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Laufberichte

Maratona Ferrara: Weltkulturerbe am Po

20.03.16 Special Event
 

 

Erste Abkühlung

 

Auf der langen geraden Landstraße weg aus Ferrara kommt die erste Schwammstelle. Ich hab meinen Schwamm aus der Startertüte dabei und bediene mich gerne. Die Sonne hat schon Kraft und ich möchte früh Abkühlung.

Ein Straßenschild zeigt uns die nächsten zu durchlaufen Ortschaften Focomorto und Portagradella an. Km 8 ist vorbei und wir verlassen das Stadtgebiet Ferraras. Die Po-Ebene nimmt uns auf. Die Landschaft ist absolut flach.

In Focomorto stechen die blühenden Kirschbäume und Magnolien ins Auge. Auf den Feldern sieht es so aus, als ob jemand flächendeckend Sand verstreut hat. Das liegt daran, dass die Po Ebene eine weite Aufschüttungsebene ist. Am Ortsende von Focomorto ist Km 10 erreicht und eine Zeitmessmatte und ein Ristoro warten auf uns. An der Verpflegungsstelle (VS) gibt es neben Wasser und Iso auch Essbares, Kekse und Obst zum Beispiel.

 

 

Wir können weit voraus sehen in der weiten Ebene. Ich laufe unverändert sehr kontrolliert. Nach drei Wochen Grippe bin ich erst seit einer Woche wieder halbwegs fit. Bei einem Marathon "vor der Haustür" in Deutschland wäre ich wohl nicht gelaufen. So aber bin ich froh, in Ferrara eine schöne Abwechslung zu haben und lasse es gaaaanz gemütlich angehen.

Ich mag diese Landschaft, die Menschen und ihre Mentalität. Die wenigen Zuschauer grüße ich gerne mit einem freundlichen "Buon Giorno" und ernte ein freundliches Echo. Ein Entwässerungskanal ist zu überlaufen. Vorher ist eine VS aufgebaut, bei der mir das Wasser im Munde zusammen läuft. Es gibt Salami! Da lasse ich mich nicht lange bitten und greife zu, ebenso beim Kuchen, beim Hartkäse und den Minipizzen. Herrlich. Ich hab ja auch alle Zeit zum Genießen.

 

Pontegradella wird erreicht

 

Nach der Brücke über den Kanal geht es über die SP 20.. Auch hier sind wieder herrlich blühende Bäume zu sehen, Zuschauer dagegen nur wenige. Die Strecke ist übrigens bestens abgesichert und verkehrsfrei. Das kenne ich aus dem Süden Italiens auch anders. Wir können von der geraden Landstraße wieder in weiter Entfernung die vor uns laufenden Mitläufer sehen.

Km 14 wird passiert. Ein Drittel ist rum. Soviel bin ich seit vier Wochen nicht mehr am Stück gelaufen. Wir sind wieder im Stadtgebiet von Ferrara und eine VS bietet Kekse, Bananen und Apfelsinen- und Apfelstücke. Ich kühle wieder den Kopf mit Wasser. Das ist  nun schon wirklich notwendig, denn die Sonne hat ordentlich Kraft.

 

 

Kurz nach Km 17 verlassen uns die Halben und es wird ruhiger auf der Strecke. Gerne hätte ich jetzt auch nur noch vier Km bis ins Ziel. Aber ich richte mein Augenmerk auf das Schild "Destra Po". Der Strom ist nun mein nächstes Ziel. Dahin will ich laufend kommen. Dann sehen wir mal weiter.

Auf der Landstraße kommen uns jetzt auf der linken Spur Autos entgegen. Die rechte Straßenseite bleibt uns Läufern vorbehalten. Alle fahren ruhig und gesittet. Erneut verlassen wir das Stadtgebiet Ferraras. Km 20 und eine weitere VS lassen mich wieder zwecks Nahrungs- und Getränkeaufnahme stoppen.

 

Interkultureller Spaß

 

Läufer habe ich jetzt nur noch wenige um mich. Alle die ich sehe und fotografiere haben jedoch großen Spaß. Klaus, wo kommst du her? Bist du Deutscher, höre ich mehr als einmal. Gut, dass ich drei Wörter Italienisch kann, Interkultureller Spaß zum Laufgenuss ist sicher. Die Hälfte der Strecke ist erreicht. Wir laufen über eine Zeitmessmatte und ich fühle mich gut. Vor einer Woche hatte ich nicht zu hoffen gewagt, so weit zu kommen.

Es macht weiterhin richtig Spaß, durch die weite, flache Po Ebene zu laufen. Aber es wird warm. Nicht nur ich leide unter der aufkommenden Hitze. Bei Km 26 wird Francolino erreicht. Endlich, denn nun ist der Po nicht mehr weit. Durch den Ort geht‘s noch hindurch, danach aber wartet der kurze Aufstieg auf den Podeich auf uns.

 

 

Und da liegt er vor uns, der breite, 652 km lange Strom. Auf dem Deich ist ein asphaltierter Weg gut zu laufen. Allerdings weiterhin in voller Sonne. Schatten ist Fehlanzeige. Ich genieße trotz zunehmender Schlappheit das kilometerlange Laufen entlang des majestätischen Stroms. Am gegenüberliegenden Ufer sieht man sehr schön an der hellen Färbung den sandigen Untergrund der Po Ebene. Und an den Abrissen läss sich erahnen, welche enormen Kräfte der Strom bei Hochwasser entwickeln kann. Hoffentlich halten die Deiche, denke ich mit Blick auf das tiefer gelegene Francolino.

