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Laufberichte

Dreisamkeit am Binnenmeer

03.10.10

Mit viel Grün und buntem Laub neben und über uns führt die Strecke am Güterbahnhof vorbei in südliche Richtung. Von der Villa Leuchtenberg bekommen wir nur die Rückseite zu sehen, doch auch von dieser Seite ist ersichtlich, dass endlich gut wird, was lange währt. Während dreißig Jahren dem Zerfall preisgegeben, erstrahlt die in der Mitte des 19. Jahrhunderts im so genannten „Maximilianstil“ erbaute und als eines der bedeutendsten Zeugnisse der Villenkultur dieser Zeit geltende Villa in neuem Glanz. Der „traurigste Fall für die Denkmalpflege in ganz Bayern“, wie es der damalige Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege, Dr. Michael Petztet 1996 bezeichnete, ist vor zwei Jahren wieder zu dem Schmuckstück geworden, das es war, als Theodolinde Gräfin von Württemberg,  geb. Prinzessin von Leuchtenberg, eine Stiefenkelin Napoleons, die Sommermonate darin verbrachte. Für an technischer Historie Interessierte hat das Gebäude als erstes elektrifiziertes Privathaus Süddeutschland eine besondere Bedeutung.

Nicht mehr unter Strom steht der eine oder andere Jungspund. Schon bevor nach fünf Kilometern auf dem Radweg die erste Verpflegungsstelle kommt, sind leere Batterien auszumachen, erkennbar am Gehen. Da werden Grenzen erlebt, die auch mit mentaler Stärke nicht überwunden werden. Hoffentlich werden sie zum Anlass für vermehrtes Training und nicht für den Rückzug aus dem Laufsport  genommen.

Die Landesgrenze hingegen ist kaum zu merken. Ein kleines Schild am Geländer der Brücke über die Leiblach ist der einzige Hinweis. „Warum“, frage ich mich, „haben diese Grenzen in unseren Köpfen eine solche Bedeutung?“

Beim Bahnhof Lochau treffen Laufstrecke und Uferlinie aufeinander. In einem Bogen werden wir dem Ufer des Kaiserstrands entlanggeführt. Das ehemals brachliegende Areal wurde aus dem Tiefschlaf geholt und als Naherholungsgebiet nach 70 Jahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erkannte man die Vorzüge dieses Naherholungsgebietes. Damals wurde ein Hotel errichtet - mit einem herrlichen Blick auf den Bodensee, das Rheintal und die Schweizer Berge. Durch die Nutzung des Areals während der Kriegsjahre als Lazarett und in den Jahren danach bis 1998 als Kaserne blieb es der Öffentlichkeit verschlossen und zerfiel zunehmend.

Mit der Renovation des Hotels, der Schaffung begehrten Wohnraums und der Neugestaltung des Geländes ist dieser Platz wieder das geworden, was er einmal war: der schönste Strand Österreichs, wie ihn Kaiser Karl I. bei seinem Besuch im Jahre 1917 betitelte.

Das Wetter und das im Kontrast zum historischen Gebäude neu erstellte, sich leichtfüßig aus dem Bodensee abhebende Badehaus lädt zum Verweilen ein, mein Plan sieht aber anderes vor. Doch dank eines weiteren Marathons bekomme ich wieder Ausflugtipps, die ich gerne ein anderes Mal umsetze.

Auf unserem zügigen Sonntagsspaziergang sind wir nun ganz am Ufer des Binnenmeers. Eine herrliche Aussicht und viele Zuschauer begleiten uns weiter. In der Biege der Bregenzer Bucht kommen wir an der „Mili“ vorbei, dem Traditionsbad auf Stelzen. Das ursprünglich als Militärbad zur Ausbildung der jungen Rekruten gebaute Bad aus dem Jahre 1825 ist die älteste Badeanstalt am Bodensee. Nach einem Brand wurde das Militärbad der Öffentlichkeit übergeben - seither trägt das Traditionsbad in Bregenz den Namen "Mili".

