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Laufberichte

Mein erster "Doppeldecker" - Teil 2

12.06.05
Autor: Klaus Duwe

Schon beim ersten Anstieg spüre ich, dass ich hier nicht taufrisch an den Start gegangen bin.

 

Die Fahrt nach Erlangen ist überhaupt kein Problem. Am späten Samstagnachmittag ist kaum Verkehr. Mir soll’s Recht sein. Ich will unbedingt noch heute die Startunterlagen abholen, damit ich morgen keine Rennerei habe. Ich bin angespannt genug. Nach dem nicht ganz einfachen Marathon heute in Bad Waldsee soll morgen ja der zweite Teil meiner Doppeldecker-Premiere steigen.

 

Bisher hab ich nach einem Marathon immer einen Ruhetag gemacht. Höchstens mal eine Wanderung, aber kein Lauf. Ich fühle mich heute auch nicht besonders gut gerüstet für mein Vorhaben. Ich spüre die 42 Kilometer ganz einfach.

 

Gegen 19.30 Uhr bin ich auf dem Schlossplatz,  hole mir die Startunterlagen und anschließend eine Portion Nudeln, schließlich haben die Kohlehydratspeicher heute ziemlich gelitten. Dann schau ich mich noch ein bisschen auf den Verkaufsständen um. Mir ist aber nicht nach Schnäppchen, mir ist nach Schlafen.

 

Auch am Sonntagmorgen kann ich mir nicht vorstellen, wie ich 42 Kilometer laufen soll. Charly Watts, der Schlagzeuger der Rolling Stones hat einmal auf die Frage, wie er so ein Marathon-Konzert durch hält, geantwortet: „Ich trommle, bis es fertig ist.“ So will ich es heute auch machen.

 

Ganz in der Nähe des Schlossplatzes gibt es große Parkplätze. In ein paar Minuten bin ich auf dem Startgelände. Es ist frisch, aber die Sonne scheint. Es wird  bestimmt wieder ein herrlicher Tag. Die Zeit vergeht wie im Flug. Es gibt ein Depot für die Kleidersäcke. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am 14 km-Volkslauf können ihre Beutel im Ziel in Herzogenaurach wieder in Empfang nehmen.

 

Zuerst gehen die Skater auf die Strecke, dann zwei Handbiker. Toller Service für unsere behinderten Sportsfreunde. Erfreulich früh um 8.15 Uhr soll der Start für den Marathon sein. Mit einer kleinen Verzögerung geht es endlich los. Viel Applaus  und die guten Wünsche des bestens aufgelegten Sprechers begleiten uns. Die Halbmarathonis starten kurz danach. Aber es besteht kein Grund zur Sorge, die Sprinter werden die Marathonis nicht überrollen. Die Marathonstrecke führt nämlich zunächst in einer großen Schleife durch Erlangen, meist im Schatten der Häuser oder durch Alleen, vorbei an Siemens und durch Wohngebiete. Die Volksläufer dagegen machen sich auf direktem Weg nach Herzogenaurach.

 

Nach 5 Kilometer, das Feld hat sich längst in die Länge gezogen, dann die erste Verpflegungsstelle mit Vollpension und ohne Gedränge: Wasser, Iso, Riegel, Bananen (bestimmt hab ich was vergessen). Bei Kilometer 6 geht es gerade aus wieder in die Stadtmitte, wir laufen aber rechts durch eine Unterführung und auf einem Radweg Richtung Alterlangen. Der kurze Anstieg hier lässt mich deutlich spüren, dass ich nicht taufrisch an den Start gegangen bin. Wir verlassen den Radweg und laufen durch eine Siedlung mit den typischen Einzel- und Doppelhäuschen aus den 50er Jahren. Dann sind wir wieder im Grünen.

 

Das Wetter ist wirklich klasse. Die Sonne scheint, aber es ist frisch. Ich nutze noch nicht den Schatten und laufe gerne in der Sonne. Nach gut 8 Kilometer geht es rechts über eine lange Brücke, die zunächst über eine Wiese, dann über die Pegnitz und im Anschluss über einen weit verzweigten Altarm des Flusses führt. Den Markierungen entnehme ich, dass hier irgendwo die Volkslaufstrecke dazu gestoßen sein muss.

