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Laufberichte

Schweizer Sahnestück

 

Vor dem nächsten Anstiegs wird wieder Musik gemacht. Es geht nun etwas länger hinauf und auf halber Strecke verteilen Zuschauer Orangenschnitze, Bananenstücke und viel Applaus. Oben hat der Sponsor, wie bei einer Bergankunft, Fahnen und ein Marathontor aufgebaut. Dahinter liegt die zweite VP. Wir haben mittlerweile bereits 8 extrem kurzweilige Kilometer hinter uns.

Es geht nun hinunter nach Kastanienbaum. Der Ortsname geht auf das große Kastanienvorkommen auf der Luzerner Halbinsel zurück. Diese Frucht war in früherer Zeit ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Während der „kleinen Eiszeit“, um 1700, starben die meisten Bäume ab und wurden auch später nicht wieder ersetzt. Heute findet man nur noch vereinzelt kleinere Bestände.

Wir laufen jetzt auf der Seestraße direkt am See entlang. In Deutschland gäbe es hier sicher ein Geländer, um den See abzusperren. Hier stehen alle paar Meter Streckenposten. Hinter km 9 ist eine Gruppe am Feiern. Mit gefüllten Gläsern stehen sie Spalier und prosten den vorbeikommenden Läufern zu. Dicht am See geht es weiter. Hier gab es im Mai, nach langanhaltenden starken Regenfällen, einen verheerenden Erdrutsch. 250 m³ Geröll und Steine haben die Straße auf 50 m Länge verschüttet. Mittlerweile ist die Strecke für Radler und Fußgänger wieder geöffnet. Es wird versucht, mit Betonelementen den Hang provisorisch abzustützen. Die fällige Sanierung kann noch dauern, weil hier erst noch der Bund zustimmen muss.

Bei km 10 teilen Helfer Wasser aus. Obwohl es mit Temperaturen um die 12 ° nicht wirklich warm ist, wird das von den Läufern dankbar aufgenommen. In Horw ist einiges geboten. Das ganze Dorf scheint auf den Beinen zu sein und gleich zwei Marathontore stehen auf der Hauptstraße. Die Außengastronomie platzt aus allen Nähten und jeder feuert die Läufer an. Livemusik rundet das Bild ab.

Obwohl der Untergrund sumpfig ist, belegen steinzeitliche Funde, dass hier schon lange Menschen gelebt haben. Die meisten Häuser im Zentrum sind auf Pfählen gebaut. Es gibt einen kleinen älteren Dorfkern, aber das eigentliche Leben spielt sich entlang der Straße ab. Zusätzlich ist man dabei, in Bahnhofsnähe einen neuen Ortsteil mit bezahlbaren Wohnungen zu schaffen, wo auch bewusst Firmen, Geschäfte und Gastronomie angesiedelt werden sollen. Die einmalige Lage am See mit der Nähe zur Großstadt Luzern bietet hier einen attraktiven Wachstumsmarkt.

Wir stärken uns an der VP und ich koste die mit weißer Schokolade überzogenen Riegel. Lecker! Es geht jetzt durch eine Schrebergartenkolonie des Familiengärtnervereins Luzern. Der Weg ist festlich mit Blumen geschmückt. Die Gärtner feuern uns an. Anschließend folgt ein Stück an den Bahngleisen entlang. Bei km 14 biegen wir in ein Wäldchen ein, aus dem wir, mit Blick auf die Luzerner Messehallen, an der VP wieder ausgespuckt werden.

Auf Luzerner Vorortstraßen werden wir mit Musik und viel Publikum begleitet. An der VP bei km 16 kommen plötzlich von hinten Fahrräder und bitten die Läufer, sich rechts zu halten. Das folgende Auto mit großer Digitaluhr kündigt den führenden Marathonläufer an. Die Uhr zeigt 2:09. Mit langen Schritten und hochkonzentriert flitzt Fabian Kuert an mir vorbei. Der zweite, Stephan Wenk, schenkt mir sogar ein kleines Lächeln, als er kurze Zeit später angerauscht kommt. Gerade biegen wir auf einen schmalen Radweg ein und dann ein Stück zwischen Industriegebäuden hindurch. Es geht links durch das langgezogene Gebäude der SUVA, der Schweizer Unfallversicherungsgesellschaft. Nochmal links und wir befinden uns auf der Werftstraße.

