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Laufberichte

Wir bleiben hier!

 

Diese Entscheidung trafen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts viele Lipper, besonders die aus Lage. Die damals junge Stadt war landwirtschaftlich geprägt und konnte seine Einwohner kaum ernähren. Deshalb verdienten viele Männer ihr Geld als Ziegler. Da es vor Ort auch nicht genug Arbeit gab, gingen viele im Sommer in die Fremde. Es war die einzige Alternative zur Auswanderung und wurde viel genutzt. Es bedeutete aber auch, dass das Familienleben schwierig zu gestalten war, weil die Ehemänner und Söhne im Sommer viel und weit unterwegs waren.

Vielleicht ist das der Grund, dass man heute im Kreis Lippe als Marathoni nicht viel reisen muss. Es gibt gleich drei etablierte Marathonveranstungen. Zwei davon, Bad Salzuflen und Humfeld, kenne ich schon. Da wird es Zeit, meine Lipperlandtrilogie zu komplettieren.

Der Teutoburger Wald Marathon ist dabei der jüngste Sproß. Er wird heuer allerdings auch schon zum 12. Mal ausgetragen. Früher fand er am Muttertag statt, seit diesem Jahr einen Tag früher. So habe ich am Samstag die Gelegenheit, meinem Laufhobby zu fröhnen und am Sonntag Zeit für die Familie. Der Start wurde von morgens 9.00 Uhr auf 12.30 Uhr verlegt, so daß ich sogar ausgeruht anreisen kann. Die kurze Fahrzeit von etwa 50 Minuten tut ihr Übriges. Als ich ankomme ist es kurz vor 12. Die Startunterlagen sollen bis zum Glockenschlag am Mittag abgeholt sein, doch in familiärer Atmosphäre nimmt man dies nicht so genau. Bei insgesamt 48 Voranmeldern für den Marathon ist das Feld ja auch überschaubar. Selbst die prozentual hohe Nachmelderzahl ist locker zu bewältigen. Die Startnummernausgabe läuft zügig und unproblematisch.

 

 

Vor dem Vereinsheim treffe ich einige Bekannte. Der Lauf ist anscheinend etwas für Marathonsammler. Umgehend bin ich an zahlreichen Gesprächen beteiligt und die Wartezeit vergeht schnell. Nur den Start nicht verpassen. Aber alle passen auf und gemeinsam begeben wir uns rechtzeitig zum Start vor dem Stadion. Wir werden darüber aufgeklärt, daß die Strecke ausschließlich durch rote Pfeile markiert ist. Sägespäne oder ähnliches zählen nicht. Rotweißes Absperrband wird als Startlinie genutzt, einfach und unkompliziert. Ungeduldig wartet die Läuferschar auf den Startschuß, der sich schließlich mit einem Countdown ankündigt.

Schnell habe ich den Start bildlich dokumentiert, da ist das Feld auch schon an mir vorbei. Außer HaWe sind die übrigen Bekannten schnell davon gezogen. Mich zwickt es seit einer Tempoeinheit vor einer Woche im linken Schienbein, weshalb ich den heutigen Lauf gemeinsam mit HaWe vorsichtiger angehe. Die schwüle Luft mahnt zudem, die Strecke nicht zu schnell anzugehen. Dabei hilft, daß bereits auf den ersten Metern einige der 500 zu bewältigenden Höhenmeter auf uns warten. Die hohen Bäume rechts und links bieten reichlich Schatten.

 

 

Fröhlich plaudernd folgen wir auf und ab den Wanderwegen durch den Teuto. Bei KM 5 wird frühzeitig die erste Verpflegungsstation angezeigt. Sie befindet sich am Knotenpunkt der zweimal zu durchlaufenden Halbmarathonstrecke, so daß wir hier insgesammt 6 Mal vorbei laufen werden. Die frühsommerlich warme Temperatur läßt mich schon jetzt zu Tee und Wasser greifen. Dann folgen wir erst einmal der Strecke nach rechts. Nach wenigen Metern führt bereits der nächste Abzweig erneut nach rechts, den ich nach 9 Kilometern von der anderen Seite wieder erreichen werde. Dazwischen erwartet mich ein trailiger Pfad. Anschließend geht es vorbei am archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen. Wenn ich Zeit hätte, könnte ich mir heute dort zeigen lassen, wie die Germanen lebten. Außer einem Blick auf die reetgedeckten Hütten gönne ich mir nichts. Abwechslungsreich geht es weiter, die Streckenführung hält einen Weitblick über die Senne für mich parat. Der Himmel ist strahlend blau, die Bäume in frischem Grün.

