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Laufberichte

Hundert Kilometer um Ulm herum

12.06.09

Es geht ein längeres Stück durch Oberelchingen und irgendwie läuft da auf mich Oliver Schuberth auf. Wir kommen ins Gespräch. Das ist mir jetzt ganz recht, so werde ich ein wenig abgelenkt. Ja der Oliver hat erst vor vier Wochen den Supermarathon beim Rennsteig gemacht und ihm ist es gut gegangen. Heute ist sein erster Hunderter – obwohl , beim Laufsport ist er seit zwei Jahren. Ich ziehe meinen Hut. Ich habe 20 Jahre für den ersten Hunderter gebraucht.

Immer wieder hören wir den Autolärm von der nahen Autobahn 8. Ein Stück geht es dann an einer Sauzuchtanlage vorbei. Es stinkt erbärmlich. Schnell weiter. „Jetzt wäre ein Kaffee recht“, meint Oliver und in Jungingen wird dann unser Wunsch erhört. Der tut richtig gut. Die Helfer sind gut drauf und motivieren, wo sie können.

Da ich nunmehr eigentlich fotografieren könnte und dafür stehen bleiben müsste, ziehe ich es vor, gerade bei den V-Stellen immer zwei, drei Bilder zu schießen. So leidet nicht mein Laufrhythmus.

Dann laufen wir auf die Wilhelmsburg zu, Kilometer 80. Alles was jetzt folgt, das wird für mich Neuland.

Die Wilhelmsburg ist ebenfalls Teil der Bundesfestung, ausgebaut als Zitadelle. Das Wort kommt aus dem Italienischen cittadella und bedeutet kleine Stadt. Eine Zitadelle ist der am stärksten ausgebaute Teil einer Festung. Wir laufen in die Zitadelle hinein, natürlich in friedlicher Absicht, nur um uns zu versorgen. Da es mittlerweile warm geworden ist, ziehe ich das Langarmshirt aus. Zeit dazu habe ich, denn bei Oliver hat der vorher getrunkene Kaffee durchschlagende Wirkung. Nur mehr 20 Kilometer.

Was dann folgt, ist ein Härtetest allererster Sahne. Es geht steil bergab, dann nach einem Tunnel wieder im Lehrer Tal aufwärts. Mit Pädagogen hat dieser Landstrich nichts zu tun, das Tal hat seinen Namen von der Ortschaft Lehr.

Seit geraumer Zeit schnaufe ich wie ein Esel. Wenn Oliver möchte, dann könnte er mich versägen, wie ich es bräuchte, denn er hat noch mehr  Luft. Aber er kämpft auch. Gerade bei Gefällestücken eiert er herum, seine vorderen Oberschenkelmuskeln sind diese Belastung nicht gewöhnt. Dafür hänge ich an den Steigungen hinterher.

Es geht über den Standortübungsplatz. Eine Einheit biwakiert hier. Kein Schatten weit und breit. Gut, dass es noch relativ kühl ist. Aber die Läufer, die in zwei, drei Stunden hier laufen, tun mit leid. Denen wird die Sonne das Gehirn verbruzzeln und elenden Durst leiden lassen. An einer Stelle finden wir dann eine unbesetzte Wasserstelle. Selbstbedienung. Und wer mal muss, der kann. Ein Dixi steht auch da.

Dann verlassen wir den Übungsplatz mit gefälliger Tendenz. Eigentlich müsste schon Kilometer 90 kommen. Das dauert dann noch fünf Minuten, bis wir in Mähringen das gewünschte Schild sehen.

Letzte Kilometer auf der Ulmer Alb

Nur noch 10 Kilometer. Eigentlich ist das ein Klacks, ein Nichts. Nicht aber hier und heute. Wir rechnen und glauben, es geht vielleicht unter 11 Stunden. Aber die einzelnen Schilder sind immer weiter auseinander. Dass jetzt immer noch Hügel und Anstiege kommen, macht die Sache eigentlich nur schwieriger, unser Ziel zu realisieren. Und wenn es nicht reichen sollte, dann ist es auch egal. 100 Kilometer muss man erst mal finishen.

