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Laufberichte

Dr. Nielsen Vinterhygge-Marathon (DK)

19.01.14 Special Event
 

Es gibt wirklich wenige Marathons, die sich in solch kurzer Zeit dermaßen zum Kult-Event entwickelt haben wie der Dr. Nielsen Vinterhygge-Marathon, der am 19.01.2914 zum 5. Mal stattfand und damit bereits ein erstes kleines Jubiläum feiern durfte.

Schon bei der ersten Auflage im Januar 2010 hatte die Nachfrage alle Erwartungen gesprengt: Statt der eingeplanten 100 Startplätze mussten die Veranstalter um Niels Præstiin und Roland Christiansen damals knapp 200 Läufer/innen akzeptieren, die mit viel Spaß bei damals arktischen Bedingungen die Wendepunktstrecke im Vejle Aadal zwischen dem Start und Ziel am DGI-Huset in Vejle und dem Wendepunkt am ehemaligen Bahnhof Bindeballe unsicher machten. Inzwischen wuchs das Teilnehmerlimit Schritt für Schritt bis auf diesmal 500 Läufer/innen an, und bislang war der Lauf trotzdem in jedem Jahr frühzeitig ausgebucht.

Der namensgebende Dr. Nielsen ist ein Kräuterschnaps, in etwa vergleichbar mit unserem Jägermeister. Er sollte damals gegen die Kälte und zugunsten der „Vinterhygge“ (= Wintergemütlichkeit) am Wendepunkt in Bindeballe angeboten werden. Doch da hatten die Helfer gleich beim ersten Lauf 2010 eine ganz andere Meinung: Sie verteilten das Schnapskontingent gleichmäßig über alle vier VPs (von denen drei je zweimal angesteuert werden) und halfen selbst „aufopferungsvoll“ bei der Schnaps-Vernichtung mit. Letztlich hielt sich der Schnapskonsum zwischen Läufern und Helfern wohl einigermaßen die Waage.

Die Stimmung war jedenfalls unschlagbar gut und hielt weit über das anschließende Duschen, Sauna und das super reichliche Büffet, das inzwischen ebenfalls legendär ist, hinaus...

Inzwischen ist der Dr. Nielsen Vinterhygge-Marathon für die „Teichwiesen Friends On Tour“ längst ein erster Fixtermin im Jahreskalender, und wer von uns einmal hier mit von der Partie/Party war, fehlt allerhöchstens noch bei Krankheit oder Verletzung. Also fast nie.

Diesmal reisten wir – in drei Fahrzeugen – zu acht an: Tammo Seemann und Ingo Poehl fuhren zusammen mit Tammos Partnerin Maja bereits am Vortag von Oldenburg nach Vejle und übernachteten vor Ort, um bestmöglich ausgeruht antreten zu können. Christine Schroeder fuhr von Hamburg separat, um unmittelbar nach dem Finish wieder gen Hamburg aufbrechen zu können. Peter Wieneke, Rainer Pufahl und ich fuhren ab Sasel bis zum schwedischen Möbelhaus in Schnelsen zu dritt und stiegen dann zu Kirsten und Hubertus Stahlberg um, die unser Quintett gut und sicher hin- und zurückbrachten.

Gegen 8.15 Uhr trafen wir im DGI-Huset in Vejle ein, knapp vor Christine, die wir auf der Autobahn kurz vor Vejle noch überholt hatten. Die Startnummernausgabe klappte reibungslos, und wir konnten unser Startgeld (DEK 300) auch problemlos in bar (40 Euro) entrichten. Jetzt noch schnell fertig umziehen, das Gepäck abgeben und dann stand der Teilnahme am traditionell-üppigen Frühstück nichts mehr im Wege. Allenfalls noch die vielen Begrüßungen, ist dieser inzwischen (nach Kopenhagen und Odense) drittgrößte dänische Marathon natürlich auch eine Art „Familientreffen“ mit ganz vielen unserer dänischen Lauffreunde!

