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Laufberichte

Nürburgring-Lauf: Mit Lust durch die „Grüne Hölle“

20.08.11


Nürburgring-Veteranen

 

Es gibt sie ja überall. Überall dort, wo ein Lauf ein paar Mal stattgefunden hat: Nämlich diejenigen, die alle bisherigen Austragungen mitgemacht haben. Und wenn das mal deutlich mehr als 10 Veranstaltungen waren, dürfen sie sich auch, ohne sich zu schämen, Veteranen nennen. Insbesondere dann, wenn sie sich bereits zum sage und schreibe 31. Mal an die Strecke heranwagen.

Insgesamt sind es heute noch 15, die alle Läufe mitgemacht haben, auf dem Foto habe ich sie verewigen können. Und drei von ihnen werden sich zum 31. Mal sogar an die Königsstrecke heranwagen, nämlich Heinz Sindorf (M 70), Wolfgang Rausch (M 60) und Franz-Josef Zander (M 60). Hans-Ulrich Lang, der „Chef“ der Nürburgringlauf-Veteranen, hat wieder ein T-Shirt anfertigen lassen. Hans-Ulrich ist 82 Jahre alt und kommt von der Schwäbischen Alb! Das toppt sogar noch das 85jährige Klärchen, die am letzten Sonntag als älteste Teilnehmerin die 8 km des Women’s Run in Köln in flottem Tempo hinter sich gebracht hat. Beeindruckende Bilder, sowohl als auch!

Von diesen Herren und der Dame abgesehen – welch für mich heute noch klangvolle Namen haben sich am Nürburgring schon in die Sieger- und Platziertenlisten eingetragen! Um nur einige zu nennen: Hans-Jürgen „Sehne“ Orthmann (sechsmaliger Sieger), Wolf-Dieter Poschmann, Liane Winter, Klaus Wasser, Ralf Salzmann, Charlotte Teske, Eddy Hellebuyck, die Mockenhaupts (Mama, Papa und „Mocki“), Birgit Lennartz, Uwe Honsdorf und und und… Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß schon mir viele Namen damaliger Spitzenathleten leider nichts mehr sagen.

 

Et jeht loss

 

Ich muß jetzt aber aufhören, in der Vergangenheit zu schwelgen, denn glücklicherweise gibt es ja auch noch die Gegenwart. Es ist mittlerweile halb neun und eine Viertelstunde vor dem Start. Spannung und Nervosität steigen wie beim Formel 1-Rennen, wenngleich kein Motorendröhnen, sondern nur Stimmengewirr zu vernehmen ist. Die Start- und Zielgerade der neuen Grand Prix-Strecke ist ein beeindruckender Rahmen für den Beginn dieses außergewöhnlichen Laufs. Wann steht man schon einmal dort, wo sonst die Motoren der Boliden brüllen? Wie man so hört, leisten die aktuell um die 750 PS zzgl. einiger zusätzlich temporär abrufbarer PS durch eine spezielle Art der Energierückgewinnung bei nur rund 650 kg Gewicht und sie beschleunigen – ach, was soll das, wir sind jedenfalls deutlich langsamer, bringen aber auch jede Menge Gummi auf den Asphalt.

Volles Rohr zu laufen – was für mich als mehr oder weniger (eher weniger) rasender Reporter halt so volles Rohr ist – kommt heute nicht in Frage, denn dies ist beileibe kein 08/15-Rennen und da sollen die Fotos ja die phantastische Strecke einfangen. So beabsichtige ich, an der einen oder anderen Stelle mal stehenzubleiben und genauer zu zielen, dann muß ich hinterher auch nicht so viele Fotos löschen. Gerne greife ich folgend die perfekte Laufbeschreibung von der Nürburgringlauf-Internetseite auf.

 

11,5 km vorwiegend bergab

 

Peng – der Startschuss fällt fast überraschend und die Flagge senkt sich. Mehrere tausend Läufer beschleunigen mehr oder minder lautlos entlang der Boxenmauer, die Stimmung ist super. Die scharfe Rechtskurve eingangs der „Mercedes-Arena“ ist kein Problem, ich muß nicht einmal herunterschalten. Die Strecke ist mit 18 Metern breit genug, Ausbremsmanöver sind unnötig. Ganz im Gegensatz zu anderen Veranstaltungen kann hier jeder sofort sein eigenes Tempo laufen. Kurz nach dem Start haben sich hier zwar schon viele Rennen entschieden, garantiert aber nicht beim Nürburgring-Lauf.