Gleich habe ich die Verpflegungsstelle erneut erreicht. Frisch gestärkt laufe ich die nächsten Kilometer bergab nach Oerlinghausen. Die ersten Läuferinnen und Läufer kommen mir auf dem breiten Schotterweg bereits entgegen. Sie haben einen Vorsprung von etwa 4 Kilometern herausgelaufen.

 

 

Ich lasse mich davon nicht beeindrucken und bleibe in meinem Tempo. Rechts liegt der Flugplatz von Oerlinghausen. Einige der hier geparkten Segelflugzeuge konnte ich heute schon am Himmel erspähen. Spricht nicht gerade für die angesagten Gewitter. Links folgt die zentrale Unterbringungseinrichtung Oerlinghausen. Sie erinnert mich daran, wie glücklich wir uns schätzen können, in einem sicheren Land zu leben. Kurz darauf liegen bereits 12 KM hinter mir. Hier verlasse ich die asphaltierten Straßen, denen ich die letzten 1,5 Kilometer gefolgt bin.

HaWe und ich schließen zu Ronja auf. Wir erfahren, daß sie heute ihren ersten Marathon läuft. Die Strecke durch die ostwestfälische Natur hat es ihr angetan. Dabei hat sie vielleicht das anspruchsvolle Profil etwas unterschätzt. Und jetzt führt die Strecke schon wieder bergauf, nach KM 14,5 auf dem breiten Schotterweg zurück zur Verpflegungsstation. Ronja schafft es, dran zu bleiben. Das nötigt uns Respekt ab und wir laufen die nächsten Kilometer gemeinsam. HaWe und ich erzählen von unseren zahlreichen Laufabenteuern und hoffen, die Novizin damit nicht zu verschrecken, sondern zu motivieren.

 

 

Bei KM 15,5 halten uns rechts, von links sind wir hraufgekommen. Der Himmel, der sich seit einigen Minuten verdunkelt hat, öffnet seine Schleusen. Es donnert und dicke Tropfen fallen zu Boden. Was kommt da jetzt noch auf uns zu? Nicht viel, denn plötzlich wie er begann, endet der Regen wieder und die Sonne scheint. Die drückende Schwüle ist weg. Von hinten werden wir überholt, die 10 Kilometerläufer fliegen locker vorbei. Ihr Tempo animiert uns nicht, schneller zu werden. Wir verbleiben im Schonmodus und genießen weiter unsere Unterhaltung. Die restlichen Kilometer der ersten Runde führen fast ausschließlich bergab. HaWe deutet an, daß für ihn der Lauf heute damit endet. Eine gerade überstanden Rachenentzündung lässt ein Marathon-Finish nicht zu. Gut, wenn man auf seinen Körper hört und den Mumm hat, einen Lauf auch einmal abzubrechen. HaWe erzählt uns die Story vom Berliner Mauerweglauf, wo er eine verletzte Kameradin in Krankenhaus begleitete und später den Lauf fortsetzte.  Ein eindrucksvolles  Beispiel von Hilfsbereitschaft, die leider nicht selbstverständlich ist.

