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Laufberichte

Coburger Wintermarathon

11.01.09

„Ja, is denn schon wieder Marathon?“

So zeitig wie nie im Jahr bin ich auf der Marathonpiste. Heute auf der ersten ausgeschilderten Marathonstrecke Deutschlands. Wo das ist? In der Genussregion Oberfranken, einer Region mit der höchsten Brauereidichte der Welt, genauer gesagt in Coburg.

Realisiert wurde die erste permanente Marathonstrecke im Jahr 2004 zum 100jährigen Jubiläum des TV 1904 Lützelbuch. Idee der Coburger war es, Marathon zu laufen, wann man will oder Coburg laufend zu erleben ohne ortskundig zu sein oder einen Marathon mehrere Male hintereinander zu laufen.

So ist der Coburg Marathon keine Marathonveranstaltung, wie wir sie kennen, sondern vergleichbar mit einer permanent ausgeschilderten Wanderstrecke, die in und um die Stadt führt. Ausgeschildert ist die vermessene (!) Strecke mustergültig, ein Verlaufen schier unmöglich. Auch sind mehrere Kilometerschilder aufgestellt. Es kann auch nur ein Teil der Strecke gelaufen werden. Start und Ziel ist in der Rolf-Forkel-Halle in Lützelbuch, im Osten gelegen von Coburg.

Seit 2005 findet hier immer Anfang Januar der Wintermarathon ohne Zeitnahme und ohne Hektik statt. Diese Veranstaltung ist sehr beliebt und hat natürlich eine Teilnehmerbegrenzung. Heuer feiert man ein kleines Jubiläum, denn der 5. Wintermarathon steht an. Ein Grund für mich, wieder mal nach Coburg zu fahren. Die Anmeldung ist problemlos übers WWW möglich, nur sollte man sich rühren, auch wenn man kurzfristig noch mitlaufen will.

In diesem Jahr wird es eine harte Sache werden, denn die Temperaturen sind seit Weihnachten „im Keller“. Bis minus 17 Grad zeigt das Thermometer im Auto auf der Anfahrt an, in Coburg scheint eine Wärmequelle vorhanden zu sein, denn es ist immerhin fünf Grad wärmer, aber immer noch gesäßkalt.

Als ich die Halle betrete, weist Jürgen Lesch, Abteilungsleiter Laufen, gerade die Teilnehmer  in den Ablauf ein. So gibt es einen Führungsläufer, kein geringerer als Langstrecken-Ass Robert Wimmer und einen Schlussläufer, das übernimmt der Jürgen höchstpersönlich. Überholen des Führungsläufers ist verboten, denn dann sind die Verpflegungsstellen noch nicht eingerichtet. Und der Jürgen ist ein Motivationskünstler, denn er wird wieder jeden sicher ins Lager der Marathonfinisher bringen.

Im Vordergrund steht daher das gemeinsame Lauferlebnis gepaart mit einer Verbesserung der Grundlagenausdauer. Es werden zwei Laufgruppen gebildet, wobei die schnellere so 5.30 Minuten bis 6.00 Minuten pro Kilometer laufen soll. So kann auch jeder Durchschnittsläufer teilnehmen.

Jürgen weist zudem darauf hin, dass ein Ausstieg bei jeder V-Stelle möglich ist, auch kann auf der Strecke ein Fahrzeug kurzfristig organisiert werden, womit ein Teilnehmer bei Bedarf zum Ziel zurückgebracht werden kann. Die Marathonstrecke ist vergleichbar mit einer Acht, wobei der erste Teil mit etwa 33 Kilometer die Stadt Coburg umkreist. Die fehlenden Kilometer werden dann beim Abstecher von der Rolf-Forkel-Halle zum Coburger Forst gesammelt.

Nach der Einweisung versammelt sich die Truppe am Startort zum gemeinsamen Gruppenbild. Und dann geht es los auf die Marathonstrecke mit rund 600 Höhenmeter.

Die ersten sechs Kilometer führen recht wellig durch Seidmannsdorf und anschließend über die schneebedeckten Felder und durch einige Wälder. Später geht es recht steil bergab nach Creidlitz hinunter.

