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Laufberichte

Nicht zu überbieten

 

Ich will nun nicht jeden Anstieg beschreiben. Der jetzt folgt ist nicht steil, zieht sich aber bis hinauf zur Zwickauer Straße. Kein Problem, ihn zu laufen, schon gar nicht in der ersten Runde. Aber machen wir es kurz: Das gesamte Streckenprofil lässt sich mit einer Berg- und Talbahn vergleichen. Es ist nicht flach, aber die Bezeichnung Bergmarathon wäre auch übertrieben. 

Bei Kilometer 5 erreichen wir die erste Verpflegungsstelle. Ihr kennt ja den Läuferspruch: Wenn du noch singen kannst, bist du zu langsam…Trifft der auch auf Helfer zu? Die Helfer haben Aufstellung genommen, bilden den „Stadtwaldchor“ und singen „Happy birthday“ in dem Moment, als Geburtstagskind Dirk dort auftaucht. Das muss man sich mal überlegen: Sein Geburtstag hat sich bis in den Wald herumgesprochen - ein Wunder! Oder einfach nur gute Organisation…

Auch bis Kilometer zehn geht es mal hoch, mal runter, es wird nicht langweilig. Die Stadt haben wir schon lange hinter uns gelassen, wir laufen durch Wälder und Felder, es könnte ein Landschaftslauf sein. Zur Landschaft gehört hier natürlich auch die B 7 / B 93, ein Stück neben der Strecke verlaufend.

An besagtem Kilometer zehn ist eine weitere Verpflegungsstelle. Ein Helfer behauptet, dort gäbe es die beste Verpflegung. Er mag Recht haben – im Vergleich zu vielen anderen Marathons. Aber er meint im Vergleich zu den anderen Verpflegungsstellen hier an der Strecke. Und das ist eine Lüge.   

In Altenburg gibt es an jeder Verpflegungsstelle Waffelstückchen, Kekse, Gurkenscheiben, Melonenstücke und, und, und… Ja, und sogar Schokolade. Bernd Neumann hat in seinem Laufbericht vom vergangenen Jahr geschrieben, ich hätte gesagt, hier sei das Essen besser als zuhause. Das stimmt - dumm nur, dass das auch meine Frau gelesen hat…

An der Spielkartenfabrik werde ich überholt. Ein Wahnsinnstempo – der Läufer ist bestimmt doppelt so schnell wie ich. Aber darauf braucht er sich nichts einzubilden, er hat ja auch nur die Hälfte meiner Strecke zurückzulegen... Es ist Lars Rößler, er hat noch reichlich fünf Kilometer vor sich - dann hat er den Halbmarathon gewonnen!

Ich frage mich, was die sich früher gedacht haben, als sie den Schlossgarten angelegt haben. Sind die Herzöge von Sachsen-Altenburg wirklich freiwillig diesen Berg hochgelaufen? Würde ich nie tun – wenn ich Herzog wäre. Bin aber leider nur ein Marathonläufer und so muss ich da hoch. Und muss sagen, es hat sich gelohnt. So steil der Anstieg ist, so kurz ist er – und so unterhaltsam. Große Tafeln sind aufgestellt, mit Startnummern und klugen Sprüchen versehen. Hat man die Hälfte geschafft, wird man von einer Gruppe Cheerleader angefeuert. Klaus Duwe hat dieses Highlight auch entdeckt und fotografiert mich, als ich an dem Spalier schöner Mädchen vorbeisprinte. Zehn Meter Sprint– dafür reicht die Puste…

Im oberen Teil des Schlossgartens warten auf die Besucher des Marathons Musik, Speisen und Getränke sowie eine Vielzahl von Darbietungen. Leider habe ich noch etwa 25 Kilometer vor mir, sonst würde ich hier bleiben.

Als ehemaliger Altenburger wüsste ich eine Abkürzung, ein kurzes Stück ist es nur vom Teehaus im Schlossgarten bis zum Schlosseingang. Ich würde dadurch etwa zwei Kilometer und den Berg zum Schloss sparen. Da darf man ja wohl mal darüber nachdenken – mehr aber auch nicht!

Die Schlossauffahrt hat es wirklich in sich. Wer da hochläuft, darf sich „guter Läufer“ nennen. Ich also nicht… Aber ich denke auch über eine Begebenheit nach, die ich hier vor einigen Jahren erlebte. Gehend nahm ich den kurzen, steilen Berg in Angriff  und überholte dabei einen Läufer, der noch im Laufmodus unterwegs war. Zumindest sah es so aus. Beim Vorbeigehen sagte ich zu ihm: „Gib es auf – wenn du gehst bist du schneller!“ Aber der war bockig und antwortete: „Nein – ich habe mir vorgenommen, die gesamte Strecke zu laufen.“ Selbst auf die Gefahr hin, dass es länger dauert…

Das Altenburger Schloss. Leider laufen wir nicht in den Innenhof. Aber wer mehr vom Schloss und den anderen Museen der Stadt sehen will - heute ist Museumsnacht! Und wer sich die Medaille vom Marathon um den Hals hängt, bekommt freien Eintritt.

