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Laufberichte

Solidarność-Marathon Danzig

15.08.17 Special Event
 

Laufspektakel in der Trójmiasto

 

Das verlängerte Wochenende mit dem Fenstertag vor Mariä Himmelfahrt bietet für mich als Marathonsammler wieder einmal eine gute Gelegenheit zum Anschreiben. Nach dem Lauf in Rajec in der Slowakei reise ich über Warschau nach Danzig weiter, wo traditionell am 15. August seit nunmehr 23 Jahren der Solidarność-Marathon stattfindet. Vor zwei Jahren bin ich hier schon einmal inmitten eines internationalen Teilnehmerfeldes durch die drei Städte Gdingen, Zoppot und weiter nach Danzig gelaufen. Und ich habe damals schöne Erinnerungen mit nach Hause genommen.

Polen zählt mit seinen 38. Mio. Einwohnern zu den größeren Mitgliedsstaaten der EU, mit über 300.000 km² ist das Land auch flächenmäßig im Vorderfeld zu finden. Dank der permanenten EU-Wirtschaftshilfe und den Transferzahlungen wurden in den vergangenen Jahren bedeutende Infrastrukturmaßnahmen vorangetrieben. So auch der Ausbau des Schienennetzes: Der Pendolino Hochgeschwindigkeitszug braucht für die 350 km von Warschau nach Danzig nur 2 h 40 min.

Ich treffe in Danzig am Sonntagnachmittag ein. Die einstige Hansestadt, im 2. Weltkrieg fast völlig zerstört, wird an diesen Tagen von Kurzurlaubern geflutet. Und jeder Dritte scheint aus Deutschland zu kommen, weniger wegen des Marathons, sondern aufgrund der vielen kulturellen Veranstaltungen hier an der Ostsee. Eine besondere Attraktion ist der bereits seit 1260 bestehende Dominika Jahrmarkt. Für jeden wird etwas geboten, Musik, Tanz, Kunsthandwerk, Kulinarisches – drei Wochen Volksfest vom 29. Juli bis zum 20. August.

Vor zwei Jahren hatte ich zu wenig Zeit, um Danzig und das Umland näher anzuschauen – diesmal bin ich mehrere Tage anwesend und werde auf das Sightseeing-Abenteuer nicht verzichten müssen. Die meisten Führungen bewegen sich entlang der historischen Route, die Fixpunkte wie Goldenes Tor, Lange Gasse und Langer Markt, Rathaus, Artushof, Neptunbrunnen, Grünes Tor, Lange Brücke, Krantor, Frauengasse, Marienkirche – direkt gegenüber meinem Hotel und vielleicht auch den Besuch des Museums des II. Weltkriegs einschließen. Obwohl das Zentrum von Danzig sich über mehrere Quadratkilometer erstreckt, kann man sich nicht verirren. Die Touristen spazieren die bekannten und stark frequentierten Straßen auf und ab – und kommen so oft auch unbeabsichtigt zu weiteren Sehenswürdigkeiten wie bspw. Johannis- und Nikolaikirche, Großes Zeughaus oder Bernsteinmuseum.

Ich bewege mich auf der Solidarność-Route, genau genommen nehme ich einige Umwege in Kauf, um mein Startpaket abzuholen. Vom Bahnhof könnte ich stattdessen bequem die Tram No. 8 nehmen und bei der Haltestelle am Solidarność-Platz aussteigen. Diese größte und bedeutendste Gewerkschaftsbewegung Polens mit über 10 Mio. Mitgliedern geht auf das Jahr 1980 zurück, als streikender Arbeiter der Danziger Werft unter der Führung des Elektrikers Lech Wałęsa  der kommunistischen Führung Widerstand entgegenbrachten, was zu einem Abkommen mit den Machthabern zur Verbesserung der betrieblichen Situation führte. Doch die folgenden Jahre bis zum Zerfall des einstigen Ostblocks 1989/90 und die daran anschließende neue geopolitische Ordnung brachte zunächst für die Solidarność-Bewegung mit der Verhängung des Kriegsrechts einen jahrelang andauernden Rückschlag. Mit Karol Józef Wojtyła war bereits 1978 der erste Slawe als Johannes Paul II. auf den Papstthron gelangt und dort 28 Jahre als Oberhaupt der katholischen Kirche bis zu seinem Tod im Jahr 2005 gebelieben. Der einstige Vorsitzende der Solidarnosc, Lech Wałęsa, erhielt 1983 den Friedensnobelpreis und war polnischer Staatspräsident von 1990-1995. Die gegenwärtige konservative Regierung unter dem Einfluss von Jarosław Kaczyński verfolgt einen autoritären und nationalistischen Kurs. Doch Polen ist und bleibt eine Demokratie, die Jugend ist nach Europa orientiert.