Auf der anschließenden Straße Richtung Ketschendorf komme ich mit Robert Wimmer ins Reden. So berichtet er mir von seinem großem Plan für dieses Jahr, den Europalauf von Bari in Süditalien bis ans Nordkap. Da will er sprichwörtlich die Sau rauslassen, auch wenn einige heißspornige Teilnehmer schon am Anfang Gas geben wollen. An den Alpen möchte er mit an der Spitze mitmischen. Das traue ich ihm uneingeschränkt zu, als ich seine Vita lese. Er hat den ersten Transeuropalauf von Lissabon nach Moskau gewonnen, den Spreelauf 2002, Isarlauf 2004 und beim „Badwater“ über 217 Kilometer war er Neunter.

Wir überqueren die Itz, die in der Vergangenheit häufig Hochwasser in die Stadt gebracht hat. Ein Rückhaltebecken wird zur Zeit im Norden gebaut und dann sollte diese Gefahr auch nicht mehr auftreten. Wir verlassen dann das Tal der Itz, es geht in Wüstenahorn bergauf und dann finden wir bei Kilometer 9 die erste Verpflegungsstelle.

Die zwei Helferinnen sind dick eingepackt und stehen auf Styroporplatten als Kälteschutz gegen den gefrorenen Boden. Es gibt warmen Zitronentee, Wasser, Apfelschorle, Dörrobst, Trockenfrüchte und als Spezialität den Coburger Marathonriegel. Eine leckere Sache, nur dass aufgrund der Kälte der Riegel bockhart wird und dass man sich sprichwörtlich die Zähne daran ausbeissen kann.

Nach zwei, drei Minuten breche ich wieder mit den Führenden auf. Unser Kurs ist weiterhin bergauf am Ortsrand von Wüstenahorn. Immer wieder sehe ich Kinder beim Schlittenfahren oder Eissportler auf den gefrorenen Teichen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die unglaublichen Zustände hinweisen, die sich an diesem Wochenende an mehreren Seen in Oberbayern abspielten. So ließen sich Eisläufer trotz Warnungen der Wasserwacht, Feuerwehr und Polizei nicht abhalten, das Eis zu betreten und brachen prompt ein. Diese Helfer mussten sich dann auch noch entsprechenden Beschimpfungen aussetzen. Dazu fällt mir nichts mehr ein.

Wir durchlaufen dann bei Kilometer 15 Scheuerfeld. Anschließend geht es wieder bergan und dann im Callenberger Forst hinunter. Oben sehe ich das Schloss Callenberg. Das wurde 1122 erstmals urkundlich erwähnt und war ab 1825 Sommerresidenz der Coburger Herzöge. Heute ist das Deutsche Schützenmuseum und eine private Sammlung Herzoglicher Kunstbesitz untergebracht.

Seit der zweiten V-Stelle drückt die Marathonspitze gehörig aufs Gas. Mitunter Kilometerschnitte von 4.30 Minuten. Das ist nicht nur mir zu schnell. Am Ortsausgang von Beiersdorf wird dann die Strecke umgeleitet für ein kurzes Wegstück aufgrund des Baues des Hochwasserbeckens Goldbergsee. Wir finden wieder eine V-Stelle (Kilometer 20).

Wir durchqueren jetzt den Nordteil der Europastadt Coburg. Dieser Beiname wird durch den Europarat verliehen und geht an Städte, die sich für die europäische Verständigung besonders einsetzen.

Hier ist auch der größte Arbeitgeber in Coburg angesiedelt, der Versicherungskonzern HUK-Coburg mit gut 4500 Beschäftigten. Ja, und das HUK steht für Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G. Jetzt hamma wieder was glernt.

Mittlerweile ist die Veste Coburg zum Greifen nah. Im Stadtgebiet (Kilometer 27) wird nochmals verpflegt. Und dann kommt der längste Anstieg mit rund 160 Höhenmetern am Stück. Da könnte man eine eigene Bergwertung austragen. Anfang Juli besteht hier immer die Möglichkeit, einen schnellen 10er rund um die Veste zu absolvieren und da geht die Strecke auch hoch zur Veste.

Der Schlossplatz, für mich ein Highlight. Rechts sehen wir das Landestheater, das 1827 von Herzog Ernst I. mit einem eigenen Ensemble gegründet wurde. Ein mutiger Entschluss, da damals die Stadt nur 8000 Einwohner zählte. Unzählige Aufführungen ziehen heute rund 120000 Zuschauer an und doch ist es wie anderswo ein Zuschussgeschäft für die Stadt.