Wenige Minuten vor 9 Uhr versammelten sich die rund 20 Frühstarter draußen vor dem DGI-Huset, und nach einer kurzen Nummernkontrolle waren wir auch schon unterwegs...

Zunächst galt es die üblichen – oder in diesem Jahr eher: die leicht veränderten üblichen Auftaktschleifen über den DGI-Parkplatz zu laufen, ehe wir in Richtung Vejle Ådal aufbrachen.

Christine und Rainer liefen zusammen mit Elisabeth Skibsted etwa 50-100 Meter vor uns, ich lief mit Bernd Neumann (m4y), und dicht hinter uns folgten Peter und als Schlusslicht Toni E. Kjaer, langjähriger dänischer Lauffreund und in seinem Heimatland eine Mischung aus Lauflegende und „Dinosaurier“. Er ist inzwischen über 70 und beendet die meisten seiner Marathons als Letzter. Umgekehrt hat er (ebenso wie wir) in Dänemark den Sonderstatus, dass ein Lauf unabhängig vom Zeitlimit erst zu Ende ist, wenn er im Ziel eintrifft.

Nach rund 3 km ließen wir die letzten Häuser von Vejle hinter uns und befanden uns nun auf der Trasse der ehemaligen Vejle-Vandel-Jernbane, einer vom 10.09.1897 bis zum 31.03.1957 betriebenen, 28,3 km langen Eisenbahnlinie zwischen Vejle und Vandel, die ab dem 21.05.1914 noch 18,9 km weiter bis Grindsted verlängert worden war. Heute ist die Trasse Radweg und zugleich Teil des 120 km langen Kyst til kyst stien (Küste-zu-Küste-Wanderweg) zwischen Blavand und Vejle.

Während Bernd nun ein wenig Gas gab und zum Trio vor uns auflief, nahm ich ein wenig Tempo heraus und ließ Peter aufschließen. Schließlich wollten wir diesen Lauf genau wie seine Vorgänger genießen. Toni blieb mit immer größer werdendem Abstand noch geraume Zeit in Sichtweite.

Kurz hinter km 4 passierten wir eine schon seit mindestens zwei Jahren existierende und seither immer gleich aussehende Baustelle und erreichten km 5 gerade in dem Moment, in dem eine Helferin das Kilometer-Schild platzierte. Auch der erste Verpflegungsstand etwa 100 Meter später war noch im Aufbau. Die wesentlichen Dinge waren bereits parat, so dass wir uns zügig bedienen und weiter laufen konnten. Nur der „gute Doktor“ war noch nicht ausgepackt...

Den bekamen wir erst später am VP 2. Zuvor passierten wir die Jugendherberge in Skibet, unterquerten etwa bei km 7 die Landstraße 26 und erreichten einen Kilometer später das alte Rittergut Haraldskær aus dem 15. Jahrhundert, das heute Hotelanlage und Lehrerseminarstätte ist.

Bei km 10,5 wurde es wieder interessant: Rechts der Strecke sahen wir den zum Wohnhaus umfunktionierten ehemaligen Bahnhof Haraldskær Fabrik (die namensgebende mit Wasserkraft betriebene Fabrik war erst eine metallverarbeitende Fabrik, dann eine Kupferschmiede und produzierte zuletzt von 1872 bis 1922 Papier und Zellstoff. Gegenüber, also links der Strecke, wurden in einem Vorgarten Vogelhäuschen (vuglekaster) zum Preis von umgerechnet 5 Euro pro Stück angeboten. Und knapp 100 Meter später erreichten wir endlich VP 2:

Die Helfer dieses VP suchen sich jedes Jahr ein neues Kostümierungsthema aus: Zweimal (2010 und 2012) waren sie als Schneemänner (und -frauen) verkleidet, 2013 als Polizisten (mit einigen ergänzenden Eisenbahner- statt Polizeiuniformen) und in diesem Jahr als Nonnen und Mönche. Einige der Mönche warfen gerade ihre Kutten über, als wir eintrafen, während eine „Nonne“ – Hanne Bosse – bereits im Einsatz war und uns versorgte.

