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Laufberichte

Marató Costa Daurada in Tarragona

17.01.16 Special Event
 

Ganz nett so ein Aussichtspunkt, aber nun folgt der römische Circus, dessen Ende wir umrunden. Seit dem Jahr 2000 besitzt das archäologische Ensemble von Tàrraco die Auszeichnung UNESCO-Welterbe. Viele Zeugnisse aus römischer Zeit kann man noch besichtigen. Die berühmte Kathedrale, erbaut zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert, steht auf den Sockeln römischer Tempel. Der Platz vor dem Rathaus war früher Teil der Kampfbahn. Ein Forum und die Reste eines römischen Theaters gibt es zu sehen. Die gesamte Fläche von hier oben bis zum Hafen soll einmal von einer römischen Stadt bedeckt worden sein.

Sportlich sollte man noch die Castells erwähnen, Menschenpyramiden, die auch in dieser katalanischen Stadt gerne gebildet werden. Die Gruppe der Colla Jove dels Xiquets de Tarragona schaffte 2014 den Aufbau einer 3de10fm-Pyramide. Das bedeutet in etwa: 10 Personen hoch. Pro Standardebene 3 Personen. Die 1. bis 3. Ebene mit zusätzlichen Personen verstärkt. Das lebensgroße Denkmal einer solchen Pyramide steht an der Rambla Nova. Man möchte lieber nicht daran denken, welch ungeheures Gewicht auf den Schultern eines Trägers der unteren Ebene lastet. Einstürze gibt es auch, die heißen auf Katalanisch fer llenya“ („Kleinholz machen“). Da bleiben wir lieber bei unseren Leisten und laufen teuer gefedert weiter dem Ziel entgegen.

Über vier Kilometer geht es jetzt Richtung Barcelona auf der Via Augusta. Zunächst erwartet uns ein besonders eindrucksvolles Viertel: eine zypressengesäumte Allee mit noblen Villen, gegen die  die Elbchaussee alt aussieht – obwohl die einzelnen Anwesen in Hamburg vermutlich pompöser sind.

Die Via Augusta geht langsam in mediterrane Küstenvegetation über. Jäh werde ich aus meinen Träumereien von goldenen Sandstränden gerissen, als ein Zug laut pfeifend an uns vorbei rauscht. Haselnussplantagen und Weinanbau soll es um die Stadt herum geben.

Nein, flach ist dieser Kurs nicht. Kurz vor der Kehre geht es noch mal einige Meter bergab und dann natürlich sofort wieder hinauf. Nach dem Überqueren der Stadtgrenze schwenken wir zur breiten Platja de l'Arabassada ab, 500 Meter lang und wunderbar anzusehen. Vor dem ersten Schnee in Süddeutschland sind wir geflohen und laufen nun unter Palmen. Ich rufe den Ausflüglern zu, wie schön sie es hier haben.

Ein kurzes Stück laufen wir über eine Landzunge. Hinter den hohen Mauern kann man wieder großzügige Anwesen vermuten. Wir kommen erneut zum bekannten Stadtstrand. Rechts oben die Mauern des Amphitheaters, dann ein Blick auf den Balcó del Mediterrani samt Geländer weit über uns.

Trommelgruppe und Zieldurchlauf bei km 25. Der Ordner am Kreisel vor dem Fischerviertel  schwenkt eine Stoffnudel und gibt mir damit einen Klaps auf den Hintern. Olala.

Es geht nun an den neuen, hängenden Gärten an der rückwärtigen Wänden der Antigua Tabacalera vorbei. Die 30-km-Läufer dürfen wenden. Wir müssen noch mal ein wenig bergauf. Den großen Kreisel Placa Imperial Tàrraco sehen wir nicht. Wir drehen eine Querstraße vorher ab und gehen auf Tour Richtung Valencia. Damit haben wir den Großteil der (selbst gemessenen) 160 Höhenmeter absolviert.

Zwischen Wohngebiet und Industrie laufen wir dahin. Mir fällt auf, wie oft ich in den letzten zwei Tagen schon Fußballspieler gesehen habe. Ein Hund jault herzzerreißend auf einem Balkon. Schönere Musik gibt es wieder bei der Verpflegungsstelle: Wasser und Iso-Flaschen. Leider mit 0,5 Litern Inhalt recht groß. Bananen, Obst und dreimal Gel. Was will das Läuferherz mehr? Zahlreiche Inline-Skater begleiten uns und versorgen uns bei Bedarf mit Getränken und Energiegel, sowie mit Balsam gegen müde Muskeln. Bei Sonderwünschen sieht man sie auch mal zum nächsten V-Punkt rasen und Nachschub holen. Toilettenhäuschen sucht man dagegen vergebens.