Die „Mercedes-Arena“ schlängelt sich in gewaltigen Asphalt-Dimensionen vorbei an einer riesigen, aber leider leeren Tribüne. Was mag hier zu großen Motorsportereignissen los sein! „Querspange“, „Kumho-Kurve“, „Bit-Kurve“, für motorisierte Rennfahrer sind diese Passagen durchaus anspruchsvoll, für Läufer ein Genuss, ich schieße ein Foto nach dem anderen. Dann geht’s runter durch den „Rheinland-Pfalz-Bogen“ und über die „NGK-Schikane“ erstmals ordentlich über rund 50 Höhenmeter bergauf. Nach knapp vier Kilometern ist die erste Etappe geschafft, die Laufstrecke mündet vom Grand Prix-Kurs in die legendäre Nordschleife. Hier können wir mal ein frisch geharktes Kiesbett aus nächster Nähe bewundern. Durch die für mich etwas unklare Kilometrierung weiß ich erst nach dem 4. Km, wie schnell ich unterwegs bin.

Jede Menge Radfahrer haben schon ihre Zelte für das kommende Rad-Großereignis (u.a. 24 h-Rennen) aufgeschlagen und spenden respektvoll Beifall. Das tut richtig gut und verbindet uns über die Sportart-Grenze, wobei das Ausüben von beidem für Triathleten ja selbstverständlich ist und auch mich wochenlang bei meinem Zehenbruch über Wasser gehalten hat. Mannomann, die Ersten grillen schon und der Duft zieht mir in die Nase. Gemein!

Respektvoll hatte Formel 1-Legende Jackie Stewart die Nordschleife einst „Grüne Hölle“ getauft und so wird sie auch heute noch gerne genannt. Wer die überlebt, muß ein Held sein! Und damit das keiner übersieht, steht dies kurz vor dem Zieleinlauf unübersehbar auf dem großen Erdinger-Bogen. Die Piloten schneller Boliden haben ihre liebe Mühe, um durch das „Hatzenbach-Geschlängel“ über „Hocheichen“ runter zur „Quiddelbacher-Brücke“ zu gelangen. Für Läufer dagegen läuft’s locker – immer bergab. Und genau das ist das Verhängnisvolle für Unerfahrene oder Vergeßliche: Man neigt dazu, hinabzufliegen und zu verdrängen, daß es ein Rundkurs ist. Heißt: Was an Höhenmetern verloren wird, muß auch wieder erarbeitet werden.

Kaum sind 5 km gelaufen, steht schon der erste am Rand und dehnt. Ob das noch gut gehen wird? Der eine oder andere ist schon schwer am Schnaufen, dabei ist dies bisher mit Sicherheit der leichteste Teil gewesen. „Flugplatz“, „Schwedenkreuz“, „Aremberg“, es gibt keinen Kampf mit der Ideallinie, nur die pure Freude an der wunderschönen Eifellandschaft und dem Gefühl, über nicht gerade alltäglichen Asphalt zu laufen. Ich empfinde das als wirklich erhebend, dieses Gefühl sollte sich jeder wenigstens einmal gegönnt haben, auch wenn es „nur“ 22,4 km und damit ein „Unterdistanzlauf“ ist. Gerade beim ersten Mal. Macht doch, wie ich, einen Trainingslauf daraus, ich möchte das Erlebnis nicht missen.

Weiter geht es die „Fuchsröhre“ runter und wieder hoch zum „Adenauer-Forst“. Wald rückt an den Streckenrand und beweist den Namen „Grüne Hölle“ nachdrücklich; die paar Meter bergauf sind locker zu bewältigen. Noch. Doch das wird sich nachhaltig ändern. Rechts, links, rechts – man fühlt beim Laufen schon fast, welche muntere Kurvenfahrt dieser Streckenabschnitt bei Motorisierung zu bieten hat, auch die meisten Läufer versuchen, Ideallinie zu laufen. An einigen Stellen hat man riesige Vorratsbehälter mit Wasser aufgestellt. Für die Radfahrer? Einigen von uns ist das wurscht und sie greifen gerne zu. „Metzgesfeld“, „Kallenhardt“, „Wehrseifen“, und dann ist „Breidscheid“ in Sicht, der tiefste Punkt der Strecke, 300 Höhenmeter unter Start und Ziel.

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