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Laufberichte

Rimini und Marathon - das passt

17.04.16 Special Event
 

Oft warnen Straßenschilder vor Sandverwehungen "con forte vento cumuli di sabbia" – gut, dass es heute nicht allzu windig ist und sich die Sonne wider Erwarten noch nicht durch die Wolkendecke gekämpft hat. So können wir bei schwülwarmen 20 Grad dahinspurten. Igea Marina ist der nächste Badeort, der auf uns wartet und auch von deutschsprachigen Gästen gern besucht wird. Vor 28 Jahren habe ich hier einen einwöchigen Urlaub mit der Familie meiner Freundin verbracht; in einem netten kleinen Hotel, wo der gesamte Inhaber-Clan mitarbeiten musste. Niemand hätte damals gedacht, dass ich hier mal einen Marathon laufen würde.  

 

 

Ich liebe diese Strecke und könnte noch 27 Kilometer so weiterlaufen. Interessante Orte gäbe es  genug: Cesenatico, wo wir im vergangenen September am Alzheimer-Marathon teilgenommen haben, das in Deutschland wenig bekannte Cervia, das mondäne Milano Marittima…

Wir biegen aber hier über die noch leere Fußgängerzone Igea Marinas ins Hinterland ab. Die Kirche in Bordonchio läutet zum Sonntagsgottesdienst. Das würzige Aroma des Meeres wird durch den Geruch frisch gedüngter Felder verdrängt. Es geht über die Staatsstraße. Von oben kann man gut die drei Türme der Festung von San Marino erkennen. Ein Staat ganz ohne Marathon – sehr zum Leidwesen der Ländersammler. Einige Eisenbahnlinien, Straßen und Autobahnen werden wir heute über- oder unterqueren.

Inwischen kennen wir viele Mitstreiter. Mit über 1.300 Finishern hat sich Rimini im letzten Jahr als neuntgrößter italienischer Marathon etabliert. Für die Läufer im langsameren Bereich bedeutet das, nie ganz allein unterwegs sein zu müssen.

Es geht an einem Schlösschen vorbei. Nahe der Halbmarathonmarke würde sich die Möglichkeit für eine Abkürzung bieten. Wir lassen uns die Schleife durch die Ortschaft Santarcangelo di Romagna aber nicht entgehen. Vor einem Friedhof laufen wir durch eine Zypressenallee – mal was anderes. Und wieder einmal erkenne ich, warum die Marathonstrecke die Altstadt ausspart: Die liegt nämlich auf einem Hügel und soll recht pittoresk sein. Wir bleiben an deren Rand und haben hier bei 42 Metern über dem Meer den höchsten Punkt der Strecke erreicht. Trotzdem lohnt sich dieser Schlenker: In den Cafés wird getafelt und der Hauptplatz Piazza Lorenzo Ganganelli ist auch nicht zu verachten. Der Namensgeber wurde am 28. Mai 1769 zum Papst Clemens XIV gewählt. Den ihm zu Ehren errichteten Torbogen dürfen wir durchlaufen.

 

 

Von nun an geht’s bergab in Richtung Ziel. Nach drei Kilometern wird es flach, die Kilometerzeiten werden trotzdem deutlich langsamer. Ein Zeichen dafür, dass sich Judith und ich eine gute Zeit abschminken können. Genießen ist also angesagt. Und ausgiebieges Auskosten der Verpflegungsstationen: Iso, Wasser, Tee, Cola, Bananen, Obst und Kekse. Bei km 30 habe ich auch Gel gesehen. Aber was will man in Italien auch anderes erwarten. Da ist alles perfekt organisiert. Die Betreuer sind so konzentriert bei der Sache, dass sie auf mein freundliches „Grazie“ nicht reagieren. Dafür freuen sich die Zuschauer, die immer noch in ausreichendes Zahl an der Laufstrecke ausharren. Einige Autofahrer, die es schaffen, die Absperrungen zu durchbrechen, nerven ein bisschen. Heimzahlen können wir ihnen das, als wir die Via Tolemaide queren. Da wird gehupt, was die Technik hergibt. Für uns die einzige Stelle ohne Unterführung.

Und noch etwas fällt mir auf: In vielen italienischen Städten sieht man Radler in den Fußgängerzonen um die Flaneure herumnavigieren. Anscheinend beanspruchen sie dieses Recht auch beim Marathonlauf. Als ich einen eher hinderlichen Radler in unserem Pulk mit dem legendären Champion Fausto Coppi vergleiche, schaut er mich böse an und keiner meiner Begleiter unterstützt mich. Fast scheint es sogar, dass man ihm Recht gibt.  

Nun geht es über kleine Sträßlein noch ein Stück durch die Felder. Immer wieder unterbrochen von Häusergruppen. Über die bemerkenswerte Zersiedelung der italienischen Landschaft habe ich ja schon öfter berichtet. Oft umgibt uns starker Fliedergeruch. An der Kirche San Martino in Riparotta geht es nach dem Überschreiten der Stadtgrenze von Rimini einen kurzen Kilometer auf eine schnurgerader Einfallstraße. Hier bei km 37 kann das schon einiges an Willensstärke erfordern. Dann passieren wir die Hallen des Messegeländes. Ein Touristenbähnchen fährt an uns vorbei – halt, da sitzen doch Läufer drinnen und winken uns zu? Muss wohl eine Art Besen-Zug sein.

