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Laufberichte

Wintermarathon Hersbruck: Erster Test

03.01.15 Special Event
 

Schon am dritten Tag des neuen Jahres bin ich wieder unterwegs, so früh wie nie. In Hersbruck, rund 20 Kilometer nördlich von Nürnberg und direkt an der Autobahn 9, wird ein Wintermarathon zu Trainingszwecken von den Lauffreunden des Marathonteams Pegnitztal organisiert. Bereits zum sechsten Mal hat der Lauffreund die Möglichkeit, etwas gegen den Weihnachtsspeck von der fetten Gans und von den Plätzchen zu tun.

Gut 50 Meldungen stehen in der Starterliste. Ohne Zeitdiktat wird hier an die Distanz herangegangen, denn, so heißt es in der Einladung, „wir laufen gemeinsam in der Gruppe und in moderatem Tempo“. Mit sechs Minuten pro Kilometer können auch Hobbyläufer mitmachen und das Gute ist, dann man nicht alle vier Etappen mitlaufen muss, sondern erst später einsteigen oder frühen seinen Lauf beenden kann.

Zwar ist der Parkplatz am Schulzentrum in der Happurger Straße schon besetzt, doch auf dem benachbarten Plärrer (Volksfestplatz) finden sich genügend Stellplätze. Vor der Schule hängt schon eine große Traube von Läufern, die auf die offizielle Begrüßung und Einweisung warten, die pünktlich um 11.00 Uhr beginnt.

Wir werden hingewiesen, dass die ursprünglich geplante Strecke geändert werden muss. So werden einige Trailpassagen in den Wäldern aufgrund des Schnees auf befestigte Wege und kleinere Straßen verlegt. „Wir hätten ansonsten bei einer Verletzung eines Läufers immense Probleme“, so bei der Begrüßung durch einen Offiziellen, der selbst an der Spitze läuft und nicht überholt werden darf. Nach hinten werden zwei Radfahrer absichern.

Jede Veranstaltung kostet auch Geld. Ein Startgeld wird aber trotzdem nicht erhoben. Stattdessen bittet man um eine Spende, um die Unkosten zu decken. Das Sparschwein wird vorgestellt und kann auch während unseres Laufes gefüttert werden. Es wird sich am Ende der Begrüßung für ein gemeinsames Bild aufgestellt und dann laufen wir los.

 

Etappe 1: Start, Hersbruck nach Mittelburg

 

Im Mittelalter lag der Ort Hersbruck an der Goldenen Straße von Nürnberg nach Prag und diese bescherte natürlich wirtschaftlichen Aufschwung. 2016 wird es in den Orten entlang der Goldenen Straße zu Feierlichkeiten kommen, denn Kaiser Karl der IV bestimmte im Jahr 1366, dass aller Verkehr von Nürnberg nach Prag über Weiden verlaufen müsse. Heute verläuft auf dieser Trasse die Bundesstraße 14 und an der verlassen wir auf einem Radweg nach einigen Minuten die Stadt.

Nach zehn Minuten kommt es zu einer Unterbrechung, denn eine Frau hat seinen Kleinwagen beim Rangieren in einem Acker versenkt und kommt nicht mehr heraus. Ein, zwei Kommandos und ein beherztes Zupacken einiger Läufer sorgen wieder für ein Weiterkommen des Fahrzeugs.

Nach gut 20 Minuten tangieren wir Hohenstadt, wo sich das Tal teilt. Die namensgebende Pegnitz schwenkt nach Norden und wir laufen in das Tal des Högenbachs, wo wir in der 5000 Einwohner zählenden Gemeinde Pommelsbrunn einen kurzen Blick auf die St. Laurentiuskirche (erstmals im Jahr 1403 urkundlich erwähnt) werfen. Der Ort wurde knapp 100 Jahre früher als Paumolsprunne in den Aufzeichnungen des Klosters Engelthal erwähnt. Der Name deutet auf einen Baumwald an einem Brunnen oder einer Quelle hin.

An der Gemeindeverbindungsstraße nach Arzlohe verlassen wir Pommelsbrunn. Hier wartet die ärgste Steigung, die uns zunächst nach Althaus, dann nach Arzlohe und in Richtung Stallbaum bringt. Ein Mitläufer informiert, dass hier auf etwa zwei Kilometer knapp 200 Höhenmeter warten. Erste Geheinlagen ziehen das Feld bereits auseinander. Vorne wird das Tempo reduziert, so dass am Ende der langen Steigung alle wieder zusammenlaufen.