Schade finde ich, dass es die Prinzenraub-Festspiele im Schlosshof nicht mehr gibt. Hier, am Originalschauplatz des Altenburger Prinzenraubes von1455, vor der traumhaften Kulisse des Schlosses, habe ich 2011 die letzte Aufführung erlebt. Das war immer ein zusätzlicher Grund, die Skatstadt zu besuchen.

Der Markt ist ein wahrer Hexenkessel. Ein lückenloses Menschenspalier hat sich an den Absperrgittern gebildet, über den gesamten, wahrlich nicht kleinen Markt. Ich werde frenetisch angefeuert. Eh – ich bin nicht der Sieger!

Aber ich bin trotzdem etwas verärgert. So nett dass hier auch alles ist – wo sind meine Sambatänzerinnen? Nicht da! Ich bin enttäuscht, vor Enttäuschung vergesse ich in die zweite Runde abzubiegen und laufe Richtung Ziel. Obwohl, das stimmt nicht ganz. Denn ich vergesse hier fast jedes Jahr abzubiegen. Aber auch auf unter Orientierungslosigkeit leidende Läufer sind die Altenburger Organisatoren vorbereitet. Da steht einer, der mich wieder einfängt und auf den richtigen Weg bringt.

Für mich beginnt Runde zwei. Ich kann es kurz machen, sie ist identisch mit Runde eins. Außer dass es etwas einsamer um mich geworden ist: Logisch, 125 Läufer verteilt auf 42 Kilometer, da hält sich das Gedränge in Grenzen… Aber die Stimmung bleibt. Als ich eine Verpflegungsstelle erreiche, höre ich die Helfer, bevor ich sie überhaupt sehe. Die singen mal wieder, passend zur Jahreszeit: „Schneeflöckchen, Weißröckchen…“ Vor mir ist der Weihnachtsmann und gemeinsam legen wir die letzten Kilometer zurück. Zum Teil im Regen – das musste nicht sein…

Gut, dass wir jetzt zu zweit sind. Da können wir im Schlossgarten die Schilder mit den klugen Sprüchen zählen, die für uns Läufer aufgestellt wurden. Ich schlage vor, der Weihnachtsmann zählt am rechten Wegrand, ich am linken. Umgekehrt wäre für mich besser gewesen. Der Weihnachtsmann kommt auf 23, ich muss mehr leisten, auf meiner Seite stehen 72 Schilder. Macht zusammen 95 - ungefähr… Welcher Marathon in Deutschland hat da eigentlich mehr zu bieten?  

Übrigens sind die Sprüche mit Startnummern verbunden. Meine ist nicht dabei. Die vom Weihnachtsmann auch nicht. Das ist im nächsten Jahr unbedingt zu ändern. Meine Frau freut sich bestimmt, wenn ich ihr so ein Schild mit meiner Startnummer mitbringe. Blumen ist sie ohnehin nicht gewöhnt…

Gemeinsam erreichen Weihnachtsmann Dieter Fromme und ich das Ziel. Der Besucherandrang hat etwas nachgelassen, nicht aber die Stimmung. Und was mir ohnehin das Wichtigste ist – meine Sambatänzerinnen sind da!

Als ich eine von ihnen im Arm halte, fällt mir etwas ein. Nein, nicht das! Sondern: In reichlich vier Wochen werde ich beim Marathon in Rio de Janeiro laufen. Da war ich voriges Jahr schon, den Laufbericht könnt ihr hier bei „Marathon4you“ nachlesen. Ist auch eine ganz nette Veranstaltung – mit Altenburg natürlich nicht zu vergleichen. Die in Rio haben nicht mal Sambatänzerinnen…

Zum Schluss möchte ich nur noch erwähnen, dass es einen neuen Streckenrekord beim Marathon der Frauen und Männer gegeben hat. Zudem einen Teilnehmerrekord mit 2888 Läufern. Und einen persönlichen Rekord: Noch nie habe ich einen so langen Laufbericht geschrieben. Entschuldigung – aber was hier in Altenburg abgeht, ist einfach nicht zu überbieten. Für mich war das der Marathon des Jahres 2014…
 

Impressionen

(Fotos: Klaus Duwe)

 

Vor dem Start

 

 

Starts/Kinderläufe

 

 

Strecke 1

 

 

Strecke 2

 

 

Ziel

 

 

Marathonsieger

 

Männer


1 Hoyer, Vincent Lauftraining.com 2:27:08
2 Burkhardt, Steffen Team Skatstadt-Marathon 2:48:43
3 Friese, Jörg VLG 1991 Magdeburg 2:59:04

Frauen


1 Robe, Karoline Lauftraining.com  3:08:25
2 Müller, Antje LFV Oberholz 3:25:29
3 Hummel, Patrizia Siebenlehn 3:47:19

123 Finisher

 

12
 
 

Informationen: Skatstadtmarathon Altenburg
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