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Laufberichte

Große Deutschland-Runde

17.04.12

Wie lang ist die deutsche Grenze? Wie bei allen entscheidenden Fragen des Lebens, so gibt es auch hier, je nach Berechnungsmethode,  abweichende Ergebnisse. Heinz Jäckel wollte es genau wissen: Mit Hilfe der GPS-Technik teilte er die Grenze in Abschnitte, nannte sie Etappen und kam zu dem Ergebnis, dass man in 74 Tagen die 4.282 km schaffen könnte. Zu Fuß!

In Ultraläuferkreisen ist Heinz Jäckel, Jahrgang 1947 kein Unbekannter. Als Finisher mehrerer großer Ultra-Etappenläufen wusste er sehr wohl, auf was er sich einließ und dass so eine Herausforderung nicht nur guter Planung, sondern auch zuverlässiger Mitstreiter bedarf.

In Gerhard Albert, Jahrgang 1949 und ebenfalls erfahrener Ultralangstreckenläufer, fand er einen Gleichgesinnten.

Am 04.04.2012 ging es los. Gerhard war bereits drei Tage zuvor in seinem Heimatort Waldaschaff gestartet, um sich dem Lauf anzuschließen. Begleitet von den besten Wünschen des Bürgermeisters von Hennef und Renate Hoffmann vom Vorstand des Kinderschutzbundes, starteten die beiden in Ihr Abenteuer.

Durch Kathrin Schramm, natürlich auch Marathon- und Ultraläuferin, erfuhr ich von dieser fantastischen Idee und wurde neugierig. Wir wollten zumindest eine Etappe miterleben. Am 17.04.2012 war es dann soweit: die 14. Etappe Gottmadingen - Friedrichshafen (insgesamt ca. 60 km) sollte es sein.

Als wir kurz vor 9 Uhr in Gottmadingen ankommen, sind die beiden Läufer schon seit einer knappen Stunde unterwegs. Da sie auf eine Fährverbindung über den Bodensee angewiesen sind, mussten sie pünktlich starten. Erwartet werden wir von Karin Jäckel und Marianne Albert, den Ehefrauen der beiden Sportler.
Wir verteilen uns in die zwei Begleitfahrzeuge und fahren zum ersten Verpflegungspunkt. Mithilfe des GPS wird der Punkt zielgenau angesteuert - ein Kreisverkehr im Irgendwo. Wir suchen einen schönen Standplatz. Nun heißt es warten.

Karin, die Ehefrau von Heinz, ist im Wohnmobil und in der Zwischenzeit mit der Planung der nächsten Etappen beschäftigt: Übernachtungen müssen organisiert und Pressetermine verwaltet werden.

Gerhards Frau, Marianne, bereitet inzwischen die Verpflegungsstation vor. Sie erzählt, dass heute der erste schöne Tag sei. In den letzten Tagen war es kalt und es hat dauernd geregnet. Die Schwierigkeiten, mit denen Läufer und Begleiterinnen zu kämpfen hatten, lassen sich hier erahnen.

Die Läufer kommen. Nach einer herzlichen Begrüßung wird gegessen und die Bekleidung den ansteigenden Temperaturen angepasst. Nach 10 Minuten sind Heinz, Gerhard und Kathrin startklar. Ein Blick auf das mobile GPS von Heinz, die Laufrichtung wird bestimmt und weg sind sie.

Wir packen ein. Marianne erzählt, dass die Lebensmittel zum größten Teil durch REWE gesponsert werden.

Die Männer laufen nämlich nicht nur zum Spaß. Seit 2004 hat es sich Gerhard zur Aufgabe gemacht, auf die seltene Krankheit Fanconi Anämie aufmerksam zu machen. Bei den erkrankten Kindern „löst“ sich das Knochenmark auf, so dass ihre Körper die Fähigkeit zur Blutbildung verlieren. Diese Krankheit ist unheilbar und es gibt nur wenige Medikamente, die das Leid der Betroffenen lindern helfen. Die Forschung dazu wird fast ausschließlich über Spenden finanziert.

Heinz hat seinen Lauf zum einen dem deutschen Kinderschutzbund gewidmet. Zum anderen gilt sein besonderes Anliegen den beiden kleinen Mädchen Lea und Rebecca. Den beiden Down-Syndrom Kindern könnte eine Delfin-Therapie helfen, besser am Leben teilzunehmen. Eine relativ  kostengünstige Möglichkeit hierfür gibt es mittlerweile in der Türkei. Aber selbst diese preiswerte Alternative zu den teuren Therapien in den USA können sich deren Eltern nicht leisten.
Bei allen drei Projekten hilft jeder gespendete Euro.

