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Laufberichte

Stockholm Marathon

03.06.06

Marathon einfach gemacht. Oder: Laufen mit Sabine!

 

Eigentlich sollte Sabine einen Laufbericht zu diesem grandiosen Event schreiben. Da sie aber noch für ein anderes Magazin schreiben wird, habe ich es, sozusagen als "Anfänger",  gerne übernommen, diesen Bericht zu schreiben.

 

Seit ich Sabine (in Läuferkreisen auch als "Prinzessin" bekannt) kenne, fasziniert mich Ihre Einstellung zum Marathon-Training, aber insbesondere auch zum Marathon-Laufen: "Hinfahrn - Laufen - Heimfahrn". Zwischendurch natürlich: Leute treffen, Gegend anschauen, Spaß haben! Alles immer im Rahmen des Möglichen. Diese Einstellung habe ich übernommen und verinnerlicht.

 

Sehr spät hatten wir uns entschieden, den diesjährigen Marathon in Stockholm mitzulaufen. Es sollte unser zweiter gemeinsamer Marathon werden. Auch in Luxembourg waren wir zusammen am Start, ich bin dort allerdings nur den „Halben“ gelaufen. Vorher sind wir schon einmal gemeinsam über die 42,195 km-Distanz gelaufen. Aber eine Woche vor Stockholm wäre mir das zu viel geworden - ganz bestimmt! Nicht so für Sabine. Sie absolvierte nach Pisa (101.) und Luxembourg (102.) in Stockholm ihren 103. Marathon! Für mich unglaublich - würde ich sie nicht kennen!

 

Nach der Anreise per Flieger am Freitag (2.6.06) in Schweden erst mal etwas Shoppen, gut Essen und das "Starter-Kit" abholen - alles bei phantastischem Wetter, Sonne, blauem Himmel mit ein paar weißen Wölkchen, bei ca. 20 Grad. Deutschland fror zu dieser Zeit erbärmlich...

 

Nachmittags Pasta-Party beim Sportplatz Östermalms IP, in unmittelbarer Nähe des Olympia-Stadions von Stockholm, dort wo der Zieleinlauf stattfinden sollte. Auf dem Gelände des Eisstadions auch eine (überschaubare) Marathon-Messe. Wenngleich nicht mit den Ausmaßen wie z. B. in Hamburg, doch konnte jeder genau das finden, was er vielleicht noch für den  Start (oder später) benötigte.

 

Bereits hier fiel die absolut gute Organisation, bei total gelassener Atmosphäre auf. Das übertrug sich auf die Läufer und Besucher. Wir waren schon relaxed! Abends noch ein kurzer Besuch auf dem Stadtfest in der Altstadt von Stockholm, eine Flasche guten Rotwein (importiert, bei den Preisen!) eigentlich hätten wir auch durchfeiern können. Aber wir wollten ja an diesem großen Lauf-Fest teilnehmen. Was wir dann auch am nächsten Tag gemacht haben.

 

"Es soll ja Marathon-Läufer geben, die frühstücken Rühreier mit Schinken am Wettkampftag...", so rezitierte Sabine, als ich mich mit (u. a. Rührei) voll beladenem Frühstücksteller morgens zu ihr gesellte. Was soll's? Ich hasse Müsli und Obst am frühen Morgen.

 

Nun denn, derart gut "präpariert" ließen wir es angehen. Der Parkplatz direkt am Olympia-Stadion hatte nur Vorteile. Keine Abgabe des Kleiderbeutels, entspannt U2 und Barry White hören, bis es dann kurz vor 14:00h Zeit wurde, den uns zugewiesenen Startblock aufzusuchen. Schon hier wurde es lustig. Bedingt durch unseren günstigen Parkplatz gingen wir, ganz entspannt, in dem von vielen, vielen erwartungsvollen Zuschauern umsäumten Startkanal über etliche hundert Meter dem Top-Starter-Block entgegen, um uns dann weit dahinter einzureihen.

 

Erneuter Check der Schnürsenkel an meinen Schuhen, 14:00 h: Start zum 28. Stockholm Marathon! Riesen Jubel überall, ... schau'n mer mal!

 

Die ersten 6 km führten durchs Grüne, an einem kleinen Gewerbegebiet vorbei, bis wir dann in eine der grünen Lungen der Stadt, die Wälder des königlichen Parks "Djurgarden" einliefen. Wahrlich königlich, ja zauberhaft diese Landschaft, bei strahlendem Sonnenschein. Nach ca. 7,5 km erreichten wir dann zum ersten Mal das Wasser. Die sehr, sehr reizvolle Strecke führte im Wesentlichen in 2 Runden durch die  traumhafte Innenstadt von Stockholm, durch Parks und herrliche Straßen dieser Stadt. Vorbei am königlichen Schloß, durch Gamla stan, Stockholms Altstadt. Über einige Brücken gab's dann bei ca. km 11 den ersten steileren "Anstieg". In der ersten Runde für mich noch kein Problem. Ab km 15 bis ca. 17,5 stieg die Strecke leicht, aber stetig an. Auch (noch) kein Problem. Für Sabine ohnehin nicht!