Das Finale folgt nach dem Überqueren des Flusses Marecchia. Wir laufen durch eine Parkanlage, die dem früheren Flussverlauf folgt. Einige Sonntagsausflügler haben es sich im frischen Gras bequem gemacht. Vor uns taucht die berühmte römische Tiberiusbrücke auf. Sie überquert hier den alten Flussarm, der etwas weiter entfernt das Hafenbecken bildet. Das Viertel San Giuliano a Mare mit der gleichnamigen Kirche ist auch einen Besuch wert.

Vor der Brücke noch einmal Musik, dann geht es über das mehr als 2000 Jahre alte Bauwerk. Beeindruckend, dass hier immer noch PKWs und Busse fahren dürfen. Geplant ist jedoch, die Autos zukünftig umzuleiten. Heute herrscht auf jeden Fall schon mal Läuferverkehr.

 

 

Nach der Brücke in die Altstadt. Ich bin ein wenig in Eile, da ich noch ganz gerne unter 4:10 Stunden ins Ziel kommen würde. Daher werfe ich nur einen kurzen Blick auf die mittelalterliche Piazza Cavour auf der rechten Seite. Über den Hauptplatz Tre Martiri, der an die 1944 gehängten Partisanen erinnert und daran, dass in dieser Gegend die Goten-Verteidigungslinie der deutschen Wehrmacht verlief, geht es auf den Arco d`Augusto zu.

Viele Zuschauer erwarten uns beim Ziel unter dem Augustusbogen. Sofort danach hängt man uns eine schöne große Medaille um. Der schwere Chip an der Startnummer ist nicht verloren gegangen und wird nun entfernt. Im Zielraum treffen wir auf Manuela, die uns vor drei Wochen beim Unesco-Cities-Marathon mit ihrem Rimini-Trikot aufgefallen war. Damals wie jetzt kam sie einige Minuten vor uns an. Auch sie hat diesmal über 4 Stunden benötigt, denn sie spürt noch die Auswirkungen eines Ultralaufs vom letzten Wochenende. Nächste Woche wird sie in London an den Start gehen.

Die Sonne kommt heraus und vermittelt uns einen Eindruck davon, wie schwer die 42,2 km bei noch größerer Hitze zu bewältigen gewesen wären. Auf dem Rasen neben dem Ziel sind Strandliegen aufgestellt. An den Gastroständen gibt es für die Teilnehmer ein Stück frische Pizza, das hiesige Traditionsgebäck Piadina mit Sardinenfüllung – also nichts für mich - und ein 0,2-l-Bierchen – viel zu wenig für mich als Münchner. Um die verlorene Flüssigkeit auszugleichen, halten wir uns an Iso-Getränken, Orangen und Tee schadlos.

Zwar ist Judith mit ihrem Ergebnis heute nicht ganz zufrieden, doch reichte es erneut zum zweiten Platz in der Altersklasse und damit zu einer gut gefüllten Lebensmitteltasche des Mitsponsors Conad: Reis, grüner Tee, Rohrzucker, Nudeln, Thunfisch, Müsliriegel, Erdnüsse, Kekse und vieles mehr sorgen dafür, dass wir während der kommenden Tage nicht darben müssen.  

Ziemlich abgekämpft freuen wir uns über einen schönen, langen Abend und eine weitere Nacht in Rimini. Leider ruft die Arbeit, sodass wir schon am Montag die lange Rückfahrt (700 km) nach München antreten. In der Po-Ebene zeigt das Thermometer 26 Grad, am Brenner wird Schnee geräumt und zu Hause – Regen.

 


Fazit:

 

Ein gut organisierter Lauf am Meer und durch die Felder im Hinterland. Zeitlimit dieses Jahr 7 Stunden – 40 Finisher (3%) kamen nach 6 Stunden ins Ziel.

Mehrere Musikgruppen und Musik vom "Band". Einige Zuseher an den Zäunen ihrer Häuser.

Gutes Preis-/Leistungsverhältnis: ein Funktionsshirt und Flipflops sind im Preis enthalten

In Kombination mit extrem günstigen Vorsaisons-Hotelpreisen lohnt sich die Anreise für einen Kurzaufenthalt. Mehrere Flughäfen in der Nähe und gute Bus- und Zuganbindung an Rimini.

Allerdings waren nur vier Deutsche, zwei Österreicher und zwei Schweizer am Marathon-Start. Da geht sicher noch mehr.

Außer dem Marathon umfasst das Programm folgende Wettbewerbe:

Kinderläufe am Samstag
Lauf über 10 Meilen, als Einzel- oder Paarwertung
9 km Family Run am Sonntag
Marathon und 10-Meilen-Lauf für Rollstuhlfahrer mit Begleitung

 


Ergebnisse:

 

Marathon Männer

1. Gianluca Borghesi (ITA)  2.34.30
2. Eros Gnoli (ITA) 2.37.06
3. Peter Steib (HUN) 2.37.32

Marathon Frauen

1. Federica Moroni (ITA) 2.58.55
2. Federica Poesini (ITA)  3.06.25
3. Katia De Angelis (ITA) 3.06.41

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