 

 

Auf dem Solidarność-Platz stehen drei 42 Meter hohe Kreuze, das Denkmal der gefallenen Werftarbeiter, die durch die Volksarmee und Miliz hier erschossen wurden. Daneben befindet sich das von der EU errichtete Europäische Solidarność-Zentrum, ein Ort der Begegnung und auch der Forschung. Die Ausgabe der Startpakete erfolgt 200 Meter weiter in Richtung des ehemaligen Werftgeländes in einem Gebäude aus rotem Backstein, wo sich der historische BHP-Saal befindet, in dem 1980 die damaligen Vereinbarungen unterzeichnet wurden.

Wer über 60 Jahre ist, zahlt keine Startgebühr – das ist ein sozialer Akt des Veranstalters. Für ältere Polen mag das ein netter Zug sein, für topfitte Oldies aus dem Westen mit einer Rente, die mehrfach das Monatseinkommen eines polnischen Werktätigen übersteigt, durchaus zu hinterfragen.

In der Tüte ist neben der Startnummer mit integriertem Chip auch ein Funktionsshirt – ich nehme Größe XL, um das Leibchen als kleines Geschenk für meinen seit Monaten hart trainierenden Neffen mitzubringen, der – daran zweifle ich nun nicht mehr, im Oktober bei einem flachen Herbstmarathon eine Zeit um 3:55 anpeilt – um mir zu zeigen, dass er es besser kann.

Tagwache am Renntag ist für mich um 6 Uhr, das Frühstück wird erst ab 7 Uhr serviert . Doch ich verzichte darauf und schau, dass ich die halbstündlich nach Gdynia fahrende Stadtschnellbahn erwische. Das Ticket um 6,50 Złoty (für einen Euro bekommt man dzt. ca. 4,20 zł) habe ich am Automaten bereits am Vortag ausgedruckt – man weiß ja nie, ob es zu einem Gedränge kommt. Die S-Bahn ist gerammelt voll, neben mir sitzen drei Schweden und unterhalten sich aufgeregt über den diesjährigen Stockholm-Marathon. Ja, wenn sie wüssten, dass ich jedes Wort verstehe, doch diskrete Nichtanteilnahme ist eine Strategie, mit der man seine Ruhe hat.

 

 

Am Start treffe ich Dan Micola, gebürtiger Tscheche, der in England lebt und arbeitet, mit einigen Kollegen von den Globetrotters. Dan ist inzwischen nach der Diktion des County Marathon Club „Weltrekordhalter“, er hat heuer schon 44 Marathons in ebenso vielen Ländern gefinisht. Am Jahresende möchte er 52 countries geschafft haben, sein nächster Lauf wird kommenden Samstag in Reykjavik sein.

Die feierliche Zeremonie in Anwesenheit von Vertretern der Armee, der Politik und der Gewerkschaft mit Ansprachen und einer Kranzniederlegung vor dem Denkmal von Marschall Piłsudski beginnt um 9 Uhr, gedacht wird an die Opfer bei den Werftarbeiterstreiks im Jahr 1970. Beim Erklingen der polnischen Nationalhymne stehen viele Läufer für wenige Augenblicke stramm, auch nichtpolnische Staatsbürger nehmen inneren Anteil an der Zeremonie. Wer nicht weiß, was Pathos bedeutet, möge in sich gehen, wenn beim Sport eine Hymne ertönt – das Zugehörigkeitsgefühl wird spürbar.

Wie vor zwei Jahren werden Pacemaker aufgeboten, ich werde mich an den 4:30er-Tempomachern orientieren. Die Cut-off-Zeiten sind gut annehmbar: 25 km müssen nach 03:12 h erreicht werden, 30 km nach 03:50, für 35 km hat man 04:30 h Zeit und die Richtmarke für die 40 km sind 5:10 Stunden. Ich habe mir heute eine Zeit unter 5 h vorgenommen und möchte auf der Halbdistanz einen kleinen Bonus herauslaufen.

