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Laufberichte

The Wild Elephant Trail (210 km): Sri Lanka, die Träne Indiens

13.03.16
Autor: Joe Kelbel

 

6. Etappe, ca 13 km

 

So locker ich hier schreibe, das Ding das wir hier reißen, ist äußerst extrem. Wir bekommen 6 Tage lang nur Wasser von der Organisation. Es ist morgens sehr schwer, benutzte Socken anzuziehen. Rocktape ist die amerikanische Version des Kinotapes und wird mit Spray zusätzlich an der Haut befestigt und liegt trotzdem in kleinen Bergen im Camp herum, als wir Langsameren den Frühstart im Dunkeln angehen.

Jetzt in der Frühe stehen die Schüler am Strassenrand und warten auf den Schulbus. Die Jungs sind freundlich und gut gekleidet, die Mädchen aber sind Prinzessinnen. Weißes Kleidchen, weiße Strümpfe, weiße Schuhe, dunkle Krawatte und schwarze, lange Zöpfe. Und jede, wirklich jede, mit supersüßem Lächeln und blendend weißen Zähnen.

 

 

Der Sigiriya Rock

 

Der riesige Magmablock Sigiriya, auf Deutsch Löwenfelsen, wurde von Kassapa I (473-491 n. Chr) ausgebaut. Kassapa (Kashyapa) hatte seinen Vater, König Dhatusena ermordet, um die Herrschaft zu erlangen. Als Sohn einer Nebenfrau des Vaters hatte er aber keine Chance. So musste er sich auf diesen unbezwingbaren Felsen zurückziehen. Unbeliebt bei Volk und dem rechtmäßigen Thronfolger Moggallana liess er dort oben einen Palast mit allem Prunk bauen. 200 Meter überragt der Magmablock die Landschaft, das Plateau mit den steil abfallenden Rändern lässt sich locker in 30 Minuten umrunden.

Was sich nicht leicht umrunden lässt, ist die Grabenanlage, die den Lustgarten (Springbrunnen, Pavillons, Klosteranlagen) nach außen begrenzte. Ob die Bevölkerung noch Lust hatte? Kassapa jedenfalls meinte, die Laune seiner Untergebenen mit dieser Gartenanlage zu verbessern.

Meine Laune  schwindet dahin, zu pompös ist die Anlage, zu weit der Umweg bis zum Aufstieg.  30 US  kostet der Eintritt, wir bekommen die Karten in die Hand gedrückt und hetzen an der Schlange der Touries vorbei. Die Treppen (1800 Stufen sollen es sein), die wir hochlaufen, gab es zu Kassapas Zeiten nicht,  man ging über den blanken Felsen.

Die ehemaligen  „Treppen“ sind noch gut sichtbar und nichts für schwache Nerven. Man hat jetzt eine Metallkonstruktion gebaut, die ab dem Löwentor beginnt. Von dem sind nur die gewaltigen 4 Meter langen Pranken erhalten. 210 km bin ich diese Woche gelaufen und immer noch schneller als alle Touries hier. Jede Nation entspricht genau den Klischees. Das Warten, bis die sich mal bewegen, macht mich rasend.

Auf dem Felsen gibt es pyramidenartige Aufbauten aus Backsteinen. Die Ausgrabungen laufen immer noch. Das Palastgebäude bestand aus Holz und ist nicht mehr vorhanden. Auffallend sind die vielen großen Zisternen, die die Trinkwasserversorgung im Falle einer Belagerung sicherstellen sollten. Hier oben fühlt man sich, als hätte man einen 4000er bezwungen. Es ist kühl, letztes Jahr war es sogar kalt. Der Blick geht über fast ganz Sri Lanka. Die letzten Meter hinauf zum höchsten Punkt der Pyramiddenbauten gehen nur noch auf allen Vieren. Mein Zieleinlauf ist Nebensache, ich habe mein Ziel einfach nur erreicht.
210 Wochenkilometer bei dieser Hitze, den ruhelosen Nächten und der rudimentären Verrpflegung haben diemal deutliche Spuren hinterlassen.

Nachdem der letzte Läufer eingetroffen ist, begibt sich jeder auf seine private Forschungsreise hinunter: Zunächst zur Spiegelwand, einer Mauer, die der König verputzen  und auf Hochglanz polieren ließ. Nichts Besonderes, hätten die Untergebenen nicht nach des Königs Tod angefangen, diese Wand zu verschönern. Die englischen, puritanischen Wissenschaftler schwärmten von der Dichtkunst der Einheimischen, die sich graffitymäßig  an dieser Wand ausliessen, schwärmten von der nun möglichen Erforschung der singhalesischen Sprache, verhinderten aber eine Veröffentlichung der Texte.

 

 

Die Texte stammen von „Touristen“ des 6ten bis 16ten Jahrhunderts, sind in Sinhala, Sansrit und Tamil verfasst. Sie reichen von „ ich war hier“ bis zur ausgiebigen, dichterischen Beschreibung der Haremstätigkeiten des Königs, die er hier 20 Jahre ausübte. Dazu gehörte es, die Mädchen mit Gold zu färben, um sie dann in die Wasserbecken zu tauchen.

685 „Touristen“ mit Namen, sozialer und örtlicher Herkunft sind entziffert worden, die meisten von der damaligen Oberklasse. Alle hinterließen ihre erotischen Gedanken an dieser Mauer. Wundern darf man sich deshalb auch nicht über die „Wolkenmädchen“, die halbnackten Damen, die sich gegenseitig zwirbeln. Die Freskenwand ist Hochsicherheitsgebiet, denn zu viele Fresken fielen schon der jeweiligen Moral der Jahrhunderte zum Opfer.

 

 

P.S. Zecken aus Sri Lanka überleben sogar einen 11 Stunden-Flug. Vielleicht bringe ich sie nächstes Jahr zurück zu ihren Verwandten.

 

1    Montague    Nathan    male    Great Britain    35                                
2    Marina    Javier    male    Spain    36                                
3    Mora Garcia    David    male    Spain    42                                
4    Maass    Alwyn    male    South Africa    46                                
5    Smith    Brian    male    USA    42                                
6    Andrades    Tony    male    Spain    46                                
7    Khinast    Christina    female    Austria    44                                
8    Teres Costa    Jaume    male    Spain    54                                
9    Kapellen    Stefan    male    Germany    41                                
10    Balachandran    Ashley-Amaran    male    Great Britain    33                                
11    Nielsen    Carsten    male    Denmark    51                                
12    Buck    Matt    male    Great Britain    33                                
13    Harris    Todd    male    Great Britain    26                                
14    Kong    Sophithida    female    Cambodia    34                                
15    Sgouras    Themos    male    Greece    51                                
16    Rotger Cerda    Maria    female    Spain    45                                
17    Roper    Jessica    female    USA    32                                
18    Rosenau    Dietmar    male    Germany    56                                
19    Ballard    Brett    male    USA    62                                
20    Minaki    Haruki    male    Japan    53                                
21    Gyssler    Roland    male    Switzerland    59                                
22    Lee    Steven    male    Singapore    65                                
23    Kelbel    Joe    male    Germany    51                                
24    McQuillan    Judith    female    Ireland    40                                
25    McQuillan    James    male    Ireland    34                                
26    Carr    Beth    female    USA    58                                
27    Lachapelle    Luc    male    Canada    62                                
28    Cambridge    Gary    male    Canada    58                                
29    Bandara    Sanath    male    Sri Lanka    33                                

 
 


 
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