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Laufberichte

Hong Kong Marathon

24.02.13

香港 馬拉松

 

Wer schon einmal große Weltstädte wie London und New York besucht hat, den wird es überraschen, dass man in Asien alles noch mal toppen kann.

In Hongkong sind die Hochhäuser noch höher und enger aneinander gebaut. Es ist eine Stadt, die auch nie schläft, in der es riesige, makellose Einkaufszentren gibt und ein super U-Bahn-System, in dem sich sogar der Deutsche leicht zurechtfindet, wenn er sich dem Tempo der Mitfahrer anpasst. D.h. einsteigen, nicht stehenbleiben und nicht in Ruhe nach einem Platz Ausschau halten, wie bei uns. Alles muss flüssig gehen. Ganz wichtig: immer ein Smartphone in der Hand halten, und sei es nur, um damit Spiele abzurufen.

Für eine 7-Millionen-Stadt ist Hongkong sehr sicher. Es gibt viele interessante Museen, in denen meist kein Eintritt verlangt wird, und schöne Parks. Hongkong ist aber auch eine Stadt, in der man an jeder Ecke noch das traditionelle China erleben kann, mit Tempelchen, eingehüllt in Schwaden von Räucherstäbchen, und kleinen Märkten.

Ein Gewusel von Menschen, das einem Angst machen könnte, wenn nicht alles so reibungslos funktionieren würde. Die Hongkonger sind zu 95% chinesischer Abstammung, es gibt also dort viel weniger kulturelle Vielfalt als bei uns. Was ich schön finde: Man wird nicht dauernd von Händlern angesprochen. Erst wenn man andere Touristen sieht, merkt man, dass man selber auch anders aussehen muss, als die Bewohner.

Die Insel Hong Kong war von Großbritannien im Jahr 1841 als Handelsposten annektiert worden, vorher hatte man einen Handelsposten im nahegelegenen Kanton. Außerdem hatte man  die New Territories, ein großes Gebiet auf dem Festland, bis zum Jahr 1997 hinzu gepachtet. Damit hat Hong Kong eine Größe von 1100 km² und besitzt 262 Inseln. Zum Ablauf des Pachtvertrags wurde entschieden, auch die Insel Hong Kong an die Volksrepublik China zurückzugeben, aber nicht ohne einen Sonderstatus für weitere 50 Jahre zu vereinbaren. Also noch 34 Jahre Linksverkehr, während hinter der Grenze in der VR China rechts gefahren wird. Die Hongkonger passen genau auf, dass China nicht schon zu viel hineinregiert. Sonst sind schon mal 500.000 Demonstranten auf der Straße.

Das Klima ist im Sommer tropisch heiß mit den entsprechenden Regenfällen. Im Winter ist es für unsere Verhältnisse frühsommerlich mit wenigen Regenfällen, im Februar also ideal für eine Städtetour mit Marathon. In den teuren Hotels werden sogar schon der Außenpools benutzt. Unser letzter Lauf an der verschneiten Isar, keine zwei Tage zuvor, ist da schnell vergessen.
Wunderschöne Inselchen rund um die Hauptinsel Hongkong laden mit kleinen Pensionen und netten Restaurants zu einem Badeurlaub ein.

 

Der Marathon

 

72.700 Läuferinnen und Läufer sind angemeldet, ungefähr die Hälfte davon für den 10 k, der auf der Insel Hongkong stattfinden wird. Die Halb- und Marathonis machen jeweils ein Viertel des Feldes aus und laufen am Anfang und Ende die gleiche Strecke. Der Start findet auf dem Festland in Kowloon statt, und zwar in 5 Blöcken. Interessanterweise erst einmal zwei HM-Blöcke, dann um 6:40 Uhr die Marathonis mit Meldezeiten unter 4 Stunden, 30 min später die anderen Marathonläufer und dann noch mal drei Halbmarathon-Blöcke. Das Ganze funktioniert erstaunlich gut. 

