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Laufberichte

3e zes uur van Steenbergen

25.03.07

Spitzenleistungen beim 6-Stunden-Lauf in Steenbergen/NL

 

Im Westen der niederländischen Provinz Nordbrabant liegt die ca. 23.000 Einwohner zählende Gemeinde Steenbergen. Sie bekam bereits im Jahr 1272 die Stadtrechte verliehen und war einst eine Festungsstadt. Das stimmungsvolle Stadtzentrum weist eindrucksvoll darauf hin, dass Steenbergen schon von alters her eine große regionale Bedeutung besitzt. Der Stadt kommt zugute, dass sie sehr vielfältig mit dem "Seeländischen Deltagebiet" verbunden und auch auf dem Wasserweg gut erreichbar ist. Der Hafen und Jachthafen erstrecken sich bis ins Stadtzentrum hinein und stehen in direkter Verbindung mit dem Schelde-Rijn-Kanal und der Großwasserstraße "Krammer Volkerak". Aufgrund der günstigen Lage zwischen den weniger als 50 km entfernten Welthäfen Rotterdam und Antwerpen wird nach Fertigstellung eines noch fehlenden Abschnittes der niederländischen Autobahn A4 eine zusätzliche Expansion des Wirtschaftsstandortes Steenbergen erwartet.

 

In dieser geschichtsträchtigen Stadt Steenbergen richtete die "Sportvereniging Diomedon" am Sonntag, dem 25. März 2007, die nunmehr "3e zes uur van Steenbergen" aus. Auf Schritt und Tritt war zu erkennen, dass die Veranstaltung von einem Team aus routinierten Marathon- und Ultraläufern organisiert wurde. Die Wettkampfleitung lag in den bewährten Händen der in der niederländischen Langlaufszene bestens bekannten Brüder Suijkerbuijk.

 

Veranstaltungszentrum war wiederum das durch einen Um- und Erweiterungsbau in neuem Glanz erstrahlende Gemeinschaftshaus "'t Cromwiel". Am Seiteneingang der in den Gebäudekomplex integrierten Sporthalle hatte man die "Start- en doorkomstlocatie" eingerichtet, also jene Stelle, von der aus gestartet und an der im Championchip-Verfahren die Rundenerfassung vorgenommen wurde.

 

Nachdem zuvor ein 15-km-Lauf durchgeführt worden war, erfolgte um 12.00 Uhr der Start zum 6-Stunden-Lauf für 62 Einzelläufer/innen und 20 Staffeln. Zu durchlaufen war der übliche Rundkurs, dessen nach internationalen Kriterien vermessene Länge exakt 2.102 m beträgt. Mit Ausnahme eines kurzen sachten Ansteigens gegen Rundenende muss man die Streckenführung als "völlig flach" bezeichnen.

 

Zu belaufen waren Verbundsteinpflasterung, mit Platten versehene Gehwege, ein mit Gummimatten ausgelegter Rasenabschnitt, ein befestigter Spazierweg und asphaltierte Straßen. Nach dem Rundenbeginn folgten etwa 500 m, auf denen der Kurs etwas eckig war, die Verbundsteinpflasterung stellenweise Schrägen oder Buckel aufwies und Bordsteine überlaufen werden mussten. In diesem Abschnitt war besondere Konzentration gefordert.

 

Die Strecke wurde komplett verkehrsfrei gehalten. Dennoch war nicht zu vermeiden, dass man Spaziergängern oder Radfahrerinnen/Radfahrern begegnete. Dies störte jedoch nicht. Allerdings nervte mich in zunehmendem Maße, dass die Teilnehmer/innen am parallel durchgeführten 6-Stunden-Staffel-Lauf selbst an schmalen Stellen des Kurses von Familien- oder Vereinsangehörigen auf Fahrrädern begleitet wurden, was offensichtlich nicht mit Regeln im Konflikt stand und damit hinzunehmen war.

 

Das Wetter zeigte sich zunächst von seiner besten Seite. Bereits bei meiner Ankunft am Veranstaltungsort gegen 9.45 Uhr durfte ich mich an einem fast wolkenlosen Himmel erfreuen. Dieser hatte auch während der ersten ca. 2½ Stunden Laufzeit Fortbestand. Dann zog jedoch innerhalb von relativ kurzer Zeit hell- bis mittelgraue Bewölkung auf, die sich für eine Dauer von ebenfalls ca. 2½ Stunden fast durchgehend schloss. [Ich empfand die nun vorhandene Wolkenschattenkühle eigentlich sogar als recht angenehm.] Während der letzten Stunde Laufzeit, zum Finale also, präsentierte sich der Himmel aber wieder in einem fast wolkenlosen Blau, das für den Rest des Tages erhalten blieb.