Ich postiere mich seitwärts, um vor dem für 9 Uhr 30 vorgesehenen Start auf der Aleja Marszałka Piłsudskiego einige Fotos der Spitzengruppe mit dem letztjährigen Sieger aus Kenia zu machen. Dort verbleibe ich eine halbe Minute und knipse die wegstürmenden LäuferInnen. Mir scheint, dass vor zwei Jahren das Teilnehmerfeld etwas größer war, aber auch diesmal sind geschätzt 800-900 Laufsportler am Start. Der Zugang in die Startzone ist nur wenige Meter entfernt, aufgrund der Nettozeitnehmung wird die Verzögerung meine Endzeit nicht beeinträchtigen. Ich nehme das Rennen im Pulk der 4:30er-Pacemakergruppe auf.

 

 

Nach einem kurzen Abschnitt auf der Pilsudski-Allee weist die Strecke ein Abwärtsgefälle auf, ich steigere mein Tempo und schließe zu den 4:15ern auf. Nach weniger als drei Kilometern kommen uns schon die schnellsten aus der Führungsgruppe entgegen – es sind die beiden Keniaten aus dem Benedek-Laufteam, wo mehrere bekannte nicht nur afrikanische Spitzenläufer unter Vertrag stehen. Für uns führt der Kurs nun in einer Schleife in östliche Richtung und dann zurück. Ich lasse mich etwas zurückfallen, denn nun geht es ca. einen Kilometer leicht ansteigend zurück. Der gesamte Durchlauf mit der langgezogenen Wende schon nahe dem Meer in Gdynia dauert fast eine halbe Stunde bei einem Lauftempo von 10 km/h.

Endlich ist die Aufwärtspassage vorbei, es geht nun in Richtung Sopot auf einer sonst stark befahrenen Durchzugsstraße, deren rechte Spur aus Sicht des Läufers nun für einige Stunden für den Verkehr komplett gesperrt ist. An den Lichtmasten sind polnische Fahnen angebracht. Mariä Himmelfahrt ist ein gesetzlicher Feiertag in Polen, die meisten Geschäfte sind heute zu, das lange Wochenende belebt den Tourismus – das Verkehrsaufkommen auf der anderen Straßenseite ist demensprechend groß. Ich blicke zurück, das Feld ist inzwischen weit auseinander gezogen. Die 4:30er-Gruppe liegt 300 Meter zurück, die 4:15er sind ca. 200 m vor mir.  

Der Straßenkurs auf Asphalt von Gdingen auf dem Weg über Zoppot nach Danzig (um die deutschen Namen zu gebrauchen) ist stark wellig mit langen Anstiegen und ebensolchen Abwärtspassagen. Bei der 5 km-Labe gibt es Wasser und Iso, auch Wasser in 0.2 l-Trinkflaschen. Ich bleibe nicht stehen, sondern trinke bei verlangsamtem Tempo im Laufen.

Die Laufstrecke führt entlang von Industriezonen, Wohngebieten und naturbelassenem Grünland. Hie und da stehen Zuschauer, die applaudieren. Die welligen Anstiege kosten Kraft. Ich folge dem Polen Edward, der auf der Rückseite seines Shirts mit einem Aufdruck verkündet, 2009 seinen 100. Marathon in Boston gelaufen zu sein. Edward, der Mitte 60 sein dürfte, spürt, dass ich ihn als Windbreaker benutze – er erhöht sein Tempo.

Der Kurs führt auf der Aleja Niepodległości weiter Richtung Sopot, wo vom 19.-26.8.2017 die Katamaran-Weltmeisterschaften stattfinden werden. Bald erreichen wir die 10 km-Labestelle. Meine Uhr zeigt 62 min an – wann werde ich endlich wieder eine Zeit knapp unter 60 min für die ersten 10 km bei einem Marathon schaffen?! Edgar hat nun einen Vorsprung von 30 Metern. Mal sehen, wie lange er sein Tempo durchhalten wird.

 

 

Im Vergleich zu all den Sehenswürdigkeiten in der Altstadt von Danzig gibt es nun entlang der Laufstrecke wenig zu bestaunen. In Sopot selbst ist touristisch viel los, nur führt der Kurs nicht zu den Hotspots in Strandnähe. Einer der US-Läufer von den Globe Trotters, die mit Dan heute Morgen am Start waren, erwähnte, dass er in Sopot Quartier bezogen habe. Dort befindet sich die mit über 500 Metern längste hölzerne Seebrücke Europas. Besonders das Nachtleben wird in der Stadt in den vielen Kneipen, Bars und Clubs groß geschrieben, die Monte-Cassino-Straße gilt als die Feiermeile von Sopot.

