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Laufberichte

WinterBluesMarathon am Rheinfall

10.02.13 Special Event
 

Rheinfall von unten, oben, vorne und hinten


Der Begriff Blues leitet sich von „I’ve got the blues“ bzw.“I feel blue“ ab, was so viel „ich bin traurig“ bedeutet. Damit das uns MarathonläuferInnen wegen fehlender Laufanlässe und trübem Wetter nicht passiert, hat Daniel Steiner – regelmäßigen marathon4you-Lesern kein Unbekannter – den Einladungsmarathon am Rheinfall initiiert. 4 Runden à 10,6 km, vorwiegend auf Rad-, Spazierwegen und auch Trails entlang des Rheins, dürfen dabei absolviert werden.

The Rock, den mächtigen Felsen des Rheinfalls und die Wasserfälle werden wir dabei von unten, oben, vorne und hinten, also aus jeglicher nur denkbaren Position bewundern können.

Einladungen werden von Daniel über Facebook, per E-Mail oder klassisch mündlich ausgesprochen. Interessenten können sich aber gerne bei ihm zwecks einer Teilnahme melden, ich bin mir sicher, er lässt da mit sich reden. Ausgabe 4 ist für Anfang Februar 2014 wieder fest eingeplant.

Treffpunkt für den WinterBluesMarathon am Rheinfall ist traditionell vor dem Schulhaus Kirchacker in Neuhausen am Rheinfall. Hier unterrichtet Daniel Schüler der 1. – 3. Grundschulklassen. Ausnahmsweise wird das Klassenzimmer zum Sammelpunkt und Umkleidekabine umfunktioniert. Ich bin etwas verspätet dran, das Klassenzimmer der Grundschulklasse ist bereits gut gefüllt und die Ampel steht auf Rot, das bedeutet normalerweise für die ABC-Schützen unter der Woche absolute Ruhe und Konzentration. Bei uns ist Daniel nicht ganz so streng, wer aber noch nähere Infos über die Strecke erfahren will, sollte jetzt gut aufpassen.

Die Streckenmarkierungen wurden gestern mit weißer Kreide angebracht. Pech, dass es heute Nacht geschneit hat und sie somit unter einer durchgängigen Schneedecke verschwinden. Viele sind aber bereits Wiederholungstäter und kennen den Rundkurs bereits aus den Vorjahren. So gibt es wenig Aufregung. Daniel hat heuer keine Mühen gescheut und sogar eine eigene Website im Winter aufgesetzt, auf der gibt es für Neulinge eine detaillierte Streckenbeschreibung mit Fotos der wichtigsten Richtungswechsel zum Downloaden.

Ganz besonders schön finde ich – an der großen Schiefertafel zu lesen – dass den Schülern bereits in frühen Jahren elementare Dinge des Lebens beigebracht werden. Vernünftige Läufer wissen ja, dass ein Break zur richtigen Zeit, Wunder bewirken kann.



Ein kurzer Fußweg führt uns hinunter an den Hauptanziehungspunkt unserer Strecke. Aus einer Höhe von 23 Metern stürzen hier bei mittlerer Wasserführung 400 Kubikmeter Wasser pro Sekunde über die Klippen Der deutsche Lyriker Eduard Mörike schrieb über den Wasserfall: „Halte dein Herz, o Wanderer, fest in gewaltigen Händen! Mir entstürzte vor Lust zitternd das meinige fast“. Zwar hat der Mensch im letzten Jahrhundert gewaltigere Monumente künstlich erschaffen, dennoch zieht der Rheinfall immer noch jährlich über eine Million Besucher in seinen Bann. Zu recht wie ich meine, außerordentlich fotogen präsentiert er sich uns heute.

Natürlich muss das Naturschauspiel abgelichtet und diverse Gruppenfotos arrangiert werden, daher geht es etwas mit Verspätung um 10:15 Uhr los. Hektik herrscht hier nicht, denn eines gibt es beim Marathon am Rheinfall nicht, nämliche eine offizielle Zeitmessung. Wer die benötigt, muss selber dafür sorgen.

Eine erste Steigung mit 30 Höhenmetern folgt auch gleich nach dem unspektakulären Start. Nach einem Aussichtspunkt, wo sich schon diverse Ausflügler eingefunden haben, führt unsere Runde rechts ab auf das Brückenwegli. Nach wenigen Metern können wir die historische Rheinfallbrücke von 1855 mit ihren 10 steinernen Bögen aus nächster Nähe begutachten. In exponierter Lage oberhalb des Rheinfalls wurde die eingleisige Eisenbahnbrücke mit beidseitigen Rad- und Fußwegen erbaut und ist heute noch in Betrieb.
Direkt am Ufer des Rheins führt uns ein Fußgängerweg Richtung Schaffhausen. Zwischendrin am Flurlinger Steg müssen wir vorsichtig sein, diese Rheinbrücke wird auch von Fahrzeugen genutzt. Verkehr ist zwar wenig, aber es passieren doch mehr oder weniger durchgängig Autos die Brücke. Für unseren Privat-Marathon ist der Weg natürlich nicht abgesperrt.