 

Man hätte durchaus von recht guten Bedingungen sprechen können, wenn nicht den ganzen Tag über ein mehr oder weniger ungemütlicher Wind geweht hätte. Dieser vermittelte stets das Gefühl, dass er nur als Gegen- oder Seitenwind aufträte. Die durchschnittliche Tagestemperatur dürfte wohl bei +10° Celsius gelegen haben.

 

Gespannt war ich, was denn an diesem Tage so an der Spitze des Läuferfeldes "abgehen" würde. Immerhin hatten mit dem Vorjahressieger und bisherigen Streckenrekordhalter Lucien Taelman (81.907 m) sowie mit Marc Papanikitas und Ivan Hostens (den beiden erstplatzierten 6-Stunden-Läufern drei Wochen zuvor in Stein/NL) drei belgische Weltklasseathleten gemeldet. Lucien schien in diesem Rennen keine großen Ambitionen zu hegen. Ich bekam mit, dass er für einen jüngeren Läufer eine ganze Zeit lang Schrittmacherdienste leistete.

 

Marc und Ivan hingegen ließen sofort erkennen, dass sie einen neuen Streckenrekord anstrebten. Lange Zeit liefen die beiden einträchtig nebeneinander dahin. Dann aber kam Marc plötzlich alleine an mir "vorbeigeflogen". Weil man bei seiner Art zu laufen den Eindruck gewinnt, dass er kaum Bodenkontakt hat, ist "vorbeigeflogen" eine Beschreibung, die dem optischen Empfinden sehr nahe kommt. Ich hatte in diesem Jahr beim Marathonlauf in Genk/B, beim 6-Stunden-Lauf in Stein/NL und nun zum dritten Mal die Gelegenheit, Marcs leichtfüßigen Laufstil genießen zu dürfen, und bin immer wieder aufs Neue begeistert. So war es dann letztlich auch nicht verwunderlich, dass Marc sich gegenüber Stein (84.270 m) um 2.159 m auf 86.429 m steigerte und damit einen neuen Streckenrekord erzielte. Aber auch Ivan muss in einem Atemzuge genannt werden. Dieser übertraf sein Stein-Resultat von 81.729 m sogar um 3.700 m. Er lieferte mit 85.429 m natürlich ebenfalls ein Weltklasse-Ergebnis ab.

 

Auch die Damen hatten beeindruckende Endergebnisse vorzuweisen. So steigerte Ida Verduin, die Erstplazierte der Frauenwertung, den erst 3 Wochen zuvor in Stein von Manon Wenmekers auf 72.827 m verbesserten niederländischen Rekord auf beachtliche 73.776 m.

 

Ich war übrigens nicht der einzige deutsche Teilnehmer am diesjährigen 6-Stunden-Lauf von Steenbergen. Zu meiner großen Freude hatte sich dort auch Günter Meinhold eingefunden, ein Sauerländer, der für den LT Hemsbach startet und Insidern der M+U-Sammler-Szene als "der Porschefahrer" ein Begriff ist. Günter beabsichtigt in diesem Jahr den "La Transe Gaule" (Mehrtagelauf durch Frankreich) zu bestreiten, und "probt hierfür den Ernstfall", indem er - wann auch immer möglich - am Wochenende zwei Marathon- bzw. Ultraläufe absolviert. So hatte er erst am Vortag bei Harald Heyde (Marathon Team Waldhessen) innerhalb von 6 Stunden 55.227 m zurückgelegt. In Steenbergen wollte er sich mit einem Resultat um 50 km begnügen. Am Ende kamen 52.596 m herum, was den 38. Platz unter insgesamt 62 gestarteten Frauen und Männern sowie Rang 3 in der Klasse M55 ergab.

 

Ich selbst hatte während der ersten beiden Laufstunden den Eindruck, einen rabenschwarzen Tag erwischt zu haben. Ich verzichte lieber darauf, hier alle Stellen, die mir in dieser Phase schmerzten, und all das, was zunächst nicht so wollte, wie ich es gerne gewollt hätte, hier aufzuführen, denn das glaubt einem ja doch kein Mensch. Dass in dieser Situation trübe Gedanken bezüglich des Sinns meiner Lauferei in meinem Kopf kreisten, will ich hier nicht verheimlichen. Doch plötzlich wurden meine bis dahin bleischweren Beine leichter, und meinem Naturell entspricht es, dass sich sofort Zuversicht in mir ausbreitete. Ich führe diese "läuferische Auferstehung" auf folgende 3 Ursachen zurück:

 

[1] Ich hatte mich inzwischen reichlich mit Cola abgefüllt. Im Alltag vermeide ich es eigentlich, Cola zu trinken. Bei Laufveranstaltungen giere ich aber geradezu danach. Offensichtlich hatte der reichliche Cola-Konsum die Hemmnisse aus meiner vermutlich zu späten Einnahme der mir aus kardiologischen Gründen verordneten Medikamente egalisiert. Wie dem auch war, ab nun nahm ich mir nach jeder Runde die Zeit, in Ruhe einen doppelten Becher Cola zu trinken. Als ich einmal irrtümlich Tee erwischte, bildete ich mir sogleich ein, dass dieser Missgriff auf dem folgenden Abschnitt mit vorübergehend schwereren Beinen "bestraft" wurde.