 

Stop and Go

 

Km 30 wird auf dem Deich passiert. Ich kann noch laufen, aber es fällt von Meter zu Meter schwerer. Bei Pontelagoscuro verlassen wir den Deich. Es geht unter einer Eisenbahnbrücke hindurch. Im Ort wartet etwas, dass nicht nur ich schon des Längeren ersehne. Auf der linken Straßenseite bietet sich einige hundert Meter Schatten. Ab nach links.

Ich treffe eine Abmachung mit mir. Bis Km 34 wird gelaufen, dann wird bei jedem neuen Km-Schild eine halbe Minute gegangen. Aber schon das erste Wiederanlaufen geht schief. Mir tut mittlerweile das Kreuz dermaßen weh und ich bin so schlapp, dass ich eine längere  Verschnaufpause brauche. Daran können auch die leckeren im kleinen Becher an den kommenden VS angebotenen Rosinen nichts ändern. Ich gehe bis Km 38, danach kann ich wieder den größten Teil ins Ziel laufen.

 

 

Trotzdem bin ich glücklich, überhaupt so weit gekommen zu sein. An einer VS überholt mich ein Paar mit Nachwuchs im Babyjogger. Und da taucht auch mein Freund Daniele auf. Noch trägt er locker sein 4.30 Std. Pacemakertrikot mit Luftballons. Ich werde ihn noch einmal sehen.

Wir verlassen die Straße und laufen hinein in den Parco Urbano G. Bassani. Längst sind wir wieder auf Ferrareser Stadtgebiet. Im Park wartet der ultimative Höhepunkt der Strecke auf uns. Es ist eine 50m lange Wendepunktpassage kurz nach Km 37. Nach der Wende geht es zurück und dann nach rechts weiter durch den Park. Mir fällt eine blinde Läuferin am Führungsseil ihrer Führungsläuferin auf. Respekt!

Eine Holzbrücke führt über einen kleinen See, zweimal geht es rechts ab und dann sind wir auch schon vor der Altstadt. Die Stadtmauer liegt vor uns. Die zu querende Via Riccardo Bacchelli ist mustergültig abgesperrt. Es geht entlang der Stadtmauer.

 

Schaulaufen

 

Ich bin wieder soweit hergestellt, dass ich langsam antrabe. Schön, so im Grüngürtel entlang der Stadtmauer zu laufen. An der Punta della Montagnola biegen wir rechts ab und bleiben hart an der Mauer. Vorbei an der Porta e Torrione di S. Giovanni geht es bis zur Punta della Giovecca. Und wieder in die Altstadt.

Km 41, das Ende kommt näher. Die Straße kenne ich bereits von meinen Besichtigungstouren. Linker Hand ist der Palzzina Marfisa d'Este. Rechts taucht die Kirche  Santa Chiara auf, links der Parco Pareschi.

 

 

Endlich ist das Castello zu sehen. Eine letzte Biegung und das Ziel liegt vor mir. Nur noch wenige Meter entlang des Castello, das ich noch nie so schön gesehen habe wie in diesem Moment. Die letzten Meter zur Piazza Savanarola sind mit rotem Teppich ausgelegt. Zuschauer stehen kaum noch am Rande. Aber die wenigen die da sind, feuern mich an.

Glücklich, aber total kaputt erreiche ich das Ziel nach 4.50 Stunden. Geht doch. Über die Art und Weise wie ich gelaufen bin, will ich nicht weiter nachdenken. Der Lauf bleibt mir jedoch aufgrund der beeindruckenden Landschaft in guter Erinnerung.

Ich lasse mir die verdiente Medaille umhängen und mache noch Fotos von einlaufenden Läufern. Und wer kommt da? Es ist Daniele, nun ohne Ballons und Pacemakertrikot. Wir quatschen noch etwas, dann gehe ich zur Verpflegung auf der Piazza Trento Trieste. Das muss ich sagen, Start und Zielgelände haben was. Mit Blick auf die Kathedrale die Zielverpflegung (Ristoro Atleti) zu genießen, das lasse ich mir gefallen.

Auf die 200 m weiter befindlichen Duschen verzichte ich, mein Hotel ist ja nur wenige Schritte weiter entfernt. Nach dem Duschen komme ich jedoch einmal zurück und labe mich an den Verkaufsständen. Focaccia mit Sardellen, lecker.

 

Fazit

 

Perfekte Organisation, sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Die Anmeldung kostet bis zum 31.12. schlappe 26,00 €. Kategorie: Interessanter Lauf im Frühling. Gut mit einem Urlaub zu kombinieren. Ferrara und das nahe Bologna bieten reichlich Sehenswürdigkeiten. Dazu gibt italienisches Flair und Dolce Vita mit Cafes, Restaurants, Trattorias, Bars usw.

Grazie Corriferrara. Arrivederci!

Es waren übrigens keine Läufer aus Ostafrika am Start. Gewonnen hat bei den Frauen Josann Attard Pulis (MLT) in 2.52,51 Std. und bei den Männern Andrea Aragno (ITA) in 2.27,14 Std.

Finisher: 819

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