Im Hafen von Bregenz, dem Ausgangspunkt dieser Marathonexpedition, bekommen wir wieder das stolzeste Schiff auf diesen 536km2 Wasser zu sehen, die Sonnenkönigin, ein schwimmendes Eventlokal. Wer es mal zu chartern beabsichtigt, darf mich gerne mitnehmen.

Unter den herbstlichen Kastanienbäumen der Seepromenade, vorbei an einem filigranen weißen Pavillon auf einem Steg, nähern wir uns dem zehnten Kilometerschild und der dritten  Verpflegungsstelle, nach welcher wir gleich auf die Tribüne der Bregenzer Festspiele geleitet werden. Schade, dass nur noch die Gerüste des zentralen Bühnenbildes von Aida, welches in seiner Gesamtheit unschwer als Freiheitstatue zu erkennen war, zu sehen sind. Die beiden Füße hatten sich aus dem Staub gemacht bevor uns unsere Füße hierher trugen. Einzig die Hand klammert sich noch an das Buch. Die Tribünenränge sind zwar nicht so dicht besetzt, wie die Festspieldirektion das bei den Aufführungen gerne sehen würde, doch der Applaus, der uns entgegenbrandet, ist trotzdem kräftig und herzlich.

 

Bregenz - St. Margrethen

 

Wenig später, das Kilometerschild 20 des Halbmarathons auf der Gegenseite liegt noch nicht lange zurück, sehe ich im Gegenlicht die beiden Führenden des Halbmarathons vorbeiflitzen. Meinerseits ist das Tempo etwas langsamer geworden. Das Überholen und die Fotostopps – möglichst ohne Behinderung für die anderen Läufer – haben mehr Kraft gekostet als eingerechnet. Gut,  passe ich mich eben der Leistungsfähigkeit des Körpers an.

Auf angenehm beschatteten Wegen geht es weiter, zur Bregenzer Ache. Wir folgen ihrem Ufer bis zur Brücke, wo wir sie überqueren und Kilometer 15 abhaken können. Wir biegen wieder rechts ab, werden schon wieder verpflegt, und laufen die letzten gemeinsamen Meter mit den Halbmarathonis. Bei den Sportplätzen biegen sie links ab, für uns geht es geradeaus, dem Waldrand entlang rund um das nördliche Siedlungsgebiet von Hard. Ein paar neuere Einfamilienhäuser bieten Designideen für potentielle Häuslebauer. Das eine könnte aus einem Prospekt stammen, in welchem unter dem schlichten, freistehenden und dem Haus vorgelagerten Doppelcarport eine automobilistische Neukreation präsentiert wird. Fast schon von einem anderen Stern. Schön, dass man träumen darf – und Laufen ist für diese Nebentätigkeit doch ideal.

Definitiv von einem anderen Stern ist die überlebensgroße Skulptur von Alf im Vorgarten eines anderen Hauses. Ebenfalls nicht von hier wäre die Marathonspitze, wenn sie mir jetzt schon entgegenkäme, denn beim Kilometerschild 17 beginnt die Begegnungsstrecke, in der Gegenrichtung zeigt das Schild die 36.

Die Straße zur Kirche wird breit, zieht sich ziemlich gerade hin, und die Sonne kommt von vorne. Das sind nicht gerade meine Lieblingsbedingungen. Doch zwischen Seepark und Kirche kommt bereits die  nächste Verpflegungsstelle, an welcher auch musikalische Erfrischung geboten wird. Zuschauer und die Ablösungen, die auf ihre Staffelläufer warten, sorgen für zusätzlichen Energieschub, der Blick auf den See tut das Übrige.

Unweit von hier ist ein Eldorado für Skater in Form eines beeindruckenden Skaterparks. An der Jugendherberge in der Nähe kommen wir vorbei, anschließend kommt ein Pflichtstück durch ein Industriegebiet. Auflockerung erfährt es auf einer Seite aber bald durch den grünen Damm der Dornbirner Ache, welchem wir folgen.

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