marathon4you.de

 

Laufberichte

Supermarathon Wien-Budapest: Ultra auf Ungarisch

23.10.09

Bilder Gerd Kondziella

Motiviert durch gemeinsame Erinnerungen an den Donau-Staffellauf 2007 fiel die Anfrage meines Lauffreundes Hans Petermann, dieses Jahr am Supermarathon in Wien – Budapest teilzunehmen, schnell auf fruchtbaren Boden. Damals galt es in 10 Tagen rund um die Uhr laufend von der Quelle die 2.700 km entfernte Mündung zu erreichen. Anknüpfend an dieses unvergleichliche Laufabenteuer führte es uns also wieder an die Donau, diesmal „nur“ von Wien nach Budapest. 

Die Idee zur Austragung der Veranstaltung geht auf das Jahr 1990 zurück, als Budapest und Wien sich im Rahmen einer völkerverständigenden Maßnahme um die gemeinschaftliche Austragung der Weltausstellung bemühen wollten. Übrig geblieben von der zwischenzeitlich in Vergessenheit geratenen Initiative ist das sportliche Begleitprogramm, also der Supermarathon Wien-Budapest. Seit 2006 führt die Route nicht mehr direkt sondern über Bratislava und somit über die Slowakei zum Ziel. Ein internationales Starterfeld  auf der ersten und einzigen Sportveranstaltung durch drei Länder der erweiterten Europäischen Union.

Beim Supermarathon Wien-Budapest, der heuer sein 20-jähriges Jubiläum feiert, geht es darum, in 5 Tagesetappen entweder als Einzelläufer, im Läufer-Viererteam (optional plus Ersatz), oder als Radler/Roller die Strecke Wien – Budapest zu überwinden. Stationen sind Bratislava  (91km), Györ (87km), Tata (64km), Budakeszi (60km) und Budapest (21km) wobei die letzte Etappe im Rahmen eines regionalen Halbmarathon-Wettbewerbes ausgetragen wird. Ein Blick auf die Höhendiagramme verrät schnell, dass nicht ausschließlich pure Flachetappen auf dem Programm stehen. In Verbindung mit den mitunter sehr langen Tagesetappen also eine nicht ganz einfache Aufgabe. Das zumindest für die zahlenmäßig relativ kleine Schar von nicht einmal 40 Einzelstartern. Beim Studium der Ergebnislisten vergangener Jahre fällt auf, dass der Schwerpunkt des Läuferfeldes recht zügig unterwegs ist, das besonders bei den Einzelstartern. Attraktive Preisgelder tragen ein Übriges dazu bei. Der Veranstalter schreibt dazu:

Für den Einzelbewerb, bei welchem eine hervorragende Leistung unerlässlich ist, rechnen und bevorzugen wir die Teilnahme von 40-50 Profis. In Zusammenarbeit mit internationalen und inländischen Ultramarathonverbänden beabsichtigen wir namhafte Läufer einzuladen.

Des weiteren wird auf ein Mindesttempo von 6:00 - 6:30 Minuten pro km verwiesen. Kein Wunder also, wenn das Teilnehmerfeld den einen oder anderen Ultra-Genussläufer überfordert oder wenn langsamere Läufer auf bereits abgebaute Versorgungsstationen treffen. Teilnahmeberichte ehemals Deutscher Teilnehmer setzten sich diesbezüglich mitunter recht kritisch mit der Veranstaltung auseinander. Wer beim Supermarathon Wien-Budapest als Einzelstarter antritt, sollte also vorher schon genau wissen, auf was er sich einlässt. 

Im Teamwettbewerb ist der Supermarathon Wien-Budapest dagegen eine ungleich einfacher zu lösende Aufgabe. Hier werden trainierte Ausdauersportler angesprochen, die im Team das o.g. Tempo durchhalten können. Insgesamt ist die Veranstaltung eher auf ein überschaubares Starterfeld ausgerichtet. Wohl schon aus logistischen Gründen strebt der Veranstalter keine allzu große Ausweitung an. Erschwerend kommen dem Vernehmen nach noch logistische und organisatorische Probleme entlang der Route vor allem in der Slowakei hinzu. Dass dadurch die frühere Übernachtung in Bratislava einem Bus-Pendelverkehr zur Unterkunft Györ geopfert wurde, entpuppte sich als wenig belastend. Letztendlich hofften wir als eingefleischte Donauläufer auf ein anspruchsvolles, erlebnisreiches und schönes Laufabenteuer.