Es geht weiter durch das äußere, von Business-Gebäuden geprägte Stadtgebiet von Sopot, bald kommen die Vororte von Danzig in Sicht. Jetzt gegen 11 Uhr spürt und ahnt man, dass es gegen Mittag deutlich wärmer werden wird. Wem es jetzt schon zu heiß ist, der kann eine von der Feuerwehr bereitgestellte Dusche aus einem Tankwagen beanspruchen – der Wasserstrahl reicht fast auf die andere Seite der Straße. Ich weiche solchen Brachialnassmachern  immer aus, mit durchnässten Laufschuhen holt man sich leicht eine Blase.

Inzwischen sind ca. 14 km zurückgelegt, die 4:15er-Gruppe ist nicht mehr in Sicht. Meine Uhr zeigt 1:25 Stunden an, die erhoffte 1:30er-Zeit für die 15 km werde ich nicht mehr schaffen. Wir befinden uns ganz im Westen der ca. 460. 000 Einwohner zählenden Großstadt an der Ostsee. Alle drei Städte zusammen haben an die 750.000 Einwohner, daher kann man die Trójmiasto als bedeutendes Ballungszentrum nicht nur in Sinne des Fremdenverkehrs und der Veranstaltungen, sondern auch in produktionstechnischer Hinsicht z.B. was den Schiffsbau betrifft, bezeichnen.

Der Marathonkurs führt an der Universität Danzig vorbei. Links der Straße befindet sich die SKM-Haltestelle mit vielen Zweck- und Sozialbauten und Anschluss an das Bahnnetz. Bei der 20 km-Labe bleibe ich nicht stehen, sondern schnappe mir die Trinkflasche und eile weiter. Die Zeitnehmung zeigt am Display beim Durchlauf bei der Halbdistanz 2:15 an. Just in dem Moment prescht die inzwischen sehr geschrumpfte 4:30er-Abordnung heran, ich bleibe eine Weile dran, dann reiße ich ab.

Der Marathonkurs führt nun nach Nordwesten, eine mit Pylonen geteilte Strecke entlang der Straßenbahn. Wir laufen links, rechts kommen die schnellen Läufer. Mehrere Male klicke ich auf den Auslöser, die beiden Keniaten bekomme ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ins Bild, dafür aber all die schnellen Kollegen. Und siehe da, wer schleicht langsamen Schrittes dahin? Es ist Edward, der Marathonmann mit dem Hunderter seinerzeit in Boston – für den er sich qualifiziert hat, das muss man respektvoll erwähnen. Nun scheint er am Ende seiner Kräfte.

 

 

Ein paar Läufer können noch zulegen, sie ziehen an mir vorbei. Andere wiederum haben ihr Lauftempo so verlangsamt, dass man sie als Geher wahrnimmt. Hier ist wieder die Feuerwehr postiert und hat die Spritzvorrichtungen aktiviert. Einige setzen triefend nass das Rennen fort – ich kann mich dafür nicht begeistern, obwohl es spürbar wärmer wird. Wir kommen zur 25 km-Anzeige, ich bin unter 2:40 geblieben, für mich ein gutes Zeichen. Die auf der anderen Straßenseite entgegenkommenden Läufer sind uns mittlerweile um 10 km voraus und werden in knapp über 3 h finishen. Welche Welten liegen zwischen den sehr Ambitionierten und langsamen Hobbyläufern? Nicht für alle ist Durchkommen alles, mancher will auch seine Laufzeit verbessern.

Auf den folgenden Abschnitten ist wenig los, jeder versucht, mit seinen Kräften hauszuhalten. Wer kann, überholt Langsamere, wie ich einen abgerissenen 4:30er-Pacer. Kleine Positionskämpfe beginnen nun, einmal bin ich vorne, dann wieder ein Kontrahent. Nach 28 Kilometern zeigt meine Uhr 3:06 h an. Ich gönne mir eine kurze Gehpause nach der Labe.