Dann an einem Sportplatz die letzte V-Stelle. Noch mal ein Getränk und sofort weiter. „Irgendwo müssen wir da ins Tal hinunter“, sage ich. Oliver schwant nichts Gutes. Dann geht es einen Hang auf Grasweg hinunter. Vor uns eine Walkerin. Braucht fast den ganzen Weg, denke ich. Schaue nicht hin und die Walkerin grüsst, als wir wortlos überholen. Die Petra Schmidtkonz ist es. Na, jetzt war ich nicht höflich. In meinen Tran hab ich Trottel den Gruß total vergessen.

Dann sind wir im Kiesental angelangt. Immer leicht fallend. Bis nochmals eine Steigung mit etwa 20 Höhenmetern kommt. Verdammt, das kann doch nicht wahr sein. Und. Wir müssen aufs Tempo drücken. Doch dann, als wir meistens die Kilometer in sechs Minuten schaffen, kristallisiert sich heraus, es reicht.

Es geht am Steinbruch vorbei. „Ich will das 99er Schild knipsen“, sage ich. Dann bockt die Kamera aufs erste Mal. Oliver wartet. „Sollen wir im Stadion sprinten“, fragt er. „Das tue ich mir nicht mehr an“, meine Antwort.

Dann, je näher wir dem Stadion kommen, desto mehr applaudieren die wenigen Zuschauer. Es geht auf die Tartanbahn. Noch 300 Meter. Wahrscheinlich die schönsten 300 Meter der letzten knapp elf Stunden. Gänsehaut. Und dann laufen wir Hand in Hand ins Ziel und verzögern noch, als wir den Moderator beobachten, wie er mit zwei gleichzeitig einlaufenden Sportlern nicht klarkommt. Und der verwechselt noch unsere Startnummern.

Impressionen aus dem Zielbereich

Olivers Empfangskomittee wartet bereits. Im Ziel gibt es dann die Belohnung: Medaille, Shirt und ein billiger Rausch. Ein kleines Radler geht sofort in die Birne.

Fazit:
Ein schöner Lauf. Defensiv beginnen, gut verpflegen und gut vorbereiten, dann dürfte einem Finish nichts entgegenstehen. Die Helfer sind motiviert, die Streckenmarkierung in der Nacht mit Liebe und im Detail angebracht. Alle fünf Kilometer ausgeschildert, sowie die letzten zehn Kilometer einzeln. 200 von 280 Läufern sind auf der vollen Distanz durchgekommen. Ob das gut ist, kann ich nicht beurteilen. Was ich aber unterschreiben würde: Ein Hunderter hat zwei Hälften. Die ersten 70 und die zweiten 30. Sagt schon alles.

Zweite Auflage: 02./03.07.2010.

E r g e b n i s l i s t e, 1 0 0 km Ei n z e l, Männer
1. MIKSCH DR. MED., Thomas TV Jahn Kempten 7:58:45
2. ARNOLD, Albert STW Kaufbeuren 8:00:41
3. HAUBER, Jürgen TEAM SPONSER SPORTFOOD 8:19:06
4. FRIESINGER, Armin LT Dietingen 8:32:28
5. STEIßLINGER, Ralf Reutlingen 8:41:17

52. LAUTNER, Anton marathon4you.de 10:50:08
53. SCHUBERTH, Oliver Team Bittel 10:50:09

E r g e b n i s l i s t e, 1 0 0 km Ei n z e l, Frauen
1. JUNGMANN, Dana RRMC Langenau 9:30:32
2. SCHUHAJ, Antje TV Jahn Kempten 9:38:01
3. SCHULZ, Monika Schwaben Team 10:18:57
4. SCHAIDER, Silke Melibokusjogger 11:02:27
5. BÄUERLEIN, Monika LT Karlsruhe 11:05:10

Bildgalerie von Bernie Manhard

 
 

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