Neben der imposanten Schrägseilbrücke der A4 gibt es für Fußgänger eine kleinere Möglichkeit der Flussüberquerung. Direkt am Stadtbeginn von Schaffhausen, der nördlichsten Stadt der Schweiz, setzen wir hier über auf die andere Seite, wo wir durch einen kleinen rustikalen Felstunnel unseren Uferlauf fortsetzen.

Daniel fungiert als Fremdenführer und erklärt uns die markantesten Punkte der Schaffhauser-Stadtsilhouette am gegenüberliegenden Ufer. Der Diebsturm sticht sofort ins Auge, er war Bestandteil der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Der Rundturm mit dem polygonalen Zeltdach wurden über viele Jahre als Gefängnis genutzt. Die ehemalige Kammgarnspinnerei ein paar hundert Meter weiter dient heute als Kulturzentrum, beherbergt ein Tonstudio, Übungsräume für Musiker zudem eine Galerie für moderne Kunst. Die gibt es auch im Rhein zu sehen, in Form von Skulpturen von Kurt Bruckner, einem ortsansässigen Maler und Bildhauer und fast Nachbar von Daniel.

Am Ende unserer Besichtigung präsentiert sich der Munot, eine Zirkularfestung im Zentrum der Stadt, der zugleich das Wahrzeichen von Schaffhausen darstellt. Die Festung wurde im 16. Jahrhundert gebaut; kurz nach der Fertigstellung gab es bereits erste Zweifel, ob die Anlage dem Stand der Militärtechnik entspricht. Daher diente sie lediglich einmal im Jahr 1799 zur Verteidigung.

Ab der nächsten Rheinbrücke (km 4,5) ist die Stadtbesichtigung beendet, es geht rechts ab für uns und für 3 km nach oben, nach einem kurzen Ortsdurchlauf sind wir im Hinterland. 100 Höhenmeter beinhaltet dieser Abschnitt bis zum höchsten Punkt der Runde (km 8,5). Auf der Anhöhe bekommen wir eine herrliche Panoramasicht auf Neuhausen und den Rhein. Zwischendrin, am Schützenhaus, hat Jörg eine First-Class-Verpflegungs-Oase für uns errichtet. Unter der Woche hat ihn ein Virus erwischt, so betätigt er sich heute als selbsternannter Stullenschmierer.

Für Herrn J. aus F. hätte er eine größere Menge hopfenhaltiger Spezial-Getränke im Angebot, die finden aber in Abwesenheit desselben nicht komplett einen Abnehmer. Schwierige Anfahrtsbedingungen haben ihn von seinem Erscheinen abgehalten, so muss er ausnahmsweise einmal ohne ein Wochenende mit Marathon/Ultra auskommen. Die „Kurzen“ im Angebot übernehmen Conny und ich. Daniel hat eine Tafel Schoki dabei und vertraut dabei dem früheren Werbeslogan der Firma: „Mit Ovi chasch es nit besser – aber länger!“

In einem Rutsch geht es abwärts, wir verlieren dabei die gesamten 175 Höhenmeter einer Runde. Über den Besucherparkplatz von Schloss Laufen gelangen wir wieder direkt auf Wasserhöhe mit dem hier ganz ruhig dahinfließenden Rhein. An der Nohlbrücke setzten wir über und machen kehrt in Richtung Rheinfall. Ein herrlicher Trail an der Uferlinie entlang führt uns am Schlössli Wörth vorbei wieder zum Ausgangspunkt zurück.

Seinen Namen verdankt das rechts von uns liegende Schlössli dem Standort, einer vom Wasser umspülten kleinen Insel, die man früher als „Werd“ bezeichnete. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war es ein bedeutender Umladeplatz einer Handelsstraße, die vom Bodensee nach Basel führte. Als Mitte des 19. Jahrhunderts die Eisenbahn gebaut wurde, verlor diese Verkehrsache an Bedeutung und das Schlössli wurde 1835/36 als Gaststätte umgebaut. Heute finden sich im Gebäude diverse Gastronomiebetriebe, sowie ein Souvenir-Shop. Im ersten Stock bietet eine Terrasse, aus nächster Nähe eine fulminante Aussicht auf den Rheinfall.

Unglaublich kurzweilig gestaltete sich die erste Umrundung und so freue ich mich, heute das Ganze noch dreimal genießen zu können. Mit dem Wetter haben wir zudem außerordentlich viel Glück, angenehme Winter-Temperaturen mit viel Sonne versüßen uns den Tag. In jeder weiteren Runde präsentiert sich der Rheinfall in einem wechselnden Spiel von Sonne und Wolken.

Wer meint, nach dem Absolvieren der vier Runden ist Schluss, hat sich getäuscht. Bei Daniel im Quartierhaus findet der Ausklang des Tages statt. Mit Pasta, Kuchen und Getränken können die Speicher wieder gefüllt werden und jeder bekommt seine verdiente Urkunde. Der Tenor am heutigen Tag ist ziemlich einheitlich: Fast alle wollen wiederkommen.

 


 
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