Wir haben ein Hotel in der Nähe des Starts gewählt und treffen zu Fuß ein. Alle U-Bahnen fahren jedoch schon mit erhöhter Frequenz, teilweise im 2-Minuten-Takt. Das Läuferinformationsheft beschreibt ausführlich die Anreisewege und das Procedere bei Start und Ziel. Und das Ganze zweisprachig auf Chinesisch und Englisch. Gefällt mir sehr gut. (Für Interessenten: kann man von der Veranstalter-Webseite herunterladen).

Die Straße mit den mobilen Toilettenhäuschen ernüchtert dann ein bisschen: Im Plan sieht das alles sehr großzügig aus. Nun muss man feststellen, dass es hier nur ca. 35 Häuschen gibt. Und das für 34.000 Teilnehmer. Wir stellen uns erst mal an. Danach zur Kleiderbeutelabgabe. Alles ohne Probleme und nur mit wenig Hektik. Danach zum Start, nicht ohne noch mal bei den Klohäuschen vorbeizuschauen. Unsere Schlange hat alle Zeit der Welt: Es stehen schon viele Läufer des zweiten Startblocks an. Die Zeit läuft uns davon und wir kommen keine Sekunde zu früh in die Startzone (keine Blockeinteilung, keine Pacemaker).

Ich versuche Judith zu beruhigen: Die ersten Kilometer sind nicht die entscheidenden. Trotzdem geht es nach Überqueren der Startlinie nur sehr verhalten voran. Das Tempo pendelt sich so auf 6:30/min ein. Für unter vier Stunden ja recht langsam. An Überholen ist nicht zu denken, es gibt einige 90-Grad-Kurven und die Straße wird immer enger. Bei km 3 sind wir dann schon in einem Neubaugebiet. Dank vieler Absperrungen für den U-Bahnbau bleibt es erst mal eng. Schade, dass wir so schnell von der zentralen und langen Nathan-Road weg müssen. Wir laufen quasi am Rand der Besiedlung.

Kurze Zeit später wandelt sich die Straße zur Schnellstraße/Autobahn und so wird es bis km 37 bleiben. Jetzt gibt es endlich mehr Platz und es ist auch heller und  meine Fotos schärfer. Viele Sub-4h-Läufer telefonieren, spielen mit ihrem Smartphone oder machen Fotos. Dafür laufen sie nicht wie ich an die Seite, sondern bleiben abrupt stehen. Am nächsten Tag werden die Zeitungen von einer Massenkarambolage beim 10 k-Lauf berichten, bei der ein Handy-Fotograf 20 Läufer zu Fall bringt. Angeblich erwägt man nun, die Benutzung von elektronischen Geräten beim Lauf zu verbieten. Wäre schade für mich. Daher der bekannte Tipp: Wer eine gute Zeit erzielen will, muss möglichst weit vorne starten. Wir laufen auf der rechten (also falschen) Autobahnseite. Links von uns abgetrennt kommen die schnellen Halbmarathonis entgegen. Rechts gibt es eine Rettungsspur.

Gelegentlich tauchen kürzere Abschnitte mit Lärmschutzwänden auf, es gibt aber noch genug zu sehen. Die meisten Häuser sind ohnehin höher. Die neueren Wohnblocks haben meist um die 50 Stockwerke und stehen so dicht beieinander, dass man glaubt, von einem Haus zum anderen springen zu können. Bedingt ist das auch durch die Topografie Hong Kongs: Es ist sehr hügelig und nur auf 25% der Fläche eine Bebauung überhaupt möglich. Daher gibt es auch so gut wie keine Einfamilienhäuser aber viel Grün. Wäre ja auch mal ein Gedanke, um der Zersiedelung der Landschaft in Europa entgegenzuwirken. Aber ob ich in einem solchen Hochhaus wohnen möchte? Andererseits. Jeder Block hat einen eigenen Swimmingpool und meist auch ein Einkaufszentrum in der Anlage. 70% der Wohnungen wurden über das Public Housing Programm geschaffen. Nur so konnten die ganzen Flüchtlinge aus der VR China untergebracht werden. Am Anfang standen einer Familie 20 qm Wohnfläche mit einer Toilette zur Verfügung.

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