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Laufberichte

Höhenflug

20.03.11

Für die chronischen Läufer ist das ganze Jahr über Wettkampfsaison. Wenn der Terminkalender in der kalten Jahreszeit ausgedünnt ist, kommt die Selbsthilfe zu tragen. Da und dort gehen Einladungsanlässe über die Bühne, die im Zeitalter der sozialen Netzwerke keine Einsiedlerveranstaltungen bleiben. Trotzdem habe ich Entzugserscheinungen, deshalb ist das, was sich ab März abzeichnet, ein Silberstreifen am Horizont.

Ohne allzu weit fahren und mich auf einen einzigen Termin beschränken zu müssen, bieten sich wieder mehr und mehr Veranstaltungen zum Aufrechterhaltung der Laufkadenz an. Es ist in jeder Beziehung höchste Zeit, dass ich wieder an den Start gehe. Was den monatlichen Marathonschnitt der letzten beiden Jahre betrifft, so liege ich in diesem Jahr schwer im Hintertreffen. Da werde ich noch den einen oder anderen Doppeldecker einbauen müssen…

 Der heutige Lauf beginnt mit einem Arztbesuch Anfang März. Damit ich in Frankreich starten darf, muss ich mir wieder ein Gesundheitszeugnis ausstellen lassen. Die Veränderung der Silhouette im Bauchbereich wird nur als optischer Mangel erkannt,  nicht aber als gesundheitliche Gefährdung. Auch das frühe Aufstehen an diesem Sonntag wird keine bleibenden Schäden hinterlassen – und wenn der Anlass dazu dergestalt ist, ist es dem Wohlbefinden nur zuträglich.

 

Bis zum Start

 

60 Kilometer von Basel entfernt in Richtung Colmar verlasse ich die N68 und folge der Ausschilderung zu den Parkplätzen. Die Beschreibung auf der Website lässt auch den Teilnehmer ohne Navigationsgerät den Weg mühelos finden.
Unweit der kleinen Sporthalle mit Dusche und Garderobe kann ich das Auto stehen lassen, beim alten Rathaus meine Startunterlagen abholen und  gleich noch einen Kaffee trinken.  Gleich nebenan dürfen alle Startenden noch eine Flasche Crémant abholen, mit welchem sich später der erfolgreiche Finish begießen lässt.

Der Start erfolgt auf einer Quartierstraße bei der kleinen Grünanlage, in welcher in einem alten Steinbogen bereits das Zielbanner hängt. Die Zeit, bis sich die weit über 500 Teilnehmer in Bewegung setzen, vergeht im wie üblich im Nu. Je länger man sich in der Laufszene bewegt, umso mehr Leute gibt es jeweils zu grüßen.

 

Rouffach bis Osenbach (km 11)

 

Nach kurzer Strecke verlassen wir die Straße und sind schon  auf der Art von Untergrund, die dem Namen des Anlasses seinen Namen gibt: Trail.  Dieser hier führt durch die Weinberge in westliche Richtung zum Dorf Westhalten. Hier kommt die erste knackige Steigung, an welcher es einen Stau gibt, denn der erste Singletrail beginnt schon hier.

Über einen Geländekamm geht es mit leichter Steigung nordwärts, wobei  wir links den Kulminationspunkt, den Petit Ballon im Blick haben. Schon bei der Hinfahrt war der Blick auf die verschneite Kuppe berauschend und ich freue mich darauf, dort oben anzukommen.  Der höchste Punkt der Strecke markiert auch ziemlich genau die Streckenhälfte dieses 46.8 km langen Kurses. Logischerweise kommen so auch etliche Höhenmeter zusammen: 2148 sind in der Ausschreibung angegeben.  Ich bin gespannt, was ich heute kennenlernen werde, das ist das Interessante, wen man Neuland betritt.

Solches betreten wir nach fünfeinhalb Kilometer wörtlich. Am Ort mit dieser Flurbezeichnung werden wir nochmals vorbeikommen und dann noch drei Kilometer vor uns haben. Jetzt geht es aber zuerst in östlicher Richtung durch die Weinberge. Ein Zehntel der Höhenmeter ist bereits geschafft, die anderen liegen vor uns, die meisten davon im Wald. In diesen hinein werden wir von drei Jagdhornbläsern verabschiedet.

Wenig später steht die erste Verpflegungsstelle mit Wasser, Tee, Iso und einem bereits großen Angebot an Knabbereien an einem Ort namens „Notre-Dame du Hubel“.  Hubel steht im Elsass sicher – wie ich es aus der Schweizer Mundart kenne – für Hügel. Für die Mutter Gottes ist an dieser Stelle keine Kapelle errichtet worden. An einem Baum ist ein kleiner Holzschrein angebracht, so unscheinbar, dass man ihn übersehen kann. So erging es wohl auch dem Lauffreund, der just bei diesem Baum kurz austritt, genau in dem Moment, in welchem ich mich zum Fotografieren der kleinen Statue nähern will. Ich bin nicht in Eile und warte ab, bis ich – ohne kompromittierendes Fotomaterial zu sammeln – meinem Reporterauftrag nachkommen kann.

Durch den noch kahlen und deshalb sonnendurchfluteten Wald geht es vorläufig ziemlich eben weiter, bis nach etwa zwei Kilometern der Abstieg nach Osenbach beginnt. Auf diesem schmaleren, herrlich weichen Wegstück im Forst von Westhalten dringt von hinten ein Knattern an mein Ohr. Kurz nach dem Motorrad prescht der Führende des später gestarteten Circuits über 24 Km an mir vorbei und einer nach dem andern auf seinen Fersen.

Im Dorf Osenbach gönnen sich diese Sportler kaum eine so ausgiebige Pause am wiederum bestens ausgestatteten Verpflegungsposten, wie ich das mache.

Das Dorf mit seinem markanten, dreistöckigen romanischen Kirchturm gehört zur Interessensgemeinschaft der Kommunen „de la Vallée Noble“. In alten Schriften wurde das Tal „Vallis praenobilis“ genannt, „höchst nobles Tal“. Zu verdanken hatte es diese Bezeichnung der besonderen Lage mit seinem meridionalen Mikroklima.

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Informationen: Trail du Petit Ballon
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