Peter, der alte Charmeur, schwärmte die nächsten Kilometer über von ihren schönen blau-grauen Augen...

Kurz hinter dem Bahnhof Vingsted Mølle, ziemlich genau bei km 13, überholte uns der führende Läufer mit der Startnummer 307, etwa 30 Meter dahinter ein Verfolger-Sextett und weitere 10 Meter dahinter ein einzelner Läufer in Rot, der offenbar gerade den Anschluss an diese Gruppe verlor.

Auf den nächsten zehn Kilometern sollte es nun wirklich kurzweilig werden: Immer wieder schlossen dänische Lauffreunde zu uns auf, umarmten uns, liefen ein Stück mit uns (und „zwangen“ uns dabei zu kurzen „Tempointervallen“), klönten nett, wobei wir einander immer wieder fotografierten.
„Vinterhygge“ („Wintergemütlichkeit“) halt...

Ole Cramer war einer von ihnen, Ib Jensen aus meiner „Eskorte 2000“, der am 06.04.2014 in Kolding seinen 100. Marathon laufen wird, ein anderer. Lars Sveneberg Tuxen, RD des Strynø Marathons 2011-2013 und ebenso Mitglied meiner „Eskorte 2000“  wie Dorthe Roslev, die mit „Bodyguard“ Ulrik Pihl unterwegs war. May-Britt Hansen, die ich seit dem Grand Union Canal Race 2010, das sie damals als erste Skandinavierin finishte, nicht mehr gesehen hatte. Gitte Jensen aus Sønderborg und viele, viele mehr...

Kurz hinter km 15 und direkt neben dem Bahnhof Ravning erwartete uns zwischendurch noch VP 3 mit dem vollen Sortiment an Leckereien und Getränken und natürlich mit Dr. Nielsen...

Wenige Meter später erreichten wir die Stelle, an der irgendwann zwischen 900 und 1100 n. Chr. die Ravningsbro gestanden hatte, eine aus rund 1800 Holzpfählen errichtete, 760 Meter lange und 5 Meter breite Holzbrücke über die Talenge bei Ravning, die seinerzeit von großer strategischer Bedeutung war. Die 1953 erforschte Brücke gilt als die einzige größere frühgeschichtliche Brücke Skandinaviens. An beiden ehemaligen Brückenköpfen, so auch direkt neben unserer Laufstrecke, sind kurze Brückenstücke rekonstruiert worden.

Vorbei am sehr versteckt liegenden ehemaligen Bahnhof Lihmskov (er ist durch einen großen Knick sehr gut sichtgeschützt) erreichten wir zusammen mit dem Hauptfeld die Wendeschleife rund um den Bahnhof Bindeballe. Hier liegen tatsächlich noch einige Gleise und stehen einige alte Waggons der einstigen Vejle-Vandel-Eisenbahn, an denen wir auch direkt vorbei liefen.

Hier ist auch traditionell die ausgelassenste Stimmung: Neben den üblichen Angeboten wie Obst, Rosinen, Schaumküssen, Salzstangen und Lakritz-/Weingummi-Konfekt, Cola, Wasser und Bier sowie natürlich Dr. Nielsen gab es hier auch den Bindeballe Schnaps, Hausmarke des benachbarten Kaufmannshofs von 1897 (heute teilweise Kaufmanns-Museum) sowie Grillwürste!

Wer wollte, bekam seine Portion Dr. Nielsen oder Bindeballe aus 5-ml-Spritzen (natürlich ohne Kanüle!) vom Helferteam direkt in den Mund „gespritzt“!

