marathon4you.de

 

Laufberichte

2. St. Jürgensland Ultra

10.03.07

Wie gut, dass es den Carsten gibt!

 

Sammler/innen von Marathon- und Ultraläufen haben es manchmal gar nicht so leicht. Da gibt es Wochenenden, für die man verzweifelt nach einer Startgelegenheit sucht. Gehört man meiner Leistungsklasse an, muss das Wettkampfangebot zudem noch ein Zeitlimit gewähren, das mehr als 5½ Stunden beträgt. An den Wochenenden unmittelbar davor und danach hingegen werden oftmals ½ Dutzend oder mehr Laufveranstaltungen ausgerichtet, die allesamt in Betracht kämen, sodass man sich dann der zermürbenden Qual der Wahl unterziehen muss. Warum werden manche Veranstaltungstermine nicht besser koordiniert?

 

Das zweite Wochenende im diesjährigen März war ein solches, an dem einer wie ich hätte "in arge Not" geraten können. In den einschlägigen Terminkalendern war allein der "Bienwald-Marathon" in Kandel aufgeführt. Doch dieser hat eine Sollzeit von 5:00 Stunden und kann deshalb von mir nicht mehr bestritten werden. Auch in den benachbarten Benelux-Staaten war "Sauere-Gurken-Zeit". Da bewahrheitete sich wieder einmal meine Erkenntnis: "Wie gut, dass es den Carsten gibt!"

 

Carsten Alfred Mattejiet ist ein erfahrener Langstreckenläufer, der bei bislang mehr als 200 Marathon- und Ultra-Wettkämpfen gefinisht hat. Darunter sind Rennen über 24 Stunden (pBL 201.065 m im Mai 1995 in Basel/CH) und 48 Stunden (pBL 277.855 m im Juli 1995 in Köln). Von besonderer Wichtigkeit ist jedoch für mich, dass Carsten selbst Laufveranstaltungen organisiert. Das von ihm zu diesem Zwecke gegründete "Running Solutions Team Mattejiet" richtete im letzten Jahr mit dem Frühlingslauf (u.a. über 60 km), der Passionsserie (täglich ein Marathonlauf vom Gründonnerstag bis Ostermontag, mithin 5 Rennen hintereinander), dem Sommerlauf und dem "Lilienthaler Triple" (3 Marathonläufe an einem Tag) 4 Highlights aus.

 

 Aber damit nicht genug. Für die Laufabteilung des TV 1862 Lilienthal e.V. führt Carsten an mehreren Wochenenden des Jahres zusätzliche Marathonläufe durch. Diese werden je nach gelaufener Streckenführung "Truper-Blänken-Marathon", "Kreuzdeich-Marathon" oder "Höftdeich-Marathon" genannt und fortlaufend durchnummeriert. Anstelle des vorjährigen Frühjahrslaufes hatte Carsten in diesem Jahr für Samstag, den 03.03.2007, den "1. St. Jürgensland Ultra" (über 50 km) und "12. Höftdeich-Marathon" sowie für Samstag, den 10.03.2007, den "2. St. Jürgensland Ultra" (über 60 und 50 km) und "13. Höftdeich-Marathon" in sein Laufprogramm aufgenommen.

 

Carstens Veranstaltungen besitzen allesamt die erforderlichen behördlichen und verbandsseitigen Genehmigungen und Absegnungen. Sie sind somit - auch wenn sich die Teilnehmerfelder nicht mit denen großer Stadtmarathons vergleichen können - gleichwertige Wettkämpfe auf exakt vermessenen Kursen.