Wir verlassen die Asphaltpiste, der in den Wald führende Weg ist ein wenig vereist, doch am Rand gut zu belaufen. Lediglich am Ende der Steigung im Wald wechselt der Belag auf Pflaster und das ist glatt. Wir verlassen den Wald und sehen bereits vor uns unterhalb Mittelburg. Dort ist die erste Verpflegungsstelle aufgebaut und wer mag, kann hier schon aussteigen.

 

Etappe 2: Über Lichtenegg nach Fürnried

 

An der Tankstelle klappt der Betrieb problemlos. Warmer Tee, Wasser, Kaffee, Cola, Suppenbrühe, Nussecken, Brezen, Mandelkuchen, Äpfel, Bananen, Nüsse, Schokolade stehen im Angebot. Wer da hungert, ist selber schuld. Nach fünf Minuten der erste Pfiff, das Signal, gleich laufen wir weiter. Knapp zehn Minuten nach dem zweiten Signal ist die Pause beendet und wir verlassen Mittelburg in Richtung Gunthersrieth.

Kurzzeitig verlassen wir wieder die Ortsverbindungsstraße in die „Prärie“, denn für fünf Minuten laufen wir über Schnee und Morast. Eine Abfuhr hole ich mir bei den Schlussradlern, als ich mich an einer strategisch günstigen Stelle einer tiefen Wasserlache postiere, um die beiden bei der Durchquerung zu fotografieren. „Das würde dir so passen!“ kann ich mir anhören.

Am Ortseingang von Guthersrieth fällt ein kleines Fachwerkhaus auf, das sich beim Vorbeilaufen als Feuerwehrhaus entpuppt. Ein weiteres älteres Fachwerk ist an einer Scheune zu sehen, deren Ursprung in das 14./15. Jahrhundert zurückgeht. Ein kleines Wegstück weiter sehen wir einen Landwirt beim Ausschneiden eines Baumes, hoch oben im Frontlader eines Traktors stehend. Ja, außer wenigen Waldarbeitern beim Holzfällen haben wir heute kaum Zuschauer, lediglich einige Radfahrer und Hundegassigeher. Der Wetterfrosch hat schlecht gemeldet, doch bis jetzt ist es trocken und windstill.

Auf dem weiteren Weg nach Lichtenegg überschreiten wir die Grenze von Mittelfranken zur Oberpfalz, ein weiterer knackiger Anstieg wartet. In Lichtenegg, das zur Gemeinde Birgland gehört, sehen wir oberhalb des Ortes die gleichnamige Burgruine, die vor 700 Jahren im Nürnberger Reichssalbüchlein erwähnt wurde, aber vermutlich noch viel älter ist. Wäre ich Streckenplaner, hätte ich die Besteigung des 585 Meter hohen Burgberges mitgenommen.

Nach 20 Minuten bergauf, bergab erreichen wir den Wanderparkplatz Fürnried. Gut 20 Kilometer sind wir gelaufen, eine weitere Gelegenheit zum Aus- oder Einstieg. Henriette Appel, eine Vereinskollegin, wollte ursprünglich nur einen Teil laufen, nun joggt sie ins Nirwana, denn sie hat bisher lediglich Halbmarathonstrecken bewältigt. Jetzt will sie noch einen Teil dran hängen, denn „die Landschaft ist herrlich und bezaubernd und die Mitläufer sehr freundlich“.

 

Etappe 3: Über Hofstetten nach Frohnberg

 

Nach zehn Minuten verlassen wir den Parkplatz im Konvoi in Richtung Heldmannsberg. Auf der Staatsstraße ist kaum Verkehr. Die Schlussläufer sind verantwortlich, dass die entsprechenden Warnungen bei Autos nach vorne durchgegeben werden.

Hofstetten, der nächste Ort entstand im 13. Jahrhundert. Er besteht praktisch aus einem Hof mit den dazugehörenden Gebäuden. Bei der Gebietsreform wurde der Ort Pommelsbrunn zugeschlagen, was bedeutet, wir sind wieder im Fränkischen.