Schöne Blicke bieten sich auf die moderne Skyline der Stadt, bevor es wieder zu den Fischern geht. Dort wird nun üppig getafelt. Der Geruch von Holzkohle liegt in der Luft. Das Ziel umlaufen wir direkt am Hafen vorbei, da wir nun aus der „falschen“ Richtung kommen. Mir macht das wahnsinnig viel Spaß heute. Die Stimmung im Zielbereich ist super. Leider fehlen noch 6,5 Kilometer, die wir auf der Mole zurücklegen müssen.

Zu lange brauche ich am Verpflegungspunkt 35. Judith zieht davon. Pro Kilometer bin ich 10 Sekunden zu langsam. Und nun kommt auch noch Gegenwind auf. Xavier, mit dem wir seit dem Start zusammen laufen, legt sich noch einmal richtig ins Zeug. Laufe ich schneller auf schwarzem oder rotem Teer? Alle 250 Meter stehen Markierungen der Hafenlaufstrecke. Die Marathon-Kilometer fehlen hier jetzt leider. Wahrscheinlich wurden sie vom Winde verweht. Erneut die Wendestelle am Leuchtturm. Der Gegenwind wird nicht wie erhofft zum Rückenwind, sondern scheint aufgehört zu haben. Der Vier-Stunden-Pacemaker samt Anhang zieht vorbei. Ich quäle mich. Fotos habe ich auf den ersten Kilometern hier schon gemacht. Leider reicht es für mich heute nicht für eine Zeit unter vier Stunden. 25 Sekunden trennen mich davon.

Die Medaille ziert natürlich auch das berühmte Geländer. Die gute Zielverpflegung beinhaltet Getränke, Obst, Nüsse und Donuts. In der nahen städtischen Schwimmhalle kann man duschen. Ich sehe den tätowierten Brian Mills, der über 1.100 Marathons beendet hat, unter anderem auch kürzlich in Málaga. Er bedankt sich für meinen Glückwunsch und geht davon. Nicht sehr gesprächig der Mann.

Die Siegerehrung der Altersklassen ist den Katalanen vorbehalten. Auffallend, dass nur 37 Damen den Marathon beendeten. Das sind 7,1 Prozent von 521 Finishern. Beim 30-km-Lauf kamen 257, beim 10-km-Lauf 490 Teilnehmer/innen ins Ziel. Der Zeitnehmer veröffentlicht leider keine Nationen, sodass ich nur melden kann, mehrere Briten, Franzosen und Italiener an der Sprache erkannt zu haben. Österreicher müssten auch am Start gewesen sein, da Klagenfurt eine Partnerstadt Tarragonas ist. Für mich außerdem immer wieder ärgerlich, dass in Spanien die Bruttozeit einen sehr großen Stellenwert hat und in Tarragona als offizielle Zeit auf der Urkunde steht. Pech für den, der weiter hinten startet. So wie heute auch Judith, die brutto zwar die 4 Stunden überschritten hat, netto aber fast eine Minute darunter blieb.

Viele Einwohner Barcelonas kommen gerne nach Tarragona, wenn sie es etwas ruhiger haben wollen. Und ruhig fällt auch der Sonntagnachmittag aus. Wir fahren mit dem Bus zum „Pont del Diable“ („Teufelsbrücke“), einem römischen Aquädukt vor der Stadt, den man auch betreten darf. Ein Bauwerk, welches schon 2.000 Jahre hält! Dann zurück in die Stadt, um festzustellen, dass fast alle Geschäfte geschlossen sind und die Restaurants erst um 20:00 Uhr öffnen. Also warten. Nach einem für spanische Verhältnisse frühen Abendessen fallen wir in einen bleiernen Schlaf.

 

 

Der Marató Costa Daurada in Tarragona hat sich als Glücksgriff für Judith und mich herausgestellt. Ein sehr gut organisierter, preisgünstiger Stadtmarathon mit Zuschauern und etwas Musik. Und das alles bei optimalen Lauftemperaturen im Januar. Tarragona könnte dank seiner guten und günstigen Fluganbindung ein fester Bestandteil des deutschsprachigen Marathonkalenders werden.

 

Sieger


1 MOSTAFA BENSLIMANE    02:27:54
2 ELIAS SALVADOR DOMINGUEZ CABRAL 02:29:35
3 SERGIO MONTES MOLINA   02:37:05

 

Siegerinnen

 

1 MIREIA SOSA PEREZ    02:53:39
2 CLARA ANGELICA ESPARZA CHAVEZ  02:55:43
3 ANNA RIERA PLA     03:06:44

 

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