Diese Straße ist jetzt in der Mitte geteilt. Auf der anderen Spur kommen nun die schnelleren Läufer entgegen,  die die Wende bei km 21 bereits hinter sich haben und sich nun auf der zweiten Runde befinden. Am KKL biegt unser Weg unverhofft scharf links in einen abgesperrten Bereich. Pfeile weisen uns direkt in das Gebäude hinein. Drinnen ist es fast völlig dunkel. Bunte Lichter, Nebelschwaden und laute Musik erinnern an eine Diskothek. Die Zuschauer hinter den Absperrgittern veranstalten dabei einen Höllenlärm. Wer hier emotionslos durchläuft, ist selber schuld. Vom Spalier der Chearleader werden wir nach draußen geleitet. Dort warten noch mehr Zuschauer und noch mehr Applaus. Kurz geht es an den uns wieder entgegenkommenden schnelleren Läufern am Bahnhof vorbei, dann trennt sich erneut die Strecke. Wir lassen die Seebrücke rechts liegen und laufen geradeaus Richtung Altstadt. Die Kapellbrücke mit dem markanten achteckigen Wasserturm liegt jetzt direkt vor uns. Der Turm ist vom Grund ab 34,5 m hoch und diente lange Jahre als Gefängnis. Heute ist er sicher das am meisten fotografierte Gebäude der Stadt.

Hinter dem Rathaussteg auf der gegenüberliegenden Seite der Reuss dominiert die Fassade des Rathauses aus der Renaissance. Zum italienischen Flair der Außenmauern harmoniert ausgezeichnet das ausladende Schweizerische Walmdach, das in seinen Arkaden auch heute noch den Wochenmarkt und eine urige Brauerei beherbergt. Überragt wird das Gebäude vom Turm mit Uhr und alter Turmlaterne, der früher als Wachtturm diente.

Nahezu unbemerkt erreichen wir die Jesuitenkirche. Vielleicht liegt es an der Perspektive, dass ich sie nicht gleich erkenne. Ihre barocke Fassade mit den aufwendig gestalteten Türmen liegt zur Reuss hin, aber wir kommen von der Seite. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sie im Moment von einem Gerüst umgeben ist. Schade eigentlich, denn sie ist eine der ältesten barocken Kirchen der Schweiz.

Direkt an die Kirche grenzt der „Rittersche Palast“, der als Wohnungen für Jesuiten gebaut wurde. Seit 1804 ist er zum Regierungsgebäude umfunktioniert und nun Sitz der Kantonsbehörden. In der nächsten Kurve stehen Zuschauer, die uns mit Applaus auf den vor uns liegenden Reusssteg geleiten. Dieser ist mit einem roten Teppich ausgelegt, den das Schweizer Wappen, das weiße Kreuz, ziert. Die rot-weißen Luftballonkaskaden und das rechts von der Brücke liegende ebenfalls in rot-weiß gehaltene Gebäude des Modehauses Schild passen richtig gut zusammen. Auch hier hat Alphafoto einen ihrer zahlreichen Fotografen postiert, der so manchen Läufer zu einem Luftsprung veranlasst.

In der schmalen Gasse der Altstadt reihen sich die Schaufenster der Nobelmarken aneinander. Wir laufen zwischen den schönen alten Häusern parallel zur Reuss richtungsmäßig wieder zurück. Der Weinmarkt, das frühere Stadtzentrum, ist mit Blumen geschmückt. Für die Läufer wurde ein Weg abgesperrt. Früher war auf diesem Platz der Fischmarkt, bis Mitte des 16. Jahrhunderts die Markthalle abgerissen wurde. Das auffällig buntbemalte Haus aus dem Jahre 1530 war damals die Apotheke. Der Brunnen davor stammt aus dem Jahr 1481, ist aber eine Kopie. Das Original kann im Historischen Museum der Stadt besichtigt werden.

Ein paar Meter später erreichen wir den Kornmarkt. Hier dominiert der gewaltige Uhrturm des Rathauses den Platz. Wir sehen das Rathaus von hinten. Die alte Kornschütte unter dem Rathausdach ist heute Konzert- und Ausstellungsraum. Jetzt kommt noch der Kapellplatz mit der gotischen Kapellkirche oder auch Peterskirche. Sie ist die älteste Kirche von Luzern. Wir laufen an dem großen Relief vorbei, das Jesus am Ölberg zeigt. Von dieser Kirche hier hat die schon mehrfach erwähnte Kapellbrücke ihren Namen.

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