Unter den Mitläufern sind viele, die schon in den letzten Jahren dabei waren. Manche sind im Aufbautraining für den Rennsteig oder für andere Trailveranstaltungen. Sie laufen autark mit Trinkrucksack. In Aicha sehen wir einige fette Gänse, die die Feiertage noch überlebt haben, doch der Metzger wartet spätestens Ostern.

Nach Aicha beginnt die letzte Steigung, die das gesamte Feld in den Gehschritt zwingt. Bei den 20 Steigungsprozenten braucht sich keiner Gedanken über seine Fitness machen, denn auch gestandene Bergläufer marschieren bis zum Kulminationspunkt, wo rechterhand ein Wochenendhäuschen steht.

Ein Begleiter des MTP-Teams informiert: „Noch drei Kilometer bis zur letzten Verpflegung -  einer wellig, einer gerade und einer bergab“. Und der letzte Kilometer ramponiert den Schuhputz ordentlich, dank tauenden Schnees und Morasts. Förrenbach, die letzte Verpflegungsgelegenheit, wartet tief unten im Tal des Happurger Baches. 150 Höhenmeter haben wir zurückerhalten.

 

Etappe 4: Auslaufen nach Hersbruck

 

Wer seinen Tee hier „aufmotzen“ will, der bekommt einen Schuss Rum ins Getränk. Auch der letzte Rest Glühwein von Weihnachten wird an den Mann bzw. Frau gebracht. Nach sieben Minuten Pause ziehen die Ausdauernden (schätzungsweise 40) weiter bis zum Talboden. Das Tempo wird jetzt ein wenig gesteigert, rund 5.30 Minuten je Kilometer. Die Endbeschleunigung gab es bei meinen Teilnahmen immer. Doch heute bleibt das Feld zusammen, noch.

Im Gegensatz zu 2014 bleiben wir am Happurger Stausee auf der linken Seite. Der prognostizierte Regen macht sich nun mit einem leichten Nieseln bemerkbar. Meine mitgeführte Jacke lasse ich umgebunden, denn nur mehr wenige Kilometer sind noch zu laufen.

Mit einer Mitläuferin vertreibe ich mir mit Ratscherei die letzten Kilometer durch Happurg. Sie hat als 28jährige in einer kleinen Touristengruppe den Iran per Rad durchquert und war im Anschluss für zwei Monate in Nepal, u. a. auf der Annapurna-Runde. Dort bekam sie den frühen Wintereinbruch hautnah mit, als innerhalb von 48 Stunden auf 3500 Meter Höhe ein dreiviertelter Meter Schnee fiel. Offiziell gab es rund 30 Tote, doch 200 Nepalesen sind weiterhin vermisst.

Wir verlassen Happurg, jeder läuft seinen Stiefel nach Hause. Die einen genießen, andere kämpfen und manche wollen sich im Endspurt den Tagessieg fürs eigene Ego holen. Meine Fotoarbeit muss ich aufgrund der schwindenden Lichtverhältnisse einstellen. Wenigstens passiert mir nicht der letztjährige Lapsus, als ich den Kontakt nach vorne verlor und noch eine Variante in Hersbruck einlegte.

Am Schulgelände stehen nochmals beide Versorgungsfahrzeuge und wollen den Rest der Verpflegung noch an den Mann und Frau bringen. Ein Athlet berichtet von rund 700 Höhenmeter. Das Schweinerl wird auch noch mit Münzen und Geldscheinen gefüttert. Die meisten Läufer verabschieden sich gleich, denn viele sind aus der Gegend und bringen den Reinigungsprozess zuhause in Gang. Wer möchte, kann in der Mehrzweckhalle duschen und mit den Organisatoren noch in einer Pizzeria einkehren.

Fazit:
Ein gutes Training für die Marathonspezies. Für Verpflegung ist gesorgt und ganz nebenbei kommt man noch unbekanntes Geläuf zu Gesicht. Und für die Bildung ist auch noch was übrig. Zuschauer sind keine vorhanden, nur wenige Spaziergänger in den Ortschaften und am Happurger See. So ungezwungen fängt das Jahr gut an.

Nächster Termin: Anfang 2016. Schaut im Spätherbst 2016 auf die Homepage des Marathonteams unter www.mtphersbruck.de.

 

 


 
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