Mit Hans Petermann, Gerd Kondziella, Paul Kleinmann und  Karl-Heinz Guter hatte sich unsere Viererstaffel ohne Ersatzläufer zusammengefunden. Ich wollte es trotz den bekannten Bedingungen als Einzelläufer versuchen. Die Anmeldung über das Organisationsbüro in Budapest war unkompliziert und konnte vor allem in Deutsch durchgeführt werden. Anfragen wurden meist schnell und zügig beantwortet. Auch unserem Wunsch, die erste Nacht nicht wie vorgesehen in Györ sondern in Wien zu  verbringen, wurde Rechnung getragen. Unser Fahrzeugbegleiter konnte die Startunterlagen in Györ abholen und zu uns nach Wien bringen.

Die Übernachtung in Wien hatte den Vorzug, weniger reisen zu müssen und am Starttag länger ausschlafen zu können. Für die Übernachtung musste aber selbst Sorge getragen werden. Wir, die Läufer, reisten gemütlich mit der Bahn nach Wien an und überließen alle organisatorischen und fahrtechnischen Hürden unserem treuen Begleiter, Franz Wohnhaas. Vorneweg sei schon einmal verraten, dass die fürsorgliche Betreuung durch Franz, seine aufopfernde Streckenversorgung und sein Zuspruch für uns Läufer mehr als nur eine wohltuende Hilfe war. Womit auch schon das Thema Versorgung angesprochen wird.

Aus Laufberichten früherer Jahre ist bekannt, dass die Versorgung besonders für Läufer im hinteren Bereich abschnittsweise recht problematisch werden kann. Tatsächlich sind die Abstände zwischen den Versorgungsstationen meist recht weit und das Angebot nicht selten etwas spärlich. Läufer ohne eigene Streckenversorgung sollten daher unbedingt eine Trinkflasche und etwas Nahrungsmittel mit sich führen. Ich genoss den unschätzbaren Luxus, dass mich immer einer unserer gerade freien Staffelläufer auf dem Rad begleiten konnte und hatte daher keinerlei Versorgungsprobleme. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle bei der Staffel herzlich bedanken, schließlich war das nicht nur wegen meinen manchmal etwas mürrischen Bemerkungen bestimmt keine leichte Zusatzaufgabe. Danke Jungs!

Tag 1: Wien – Bratislava

Die Anreise und die Übernachtung in Wien verlief planmäßig. Ausgeruht und gut gefrühstückt fanden wir uns gegen 8:30 im Wiener Ernst Happel Stadion ein. Mit wenigen Grad über Null  war es recht frisch und es wehte ein spürbar kalter Wind. Es versprach sonnig zu werden. Im Stadion spielte eine Militärkapelle und der Stadionsprecher erzählte pausenlos Unverständliches in ungarischer Sprache. Man merkte schon in Wien, dass es eben eine ungarische Veranstaltung war. Nach dem Start musste man auf der Hut sein, das für Einzelstarter viel zu hohe Anfangstempo nicht anzunehmen. Nach der Stadionrunde ging es recht flott hinaus in das urbane Wien.

Schnell wurde nach Schwechat der erste Wechselpunkt (WP) Pellendorf bei km 20 erreicht. Unterwegs reichte uns Österreichisches Militär Wasser und leckeren warmen Tee. Selbst am WP, wo die Staffeln ihre Akteure austauschten, herrschte kein versorgungstechnischer Überfluss. Es gab nur das Nötigste wie Wasser und/oder Tee, manchmal etwas Obst oder Kekse. Nach Götzendorf, Trautmannsdorf und Sarasdorf  erreichte der Tross den zweiten WP Stixneusiedel. Unmittelbar danach und nun schon 46 km in den Beinen kam ein recht knackiger Anstieg mit bestimmt 14 - 15 % Steigung. Hier deshalb gleich die nächste Warnung an mögliche Aspiranten: wenn im Höhendiagramm des Veranstalters ein Anstieg eingezeichnet ist, dann ist das in der Regel ein heftiger. Nach dem folgenden Abstieg gesellte sich noch steter Wind, natürlich fast immer von vorne, dazu. Die Österreicher haben wohl nicht umsonst dutzende Windkrafträder gerade hier im Burgenland aufgestellt. Schon deutlich mühsamer und vor allem viel langsamer wurde vorbei an vielen Weindörfern der dritte WP Schönabrunn (71km) erreicht. Das wellige Streckenprofil und der Gegenwind blieb einem weiterhin treu, so dass das nächste Zwischenziel, die Grenze zur Slowakei, lange auf sich warten lies.

123
 
 

 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024