 

Es bedurfte also keiner langen Überlegung, mich bei Carsten zu dem am 10.03.2007 im Rahmen des "2. St. Jürgensland Ultra" ausgerichteten "13. Höftdeich-Marathon" anzumelden und damit jenes "kritische zweite März-Wochenende" wettkampfmäßig abzudecken. Carsten hatte nämlich sinnigerweise das z.B. auch in Oldendorf und Bad Salzuflen praktizierte "Baukastenmodell" aufgegriffen. Man gab zwar im Vorfeld der Veranstaltung die beabsichtigte Streckenlänge an. Wenn aber beispielsweise ein 60-km-Voranmelder früher als ursprünglich beabsichtigt das Rennen beendet und die 50-km- oder Marathon-Distanz vollendet hatte, wurde er in den Ergebnislisten dieser Wettbewerbe gewertet. Wenn hingegen einen Marathon-Voranmelder ganz plötzlich ungezügelte Lauflust erfasst hätte, wäre es diesem möglich gewesen, spontan auf 50 oder 60 km "aufzustocken". Voraussetzung für alle Teilnehmer/innen war allerdings, dass sie innerhalb von 7 Stunden ins Ziel gelangten.

 

Möglich war diese Handhabung insofern, als ein abwechslungsreicher Rundkurs zu durchlaufen war, vor dessen Beginn und nach dessen Ende ein Wendepunktgegenlaufabschnitt absolviert werden musste. Die Gesamtlänge dieses Gebildes betrug exakt 8.069 m. Die fehlenden Meter von 5, 6 oder 7 Runden zur Marathon-, 50-km- oder 60-km-Distanz wurden in Eröffnungs- und Abschlusswendepunktabschnitten ausgeglichen. Gelaufen wurde auf asphaltierten oder betonierten Anliegernebenstraßen und Feldwegen. Das Streckenprofil konnte man als "flach" bezeichnen. Erst in den letzten Runden und bei Gegenwind merkte man, dass im Verlauf der Windungen entlang des Wümmedeiches doch leichte Wellen zu bewältigen waren.

 

Für mich ergab sich zunächst das übliche Procedere, nämlich Abfahrt in Bonn gegen 3.20 Uhr, Fahrzeit 3:35 Stunden für ca. 350 km, Ankunft am Veranstaltungsort gegen 6.55 Uhr. Da Carstens Zufahrtswegbeschreibung sehr präzise war und die mir bekannte Deutschlandfahne den Eigentümer erahnen ließ, hatte ich kein Problem, das als "Veranstaltungszentrum" dienende Wochenendhaus der Familie Mattejiet unter anderen Anwesen herauszufinden. Und noch ehe ich mich für eine Parkgelegenheit entschieden hatte, traf auch schon der Organisator selbst per Fahrrad ein.

 

Die Temperatur betrug gegen 7.00 Uhr zwar +2°C, und alle Rasenflächen waren von morgendlichem Tau überzogen. Der zu diesem Zeitpunkt wolkenlose Himmel versprach jedoch herrliches Wetter. Nach und nach fanden sich weitere 13 Starter/innen ein, und im "Veranstaltungszentrum" wurde es vorübergehend etwas eng. Um 8.00 Uhr war es dann so weit. Der Start wurde freigegeben und 30 Läufer/innenbeine setzten sich in Bewegung. Es dauerte nur wenige Meter, und dann hatte ich sie wieder, die "rote Laterne". Zwar konnte ich auf dem anfänglichen Wendepunktabschnitt nochmals in freundliche Gesichter schauen und aufmunternde Worte hören, dann wurde es jedoch eine Zeit lang einsam um mich. Das störte mich aber nicht im Geringsten, umgab mich doch eine einmalig schöne norddeutsche Landschaft. [Wer Genaueres über das St.-Jürgensland erfahren möchte, sollte eine Abhandlung von Carsten A. Mattejiet lesen, die dieser auf seiner Internetseite "www.lilienthal-marathon.mattejiet.net" unter "Hilfreiches" und dort wiederum unter "Wissenswertes und Historisches" eingestellt hat. Dies lohnt sich wirklich!].