Vor uns sehen wir das Schloss Ehrenburg, das die Landesbibliothek Coburg beherbergt, den Arkaden des Hofgartens und das Palais Edinburgh. Bis ich ein paar Bilder geschossen habe, bin ich alleine auf weiter Flur. Aber diese Zeiteinbusse ist mir wichtig.

Es geht nun bergan in den Hofgarten, der in der jetzigen Gestalt von Herzog Ernst II 1856/1857 in Auftrag gegeben wurde. Dem gemeinen Volk wurde schon frühzeitig erlaubt, den Park auf den Wegen zu benutzen. Wer querfeldein ging und erwischt wurde, der musste ein Bußgeld von 1 Gulden 30 Kreutzer zahlen. Linkerhand sehe ich das Reiterdenkmal von Herzog Ernst II.

Es geht weiterhin bergan. Die Veste ist später auch nur teilweise zu sehen. Die Burg, auch „Fränkische Krone“ genannt, dominiert von Weitem das Stadtbild. Die heutige Burganlage geht in die Zeit der Staufer (13. Jahrhundert) zurück. Der Reformator Martin Luther lebte im Jahr 1530 hier oben für ein halbes Jahr. Das weltweit bekannte Kupferstichkabinett ist hier untergebracht.

Die letzten Meter bis zum höchsten Punkt am Flugplatz Brandensteinsebene werden auf einem abgetrennten Rad- und Gehweg zurückgelegt. Das Feld hat sich nun komplett zerlegt. Ich bin froh, dass sich wenigstens noch ein Marathoni in der Nähe befindet. Christoph Kirchner aus Rannungen. Wir vertreiben uns die letzten zwei, drei Kilometer mit Ratschen, dann geht die 33 Kilometer lange Runde in Lützelbuch zu Ende.

Wir nehmen die paar Meter Umweg zur Forkel-Halle noch in Kauf, da wir nochmals verpflegen wollen. Ja, und ein Aussteigen ist hier auch möglich. Doch noch niemand sehe ich in der Halle.

Es geht nun auf die „Kilometerfresserrunde Zwei“, für den Marathon fehlt ja noch ein Stückchen Weg. Wir verlassen Lützelbuch, bergan bis zur Autobahnbrücke. Die A73 ist jetzt durchgängig von Nürnberg bis Suhl befahrbar,

Kurz danach trennt sich die Hinstrecke, wir laufen rechts in den Coburger Forst, zunächst gefällig, dann wieder ansteigend bis zu einer Hauptstraße. Dort finden wir keine Markierung. Wo geht es weiter? Links oder rechts am Radweg? Christoph geht ein paar Meter zurück und wir sehen dann an einem Baum eine aufgemalte Markierung. Ich sage: „Wenn der Radweg schneefrei wäre, dann wär mit ziemlicher Sicherheit da was hingemalt.“

Nun geht es gefällig bergab zu einer Wasserquelle, die aufgrund der Kälte total vereist ist. In Neuhof gibt es nochmals zu Trinken. Die letzten drei Kilometer gehen zunächst noch einfach zu laufen, dann jedoch stellt sich nochmals ein übler Anstieg hoch zur Autobahnbrücke entgegen. Wir sehen zwei, drei Grüppchen auf ihrem Hinweg zum Coburger Forst.

Als ich die Autobahn überquere, bin ich sichtlich erleichtert, denn Lützelbuch ist bereits zu sehen und wir erreichen die Forkel-Halle nach rund vier Stunden Laufzeit. In der Halle sitzen die ersten bereits bei Bier und Bockwurst, Kaffee und Kuchen beisammen.

Was gibt es noch zu erwähnen? Hier kriegst Du einen kostenlosen Marathonlauf, denn Startgeld wird keins verlangt, Spenden werden aber gerne für die Unkosten angenommen. Habe ich Interesse geweckt? Wer jetzt kein Jahr warten kann, für den besteht die Möglichkeit, am 18.07.2009 beim Run & Bike Team-Marathon teilzunehmen. Näheres gibt es in Kürze auf der Website des Coburg-Marathons.

Und wer einmal in der Gegend ist, der kann in der 40000 Einwohner großen Stadt die eine Spezialität, die Coburger Bratwurst probieren. Eine auf Kiefernzapfen gegrillte ellenlange Bratwurst. Oder der Interessent kommt Anfang Juli zum Internationalen Samba-Festival auf den Schlossplatz.

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