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Laufberichte

Passatore Florenz - Faenza

26.05.12

Es ging weiter steil aufwärts, hinaus aus dem letzten Ortsteil von Florenz und hinein in die Landschaft. Es wurde weniger steil und immer wieder gab es auch kurze, ebene Abschnitte. Immer noch liefen wir mitten im Feld, um uns herum nur Italiener, alle gut drauf, die Landschaft war nicht mehr so spektakulär, aber die Häuser und Gärten an der Straße stets eine Augenweide. Vor manchen standen die Bewohner und feuerten uns an. Ja, so konnte es weiter gehen und so ging es auch weiter.

Der erste von zwei Gipfeln (518m, 913m) war bei Kilometer 16,5 erreicht. Die Steigung bis hierher sah im Höhendiagramm spektakulärer aus, als es in Wirklichkeit war. Bis auf wenige Abschnitte, auf denen es bis zu 15% aufwärts ging, war der Aufstieg recht unspektakulär und gut zu joggen. Auch das jetzt folgende Abwärts entpuppte sich als harmlos. Manchmal glaubte man sich auf einem flachen Wegabschnitt, so sanft ging es hinunter. Nun ja, wenn man auf 14 Kilometer lediglich 350 Höhenmeter verliert, kann es nicht steil sein. Das Höhendiagramm übertreibt also durch seinen Maßstab ganz ordentlich.

Zunehmend waren jetzt Fahrradbegleiter und Autos auf der Strecke unterwegs, oder standen am Wegesrand. Das waren die Begleitfahrzeuge, auf die mich Gerhard aufmerksam gemacht hatte. Immer wieder überholte uns ein ganzer Pulk Fahrzeuge, um dann ein paar Kilometer weiter wieder am Straßenrand zu warten. Eigentlich hätten sie überhaupt nicht gestört, wenn die Straße geradlinig verlaufen wäre. Aber die schlängelte sich kurvenreich durch die Landschaft und man wäre gerne der Ideallinie gelaufen. Das aber ging nicht immer, denn man musste jederzeit damit rechnen, dass Autos entgegen kamen oder überholten. Da das aber nahezu alles Begleitautos waren, nahmen sie Rücksicht, fuhren vorsichtig und so war der ständige Verkehr gut auszuhalten und meist konnte man durchaus die Kurven schneiden.

Auf welliger Strecke ging es so bis bei Kilometer 31,5 Borgo S. Lorenzo erreicht war. Insgesamt vier Stunden waren wir unterwegs und lagen damit gut in der Zeit, die ich geplant hatte. Der leichte Abschnitt war nun aber vorbei, ab jetzt würde es aufwärts gehen, von 195m hoch auf 913m zum 2. Gipfel, dem Colla di Casaglia bei km 48.

Nun, 700m Aufstieg hören sich anspruchsvoll an, wenn sie sich aber auf 16 Kilometer verteilen, relativiert sich das, so zumindest stellte ich mir das vor. Aber es ging zunächst nicht merkbar aufwärts, auf den nächsten sieben Kilometern bis Ronta gewannen wir nur ganz unmerkbar an Höhe, alles war gut zu joggen. In diesem Abschnitt war der Autoverkehr stärker als bisher, ab Ronta erst wurde es wieder besser. In der Ferne war seit längerem eine Bergkette zu sehen und je näher man kam, desto eher ließ es sich erahnen, über welchen Pass dort unsere Straße führte.

Etwa alle vier Kilometer gab es bisher eine Verpflegungsstelle. Seit Fiesole hatten sie sich deutlich gebessert, nicht was das Angebot betraf, das war schon von Anfang an reichlich, sondern der Zugang. Es drängelten nicht mehr so viele um den Tisch, man kam beinahe ungestreift an die Getränke und das Essen und ich hatte die letzten drei oder vier Mal jeweils ordentlich zugelangt. Die Temperaturen waren auch nicht so, dass man hätte übermäßig schwitzen müssen, immer noch etwa 25 Grad, meist aber leicht bewölkt, so dass die Sonne nicht einheizen konnte.

Ronta erreicht, km 38, es war 20 Uhr, die Sonne stand tief am Horizont und es war jetzt merklich kühler geworden. Die Bergkette war längst erreicht, wir hatten leicht Höhe gewonnen, aber ab jetzt ging es spürbar hoch. Viele marschierten jetzt, wir drosselten lediglich das Tempo und konnten gut weiter joggen. Angelika war immer ein paar Meter vorne, machte Druck und ich ächzte hinterher. Nur an den ganz steilen Abschnitten marschierten wir jeweils ein paar Dutzend Meter. Hans hatte sich längst nach vorne verabschiedet, er wollte heute seine Zeit vom Vorjahr (14h13min) unterbieten und schaffte das dann auch ganz locker; nach insgesamt 13h33min war er im Ziel.

Immer noch war es hell, zum Fotografieren aber grenzwertig. Vor allem aber hatte ich elend kalte Hände und konnte kaum noch die Kamera richtig bedienen. Je höher wir gekommen waren, je weiter die Sonne Richtung Horizont gewandert war, desto kälter war es geworden. Da, endlich, es war 21.45 Uhr, der Gipfel war erreicht.

Vor dem Start konnte man einen Kleiderbeutel abgeben, der dann hierher gefahren wurde. Tatsächlich bekam ich ihn auch recht flott. Mein durchnässtes Shirt wechselte ich aber nicht, sondern zog ein trockenes drüber, das musste reichen. Kälter als hier oben konnte es ja nicht werden, denn ab jetzt ging es abwärts. Wir liefen durch eine laue Frühsommernacht in der Toscana. So weit meine Überlegungen. Die Handschuhe ließ ich daher im Beutel, meine dünne Jacke, die ich bis hierher im Trinkgürtel mitgetragen hatte, verstaute ich im Beutel, lediglich die Stirnlampe holte ich heraus.

Nun noch schnell an die Verpflegungsstelle und gegessen und getrunken und knapp zehn Minuten später waren wir dem Getümmel hier oben entronnen. Halt, nein, was war das denn! In Dreierreihen nebeneinander blockierten die Begleitfahrzeuge die Straße. Von unten kamen die Autos, wohl um ihren Aussteiger abzuholen, und nach unten wollten die, die ihren Läufer oder Läuferin hier oben mit Kleidung versorgt hatten und jetzt wieder vorfuhren, um ihn/sie weiter betreuen zu können. Wir aber kamen kaum vorwärts, schlängelten uns durch die schmalen Lücken, die die Fahrzeuge übrig ließen und erst etwa 200 Meter weiter war wieder freies Laufen möglich. Ja, war denn das die Möglichkeit! Kopfschüttelnd machten wir uns aus dem Staube, hinein die Dunkelheit.

Die deutlich schwerere erste Hälfte war geschafft, noch 52km bis ins Ziel nach Faenza und das Höhendiagramm zeigte nur noch abwärts, keine einzige Steigung mehr. In der Tat ging es jetzt ganz anständig abwärts, nicht steil, sondern so, dass man sozusagen mühelos laufen konnte und das taten wir dann auch. Angelika beklagte sich zwar über eine Blase, aber so schlimm konnte das nicht sein - aber mir taten meine Füße weh. Vor allem mein Gelenk am großen Zeh schmerzte, die Operation vergangenen November hat da nicht viel geholfen. Trotz aller Beschwerden aber machten wir Tempo.

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