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Laufberichte

Mehr Marathon als Trail

 

Heidelberg habe ich in guter Erinnerung. Vor etwa zehn Jahren besuchte ich zusammen mit Silke ein Formel1-Rennen auf dem Hockenheimring und so verschlug es uns nach Heidelberg, wo wir eine Übernachtungsmöglichkeit fanden. Dort hatten wir auch noch etwas Zeit, die Altstadt zu erkunden und die blieb bis jetzt im Gedächtnis.

Also fuhr ich zusammen mit Bernie, der sich die Gelegenheit einer Trail-Premiere natürlich auch nicht entgehen lassen wollte, nach Heidelberg. Nach ein paar Extrarunden durch die verwinkelte Altstadt hatten wir schließlich unser Hotel gefunden. Eine tolle Aussicht über die Stadt und auf das Heidelberger Schloss hatten wir offenbar gleich mit gebucht.

Relativ schnell hatten wir unsere Startunterlagen und nun Zeit, noch etwas zu unternehmen. Wir entschlossen uns, das Heidelberger Schloss zu besuchen und konnten so beim Aufstieg schon mal einen Eindruck von der Heidelberger Bergwelt gewinnen.

Das Heidelberger Schloss ist eine der berühmtesten Ruinen Deutschlands und das Wahrzeichen von Heidelberg. Bis zu seiner Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg war es die Residenz der Kurfürsten von der Pfalz. Nach den Zerstörungen durch die Soldaten Ludwigs XIV. 1689 und 1693 wurde das Heidelberger Schloss nur teilweise restauriert. Die Schlossruine aus rotem Neckartäler Sandstein erhebt sich 80 Meter über dem Talgrund am Nordhang des Königstuhls und dominiert von dort das Bild der Altstadt.

Der Ottheinrichsbau, einer der Palastbauten des Schlosses, gehört zu den bedeutendsten deutschen Bauwerken der Renaissance. Bernie und ich waren wirklich beeindruckt, von diesem tollen Bau und genossen auch noch kurz die Aussicht von dort oben. Zudem versuchten wir schon mal auszuloten, wie denn die Strecke am morgigen Tag ungefähr verlaufen könnte. Der Schlossgarten gehörte ja zur Strecke.

In der Heidelberger Altstadt reiht sich Kneipe an Kneipe. Da sollte sich für uns doch was Passendes finden. Aber wir  hatten nicht mit den rund 40.000 Heidelberger Studenten und den zahlenmäßig kaum unterlegenen Touristen, überwiegend japanischer Herkunft, gerechnet. Und blieb nur „Pizza Hut“.

Der Wetterbericht für Sonntag: Regen, Sturmböen und dazu der Hinweis, dass man Wälder möglichst meiden sollte. Spaßvögel … rund 80 Prozent des Trail Marathons verlaufen durch den Wald.

Allerdings war  am Morgen der Himmel blau und die Hoffnung, dass die Wetterfrösche sich geirrt haben könnten, keimte auf.

Pünktlich um neun Uhr standen Bernie und ich schließlich am Start. Es war etwas frisch, aber trockenes und daher ideales Laufwetter. Die ersten drei Kilometer verliefen flach durch die Heidelberger Altstadt, die wir am Tag zuvor ja schon erkundet hatten. Über die „Alte Brücke“, die mit etwa zweihundert Metern Länge den Neckar überspannt und zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt zählt, wurden wir in den östlichen Teil der Stadt geführt. Kurz liefen wir dann noch am Neckar entlang in westlicher Richtung.

Durch ein nettes Wohnviertel ging es nun steil nach oben in Richtung Philosophenweg. Dieser etwa zwei Kilometer lange Weg liegt direkt gegenüber dem Heidelberger  Schloss und bietet immer wieder tolle Ausblicke. Vorbei an der Bismarcksäule bei Kilometer 5 kämpften wir uns nun weiter den Michaelsberg nach oben. Ich fühlte mich an diesem Tag erstaunlich gut, was sich auch daran zeigte, dass ich Bernie nicht aus den Augen verlor.

Weitere zwei Kilometer später erreichten wir die nächste Sehenswürdigkeit auf unserer langen Tour. Die Thingstätte ist ein Freilichttheater aus der Zeit den Nationalsozialismus und wurde den antiken griechischen Theatern nachempfunden. Die 56 Zuschauerreihen bieten Platz für 20.000 Menschen. Die Stufen zwischen den Zuschauerreihen galt es nun zu erklimmen, denn wir wollten ja weiter und so ließen wir den Heiligenberg mit seiner Thingstätte auch bald hinter uns.

Auf den breiten Waldwegen konnte man auf den nächsten Kilometern bequem laufen und ich kam mit einigen anderen Läufern ins Gespräch. Lange begleitete ich Jörg und Anke aus Hamburg und wir tauschten unsere Lauferfahrungen aus. In unsere Gespräche vertieft, erreichten wir schließlich Kilometer 17 und den zweithöchsten Punkt der Strecke.

Der „Weiße Stein“ ist ein 548 Meter hoher Berg nördlich von Heidelberg. Der Odenwaldclub hatte dort 1906 einen etwa 20 Meter hohen Aussichtsturm errichtet, der auch heute noch bestiegen werden kann. Doch dafür war für uns heute keine Zeit. Auch den Fernmeldeturm, der mich kurz an den Blender in Kempten erinnerte, ließen wir links liegen. Die nächste Verpflegungsstation war somit auch erreicht und erst mal wichtiger.