Nach der notwendigen Erfrischung nehme ich mir vor, auch etwas Gutes zu tun und beschließe, Sonja auf der zweiten Runde zu begleiten, damit sie sicher im Ziel ankommt. Schwierig genug ist es heute sowieso. Auch für mich, denn das linke Schienbein zwickt weiter. Die Meter bergauf werden deshalb konsequent gegangen. Bergab wird gelaufen, wenn es die Beine denn zulassen. So bleibt mehr Zeit, die Strecke zu genießen. Bei KM 25 erkenne ich ein Teilstück des Hermannsweges wieder. Vor zwei Wochen waren hier noch über 15.000 Beine unterwegs. Auch wenn an dieser Stelle bereits 14 Kilometer vom Hermannsdenkmal zur Sparrenburg bewältigt sind, ist dann an ein Überholen immer noch nicht zu denken. Dieses „Problem“  haben wir heute nicht.

Kurz darauf zweigt der Hermannsweg nach rechts zum Tönsberg ab. Beim Hermannslauf nach 15 Kilometern mit seiner anspruchsvollen Steigung immer ein Knackpunkt. Sicher hätten wir heute von dort eine schöne Aussicht, ich bin aber trotzdem froh, daß wir links abbiegen. Denn hier geht es leicht bergab zur Verpflegungsstelle, an der 26 Kilometer hinter uns liegen. Wir genießen das folgende Trailstück und die Aussicht auf die Senne. Die traumhafte Kulisse am Fuße des Teutoburger Waldes wird von einem Brautpaar genutzt, um den schönsten Tag ihres Lebens bildlich festzuhalten.

KM 30 ist erreicht, an der Verpflegungsstation geht es ein letztes Mal hinab nach Oerlinghausen. Weitere Segelflieger tauchen am Himmel auf. Wie gerne würde ich jetzt mit durch die Luft schweben. Stattdessen bewege ich mich in schleppendem Laufstil vorwärts. Ronja halten ab und zu Krämpfe auf. Kein Wunder, denn weiter als jetzt ist sie bisher nicht gelaufen. Der Mann mit dem Hammer holt weit aus. Nur erwischen tut er sie nicht. Unbeeindruckt erreichen wir bei KM 36 ein letztes Mal die Verpflegungsstation. Es geht dem Ende zu, zahlreiche Richtungspfeile sind bereits eingesammelt. Danke an die Helfer, die  so lange für uns ausgehalten haben.

 

 

Aufgeschlossen haben wir hier zu Markus, mit dem wir die finalen Kilometer bewältigen. Er bereichert nicht nur unsere Unterhaltung, sondern hält für Ronja auch Salztabletten parat. Es hilft gegen ihre Krämpfe. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass wir das ausgeschriebene Zeitlimit nicht einhalten können. Das stört uns wenig, denn die Marathonstrecke gesund zu beenden, ist unser Ziel. Auch nach 5:34 Stunden werden wir freundlich empfangen und kommen noch in die Wertung. Sonja ist glücklich und wir dürfen dieses Glück mit ihr teilen. Gemeinsam genießen wir noch einige Minuten die schöne Atmosphäre.

Damit endet für mich ein eindrucksvoller und unheimlich schöner Marathon. Danke für diese Bereicherung des Laufkalenders und viel Erfolg für die nächsten Auflagen.

 

 

Ergebnisse:
Männer:

1. Robert Wilms, 3:12:48
2. Peter Schaffrinski, 3:22:19
3. Danny Sternkopf, 3:25:27
 

Frauen:

1. Silja Rohlfing, 3:41:39
2. Kerstin Hötte, 3:44:29
3. Sandra Schunke-Bleiß, 3:47:14

 

Streckenbeschreibung:

Kurs über zwei Runden.

Weitere Veranstaltungen:

Bambinilauf 400m, 1,2, 5,7, 10 Kilometer und Halbmarathon sowie 10 Kilometer und Halbmarathon Walking und Nordic-Walking

Startgeld:
Marathon: 20,00 €

Auszeichnungen:
Urkunde im Ziel oder im Internet

Verpflegung:
Verpflegungspunkte an der Strecke und Verpflegung im Ziel. Gereicht werden Tee Wasser und Cola, dazu Bananen, Schokolade und Müsliriegel.

Zuschauer:
Kaum, dafür bestens aufgelegte Helfer an den Verpflegungsstellen und der Strecke.

 

 

Informationen: Teutoburger-Wald-Marathon
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