Eigentlich könnte man den Rest des Tages hier bleiben und es sich bei den fantastischen Helfern gut gehen lassen. Eigentlich...  Aber wir „mussten“ / wollten natürlich weiter, zurück nach Vejle und ins Ziel.

Waren wir bislang vom Ostwind schön geschoben worden, so durften wir uns auf dem Rückweg nun gegen selbigen durchkämpfen. Auf dem Hinweg war uns gar nicht aufgefallen, wie stark der Wind eigentlich war.

Aber Peter und ich waren ja nicht zum ersten Mal hier: Während Peter nur 2013 wegen einer OP gefehlt hatte, hatte ich alle bisherigen Dr. Nielsen Vinterhygge-Marathons und wir beide außerdem im Sommer 2012 auch noch den ersten Frøken Nielsen Summerlight Marathon („Frøken Nielsen“ ist ein Sommerschnaps derselben Firma!) „nach Hause“ gebracht.

Als eingespieltes Duo gaben wir einander abwechselnd Windschutz, klönten zwischendurch immer wieder mit den vereinzelten, uns überholenden Hauptfeld-Läufern und zogen unser ruhiges Tempo ziemlich gleichmäßig durch.

Zwischen dem VP 3/5 bei Ravning und dem VP 2/6 bekamen wir dann plötzlich Gesellschaft: Zwei nette und auch nett anzusehende Däninnen schlossen zu uns auf, blieben aber stets dicht hinter uns, ließen sich wieder zurückfallen, schlossen wieder auf...

Während wir uns am VP 6 versorgten und ich die „Nonne“ mit den grau-blauen Augen porträtierte (später erfuhr ich von RD Roland Christensen, dass sie Hanne Bosse heißt), klönten unsere Begleiterinnen munter mit den Helferinnen. An jedem folgenden Straßenposten verweilten sie kurz und gaben ganz offensichtlich die Freigabe zum Abbauen und Abrücken.

Und als Peter und ich dicht unter 6.18 h im Ziel neben dem DGI-Huset eintrafen, folgten sie uns immer noch und waren Lena und Camilla unsere ersten Gratulanten. Später erfuhr ich dann von RD Niels Præstiin, dass er die beiden auf uns angesetzt hatte.

In der Eingangshalle des DGI-Huset erhielten wir unsere Medaillen (in der Form einer Dr. Nielsen-Flasche) und eine gut bestückte Finisher-Tüte. Nach einem Kaffee am vorherigen Frühstückstisch, jetzt Ziel-Verpflegung, beschlossen wir in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit diesmal auf Duschen und Sauna zu verzichten.

Wir machten uns daher nur kurz etwas frisch und gingen gleich in die 1. Etage, wo das legendäre Büffet noch immer überreichlich viele Köstlichkeiten für uns bereit hielt, unsere „Teichwiesen Friends On Tour“ zusammen mit Elisabeth und Aksel Skibsted bereits dinierten und es richtig gemütlich war...

„Hyggelig“ eben!

So fiel uns der Aufbruch ziemlich schwer. RD Niels Præstiin versorgte uns noch mit einem halben Dutzend Bierdosen, und dann ging es los. Hubertus und Kirsten brachten uns wieder gut zurück nach Hamburg-Schnelsen und Rainer dann von dort wieder zurück nach Sasel, so dass ich gegen 19.30 Uhr – 14 Stunden nach unserem Aufbruch am Morgen – wieder zu Hause war.

Fazit: Der Dr. Nielsen Vinterhygge Marathon ist und bleibt eines meiner Jahres-Highlights der Kategorie „1A“. Und der 18.01.2015 ist bereits wieder fest vorgemerkt, wieder mit Frühstart um 9 Uhr. Und ich bin mir sicher, dass auch die dann ausgelobten 600 (!) Startplätze wieder vorzeitig ausgebucht sein werden. Und Lena und Camilla werden wir auch wieder bei Niels buchen...

 


 
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