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Laufberichte

Silva Nortica Marathon

02.06.12

Darf es ein bisserl mehr sein?

 

Das Barmherzigkeitskloster in Nové Hrady (dt.: Gratzen), im südlichen Südböhmen, hat es ins 21. Jahrhundert geschafft. 1686 wurde es fertig gestellt, 1950 wurden die Klosterbrüder vertrieben und die Tschechoslowakische Armee nutzte das Kloster als Kaserne, bis 1987. Nach Fall des Eisernen Vorhangs wurde das verfallende Kloster dem Tiroler Servitenorden zurück gegeben. In den 1990er Jahren renoviert, erstrahlt es nun wieder in barockem Glanz. Eigentlich wollte ich dort die Nacht vor dem Marathon verbringen, doch diese Nächtigungsmöglichkeit gibt es seit September 2011 leider nicht mehr, wie mir der Prior auf Anfrage mitteilte.

Die anderen auf der Homepage des Veranstalters empfohlenen Hotels und Pensionen, bei denen ich anfragte, waren eine Woche vor dem Start ausverkauft, sodass ich die reibungslose Startnummernabholung am Vorabend als Ausflug betrachte. 86km von Linz, das ist machbar. Ansonsten hätte ich am Samstag bis spätestens 7 Uhr morgens am Startgelände sein müssen, und das war mir dann doch zu früh. So nutzte ich den Abend des Vortags auch gleich zu einer Erkundung der Gegend mit dem Auto. Ich bin gerne ortskundig.

Am Samstag um 08:30 Uhr bin ich wieder am Sportplatz von Horní Stropnice. Eine gemähte Wiese darf als Parkplatz genutzt werden. Strobnitz hat 1.500 Einwohner und gehört zum Bezirk Budweis. Die Sonne scheint, Windstille bei 12 Grad. Nachts dürfte es stark geregnet haben. Traumhafte Luft, besser geht es nicht. Zwei schälen sich gerade aus ihren Schlafsäcken, am Sportplatz haben einige in Zelten übernachtet.

Für die verschiedenen Bewerbe gibt es 550 Voranmeldungen. Die 70 Teilnehmer am 103km-Ultra sind bereits seit drei Stunden auf der Strecke, die zwanzig Teilnehmer am 90km-Ultra starteten eine halbe Stunde später. Wir ca. 150 Marathonläufer werden um 09:00 Uhr auf den Weg geschickt werden, die Halbmarathonis folgen dann zwei Stunden später. So ist mit Starts und Zieleinläufen den ganzen Tag was los im Ort.  

Es sind keine 10km bis zur österreichischen Grenze, dennoch gibt es kaum Starter von da. Im Vorjahr wurde dieser Marathon in Österreich ausgetragen, gleich jenseits der Grenze. Heuer also gleicher Name, aber neue Strecke. Ein paar Slowenen, einen Grieche, einen Franzosen, einen Slowaken, zwei Polen und einige wenige Deutsche finde ich auf der Startliste, ansonsten wollen Tschechen das Hochland des Gratzener Berglandes erlaufen.

Jeder kann seinen Kleiderbeutel bzw. die Reisetasche ans rückwärtige Ende des Turnsaals der neuen Sporthalle stellen, ganz formlos. Ich frage mich durch zum Start, der ist am Hauptplatz, und sehe auch gleich die Menschenansammlung. Über Lautsprecher wird etwas verlautbart und die Leute versammeln sich hinter dem Startbogen. Die Sprecherin sagt noch etwas. Dann ist es still.

09:00h Ein Schuss ist das Startzeichen. Rechts weg und schon nach 100m der erste Stau. Hier wird eine neue Brücke gebaut, bis dahin gibt es eine schmale Behelfsbrücke. Am anderen Ufer links abgebogen, folgen wir auf einer schmalen Asphaltstraße dem Bach.

Meist unter Bäumen und somit im Schatten. Ich schieße gleich einmal ein paar Fotos, einige schauen ungläubig, einer spricht mich an. Ich verstehe leider kein tschechisch. 3km geht es so mehr oder weniger flach dahin bis die Strecke auf eine den Hügel hinauf führende Schotterstraße abbiegt. Beiderseits Birken und Sträucher, schön ist es. Bald kommen wir zur ersten Wasserstelle.

In der Folge wechselt der Belag, nun Erde. Erste ausgedehnte Pfützen beanspruchen die ganze Straßenbreite, ab auf das Feld. Brombeerranken spüre ich am rechten Oberschenkel, aber die können mich nicht aufhalten. Waren wir hier kurz der Sonne ausgesetzt, sind wir bald wieder im Wald und die ersten 5km sind geschafft.

09:29h km5  Das ging ja gut! Trotz dieser Strecke unter 6min/km! Es geht wellig weiter, da und dort versperren uns wieder ausgedehnte Pfützen den Weg. Die Luft ist herrlich, die Vögel zwitschern, ab und zu eine Lichtung, ebener Asphalt wechselt mit festem Sand. Ich kann das Laufen richtig genießen. Kurz vor km10 wieder eine Labestelle, außer Wasser und Iso gibt es Bananen, Orangen, Brot, Käse und Salz.

09:55h km10  Ein leichter Anstieg, bald sind wir in Nové Hrady und bekommen die Rückseite des Barmherzigkeitsklosters (Klášter Božího Milosrdenství) zu sehen. Ein Polizist weist den Weg ins Ortszentrum, wo wir direkt auf das schöne, im Renaissancestil erbaute Rathaus aus dem Jahr 1536 zulaufen. Am unteren Platzende nach links, dann nach rechts und wir biegen in einen engen Hausdurchgang ein. Dieser Durchgang endet nach 20m mit ein paar steilen Steintreppen nach unten. ACHTUNG! Kopf einziehen! Ich mache wieder einen Fotostopp und verliere vier Plätze.

Gerade noch waren wir im Ortszentrum, nun geht es auf einem schräg abfallenden Pfad im Wald den Hang hinunter. Jetzt nur ja nicht stolpern! Da reißt man unter Umständen noch jemanden mit! Ich achte nach vorne und höre nach hinten, nicht dass mir einer in die Beine rutscht!  Nach ein paar Minuten Stress sind wir wieder auf einer asphaltierten Straße, die wir gleich überqueren. Wir verlassen Nové Hrady, 2500 Einwohner. Wasserflaschen werden uns angeboten.

Der Weg führt uns ins Theresiental (Terčino údolí), einem Landschaftspark mit weiten Wiesen und Wäldern am Ufer der Strobnitz, ganz romantisch. Wir passieren denkmalgeschützte Gebäude aus dem 19. Jahrhundert. Immer wieder überqueren wir auf stabilen Holzbrücken mit weißem Geländer den Fluss, sehr malerisch hier.

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