Frisch gestärkt ging`s weiter und am Ende der Verpflegungsstation überlief ich die erste Kontrollmatte. Zwei Stunden und 13 Minuten war ich bis hierhin unterwegs und ich lag damit gut im Plan. In zwölf Kilometern sollte nämlich die nächste Kontrollmatte kommen und die war gleichzeitig auch ein Cut-Off. Viereinhalb Stunden hatte man bis dahin Zeit, das sollte sich für mich locker ausgehen.

Weiter verlief die Strecke wellig durch den Odenwald, bis es irgendwann merklich und dauerhaft bergab ging. Vorbei am Heidelberger Ortsteil Ziegelhausen ging es in Richtung Schlierbach und in Richtung Cut-Off. Mit etwa drei Stunden dreißig war ich deutlich davor und konnte meinen Weg fortsetzen. Dass die Cut-Off-Matte am Bahnhof von Schlierbach lag, war sicherlich kein Zufall. Wer das Zeitlimit nicht erreichte, konnte gleich mit dem Zug zurückfahren.

Nun mussten wir wieder Höhenmeter machen, lag doch mit dem Königsstuhl der höchste Punkt der Strecke noch vor uns. Langsam und stetig ging es nach oben, ich hatte etwas Zeit und begann zu rechnen. Das Ergebnis: Würde ich ab jetzt nur noch spazieren gehen, würde ich auch noch innerhalb des Zeitlimits von sieben Stunden bleiben. Ein beruhigendes Gefühl, aber ich wollte ja laufen.

Jörg und Anke hatte ich inzwischen verloren, Bernie war mir auch schon vor Kilometern enteilt, so dass ich nun wieder alleine unterwegs war. So ging es zügig voran und ich ließ auch die Kilometer 33 und 34 hinter mir. Schließlich lief ich mitten im Wald auf zwei Streckenposten zu, die vor einem Absperrband postiert waren. Weder links, noch rechts war jedoch ein Weg erkennbar. Eine Sackgasse war ja wohl kaum vorstellbar, aber wo ging`s hier bitte schön weiter? „Nach links bitte“, erklärte mir die nette Dame und ich wusste nun wo ich war. Die Himmelsleiter lag vor mir.

Schon im Vorfeld war dieser Streckenteil immer besonders als DAS Highlight des Laufes angepriesen worden. Spätestens hier würden wir die Heidelberger Romantik vergessen, hieß es. Auf dem mit Abstand härtesten Teil der Strecke sollte es über Naturstufen, Felskanten und Geröllsteine über 651 Stufen nach oben gehen, um schließlich die Bergstation der Heidelberger Bergbahn auf 567 Metern Höhe zu erreichen. Dass ich alleine für diesen Streckenabschnitt 24 Minuten brauchen würde, war mir zuvor nicht klar.

Immer wieder standen an diesem Streckenabschnitt Posten, die  aufmunternd auf uns einredeten. Nach gefühlt einer halben Ewigkeit war ich oben und genoss erst einmal die Aussicht. Danach ging ich zurück auf die Strecke und lief durch ein kurzes Schneefeld, das man als Gag am höchsten Punkt des Marathons aufgeschüttet hatte.

Ein Tourist, offensichtlich mit der Bergbahn nach oben gefahren, gab sich fachkundig: „Wahnsinn. Was ihr hier leistet, ist phänomenal. Meinen Respekt!“ Ich bedankte mich ordentlich und die Brust schwoll wieder etwas an. Der Schmerz von der Himmelsleiter war vergessen. Jetzt wollte ich den Königsstuhl schnellst möglich hinter mir lassen.

Es sollte nun bis ins Ziel ja fast nur noch bergab gehen. Auf der teils sehr steinigen Strecke war das Laufen nicht immer einfach, dennoch konnte ich noch ein paar Plätze gut machen. Ich schaute jedoch auch immer wieder auf die Uhr und rechnete. Unter sechs Stunden müssten drin sein und so nahm ich auch die kurzen Anstiege noch im Laufschritt.

Das letzte Highlight der Strecke lag nun vor mir. Zum ersten Mal führte eine Laufveranstaltung durch den Garten des Heidelberger Schlosses. Gut, dass ich das gestern mit Bernie schon besichtigt hatte, so brauchte ich hier keine Zeit mehr zu verlieren und ich gab Gas.

Als ich den Schlossgarten verließ, bekam der Wetterbericht doch noch recht, denn es begann zu regnen. Auf der letzten Gerade in der Altstadt gab dann der Himmel wirklich alles. Regen peitschte mir ins Gesicht und ich hatte hart zu kämpfen. Das hinderte mich nicht, unter sechs Stunden zu bleiben.

Auf dem Weg zurück zum Hotel traf ich noch kurz auf Jörg und Anke. Sie hatten den Lauf auch gut überstanden und man verabschiedete sich mit den besten Wünschen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Trail Marathon Heidelberg ein wirklich toller Marathon ist, der, bis auf die Himmelsleiter, auch nicht übermäßig anspruchsvoll ist. Er ist eher ein Landschaftsmarathon, der für einem Trail-Marathon zu viele befestigte oder asphaltiere Wege hat.

 

Einen weiteren Laufbericht mit vielen Bildern
gibt es auf Trailrunning.de

 

 

Siegerliste


Männer

1 Sturm, Marco (GER) Team Scott 03:01:15
2 Hegmann, Tobias (GER) TSG Kleinostheim 03:05:16
3 Biehl, Marcus (GER) LG Lage-Detmold 03:06:28

Frauen

1 Grüber, Almuth (GER) Engelhorn Sports Team 03:34:08
2 Mitkina, Tatiana (RUS) Die Wuerfels 03:46:23
3 Raatz, Simone (GER) LG Region Karlsruhe 03:55:30


785 Finisher

 

Informationen: Trail Marathon Heidelberg
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