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Laufberichte

Fünf Tage Schwarzwald

 

 

 

4. Etappe von Lauchringen
nach Bad Dürrheim, 62,5 km


Heute ist die vorletzte Etappe, aber auch die längste. Im Gegensatz zu vielen anderen kann ich sagen, dass mir bisher nichts fehlt. Da sich das Thema mit den Krämpfen scheinbar erledigt hat, sehe ich den beiden letzten Etappen positiv entgegen. Nichts fehlt, heißt aber trotzdem: Schmerzen im ganzen Körper, die aber der Anstrengung geschuldet sind und nicht auf eine Verletzung hindeuten. Außerdem zwei kleine wunde Stellen, die ich mit Vaseline behandle, und keine Blasen.

Vaseline ist sowieso das Allheilmittel bei solch einem Lauf. Immer schön cremen ist die Devise. Ich laufe, wie jeden Tag mit Trinkrucksack und habe in der Trinkblase Wasser mit Salz gemischt. Außerdem habe ich eine Handflasche dabei, die ab der ersten VP mit Wasser und Salz gefüllt wird. Auf den ersten Kilometern kaue ich einen Früchteriegel, der überbrückt mir die Zeit bis zur 2. VP. Dann esse ich, auf was ich gerade Lust habe und decke zusätzlichen Kalorienbedarf mit Gel. Außerdem habe ich mich auf das Trinken von Eistee spezialisiert.

Der Zeitplan bei Ingo ist straff:
4 Uhr 30 Wecken
ab 5 Uhr Frühstück
bis 6 Uhr 15 Gepäckverladung
6 Uhr 30 Start der ersten Gruppe. Es sind die langsameren Läufer des Vortages.
7 Uhr 30 Start der zweiten Gruppe, die schnellen Hirsche.
18 Uhr Abendessen
21 Uhr Zapfenstreich

Das Abendessen wird meist in oder in der Nähe der Halle eingenommen und ist für meinen Geschmack gut und ausreichend. Auch Norbert ist immer satt geworden und das will schon was heißen. Für Vegetarier gibt es auch etwas Richtiges, und nicht nur die Beilagen des Hauptganges. Wem die Zeit zum Abendessen zu lang ist kann bei Helmut für wenig Geld Getränke kaufen und bei Thomas etwas zum Essen, z.B. Bratkartoffeln.

 

 

In Lauchringen ist um 6 Uhr 30 bereits ganz schön viel Verkehr. Wir sind froh, als unser Weg auf einem Singletrail dem Damm entlang der Wutach führt. Zuerst sind meine Beine noch richtig schwer, aber nach rund 5 km gibt sich das. Zur Abwechslung laufe im mal im Feld, d.h. vor und hinter mir sind Läufer zu sehen. Die erste VP steht versteckt hinter einer Brücke. Es wird heiß werden und so achte ich gleich auf ausreichende Wasserversorgung. Vor dem winzigen Ort Stühlingen sind schon alle schnellen Hirsche vorbei, wobei mir deren gute Laune heute extrem auffällt. Im Ort sind wir schon bei km 19,5 und der zweiten VP. Ich hab bereits soviel getrunken, dass ich nach einem Gebüsch Ausschau halten muss. Da steht von einem neu gebauten Haus ein einsames Dixi. Es ist offen und sauber. Was für ein Glück.

Erleichtert biege ich hinter Grimmelshofen auf die Straße nach Blumegg Richtung Wutachschlucht. Die Steigung ist so moderat, dass ich Gehen und Laufen abwechsle. Gefühlsmäßig müssten noch einige Läufer hinter mir sein, und ich erwarte jeden Moment die Invasion der Überholenden. Aber nichts passiert. Vor mir habe ich Bram und Wolfgang.

Unerwartet schnell steht auf dem Asphalt mit Kreideschrift: „gleich oben“, und dann erreiche ich schon die VP bei km 30. Wobei die Helfer etwas nach vorne gezogen sind, denn ihr eigentlicher Platz läge direkt in der Sonne und das wollen sie den Läufern nicht antun. So kommt auch die Markierung für die Streckenhälfte (km 30,7) erst im Ort.

Jetzt geht es etwas zäh auf einer schattenfreien Hochfläche immer rauf und runter. Ich duelliere mich mit Bram, der berghoch schneller aber bergab langsamer ist. Dann folgt ein langes steiles Gefälle und ich mache Boden gut. Unerwartet gehen nun Pfeile nach links auf einen winzigen, kaum zu erkennenden, steilen Abstieg. Ich nehme den zweiten Abzweig und sause den Trail hinunter. Unten sind Beate und Grace in Sichtweite. Gut, dann muss ich den Weg schon nicht alleine finden. Es geht durch Überachen und dahinter auf Feldwegen den Berg hinauf. Die 4. VP kommt, bevor wir auf der Straße nach Eschach landen.