Das GPS führt uns zum nächsten Treffpunkt am Ortsausgang von Radolfzell. Hier steige ich in den Lauf ein und dann sehen wir auch zum ersten Mal den See. Laut Plan müssen wir auf dem Bodenseeradweg, in Sichtweite des Sees, bleiben. Die links verlaufende K6170 blenden wir aus. Das Wetter ist herrlich, zwar nur geschätzt 12 Grad, aber sonnig. Der Ausblick ist atemberaubend: grüne Wiesen, blühende Bäume, schilfbewachsenes Ufer und dann der See. Hier liegt in ihrer ganzen Pracht die Halbinsel Mettnau, bekannt durch das Kurzentrum für Herzpatienten und seinem für Ornithologen faszinierenden Naturschutzgebiet.
Wir kommen nach Allensbach. Frau Prof. Dr. Noelle hat hier vor 50 Jahren ihr Institut für Demoskopie gegründet und so den 7000 Einwohnerort international bekannt gemacht. Aber auch für Touristen ist der Ort sehenswert. Wir machen einen kurzen Umweg über die Strandpromenade.

Von hier hat man einen traumhaften Blick auf die nahe Insel Reichenau. Gerne würden wir am See bleiben, aber der Weg führt uns zurück zur Hauptstraße. Unser Radweg verläuft hier an der stark befahrenen B33 entlang.

Schon von Ferne können wir links an der Straße die imposante Anlage des Klosters Hegne bewundern. Das Kloster wurde 1856 als katholischer Orden von den „barmherzigen Schwestern zum Heiligen Kreuz“ gegründet. Ein reges Klosterleben kennzeichnet das Wirken der Schwestern bis heute.

Zwischen See und Radweg verläuft das Gleisbett des „Seehas“. So haben die Fahrgäste den Zug  benannt. Er verbindet Konstanz halbstündig mit Engen und führt eine weite Strecke am See entlang.

Das Ufer des Bodensees verläuft schnurgerade. Schnurgerade verlaufen auch Bahnlinie, Radweg und Straße fast parallel nebeneinander.

Eigentlich laufen wir nicht wirklich. Es ist eher eine Mischung aus schnellem Wandern und langsamen Laufen. Ich lerne, dass das Bewältigen so gewaltiger Strecken für unsereinem nicht im Laufschritt zu schaffen ist. Das Verletzungsrisiko aufgrund der Dauerbelastung ist selbst für geübte Läufer nicht zu unterschätzen. Trotzdem vergeht die Zeit wie im Flug. Gerhard und Heinz unterhalten uns mit spannenden Anekdoten aus ihren Läuferleben.

Endlich erreichen wir die Pappelallee auf dem Damm zur Insel Reichenau. Die Reichenau ist die größte Insel im Bodensee. Weite Teile der Insel stehen unter Naturschutz. Im Jahr 2000 wurde die Klosterinsel Reichenau in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen.

Hier sollte eigentlich der nächste Verpflegungsposten sein. Ein Anruf klärt das Missverständnis auf und fünf Minuten später ist Marianne da.

Nach üppiger Verpflegung  geht es weiter. Leider müssen wir uns jetzt schon von Marianne verabschieden. Wir werden nicht bis zum nächsten Treffpunkt, der Fähre nach Meersburg, mitlaufen.

Karin, die Ehefrau von Heinz, ist schon zum heutigen Etappenziel nach Friedrichshafen vorgefahren, um die Übernachtung zu bestätigen.

Die Gemeindeverwaltungen an den Etappenzielen sind vorab informiert und stellen meist eine Unterkunft zur Verfügung. Normalerweise gibt es dort einen Termin beim jeweiligen Bürgermeister, bei dem die Projekte erläutert und die Spenden gesammelt werden. Einige Gemeinden veranstalten dazu ein kleines Rahmenprogramm. Oft sind abends auch noch Pressetermine und Sponsorengespräche.

Konstanz wirft seine Schatten voraus. Links der B33 liegt ein kleiner Flughafen. Durch den Zaun können wir ein startendes Kleinflugzeug beobachten. Wir laufen an einer riesigen Baustelle vorbei - hier entsteht eine neue Autobrücke.

Das hässliche Industriegebiet bietet keinen Laufgenuss. Dann kommen wir in die Innenstadt. Das geschäftige Treiben holt uns in die reale Welt zurück. Die Stadt wir zum City-Trail. Zwischen den Häusern auf der rechten Seite kann man den Rhein erahnen. Bevor wir den See erreichen, halten wir uns links. Am See entlangzulaufen wäre zwar schöner aber auch viel länger gewesen, aber die Männer müssen zur Fähre.

Jetzt ist für uns die Zeit der Trennung gekommen. Herzlich verabschieden uns und lassen die beiden Abenteurer weiterziehen.

Spenden kann man entweder direkt oder über Spendenkonten auf den Homepages von www.funrunner-hennef.de und www.gerhard-ultra.de.
Jeder Euro zählt!

Etappenläufer können sich anmelden unter 0151-23580373.

 


 
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