 

"Wo ist Sabine?" Das sollte für mich im weiteren Verlauf des Rennens zur Schlüsselfrage werden! Bei km 5: erste Flüssigkeitszufuhr. An jedem, der dicht gestaffelten Getränkestände reichten unendlich viele freundliche Helfer Wasser und die anderen einschlägig bekannten Getränke (wie heißt das süße Zeug nochmal?). Ich hab's jedenfalls getrunken, ganz regelmäßig. Alles so, wie Sabine es vormachte. Auch die Bananen... , später! Nur Sabine nicht verlieren, dann kann nichts schief gehen!

 

Auf der großen Valhallavägen dann die Markierung der Halb-Marathonstrecke. Geschafft, dazu ohne Probleme! Es ging in die zweite Runde...

 

Atmung normal, rechte Knie okay, linker Oberschenkel hinten: etwas ziehen, aber es läuft! Dann, mehr und mehr, so ab km 26, schmerzt mir der Fuß im Bereich der Schnürung. Erst der linke, dann der rechte! Logisch! 

 

Schnürsenkel sind viel zu fest gezogen. Sabine stoppt mich, ich habe Probleme, mich zu bücken. Sie bindet mir beide Schuhe neu - ganz locker! Und, siehe da, der Schmerz geht weg, es läuft wieder!

 

Bis km 32! Jetzt geht es wieder über die ewig lange Västerbron-Brücke, die über den Längholmen (Insel) führt. Ich glaub,  ich kann nicht mehr! Die (im wahrsten Sinne des Wortes) atemberaubende Aussicht auf Stockholm kann ich diesmal gar nicht genießen... Sabine bleibt mit mir stehen, etwas Verschnaufen, Weiterlaufen... Sie muntert mich auf. Am Ende der Brücke, in der Kurve, schallt uns Gloria Gaynor entgegen. "I will survive" Omen est nomen, hoffe ich! Ich will das schaffen! Sabine wird es ohnehin tun.

 

Am Stadthaus vorbei, laufen wir bei ca. km 37 wieder etwas westlich, weg vom Stadion. Das darf doch nicht wahr sein! Dann geht's aber wieder in nord-östlicher Richtung dem Ziel entgegen. Nur, in meinem Kopf hat sich so was von 41,noch was (?) km festgesetzt. Erste Ausfallerscheinungen? Bei km 40 kommt von Sabine ein trockenes "Deux"! Was meint sie?? Ist doch nur noch einer...!?

 

KM 41!: "Wo ist denn das verdammte Stadion"? "Wieso, es ist doch noch 1 km!"


"Das kann doch nicht wahr sein! Ich bleib stehen!" Sabine läßt mir keine Chance, kurze Gehpause mit mir, sie bleibt an meiner Seite. Unaufdringlich, aber konsequent. Gott sei Dank! Dann, die letzten 1000 Meter!

 

Mir fehlen die Worte, eine Biegung, Einlauf ins Olympia-Stadion. Gut besetzt. Das registriere ich noch. Und den Applaus! Ich kann nichts sagen...


Das Ziel, wir laufen mit erhobenen Armen Hand in Hand über die Ziellinie! Geschafft!

 

Welch' ein Erlebnis! Ich bin sprachlos, erschöpft und dankbar! Die Medaille gibt's beim Rausgehen, das Finisher-Shirt und die Verpflegung danach. Die Profis kennen das ja.

 

"Sabine, wo bist Du?" Neben mir. "DANKE, SABINE!" und: Beten hilft..! Und noch was: Es soll ja auch Marathon-Läufer geben, die frühstücken Eier und Speck! Die Zeit spielte keine Rolle. Wer's dennoch wissen will, muß nachschauen(unter 04:45h)!

 

Ein ausdrückliches Lob noch an die Organisatoren! Das Ganze war ein perfektes Meeting, besser: Happening, und bestens organisiert! Angefangen von der Startnummernausgabe, der Verwahrung der Kleiderbeutel (die wir nicht in Anspruch nahmen), die Versorgung unterwegs mit Getränken und Essen, die Wasserduschen, die ich eigentlich hasse, aber doch am Ende genutzt habe. Phantastisch auch die Helfer an der Strecke, alle anderen Helfer, der medizinische Dienst, den wir Gottlob ebenfalls nicht gebraucht haben. Einfach Spitze, das alles!

 

Der Kurs ist ganz gewiss einer der landschaftlich schönsten der Welt, mit Sicherheit! Sabine, mit 103-facher Marathon-Erfahrung, kann sich darüber ein Urteil erlauben. Ich brauch' nicht überzeugt zu werden.

 

Last but not least: Die vielen begeisterten und begeisternden Menschen an der Strecke, überwiegend sympathische Schweden, waren eine tolle Unterstützung. Die vielen Live-Bands sowieso. Auch in diese Richtung: Danke!

 

Wir werden wiederkommen, 2007!

 

Sorry, liebe "Marathon-Profis". Bei allem Respekt vor harter und konsequenter Trainingsarbeit! Mit weniger geht's auch. Und, mit viel Spaß dazu! Deshalb möchte ich insbesondere alle "Anfänger" ermuntern, sich nicht mit überzogenen und selbst auferlegten (Ziel-) Zeiten verrückt zu machen, oder machen zulassen. Einfach nur Machen, Laufen. Just do it, mit Spaß beim Trainieren - oder auch Nicht-Trainieren...

 

 


 
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