Wie schon öfter, liegt der Ort am Hang, was heißt, dass es dahinter noch steiler wird. Es geht nun bis Hüfingen endlos der Straße nach. Immer wenn ich mir unsicher bin, ob das richtig ist, kommt wieder ein Pfeil. An der nächsten VP muss ich erst einmal Pause machen. Sind es jetzt noch 12 oder 15 km? Die Zahlen schwirren mir im Kopf. Egal, ich muss sowieso weiterlaufen bis das Ziel erreicht ist.

Wir laufen durch ein großes Tor und befinden uns nun im Schlosspark von Donaueschingen. Dort wird ab morgen das große internationale Reitturnier ausgetragen. Die Stallzelte stehen bereit und einige Ponys sind schon angekommen. Auf dem Hauptweg werden die Pferde abgespritzt, das ist wichtig, damit sie bei diesen Temperaturen nicht überhitzen. Ich stelle mich in die gleiche Reihe und lasse mich auch abspritzen. Der Helfer am Schlauch kann das gar nicht verstehen, aber die umher stehenden Pferdebesitzer zeigen Anteilnahme und wünschen mir weiterhin viel Glück.

Bis zur letzten VP, zieht es sich nun etwas. Es ist flach, und ich hoffe inständig, dass die ersehnte Erfrischungsstelle irgendwann in Sicht kommt. Obwohl ich konzentriert den Horizont absuche, ist nichts zu sehen. Dann steht auf einmal der bekannte Psalm auf dem Boden und es sind tatsächlich nur noch 300 m hinter einer Kurve. Ulli meint, dass es noch immer 6 km sind. Oh je, das kann ja heiter werden.

Man stelle sich eine absolut gerade Straße vor, rechts und links nichts als braune Erde, über mir die pralle Sonne. Horror. Ich laufe so vor mich hin, und versinke in Gedanken, bis ich merke, dass es allmählich besser geht. Ich werde immer schneller. Es macht richtig Spaß. Noch ein Stück an der Autobahn entlang. So komme ich richtig gut voran. Über die Brücke, Bad Dürrheim ist erreicht. Es geht kreuz und quer durch das Wohngebiet und dann auf eine belebte Fußgängerzone mit Autoverkehr. Damit ich keinen der Pfeile übersehe wechsle ich auf die linke Seite. Da werde ich von rechts angefeuert. Corinne und Julian sitzen bereits gemütlich bei einem Bier. Da muss ich gleich mal hin: „Wie weit ist es noch?“, „ungefähr 2 km“. „Waaas? So weit noch!“ Ich hoffe, sie haben sich verschätzt. Aber auch die anderen Läufer, die mir jetzt entgegen kommen, können keine bessere Auskunft geben. Eine gefühlte Ewigkeit später, sehe ich die Schule auf der grünen Wiese. Ein Anwohner ruft: „gleich geschafft“. Noch hundert Meter geradeaus, dann hundert Meter links dann noch ein Stück, Endspurt und ich bin im Ziel bei der Realschule am Salinensee.

Norbert ist nicht da, ich bin eine dreiviertel Stunde früher im Ziel als erwartet und fühle mich großartig. Hans holt mir ein Erdinger, dann darf ich auf einem Bänkchen Platz nehmen. Ich genieße es, einmal anderen beim Zieleinlauf zuzusehen.

Dietmar Korntner hat mit der Siegerzeit von 5:27:30 seinen Vorsprung in der Gesamtwertung weiter ausbauen können. Zweiter wurde Frank Wiegand mit 5:48:51, vor Michael Eitner 5:51:38.

7:13:11 brauchte Sigrid Hofmann vor Regine Sander-Rummel 7:28:09 und Cornelia Rohwedder mit 7:41:58.

 

5. Etappe von Bad Dürrheim
nach Horb Nordstetten, 58 km

 

Der letzte Tag. Gerade macht sich so etwas wie Routine breit: Aufstehen, fertig machen, frühstücken, Gepäck verladen, warten auf den Start. Und das soll jetzt schon vorbei sein? Die Platzierungen auf der Gesamtergebnisliste sind so gut wie fix, aussteigen wird jetzt keiner mehr. Die letzten 58 km sollten also kein Problem sein. Im Gegensatz zu den Vortagen sind die Wettervorhersagen uneinheitlich. Die Hitze der vergangenen Tage scheint jedenfalls ausgestanden zu sein.