 

[2] Der Zuspruch meiner zahlreichen niederländischen und belgischen Lauffreundinnen und Lauffreunde, denen hierfür ein Riesenlob gebührt, begann zu wirken. Als mich diese nämlich zum Teil recht häufig überrundeten, war es ihnen nie zu mühselig oder zeitaufwändig, mir ein paar nette, aufmunternde Worte mit auf den Weg zu geben. Ich war zwar exakt 276,6 km von meiner Wohnung in Bonn entfernt, fühlte mich aber im Kreise dieser allesamt sympathischen "Mädels" und "Kerle" wie zu Hause. Wenn es einmal Schluss sein wird mit meiner Lauferei, werde ich diese großartige Laufkameradschaft am meisten vermissen.

 

[3] Die "Verpflichtung" meinem Sohn Frank gegenüber. Dieser hatte am Vortag in Kienbaum bei den Deutschen Meisterschaften seinen ersten 100-km-Lauf bestritten und hierbei nach 10:22:10 Stunden gefinisht. Zwar konnte Frank auf bis dahin bereits absolvierte 131 "M+U" zurückblicken. Darunter befanden sich auch drei 24-Stunden-Läufe. Aber in diesen agiert man halt so, wie man gerade kann, und wenn man eine Pause benötigt, dann gönnt man sie sich eben.

 

Im Falle der "100-km-DM" war es aber so, dass innerhalb von Zeitlimits gewisse km-Vorgaben bewältigt sein mussten, deren Nichterfüllung ein Ausscheiden aus dem Wettkampf zur Folge gehabt hätte. Mit diesem Druck muss man als Debütant erst einmal fertig werden, und dies vor allem dann, wenn die Vorbereitung infolge von Erkältungskrankheiten nicht in dem beabsichtigen Umfang durchgeführt werden konnte. Frank durfte sich über sein Abschneiden also zu Recht freuen, und nun lag es an mir, ihm nicht durch ein "meinerseitiges Gurkenresultat" mit anschließendem "Herumgeflenne", das Ende meiner Lauferei zeichne sich ab, die Freude an seinem eigenen Erfolg zu vermiesen. [Erläuterung: Wir sind zwar - wie dies nun 'mal zwischen Vater und Sohn häufig der Fall ist - in Dingen des täglichen Lebens oft sehr unterschiedlicher Meinung, und da kann es durchaus auch manchmal "fetzen". Wenn es aber um unser gemeinsames "schönstes Hobby der Welt", das Langstreckenlaufen, geht, kann uns nichts entzweien. Und so freut sich oder leidet jeder mit dem Anderen bei dessen Erfolg oder Misserfolg.]

 

Auf zwei sehr "mäßige" Anfangsstunden folgten also ein Hoffnung erweckender Mittelteil und zwei akzeptable Schlussstunden, sodass ich die angepeilten 21 Runden schaffte und noch 90 m hinzufügen konnte, was eine zurückgelegte Gesamtstrecke von 44.232 m ergab. Diese brachte mir den 47. Platz unter insgesamt 62 gestarteten Frauen und Männern sowie Rang 2 in der Klasse M60 ein. Dass ich an mein bei der 1. Auflage des Steenbergener 6-Stunden-Laufes am 23.01.2005 erzieltes Ergebnis von 47.412 m nicht herankommen würde, war mir von Vornherein klar. Da ich aber eine Leistung in der Nähe meines Vorjahresresultates (2. Auflage am 05.03.2006 - 44.687 m) erbrachte und den "freien Fall" auf die mir selbst auferlegte Mindestvorgabe "Marathondistanz" verhindern konnte, will ich nicht unzufrieden sein.

 

Ergebnisse der erstplatzierten Frauen (6 Starterinnen):

 

1. Ida Verduin, Tas82 (NL), 73.776 m (neuer niederländischer Rekord)
2. Nellie van der Made, Assen (NL), 63.020 m
3. Wilma Dierx, Amsterdam (NL), 59.455 m


Ergebnisse der erstplatzierten Männer (56 Starter):

 

1. Marc Papanikitas, AVKA (B), 86.429 m (neuer Streckenrekord)
2. Ivan Hostens, BEHO (B), 85.429 m
3. Gert Mertens, SAV (B), 78.485 m

 

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