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22.04.12

Sonntag: Skater-Halbmarathon


„Singen die Buchfinken früh vor Sonnenaufgang, künden sie viel Regen an“ so sagt eine Bauernregel. Gleich zu Beginn unserer Skaterprämiere nasse Straßen, es hat den ganzen Morgen geregnet. Dies treibt bei mir, selbst hier im warmen kuschligen Bett den Adrenalinspiegel in die Höhe. Egal: „Cool Runnings – Dabei sein ist alles“.

Wie bei der US-amerikanischen Filmkomödie sind auch wir blutige Anfänger und begannen erst vor ein paar Wochen mit dem Training. Und wie in dem Film, müssen auch wir uns erst an das neue Sportgerät gewöhnen. 10, 21 und 42 Kilometer Strecken sind im Angebot. Vorsichtshalber haben wir uns für die Halbmarathonstrecke entschieden.

Die taktische Ausrichtung eines Skate-Rennens ist dem eines Radrennens ähnlich und sollte uns liegen. Ich bin es gewohnt, den Windschatten von Kay auszunutzen. Jedoch starten die Männer zwei Minuten vor den Frauen und Kay wird hoffentlich auf mich warten. Die Arme und Oberschenkel stecken voll mit Laktat, als wir langsam zum Startbereich rollen. Klar, dass wir jetzt vor unserem ersten Inliner-Rennen ungewohnt nervös sind. Aber gerade das ist ja auch einer der Gründe, der für das „Fremdgehen“ spricht.

Hunderte Skater stehen dicht gedrängt in hautengen Rennanzügen. Bevor ich mich in so sein Ding zwänge, muss ich aber erst noch ein paar Kilos loswerden. Es gibt aber auch einige „Normalos“ unter den Skatern in Laufhose und Shirt. Ich bin beunruhigt und so hoffe ich, nicht gleich als Anfänger aufzufallen. Mit coolem Blick versuche ich, eine möglichst entspannte Haltung anzunehmen, fühle mich aber verkrampft, die Schuhe drücken. Claudias pralle Oberschenkel kann ich im Starterfeld der Mädels nicht finden. Dafür haben sich einige Herren unter uns Mädels gemischt.

 

Der Startschuss fällt


Blitzschnell sind die „Cracks außerhalb unseres Sichtfeldes. Während vorne im Renngeschehen attackiert wird, um langsame oder unliebsame Gegner abzuschütteln, kämpfe ich hier noch mit dem feuchten Untergrund unter den Rollen. Aber auch wir müssen uns gegen die harte Konkurrenz behaupten, denn ich möchte am Ende nicht nur belächelt werden. Weiter rollen wir auf die Ringchaussee, welche die Ortsteile Burg Kolonie und Burg Kauber mit dem Dorf Burg vereint. Bereits nach einigen Kilometern ist die Muskulatur warm und ich hänge mich an eine große Gruppe Skater, die im Gleichschritt rhythmisch über den glatten Asphalt gleiten. Auf den Trikots steht „Rolling Oldies“. Da bin ich doch gut aufgehoben. Kay hält das Szenario in Bild und Ton fest. Wie beim Eisschnelllaufen im Schlittschuhschritt geht es dahin.

Ich werde sicherer und übermütiger, löse mich aus der Gruppe und ziehe vorbei. Ich versuche möglichst lange auf einem Bein und mit einer Gurkenhaltung, sprich: tiefen Oberkörperposition dem Wind keinen Widerstand zu bieten. Kay hat den besseren Abdruckweg der Beine und damit eine höhere Kontrolle. Erstaunlich, über welch gute Grundkondition wir durch das Laufen verfügen. Während vorne die Profis mit fast 40 Kilometer in der Stunde dahingleiten, beschleunigen wir immerhin auf Tempo 20 bis 25. Bis zum Berlin Skatemarathon müssen wir allerdings noch am Tempo und an der Technik arbeiten.

 

Knochen brechen nicht, sie zersplittern


Ich möchte Kays Windschatten ausnutzen. Auf dem Rennrad funktioniert das einwandfrei. Hier ist es bedeutend schwieriger für mich und ich weiß, dass ein „Hinterher-Skaten“ im Abstand von einem bis zwei Metern nicht wirklich viel bringt. Kay drückt sich einmal ab, ich zweimal. Es ist nicht nur die Beinlänge, sondern auch die Rollengröße, die hier den Unterschied macht. Ich versuche den Rücken kurzzeitig zu entlasten und richte mich etwas auf, leider rächt sich das sofort. Der Luftwiderstand durch den aufgerichteten Oberkörper lässt mich wieder ein paar Meter zurückfallen. Also zurück in die Hocke. Bloß nicht darüber nachdenken, was passiert wenn Kay stürzt.

Als das Bob Team in dem Film "Cool Runnings" zusammengestellt wurde, fiel anfangs der Satz: „Beim Bobfahren brechen die Knochen nicht – sie zersplittern!“. Wie ich gerade jetzt darauf komme? Kays Rollen rutschen in einer 90 Grad-Kurve weg und er schlittert über den nassen Asphalt. Helm, Knie- und Ellenbogenschoner, mit einer Kappe aus Hartplastik, einem Polster aus Schaumstoff, hat das Schlimmste verhindert. Schnell rappelt Kay sich wieder auf, denn obwohl wir in der Platzierung weit hinten liegen, sind wir gut unterwegs und mit Sicherheit wird dies heute unsere Halbmarathon-Bestzeit.

Wir sind in der zweiten Runde. Mir fällt die ungeheure Stille auf. Keine Autos! Keine Bahnstrecke! Keine Flugzeuge! Nur das Surren unserer Rollen. Der Körper hat sich an das gleichmäßige Pendeln und Gleiten gewöhnt – ein selbstvergessener Flow. Das bei einem Seitensprung nicht passieren darf, ist passiert, ich habe mich in diese Sportart verliebt.

Wie eine Gurkenkönigin fühle ich mich, als man mir zur Erinnerung nun die Silbergurke und damit auch die vierte Gurke um den Hals hängt. Im Zielbereich tauschen wir glücklich erste Erfahrungen mit Erfahrenen aus, während sich die Marathonis auf den Höhepunkt des Wochenendes vorbereiten: Der Spreewald-Marathon in seiner 10. Auflage.

Theoretisch, also wirklich nur rein theoretisch könnte man nach dem Skater-Halbmarathon im Anschluss den Marathon mitlaufen. Das wäre doch mal was? Vielleicht im nächsten Jahr? 

 

RESÜMEE:


Wie beim Speed-Dating, weiß man vielleicht am Ende was man will, was man kann und noch besser, was gar nicht geht. Der Spreewald Marathon ist mehr als nur ein One-Night-Stand und jeder findet seine Gurke. Dass diese Affäre geheim bleibt, ist allerdings ausgeschlossen, denn auf irgendeiner Ergebnisliste wird man dich bestimmt entdecken.

Wieder Zuhause werden wir sie präsentieren, unsere muskulösen, fit und jugendlich wirkenden Arme und Beine; den Muskelkater verschweigen wir.

 
 

Informationen: Spreewald Marathon
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