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Laufberichte

Ostseeman – Triathlon Langdistanz 3,8/180/42,195

02.08.09

Ich muss mich also Samstagabend schon festlegen, was ich Sonntag abends anziehen werde. Das ist äußerst kompliziert für eine Frau. Meine Taschen sind am Ende doppelt so groß wie die von Reinhold. Und am Sonntagmorgen am Strand in der Wechselzone sehe ich, dass ich sie auch besser gefüllt habe als die meisten meiner Mitstreiterinnen.

Mit jeder Handlung wird es ernster und meine Nervosität steigt: Oberarmbeschriftung, noch einmal die Luft nachfüllen, den Neo anziehen und die Tasche für danach abgeben, endlich hat das Durcheinander mit dem Gepäck ein Ende. Vor der Toilette ist zum Glück keine lange Schlange. Nun kurz ins Wasser zum prüfen, wie kalt es ist: 16,5 °C. Der Wind der letzten Tage hat die angekündigten 19 Grad zu Nichte gemacht. Die Kamera habe ich leider mit dem Kleidersack für danach abgeben, denn es ist für heute Regen angesagt.

Und dann stehst du da bohrst die Zehen in den Sand, steckst in einem Neoprenanzug und dein Herz pocht vor Freude und Aufregung, ob der Versuch ein zweites Mal gelingt? Reinhold steht neben mir und ich bin wieder froh, dass er da ist. Wenn nachher der Startschuss fällt, werden wir uns viel Spaß wünschen, er drückt mich fest und dann sehen wir uns hoffentlich gesund und glücklich im Ziel wieder. Aber noch sind zehn Minuten Zeit, und es kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Alles Mögliche schießt mir durch den Kopf. Ich denke auch an die vielen schönen Trainingsstunden allein, zusammen mit Reinhold und mit Freunden.

Freizeitsport nenne ich das, was ich hier mache und ernte ein Stirnrunzeln nicht nur von Antisportlern, sondern auch von befreundeten Läufern. Immer wieder stellte man mir die Frage: „Ist das noch gesund?“ Natürlich kann ich diese Frage nicht allgemeingültig beantworten, aber sofort wollte ich ergründen, ob mein Wochensportpensum für mich noch gesund ist. Wer so gerne Sport treibt wie ich, möchte natürlich auf jeden Fall verhindern, dass damit einmal Schluss ist, nur weil man es übertrieben hat. Aber freiwillig unter seinen Fähigkeiten bleiben, aus einer unbegründeten Angst heraus, macht auch keinen Sinn. Es ist ein Weg auf Messers Schneide und man sollte auf jeden Fall objektiv sein können mit sich selbst.

Ein paar dieser objektiven Beurteilungen hatte ich mir darum bei verschiedenen Ärzten geholt. Mit dem Ergebnis: Lunge, Herz, Stoffwechsel, Blut alles zeigt die völlig gesunden Werte eines gut trainierten Menschen, nicht überdurchschnittlich sondern ganz normal, wie ein aktiver Freizeitsportler eben. Und was macht der Bewegungsapparat? Die Knorpel und Gelenkspalten an Hüfte und Knien sind völlig in Ordnung. Außerdem meldet der Bewegungsapparat zuverlässig mit Schmerz, wenn es ihm zu viel wird. Und dann erforscht man die Ursache und/oder hört eben für eine Weile auf mit dem Sport. Ist doch eine Freizeitbeschäftigung, muss sich doch keiner dafür quälen. Verglichen mit einem Couchpotatoe bin ich ein Spitzensportler - aber verglichen mit einem Spitzensportler bin ich ein Couchpotatoe. Jedenfalls bin ich, so wie ich hier stehe, völlig gesund und habe nicht vor, dieses Glück heute aufs Spiel zu setzten.

Damit der Schwimmstart ein Landstart bleibt, hat Herr Husen dieses Jahr viele große Jungs in Rugby-Ausrüstung an der Wasserlinie aufstellen lassen. Auch die erste Abkürzung unter dem Steg hindurch ist mit Paddelbooten versperrt. (Warum kürzen manche ab? Das ist nicht mein Verständnis von fairem Sport) Geschwommen werden zwei Runden a 1,9 km gegen den Urzeigersinn.


Der Startschuss fällt und ca. 750 Schwimmer setzten sich in Bewegung. Ich warte noch eine Weile. Zu leicht gerate ich im Getümmel in Panik, das möchte ich heute lieber nicht haben. Vorne am Steg wird es sehr eng. Erst als die meisten dort vorbei sind, beginne ich mit dem Schwimmen. Obwohl ich die Brille gut vorbereitet habe, läuft mir das Wasser hinter die Gläser. Anhalten, auslehren, aufsetzten, wieder Wasser drin, anhalten auslehren, aufsetzten, wieder Wasser drin.... so geht das ca. 800 Meter lang. Einmal drücke ich die Brille aus Versehen so fest gegen das Gesicht, dass ich angst um meinen Augapfel habe, beim Versuch, die Brille wieder abzuziehen, wird es nicht besser. Mit den gut geschnittenen Fingernägeln, man möchte beim Anziehen ja den Neopren nicht gefährden, versuche ich die Brille vom Rand aus zu lösen. Als das endlich gelingt, sehe ich für eine Weile weiße Sternchen mit dem linken Auge. Irgendwie finde ich das jedoch alles lustig, denn es hat, zu meiner großen Erleichterung, wirklich keine Feuerquallen. Schließlich sitzt die Brille perfekt und ich kann gemütlich meine Züge schwimmen.

 
 

 
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