 

In der Schallersdorfer Straße sind wir im Gewerbegebiet, biegen dann links in die Habicht-und gleich wieder rechts in die Dompfaffstraße ab. Es ist noch früh am Morgen. Manchmal sieht man Leute im Schlafanzug an den Fenstern, andere stehen bereits an der Straße und klatschen und rufen uns Aufmunterndes zu. Gleich kommt eine Verpflegungsstelle und wir laufen wieder auf einem Radweg durch eine kleine Grünanlage und später parallel zum Adenauer-Ring (km 11) stadtauswärts. Der Weg steigt auf ungefähr 2 Kilometer leicht aber permanent an. Dann geht es rechts ab Richtung Kosbach. Die Streckenführung ist sehr abwechslungsreich und ganz nach meinem Geschmack. Zwischen den kleinen Ortschaften, wo die Leute jetzt in größerer Anzahl an den Straßen stehen und uns zujubeln, geht es immer wieder durch Felder und Wiesen und durch Alleen.

 

Kosbach erreichen wir bei Kilometer 14 (meine Zeit: 1:28 Stunden). Hier tobt dann aber schon richtig der Bär. Die Leute machen einen Heidenlärm und feuern uns an. Wir laufen an ein paar Fischweihern vorbei (der Kosbacher Karpfen soll hier sehr begehrt sein) und laufen am Ortsende auf einer Nebenstraße leicht steigend weiter. Links sehe ich über Wiesen die kleinen Häuser der Vororte von Erlangen und dahinter die Hochhäuser der City. 

 

Über Häusling kommen wir nach Haundorf (km 16). Mittlerweile ist es gegen 10.00 Uhr und auch in Franken ist es jetzt Zeit für ein Weißbier, Brezel und Weißwurst. Das wird heute an der Straße erledigt. Die Leute sind guter Stimmung, freuen sich über den herrlichen Tag und dass sie keine 42 Kilometer laufen müssen. Sie überlassen das uns und verteilen dafür gerne Komplimente.

 

Am Ortsausgang geht es dann leicht ansteigend fast 2 Kilometer nach Niederndorf. Dazwischen gibt es die einzige (private) Bierstation auf der ganzen Strecke. Trotz Gratis-Ausschank ist die Nachfrage nicht sehr groß. Wir kommen zum neuen Factory-Outlet von adidas, dann geht es abwärts nach Niederndorf, wo uns wieder viele Menschen applaudieren. Rechts sehen wir die St.-Josephs-Kirche und bei Kilometer 20 sind wir dann auf der Straße nach Herzogenaurach. Auf einem Kilometer kommen uns die Läuferinnen und Läufer entgegen, die hier schon fast 26 Kilometer erreicht haben. Der Lauf durch die Innenstadt von Herzogenaurach ist  zweifellos der bisherige  Höhepunkt. Die Leute stehen in mehreren Reihen dicht gedrängt und feiern die ankommenden Läuferinnen und Läufern. Eine Trommlergruppe ist schon von Weitem zu hören.

 

Wir laufen auf der Hauptstraße, die schon im Mittelalter eine wichtige Durchgangsstraße für viele Fuhrwerke auf der ehemaligen Eisenstraße zwischen Würzburg und der nahen Reichsstadt Nürnberg war. Der Türmersturm mit der Welschen Haube (1724), das Rathaus und der über 600 Jahre alte Fehnturm prägen das Bild der Altstadt.

 

Bei Kilometer 23 kommt eine kleine Wendepunktstrecke und ich sehe einen Läufer, der mir schon beim Start aufgefallen ist: der jongliert noch immer mit drei Bällen. Bei Kilometer 24 laufen wir an de adidas-Verwaltung vorbei und hören gegenüber noch immer die Trommlergruppe. Es geht leicht abwärts zurück nach Niederndorf, wo noch immer eine Riesenstimmung herrscht. Wir laufen auf der Hauptstraße Richtung Erlangen. Die Straße ist komplett für den Verkehr gesperrt. Nur einige Radfahrer genießen die ungewohnte Freiheit.