Nach der ausgedehnten Schleife von fast 10 km erreichen wir wieder die Begegnungsstrecke,wo uns zu diesem Zeitpunkt aber niemand mehr entgegenkommt. Die Straßensperren werden strikt eingehalten, die Polizei leistet hier vorbildlichen Einsatz. Kein einziger Autofahrer verstößt dagegen. Alle bleiben auf Kommando der Exekutive bei sonst ungeregelten Kreuzungen und Zufahrten sofort stehen und warten geduldig auf die Weiterfahrt. Das habe ich in anderen Ländern schon gegenteilig erlebt …

Ein junger Läufer nähert sich von hinten und fragt, ob ich aus Deutschland komme. Dann eben aus Wien, wünsche guten Lauf, sagt er und eilt davon. Ich versuche etwas Tempo zu machen, überhole mehrere Läufer, darunter auch einen Finisher des Yorkshire-Marathons, der stolz auf seinem Shirt verkündet: „Pain is temporary, pride is forever!“ So pathetisch mag der Novize empfunden haben, einen routinierten Marathonsammler vermag dieser in der angloamerikanischen Laufszene oft verwendete Spruch nicht mehr zu beeindrucken.

Wir nähern uns der Altstadt, vorbei an der alten Schiffswerft. Knapp vor Kilometer 40 bei der Labe mit Zeitnehmung liege ich gut im Plansoll. Für 2,195 km verbleiben mir 23 Minuten, die angestrebte sub 5 Stunden-Finisherzeit ist heute gesichert.

Es geht vorbei am Europäischen Solidarność -Center, über bekannte Straßenzüge der Danziger Altstadt in Richtung Ziel beim Langen Markt (Długi Targ), nahe dem Neptunbrunnen. Tausende Touristen säumen den Weg, verbleiben zumeist hinter den Absperrungen, Helfer regeln die Querpassagen. Die vielen Sehenswürdigkeiten der Altstadt kommen ins Blickfeld. Die in warmen Pastellfarben erstrahlenden Bürgerhäuser und Bauten aus der Spätrenaissance wurden nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg nach alten Bauplänen sorgfältig wieder aufgebaut und sind eine Attraktion, die man aber als Läufer auf den letzten 500 Metern eines Marathons leicht übersieht. Ich achte mehr auf den Untergrund der Laufstrecke, die hier in der Altstadt abschnittsweise über Pflaster und Steinplatten führt.

 

 

Mit 4:54:38 beende ich den 23. Solidarnosc-Marathon. Auf der Rückseite der Medaille sind die Wappen der Dreistadt abgebildet – für Sopot steht eine Möwe, die Sinnbild für Freiheit zu Wasser und zu Lande ist.

Nach dem Lauf bietet sich eine Duschgelegenheit im Container, ferner kann man sich von Profis massieren lassen. Ich stelle mich nicht in die Warteschlange, sondern begebe mich zu einer zeltartigen Überdachung, wo wie in ehemaligen Oststaaten so üblich, Kartoffelsuppe nach Marathonläufen serviert wird, von der man auch gleich mehrere Teller ausfassen kann. Ich setze mich neben einen Chinesen, den ich während des Marathons auf der Strecke mehrmals im Spaß mit  „Tai Pan“ ansprach, eine Bezeichnung, die Anerkennung signalisiert. Er erzählt, dass er aus Shanghai kommt und bisher bei keiner Marathonlotterie einen Startplatz für einen großen Lauf in China wie Peking oder in seiner Heimatstadt gewonnen habe – doch ergänzt er lachend, für Berlin habe es gereicht, er würde im September dort starten. Mit 4:40 ist Shuyu Chen dafür gut gerüstet.

 

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Ich kehre in den Zielbereich zurück, die letzten Läufer trudeln ein – auch Dan Micola schafft mit 5:29 als Vielläufer noch entspannt einen Platz im Endklassement. Und Edward Pokorny, der Boston-Finisher, hat sich auch durchgekämpft, mit 5:21 ist er im Ziel angekommen.

Wenn ich in zwei Jahren noch laufen kann, möchte ich beim 25. Solidarnosc-Jubiläumslauf gerne wieder dabei sein.

 

Sieger bei den Herren:

1. Benard Kipkorir TALAM (KEN) – 02:27:54
2. Karim KWEMOI (KEN)– 02:28:03
3. Kamil KUNERT (POL) – 02:37:26

 

Reihenfolge bei den Damen:

1. Arleta MELOCH (POL)– 02:49:09
2. Hellen Jepkosgei KIMUTAI (KEN) – 03:01:42
3. Monika BRZOZOWSKA (POL) – 03:05:33

738 Finisher

 


 
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