartet. Über eine breite Straße geht es Richtung Zentrum. Je höher der Dienstgrad, desto näher am sechseckigen zentralen Platz durfte man wohnen. Heute ist dort die Hölle los: Ein lokaler Markt ist aufgebaut, der Staffelwechsel für Läufer und ein Wechselplatz für die Duathlon-Radler, die hier aufs Laufen umsteigen. Ein nicht minder wichtiges Ereignis kündigt sich auf einem Banner an: Am 20.5.2016 macht der Giro d'Italia hier Station.

Palmanova wurde dieses Jahr von Italien zur Aufnahme als Unesco-Welterbe vorgeschlagen. Wobei die beeindruckende Anlage mit ihrem vollständigen Erhaltungszustand leider nur aus der Luft zu erkennen ist.

Durch die Porta Aquileia geht es wieder aus der Stadt. Der Übergang in eine mediterrane Landschaft fällt auf: Pappelalleen begleiten uns nun, die Luft fühlt sich weicher an. An der gesperrten Autobahnauffahrt vorbei geht es Richtung Ziel. Ich bin beeindruckt, dass die Straßen hier für uns vollständig autofrei gehalten werden. Nur ganz selten gelingt es einem PKW, auf die Laufstrecke zu kommen. Spätestens als die Vier-Stunden-Läufer uns langsam entschwinden, müssen wir einsehen, dass wir heute nicht mithalten können, und geben dem nun einsetzenden Gegenwind die Schuld.

 

 

Die Gemeinde Cervignano wartet auf uns. Schnittpunkt unserer Route mit der Strada Statale zwischen Venedig und Triest. Die ersten schiffbaren Kanäle tauchen auf. Wir befinden uns quasi auf Meeresniveau. Relativ wenig los ist in der Vorstadt, dann dringt Grillgeruch an unsere Nasen. In der Mittagszeit sieht man bei den Häusern oft Familienväter an der Feuerstelle hantieren während uns die Signoras mit Prosecco zuprosten.

Durchbeißen ist angesagt. Einige Nordic Walker sind noch unterwegs. Km 39: Unser Ziel, der Kirchturm von Aquileia, ist zu sehen. Schnurgerade geht es dahin. Die Distilleria Aquileia soll seit über 80 Jahren einen vorzüglichen Grappa herstellen. Von den Läufen/Spaziergängen ohne Zeitnahme, die heute in Aquileia und drumherum ebenfalls stattfinden, bekommen wird nichts mehr mit.

 

 

Im zweiten Jahrhundert vor Christus von den Römern gegründet, erfüllte Aquileia die Funktion eines wichtigen Verkehrsknotenpunkts. Nahe an der Lagune wurde ein Binnenhafen angelegt. Viele Ausgrabungen kann man hier besichtigen. Wir laufen nun am ehemaligen Forum vorbei. Die letzten hundert Meter Richtung Kirchturm der Basilika. Diese wurde im 11. Jahrhundert von dem aus Deutschland stammenden Patriarchen Poppo nach dem Vorbild der Michaeliskirche in Hildesheim errichtet. Besucht wird die Kirche jedoch wegen der vielen Mosaiken, die noch aus der Zeit des Bischofs Theodorus um das Jahr 300 stammen und damit auch Unesco-Welterbe sind.

Kaum im Ziel, wird uns schon die Medaille umgehängt und der Chip entfernt. Und dann gibt es ein Eis. Bei 12 Grad und frischem Wind? Aber, wie eingangs erwähnt: Ein Marathoni ist hart im Nehmen. Vor allem, wenn’s nichts kostet.

Anschließend geht es wenige Meter zum Verpflegungsstand. Jetzt fehlt mir nur der warme Tee. Wir treffen Giovanni, der uns irgendwann abhängte und drei Minuten schneller war, aber leider  dennoch denkbar knapp über vier Stunden blieb. Im Kulturzentrum warten unsere Taschen.

Ausreichend Duschen stehen am 500 Meter entfernten Sportplatz zur Verfügung. Das Wasser ist heiß. Hier befindet sich auch der Haltepunkt der Transferbusse. Zurück am Ziel gibt es noch einige Siegerehrungen für die lokalen Teilnehmer. Antons Zieleinlauf haben wir leider verpasst. Pasta und Wasser als Mittagessen, die beiden „Schlusslichter“ aus Japan werden von uns begrüßt und dann geht es in sechs Stunden ohne nennenswerte Störungen zurück nach Hause. Trotz des „Fehlstarts“ am Karfreitag ein wirklich gelungenes Osterwochenende.

Fazit:

Der Unseco Cities Marathon in Friaul-Julisch Venetien ist ein gut organisierter Marathon mit einem recht starken Teilnehmerfeld. Hervorzuheben ist die nahezu autofreie Streckenführung. Leider geht es an vielen Dörfern und Städtchen vorbei und nicht hindurch, sodass nur Palmanova, Cervignano und zwei Dörfer Abwechslung bieten. Das Zuschauerinteresse ist besonders bis Palmanova recht ordentlich. Speziell für österreichische Läufer scheint diese nahe und günstige Veranstaltung interessant zu sein. Kärnten ist keine Autostunde entfernt. Der Deutsche und Schweizer Anteil liegt im Promillebereich. Der Bustransport zwischen Start, Ziel und Wechselstelle klappte tadellos. Vorsichtshalber sollte man die genauen Zeiten noch mal vor Ort erfragen, die ansonsten guten Infos waren hier etwas ungenau.

Sieger

1 SANTI ANTONIO             ITA     02:28:11
2 KIPKURGAT TOO JULIUS     KEN     02:32:13
3 REDOLFI MATTEO         ITA     02:36:34

1 VRAJIC MARIJA            CRO     02:51:12
2 NIKOLESIC INGRID        CRO     02:58:24
3 KORNJIENKO ALIONKA    LTU     03:04:12

Finisher:

Marathon:     387
2er Staffel:     95
Handbike:     41
Duathlon:     20
16 km:     233
Nordic Walking 16 km: 68

12
 
 

Informationen: Unesco Cities Marathon
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