 

 

Es wird ein letztes Mal herunter gezählt und los geht es. Das Wegstück durch den Nachbarort Villingen-Schwenningen ist wegen des starken Berufsverkehrs unangenehm. Der Laufgenuss durch den Park wird durch die vielen Radlern gestört. Natürlich ist es toll, dass so viele Leute per Pedes zur Arbeit oder Schule fahren, aber viele fahren ein hohes Tempo und die Kurven sind z.T. unübersichtlich und eng. Ich bin froh, als wir endlich auf freies Feld gelangen. Hinter den grünen Wiesen des kleinen Flugplatzes tauchen die ersten Sonnenstrahlen die Nebelschwaden in märchenhaften Schimmer. Schnell sind wir auf einem fein geschotterten Radweg im lichten Wald. Es geht weitgehend flach am Bahngleis entlang. Schon erreichen wir die erste VP.

Die Kilometer vergehen unerwartet zügig. Ich fühle mich schlapp und wundere mich, wie gut ich trotzdem voran komme. Das Feld ist bereits weit auseinandergezogen, aber gefühlsmäßig bin ich nicht Letzte. Gestern musste eine Läuferin verletzt aufgeben, und so sind heute nur mehr 64 Läufer gestartet. Ich habe mit einer höheren Ausfallquote gerechnet.

Die Schnellen kommen wieder von hinten. Man kennt sich zwischenzeitlich recht gut und es wird nett gegrüßt und angefeuert. In Rottweil steht die 2. VP. Dann geht es steil bergauf. Von oben hat man ein komplettes Panorama der Rottweiler Altstadt mit den 3 markanten Türmen von Kapellenkirche, Heilig-Kreuz-Münster und Hochturm. Ein vierter Turm zieht seit neuestem bereits aus weiter Ferne die Blicke auf sich: Thyssen-Krupp hat hier einen, mit modernster Technik versehenen Rundturm gebaut, wo unter Simulation aller erdenklichen Einflüsse, Aufzüge getestet werden. Um das ganze auch für die Region attraktiv zu gestalten, wird es ab 2017 auf 232 m Höhe zusätzlich eine Besucherplattform geben.

Der Turm begleitet uns jetzt auf den nächsten Kilometern. Dabei es geht wellig auf und ab. Hinter Dietingen erwartet uns auf einer Anhöhe die 3. VP. Es ist nun doch unangenehm warm geworden; vom versprochenen Regen ist bisher keine Spur. Also muss man wie gehabt genügend trinken. Etwas später ist die Etappenhälfte mit 28,8 km auf dem Boden gekennzeichnet. Die Strecke bis zur nächsten VP ist abwechslungsreich, es geht durch übersichtliche, wenig belebte Ortschaften, über Felder und durch kleine Wäldchen.

Der Himmel scheint jetzt tatsächlich zuzuziehen. Bei der nächsten VP (km 40) ist es schon ziemlich bewölkt. Wir laufen nun ein Stück direkt an der A8. Aber ansonsten sieht die Landschaft ziemlich gleich aus. Dass sich das eintönig anhört, liegt nicht unbedingt an der Strecke selbst. Aber ich bin richtig platt und wäre gerne bald im Ziel. Die Mädels von der VP5 wollen mir etwas gutes Tun, aber ich will nur, dass es zu Ende geht. Also schnell weiter.

Von der Hochebene aus haben wir einen weiten Blick. Dort vor uns, ist das nicht schon Horb? Leider liegt dazwischen, dass kann ich von hier aus sehen, noch ein tiefes Tal. Also beherzt nach unten nach Mühlheim, wie die Ortschaft heißt, und auf der anderen Seite wieder hoch. Der nächste Ort, vermutlich der, den ich vorhin gesehen habe, ist Empfingen. Hier war dieses Jahr am 1. Mai der ebenfalls von Ingo organisierte Medico-6h-Lauf. Dieser wurde etwas außerhalb am Rand des Industriegebiets ausgetragen. Dadurch haben wir den verträumten Ortskern gar nicht gesehen. Ich hoffe hinter jeder Kurve Ulli mit der letzten VP zu sehen. Aber nichts dergleichen passiert. Wir verlassen den Ort hinter dem Friedhof und gelangen erneut auf die Felder.

