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Laufberichte

Freundschaftsmarathon von Grodno nach Druskininkai

18.07.15 Special Event
 

Die Landschaft links und rechts der Strecke auf den folgenden 8 km bis zur 30 km-Marke hat sich nur geringfügig verändert, es ist teilweise durch Zäune abgegrenztes militärisches Grenz-und Sperrgebiet, dass man nicht betreten darf, wie auf Tafeln mit roter Aufschrift zu lesen ist. Alexander, der gestern unser Guide in Grodno war, steht dort als Kontrollposten und notiert die Startnummern. Er fragt, wie es mir geht, worauf ich antworte, dass mir das wellige Gelände ziemlich zusetzt. Bei der Labe dahinter  bleibe ich stehen und gönne mir zwei Becher Wasser und ein Gelpäckchen, worauf mich ein Helfer fragend ansieht. Ich sage mit russischer Betonung „што стрыхнін“ (das ist Strychnin) – damit die Muskeln in Schwung kommen.  Alle lachen, denn dieses hochgiftige Alkaloid bewirkt genau das Gegenteil. Ein kleiner Scherz muss sein.

Vor der Grenze zur Litauen stehen LKWs in einer langen Schlange, die auf die Abfertigung durch die Kontrollposten warten – das wird sich über mehrere Stunden hinziehen. Wir Läufer werden durchgewinkt, müssen uns auf der linken Spur halten. Bei Km 32 gelangen wir auf litauisches Staatsgebiet, irgendwie bin ich froh darüber, denn man hat Respekt vor der Staatsmacht in Form von uniformierten Personen.

Auf dem folgenden Streckenabschnitt  bis 35 überhole ich einige Läufer, die bereits gehen, auch die Nr. 21, der bei Kilometer 12 an mir scheinbar locker vorbeizog. Bei Km 37 folgt die Abzweigung nach Druskininkai, die von einem Aufgebot an Einsatzkräften mit Fahrzeugen abgesichert wird – man hätte auch gerade weiterlaufen können. Erneut überhole ich drei Läufer, die meinen Austritt ins Gebüsch bei Kilometer 21 nutzten, um an mir vorbeizukommen.  

Die letzten drei Kilometer führen durch die Stadt, vorbei an der Bushaltestelle und am Druskonissee, auf dem reger Ruderbootsverkehr an diesem schönen  Sonntag herrscht. Durch den Park kommt mir aus der katholischen Kirche in Backsteinfarben eine längere Prozession  entgegen, die ein Laufen unmöglich macht – ich versuche außen seitlich über die Wiese vorbeizukommen. Bis zum Ziel nahe dem Aqua Park sind es noch ca. 500 m, ich finishe mit  5:12. Mario Sagasser läuft ein Stück mit und fotografiert. Vytautas beglückwünscht mich zum Finish und hängt mir eine wunderschön designte Medaille um, die den Freundschaftsgedanken zwischen den beiden Staaten Belarus und Litauen durch die jeweilige Fahne und dem abgebildeten symbolischen Händedruck verkörpert.

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Jetzt kommt aber der eigentliche Stress für mich: die Rückgabe des Reisepasses dauert 10 Sekunden, mein Gepäck steht in einem Plastiksack zugeklebt auf der Wiese neben dem Bus, der alle Gepäckstücke  von Grodno zurückbrachte. Die Läufer haben Gelegenheit, im Wasserpark zu duschen.  Das vollzieht sich ein wenig umständlich, weil man sein Gepäck erst in einem Schließfach elektronisch versperren muss und nur Mini-Umkleidekabine bereitstehen.

Um 13 Uhr 30 bin ich geduscht und begebe mich auf die Bühne zu Vytautas, der gerade die letzten Vorbereitungen für die Siegerehrung trifft. Ein Mitarbeiter würde ab ca. 14 Uhr 30 nach Vilnius fahren, aber wegen des Sonntagsverkehr und der 130 km ist mir das zu knapp. Für das Taxi zahle ich 70 Euro und erreiche meine Anschlussverbindung.

Für mich hat sich der verlängerte Aufenthalt vor unserem Urlaub gelohnt – von Grodno und Belarus nehme ich einen durchwegs positiven Eindruck mit. Auch westliche Propaganda muss man zeitweise hinterfragen, die Menschen in Weißrussland leben in einem geordneten Land. Die Identifizierung mit Sport, sei es Eishockey, Leichtathletik und Fußball spürt man im Stadion von Grodno und in der Haltung der Offiziellen bei der Ansprache vor dem Start und den vielen im Stadion zur Schau gestellten Trophäen.

Vytautas Luchinskas  verdient als Geburtshelfer des Freundschaftsmarathons und stets bemühter Organisator ein herzliches Dankeschön, unser Lob und unsere Anerkennung. Ich wünsche mir, dass in den kommenden Jahren der Marathon weiter wachsen möge und mehr internationale Läufer vor allem aus dem westlichen Ausland dran teilnehmen.

Sieger bei den Herren:

1.    Stsiapan Rahautsou (BLR): 2:29:51
2.    Yuri Kaptserau (BLR): 2:29:54
3.    Oleksadre Holovnytskyy  (UKR): 2:35:37

Reihenfolge bei den Damen

1.    Sofiya Yaremchuk (UKR): 2:51:16
2.    Volha Kaminskaya (BLR): 2:55:05
3.    Khrystyna Bogomiagkova (UKR): 2:57:37

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