 

Kilometer 28 wird erreicht. Meine Zeit: 2:59 Stunden, also 1:31 für das zweite Drittel. Es läuft gut. Ich spüre überdeutlich meine Beine, habe aber keinerlei Probleme und das Laufen macht mir Freude. Falls ich jetzt einen Einbruch kriege, komme ich gehend noch immer deutlich unter dem Zeitlimit ins Ziel, so meine Rechnung.

 

Der Einbruch kommt nicht. Ich laufe gleichmäßig mein Tempo und erreiche Frauenaurach. An der Verpflegungsstelle vielfache Aufmunterung und Anerkennung. Die Hilfskräfte sind wie auch überall zuvor superfreundlich und engagiert. Hier trinke ich zum ersten Mal eine Cola. Zusammen mit einem Gel-Chip bekomme ich neue Energie. Ich gebe Christina von meinen Chips welche ab. Sie läuft ihren ersten Marathon und ist schwer am Kämpfen. Aber sie wird es packen und unter 5 Stunden bleiben. Bei Kilometer 32 geht es über den Rhein-Main-Donau-Kanal, dann unter einer Autobahn durch. Wir sind wieder im Grünen. Ich atme den Duft von frisch gemähtem Gras ein. Herrlich.

 

Wir kommen nach Eltersdorf (km 34). Mich überholt seit langem mal wieder ein Läufer. Er ist so locker drauf, dass ich sicher bin, mit etwas Anstrengung könnte er längst im Ziel sein. Nach einem kurzen Abstecher in ein Gewerbegebiet haben wir links und rechts wieder Wiesen. Lange wird es so nicht bleiben, denn vor mir sehe ich schon die ersten Vorortsiedlungen (km 37) von Erlangen. Die Kilometer ziehen sich jetzt doch wie Gummi und ich denke, dass ich mir einen „Doppeldecker“ so schnell nicht wieder geben muss.

 

Parallel zur vierspurigen Hauptverkehrsstraße passieren wir ein Siemenswerk. Ich habe 30 Marathonis ungefähr in Sichtweite. Viele gehen. Das ist es, was ich fürchte: Du bist kaputt, kannst nicht mehr und wirst dann auch noch dauernd überholt. Horror. Noch einmal eine Unterführung, noch einmal ein Anstieg danach. Dann Kilometer 40, wir sind in der Nürnberger Straße, die wir heute früh auch schon ein Stück entlang gelaufen sind. Noch einmal volle Verpflegung und dann der letzte Kilometer. Ein kurzes Gespräch noch mit der jungen Sasha, die heute ihren ersten Marathon macht und jetzt schon strahlt. Dann der Applaus, der Sprecher ruft meinen Namen und ich bin im Ziel.

 

4:31 Stunden (1:28 - 1:31 und 1:32 Stunden für jeweils ein Drittel), mein erster „Doppeldecker“ ist im Kasten.

 

Gleich gibt es die Medaille. Vor dem Schloss sind mehrere Zelte aufgebaut. Dort kann man sich die geschundenen Muskeln massieren lassen  und sich noch einmal voll verpflegen lassen. Dazu gehört in Franken natürlich Bier, es gibt aber auch Cola, Wasser, Iso, Bananen und leckeren Kuchen.

 

In zwei Jahren soll es den Städtemarathon von Erlangen nach Herzogenaurach und zurück wieder geben. Eine gute Nachricht. Bis dahin.

 

Streckenbeschreibung:

Schöner, abwechslungsreicher Rundkurs durch Städte und Gemeinden, über Felder und Wiesen.

Etliche „Unebenheiten“, aber keine schweren Anstiege.

 

Zeitnahme:

Champion-Chip

 

Auszeichnung:

T-Shirt, Medaille, Urkunde

 

Logistik:

Große Parkplätze in der Nähe von Start und Ziel.

Kleiderdepot und Kleidertransport nach Herzogenaurach für die 14 km-Läufer.

 

Informationen: Städtemarathon Erlangen-Herzogenaurach
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