 

Vor lauter Genießen merkte ich kaum, wie die ersten beiden Laufstunden verrannen. Allmählich stand Überrundetwerden für mich an. Und immer häufiger bekam ich nun einzelne Mitstreiter wieder zu Gesicht (so z.B. auf dem Wendepunktgegenlaufabschnitt). Inzwischen war allerdings auch weiße Bewölkung aufgezogen, die sich in den Mittagsstunden immer mehr verdichtete. Von nun an wechselten Sonnenschein und Wolkenschatten einander in kurzen Abständen ab, wobei die Wolkenfarbe nachmittags zu einem hellen Grau mutierte. Das wäre aber alles nicht so schlimm gewesen, wenn nicht ein immer stärker werdender Wind hinzugekommen wäre. Bei einer Temperatur von ca. +10°C erreichte dieser einen Spitzenwert von 8 m pro Sekunde. Die in Wettervorhersagen angekündigten 60-km/h-Böen blieben jedoch zum Glück aus.

 

Nun lautete der "Smalltalk" bei Begegnungen nicht mehr "Herrliches Wetter heute!", sondern "Mir fällt es jetzt ziemlich schwer!" oder dergleichen. Hatten in der Vorangemeldetenliste noch die 60-km-Aspiranten deutlich überwogen, so machte nun die Mehrzahl der Teilnehmer nach vollendeter Marathondistanz Schluss. Drei Starter und eine Starterin hatten sich bereits früher verabschiedet. Aber es gab auch 3 "harte Knochen": Helmut Rosieka ließ sich vom Wind nicht abhalten, die 50 km zu bewältigen und damit den "kleinen Ultra" zu schaffen. Wolfgang Weitkämper und Manfred Völker "bissen" sich sogar bis zum 60-km-Ziel durch und fuhren folglich mit dem "großen Ultra" im Gepäck nach Hause.

 

Aber nicht sofort, denn bei reichlich "Erdinger alkoholfrei" (das Carsten doch nicht - wie ich neulich vermutete - in seinem Keller in Lizenz braut) und bei munteren Gesprächen zum unerschöpflichen Thema "Laufen" verbrachten noch 5 Übriggebliebene eine gute Stunde im beheizten "Veranstaltungszentrum".

 

Fazit:  Es war wiederum ein großartiges Erlebnis. Zudem erwies sich das St.-Jürgensland als würdiger Rahmen für meinen 200. "M+U" nach meiner Bypass-Operation im September 1996.

 

Ergebnis 60-km-Lauf:

 

1.  Weitkämper, Wolfgang, 100 Marathon Club, 6:44:42 Stunden
2. Völker, Manfred, DUV Sulingen, 6:53:05 Stunden

 

Ergebnis 50-km-Lauf:

1. Weitkämper, Wolfgang, 100 Marathon Club, 5:31:42 Stunden
2. Völker, Manfred, DUV Sulingen, 5:45:00 Stunden
3. Rosieka, Helmut, 100 Marathon Club, 5:47:15 Stunden

 

Ergebnis Marathonlauf:

1. Mattejiet, Carsten Alfred, TV Lilienthal, 3:36:56 Stunden
2. Stahnke, Michael, TSV Bierden, 4:06:22 Stunden
3. Hadderfeld, Michael, VfL Kloster Oesede, 4:07:53 Stunden
4. Tewes, Günter, www.marathoenchen.de, 4:17:11 Stunden
5. Gerlach, Jörg, 100 Marathon Club, 4:28:28 Stunden
6. Böttger, Rolf, Weyher LT, 4:34:34 Stunden
7. Weitkämper, Wolfgang, 100 Marathon Club, 4:34:40 Stunden
8. Rosieka, Helmut, 100 Marathon Club, 4:38:00 Stunden
9. Völker, Manfred, DUV Sulingen, 4:49:00 Stunden
10. Berka, Volker, 100 Marathon Club, 5:47:14 Stunden
11. Hahl, Horst-Peter, DUV Schwanewede, 5:56:00 Stunden

 


 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024