Als ich endlich den bekannten Psalm 23 auf der Straße finde, schlägt mein Herz schneller, auch, weil es nun 300 m bergauf geht. Ulli meint die Strecke würde nun „wellig“ ins Ziel führen. Nochmal die Flasche füllen, denn es sind noch 4,2 km; einen Apfelschnitz in die Hand und weiter geht es. Im nächsten Wäldchen kommen mir Fußgänger entgegen. „Sie sind die erste Frau, die wir sehen, alle Achtung“ wird mir zugerufen. Ich bin zwar nicht wirklich die erste Frau, trotzdem freut mich dieser Zuspruch. Runter und rauf führt die Strecke. Wie lange können 4 km sein? Auf einer Kuppe steht ein Bauernhof danach geht es steil bergab und hinten wieder lange steil bergauf. Ein LKW hat angehalten, um den Läufern den Vortritt zu lassen. Ich drücke mich schnell vorbei, nicht dass er auf die Idee kommt, vor mir den Anstieg anzugehen. Irgendwann höre ich, wie er den Motor ausmacht. Er hat wohl aufgegeben vor den Läufern die schmale Straße benutzen zu können.

Ich kann nun tatsächlich Nordstetten vor mir erkennen. Davor geht es aber nochmals steil bergab und auf der anderen Seite wieder hoch. Ganz gegen meine sonstige Gewohnheit drehe ich mich um. Ganz hinten kann ich zwei Personen ausmachen. Sicherlich handelt es sich dabei auch um Läufer. Wenn das ebenfalls zwei Frauen sind, dann bin ich ruckzuck zwei Plätze weiter hinten, wenn ich mir jetzt Zeit lasse. Nicht auf dem letzten Kilometer! Ich strenge mich daher nochmals an; so stark wie es eben jetzt noch geht und steige den letzten Anstieg zügig hinauf. Ein Anwohner ruft mir zu: „noch 500 m“. Das spornt mich zusätzlich an. Es geht über die Hauptstraße und da kommt mir schon Hans entgegen und beglückwünscht mich. Noch ein paar Meter und ich bin im Ziel.

 

 

Viele Läufer sind im Zielbereich vor dem Restaurant „El Gringo“ versammelt. Jeder beglückwünscht mich. Norbert fehlt aber noch. Ich bin wieder vor der berechneten Zeit angekommen. Von Ingo bekomme ich einen Gutschein für Bier und Wurst, den ich gleich einlöse. Inzwischen sind auch Grace und Beate angekommen. Alle paar Minuten kommen nun weitere Finisher. Es ist eine einzige große Siegesfeier. Ich beschließe mit Hans den letzten Läufern entgegen zu gehen. So bekommt Gerhard sein Siegbier bereits vor dem Ziel.

Die Siegerehrung findet anschließend vor der Grundschule statt, wo auch ein letztes Mal übernachtet werden kann. Jeder wird einzeln aufgerufen, bekommt von Ingo Glückwünsche und von Inge eine einmalige Schwarzwaldlauf Kerze. Dann gibt es noch ein Finisher-Shirt und hochwertige Laufsocken. Die fünf schnellsten Frauen und Männer kommen aufs, bzw. neben das Siegertreppchen und viel Applaus. Am Ende sind aber alle Finisher gleichwertig, denn es gibt keine besonderen Preise für die Ersten. Die Ortsvorsteherin von Nordstetten Edith Barth hält noch eine kleine Rede, dann geht es zum Abschlussessen ins El Gringo zurück.

 

 

Für meine Begriffe hat Ingo mit dem Schwarzwaldlauf die „eierlegende Wollmilchsau“ erfunden.

Fünf Etappen sind für viele Läufer machbar, auch was die Freistellung von Beruf oder Familie angeht. Die Etappenlängen mit 45 bis 62 km halte ich für moderat. Der Preis ist mehr als angemessen, geringe weitere Kosten fallen nur noch für Getränke oder zusätzliche persönliche Bedürfnisse an. Die Organisation ist top, auch Sonderwünsche werden so gut es eben geht berücksichtigt. Am anstrengendsten ist es, glaube ich, für die Helfer, die ihre Zeit und Kraft opfern, damit es den Läufern an nichts fehlt. Danke, Ihr seid toll!

Am besten aber ist der Zusammenhalt in der Gruppe. Der Schwarzwaldlauf bietet die Gelegenheit andere Läufer besser kennenzulernen und sich, nicht nur übers Laufen, auszutauschen. Ich hoffe, dass der Lauf 2016 der erste von vielen weiteren Schwarzwaldläufen gewesen ist. Jeder der diesen Lauf machen möchte, sollte einmal Gelegenheit haben, hier teilzunehmen.

 
 

Informationen: Schwarzwaldlauf
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